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Re: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

Verfasst: Donnerstag 7. Januar 2016, 16:35
von offertorium
PascalBlaise hat geschrieben:Ich gebe Dieter soweit recht dass die katholische Kirche von allen Konfessionen vielleicht am meisten gefährdet ist, dem Mysterium zu wenig Raum zu geben, Gott vollständig begreifen zu wollen. Gerade an dieser Stelle aber lasse ich das nicht gelten: Beim Kreuzestod muss man eine gute Antwort haben, sonst ist alles nichts wert.
Das wesentliche des Kreuzestodes ist das Opfer. Was aber das wesentliche des Opfers ist, hat u.a. das Konzil von Trient bewusst offen gelassen und in den Raum theologischer Spekulation verschoben.
Was ist Wesentliche des Opfers? Die Hingabe. Was ist das Wesentliche der Hingabe? Die Liebe. Was ist das Wesentliche der Liebe? Gott.
Du kommst nach einer Kette von Begriffswechseln nie bei einer Klarheit an. Man muss sich bewusst sein, dass der Kern aller Dinge Gott ist und er sich genau an der Grenze zeigt, wo unsere Sprache versagt.
Was ist überhaupt "eine gute Antwort" ? Für Gläubige, für Kritiker, für Theologen, für Philosophien? Die Ausdeutung von Dingen variiert von Zielgruppe zu Zielgruppe, weil jede Gruppe in anderen, ihnen eigenen Begriffen denkt und damit einen anderen Verstandesrahmen setzt.

Re: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

Verfasst: Donnerstag 7. Januar 2016, 16:41
von overkott
Willimox hat geschrieben:
Hubertus hat geschrieben: Letztlich ist der Glaube eben tatsächlich im Wortsinne "Glaubens-"Sache, d.h. ich muß zu dem Grundentscheid kommen, onb ich dem Zeugnis der Hl. Schrift, dem Zeugnis der Kirche glaube. Wenn ich mich dem verweigere, kann ich mich immer auf eine Position zurückziehen, die letztlich unwiderlegbar ist (d.h. es wäre rein theoretisch möglich, daß es ein Betrug/ein Irrtum war - rein historisch läßt sich das weder be-, noch widerlegen).
Wäre der Glaube so dermaßen einsichtig, daß absolut kein Widerspruch möglich wäre, verlöre er seinen Charakter als sittliches Gut.
:fieselschweif: Hm:
Warum sollte es sittlich gut sein, trotz Zweifeln an der Gültigkeit einer religiösen Lehre sich für diese zu entscheiden und/oder daran festzuhalten?
Was sind Zweifel?
Etwa deswegen, weil man dann nicht anders könnte, als eben diese Lehre zu glauben?
Vielleicht, weil man nicht vorschnell handeln möchte.
Also "ohne Zweifelhaftes" kein sittlicher Verdienst bei der Entscheidung für das (zweifelbehaftete) religiöse System?
Zweifel beinhaltet Entscheidungsfreiheit. Das sittliche Verdienst liegt in der Entscheidung für das Gute. Es wäre kein sittliches Verdienst, bösgläubig zu sein.

Der zweifelnde Atheist mag sich fragen: Kann ich den katholischen Glauben teilen, weil der mehrfache Schriftsinn meinem Interpretationsverständnis von Texten entspricht? Kann ich die Idee vom himmlischen Vater als Metapher akzeptieren? Kann ich das Vaterunser beten, wie ich die Ode an die Freude singe? Ist das Gebot der Nächstenliebe sittlich gut?

Re: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

Verfasst: Donnerstag 7. Januar 2016, 17:04
von Willimox
overkott hat geschrieben: Der zweifelnde Atheist mag sich fragen:
Kann ich den katholischen Glauben teilen, weil der mehrfache Schriftsinn meinem Interpretationsverständnis von Texten entspricht?
Kann ich die Idee vom himmlischen Vater als Metapher akzeptieren?
Kann ich das Vaterunser beten, wie ich die Ode an die Freude singe?
Ist das Gebot der Nächstenliebe sittlich gut?
Tja, da sollten wir schon ansatzweise ein bisschen differenzieren:

a) Eine Entscheidung für ein helfendes Samariterverhalten und die Abwahl eines mitleidlosen Vorbeilaufens ist eingebettet in eine Wahlfreiheitssituation.
Die Abwahl eines wenig moralischen Verhaltens dürfte dabei das ausmachen, was wir "gutes" und "moralisches" Handeln nennen. Und das ist ein Verhalten,
das keineswegs die neutestamentliche Kenntnis der Bergpredigt voraussetzt.

b) Was nun etwa die Entscheidung für (z.B.) den Glauben an den Opfertod Christi und die Abwahl von Zweifeln an dieser Glaubenslehre an moralisch Gutem aufweisen soll,
das wäre dann doch noch zu begründen.

Mir scheint, in den angeführten Sätzen von Overkott und Hubertus liegt eine (vielleicht typische) Cross-Over-Argumentation vor, in der der Bezirk a und der Bezirk b kurzgeschlossen werden.

Übrigens auch mit der leicht fatalen Konsequenz, dass Zweifel an islamischen Paradiesesvorstellungen und moralischen Regeln damit zu torpedieren wären, dass man eben an die entsprechende
Offenbarung Allahs durch seinen Propheten glauben sollte. Die Nichtgewissheit sei ja ein wichtiges Kriterium des Glaubens. Gäbe es sie nicht, dann wäre eben dieser Glaubensakt kein sittlicher Verdienst.

Aber wir kennen gewiss ad nauseam die gewundenen Diskussionen, die sich an solchen Fragen zu entzünden lieben.
Fruchtbar sind sie selten, so wollen wir uns für das Beste entscheiden:

Re: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

Verfasst: Donnerstag 7. Januar 2016, 17:10
von Hubertus
Willimox hat geschrieben:
Hubertus hat geschrieben: Letztlich ist der Glaube eben tatsächlich im Wortsinne "Glaubens-"Sache, d.h. ich muß zu dem Grundentscheid kommen, onb ich dem Zeugnis der Hl. Schrift, dem Zeugnis der Kirche glaube. Wenn ich mich dem verweigere, kann ich mich immer auf eine Position zurückziehen, die letztlich unwiderlegbar ist (d.h. es wäre rein theoretisch möglich, daß es ein Betrug/ein Irrtum war - rein historisch läßt sich das weder be-, noch widerlegen).
Wäre der Glaube so dermaßen einsichtig, daß absolut kein Widerspruch möglich wäre, verlöre er seinen Charakter als sittliches Gut.
:fieselschweif: Hm:
Warum sollte es sittlich gut sein, trotz Zweifeln an der Gültigkeit einer religiösen Lehre sich für diese zu entscheiden und/oder daran festzuhalten?
Etwa deswegen, weil man dann nicht anders könnte, als eben diese Lehre zu glauben?
Also "ohne Zweifelhaftes" kein sittlicher Verdienst bei der Entscheidung für das (zweifelbehaftete) religiöse System?
Gott will, daß der Mensch sich in Freiheit für das Liebesangebot Gottes entscheidet - keine Liebe ohne Freiheit.
Wäre der Glaube so evident, daß man sich nicht ernsthaft dagegen entscheiden könnte, wäre der Mensch letztlich nicht frei.
Und der "Glaube" nichts wert.

Re: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

Verfasst: Donnerstag 7. Januar 2016, 17:18
von Willimox
Hubertus hat geschrieben:Gott will, daß der Mensch sich in Freiheit für das Liebesangebot Gottes entscheidet - keine Liebe ohne Freiheit.
Wäre der Glaube so evident, daß man sich nicht ernsthaft dagegen entscheiden könnte, wäre der Mensch letztlich nicht frei.
Und der "Glaube" nichts wert. (Hubertus)
Tja, da sollten wir zum Problem der Entscheidungsfreiheit schon ansatzweise ein bisschen differenzieren:


a) Eine Entscheidung für ein helfendes Samariterverhalten und die Abwahl eines mitleidlosen Vorbeilaufens ist eingebettet in eine Wahlfreiheitssituation.
Die Abwahl eines wenig moralischen Verhaltens dürfte dabei das ausmachen, was wir "gutes" und "moralisches" Handeln nennen. Und das ist ein Verhalten,
das keineswegs die neutestamentliche Kenntnis der Bergpredigt voraussetzt oder einen christlichen Werte-Kanon.

b) Was nun etwa die Entscheidung für (z.B.) den Glauben an den Opfertod Christi und die Abwahl von Zweifeln an dieser Glaubenslehre an moralisch Gutem aufweisen soll,
das wäre dann doch noch zu begründen.

Mir scheint, in den angeführten Sätzen von Overkott und Hubertus liegt eine (vielleicht typische) Cross-Over-Argumentation vor, in der der Bezirk a und der Bezirk b kurzgeschlossen werden.

Übrigens auch mit der leicht fatalen Konsequenz, dass Zweifel an islamischen Paradiesesvorstellungen und moralischen Regeln damit zu torpedieren wären, dass man eben an die entsprechende
Offenbarung Allahs durch seinen Propheten glauben sollte. Die Nichtgewissheit sei ja ein wichtiges Kriterium des Glaubens. Gäbe es sie nicht, dann wäre eben dieser Glaubensakt kein sittlicher Verdienst.

Aber wir kennen gewiss ad nauseam die gewundenen Diskussionen, die sich an solchen Fragen zu entzünden lieben.
Fruchtbar sind sie selten, so wollen wir uns für das Beste entscheiden:

Re: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

Verfasst: Donnerstag 7. Januar 2016, 17:27
von overkott
Willimox hat geschrieben:
overkott hat geschrieben: Der zweifelnde Atheist mag sich fragen:
Kann ich den katholischen Glauben teilen, weil der mehrfache Schriftsinn meinem Interpretationsverständnis von Texten entspricht?
Kann ich die Idee vom himmlischen Vater als Metapher akzeptieren?
Kann ich das Vaterunser beten, wie ich die Ode an die Freude singe?
Ist das Gebot der Nächstenliebe sittlich gut?
Tja, da sollten wir schon ansatzweise ein bisschen differenzieren:

a) Eine Entscheidung für ein helfendes Samariterverhalten und die Abwahl eines mitleidlosen Vorbeilaufens ist eingebettet in eine Wahlfreiheitssituation.
Die Abwahl eines wenig moralischen Verhaltens dürfte dabei das ausmachen, was wir "gutes" und "moralisches" Handeln nennen. Und das ist ein Verhalten,
das keineswegs die neutestamentliche Kenntnis der Bergpredigt voraussetzt.
Der katholische Glaube setzt mehr auf Geist, als auf Buchstaben. Deshalb ist die Haltung wichtiger als die Kenntnis. Das ist also der fromme Pragmatismus.
b) Was nun etwa die Entscheidung für (z.B.) den Glauben an den Opfertod Christi und die Abwahl von Zweifeln an dieser Glaubenslehre an moralisch Gutem aufweisen soll,
das wäre dann doch noch zu begründen.
Für das Verständnis von Opertheologie ist es sinnvoll, sich intensiver mit der Intention und der Entwicklung von Opfern im Alten und Neuen Testament zu beschäftigen. Ein leichter Zugang ist jedenfalls die neutestamentliche Frage: Gibt es eine größere Liebe, als wenn jemand sein Leben hingibt für die Freunde?
Mir scheint, in den angeführten Sätzen von Overkott und Hubertus liegt eine (vielleicht typische) Cross-Over-Argumentation vor, in der der Bezirk a und der Bezirk b kurzgeschlossen werden.
Elektronische 3D-Brille?
Übrigens auch mit der leicht fatalen Konsequenz, dass Zweifel an islamischen Paradiesesvorstellungen und moralischen Regeln damit zu torpedieren wären, dass man eben an die entsprechende
Offenbarung Allahs durch seinen Propheten glauben sollte. Die Nichtgewissheit sei ja ein wichtiges Kriterium des Glaubens. Gäbe es sie nicht, dann wäre eben dieser Glaubensakt kein sittlicher Verdienst.
Darüber sollte man sich mit Moslems unterhalten.
Aber wir kennen gewiss ad nauseam die gewundenen Diskussionen, die sich an solchen Fragen zu entzünden lieben.
Fruchtbar sind sie selten, so wollen wir uns für das Beste entscheiden:
Jeder auf seine eigene Weise.

Re: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

Verfasst: Donnerstag 7. Januar 2016, 17:33
von Dieter
"dann wäre eben dieser Glaubensakt kein sittlicher Verdienst."

Man kann nicht die "Guten Werke" als heilsnotwendig(!) abschaffen, so wie es die Reformatoren getan haben und aus dem Glauben an Christus ein Gutes Werk machen, mit dem man sich Verdienste erwerben kann.

Das Glaubenkönnen wird uns von Gott geschenkt. Es ist nicht unser Verdienst.

Die Guten Werke bringen den Menschen nicht in den Himmel, aber sie zeigen ihm selbst und anderen, dass der Glaube an Christus bei ihm vorhanden ist.

Re: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

Verfasst: Donnerstag 7. Januar 2016, 17:37
von Hubertus
Dieter hat geschrieben:Das Glaubenkönnen wird uns von Gott geschenkt. Es ist nicht unser Verdienst.
Die Glaubensantwort muß aber eben vom Menschen kommen. Er muß mit der Gnade mitwirken.

Re: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

Verfasst: Freitag 11. März 2016, 15:41
von Willimox
Willimox:

a) Eine Entscheidung für ein helfendes Samariterverhalten und die Abwahl eines mitleidlosen Vorbeilaufens ist eingebettet in eine Wahlfreiheitssituation.
Die Abwahl eines wenig moralischen Verhaltens dürfte dabei das ausmachen, was wir "gutes" und "moralisches" Handeln nennen. Und das ist ein Verhalten,
das keineswegs die neutestamentliche Kenntnis der Bergpredigt voraussetzt.

b) Was nun etwa die Entscheidung für (z.B.) den Glauben an den Opfertod Christi und die Abwahl von Zweifeln an dieser Glaubenslehre an moralisch Gutem aufweisen soll,
das wäre dann doch noch zu begründen.

Mir scheint, in den angeführten Sätzen von Overkott und Hubertus liegt eine (vielleicht typische) Cross-Over-Argumentation vor, in der der Bezirk a und der Bezirk b kurzgeschlossen werden.

Overkott:

Crossover-Argumentation. Elektronische 3D-Brille?

Willimox:

Nä, ein Katägoriänfähler, katexochän.

Professor Bömmel:

"Willimox Wamser, Sie gäben nicht acht. Was verstähen Sie unter "Cross-Over-Argumentation?"

Willimox:

Das hier. (zeigt ein Bild)

https://i.wp.com/www.toonpool.com/user ... 152149.jpg

Professor Bömmel:

Willimox Wamser, Sie faseln. In Bildern.

Willimox

Nun ja, gut.

Bild

Re: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

Verfasst: Freitag 11. März 2016, 15:52
von maliems
Habt ihr mal den ganzen Psalm gelesen? Der Herr hat als frommer Jude natürlich den ganzen Psalm gekannt.

Re: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

Verfasst: Freitag 11. März 2016, 16:00
von PascalBlaise
@Willimox: Jo, go meta!
Das hilft ganz bestimmt.

Re: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

Verfasst: Freitag 11. März 2016, 17:43
von Willimox
So "meta" ist das gar nicht, Pascal. Es geht ja um die Überprüfung der Stichhaltigkeit einer solchen "Antwort"
Hubertus hat geschrieben:
PascalBlaise hat geschrieben:Die Auferstehung eine Legende, eine posttraumatische Bewältigungsstrategie einer tiefenttäuschten Jüngerschaft. Was sagt man solchen Zweifeln und Zweiflern in Bezug auf diese Stelle?
Hätten sich die Jünger die Auferstehung nur ausgedacht, wären sie vermutlich mit einer Geschichte aufgetreten, die damals besser "gezogen" hätte ("den Juden ein Ärgernis, den Heiden eine Torheit"; vgl. 1 Kor 1,23). Auch wäre fraglich, ob sie dann bereit gewesen wären, Schmähung, Verfolgung und letztlich den Martyrertod auf sich zu nehmen.
Was die "posttraumatische Bewältigungsstrategie" betrifft: a) Zunächst ist fraglich, ob so etwas psychologisch tatsächlich vorstellbar ist. Da müßte man mal einen Experten fragen. Man hört aber gerade in religiöser Hinsicht so oft irgendwelche "küchenpsychologischen" Ansätze, daß ich da immer sehr vorsichtig bin.
Und b) Letztlich ist der Glaube eben tatsächlich im Wortsinne "Glaubens-"Sache, d.h. ich muß zu dem Grundentscheid kommen, onb ich dem Zeugnis der Hl. Schrift, dem Zeugnis der Kirche glaube. Wenn ich mich dem verweigere, kann ich mich immer auf eine Position zurückziehen, die letztlich unwiderlegbar ist (d.h. es wäre rein theoretisch möglich, daß es ein Betrug/ein Irrtum war - rein historisch läßt sich das weder be-, noch widerlegen).
Wäre der Glaube so dermaßen einsichtig, daß absolut kein Widerspruch möglich wäre, verlöre er seinen Charakter als sittliches Gut.
Vale

wwamser

Re: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

Verfasst: Freitag 11. März 2016, 20:35
von PascalBlaise
Willimox, du hast eine Frage zum Beitrag von Hubertus gestellt, aber keine echte Stellung dazu bezogen. Was unterscheidet denn Glauben von Wissen, abgesehen vom der Grad der Sicherheit? Wie könnte Gott sich so eindeutig offenbaren, dass kein Zweifel mehr möglich wäre? Was würde das für eine einmal angenommene Freiheit des Willens bedeuten? Wieso hat er es nicht getan? Hat er es doch getan?

Re: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

Verfasst: Montag 14. März 2016, 10:30
von overkott
Willimox hat geschrieben:Willimox:

a) Eine Entscheidung für ein helfendes Samariterverhalten und die Abwahl eines mitleidlosen Vorbeilaufens ist eingebettet in eine Wahlfreiheitssituation.
Die Abwahl eines wenig moralischen Verhaltens dürfte dabei das ausmachen, was wir "gutes" und "moralisches" Handeln nennen. Und das ist ein Verhalten,
das keineswegs die neutestamentliche Kenntnis der Bergpredigt voraussetzt.

b) Was nun etwa die Entscheidung für (z.B.) den Glauben an den Opfertod Christi und die Abwahl von Zweifeln an dieser Glaubenslehre an moralisch Gutem aufweisen soll,
das wäre dann doch noch zu begründen.

Mir scheint, in den angeführten Sätzen von Overkott und Hubertus liegt eine (vielleicht typische) Cross-Over-Argumentation vor, in der der Bezirk a und der Bezirk b kurzgeschlossen werden.
Um Punkt b) zu beantworten: Der Glaube an die Hingabe Jesu für die Freunde nach dem Prinzip einer für alle entspricht dem Ethos des Rücktritts für ein höheres gemeinsames Ziel.

Re: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

Verfasst: Montag 21. März 2016, 13:30
von overkott
PascalBlaise hat geschrieben:Was unterscheidet denn Glauben von Wissen, abgesehen vom der Grad der Sicherheit?
Glaube ist Prinzip, Wissen ist Konsequenz. Ohne Glaube, kein Wissen. Ohne Thema, kein Diskurs. Ohne Axiom, keine Logik. Ohne Vertrauen, keine Sicherheit. Ohne Gott, keine Schöpfung. Ohne Vater, kein Sohn.

Re: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

Verfasst: Montag 21. März 2016, 22:35
von overkott
Die Gottverlassenheit Christi steht am Ende einer Kette von Verrat durch Menschen. Wo Korruption die Oberhand hat, ist nicht Gott im Spiel.

Re: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

Verfasst: Montag 21. März 2016, 23:12
von offertorium
PascalBlaise hat geschrieben:Was unterscheidet denn Glauben von Wissen, abgesehen vom der Grad der Sicherheit?
Eine Bekannte fragte neulich ihren Pfarrer nach einem bestimmten Thema. Er konnte keine rechte Antwort darauf geben und meinte, das müsse man einfach so glauben. Die Antwort war nicht befriedigend, denn ein Glaube benötigt Wissen, um vor dem Menschen selbst gerechtfertigt zu sein. Dafür ist nicht wichtig, wie tief das Wissen ist, aber das Wissen muss ausreichend sein, um die eigene Suche stimulieren und begrenzen zu können. Auch ein glaubender Mensch (oder gerade?) sucht nach Antworten. Bekommt er kein Wissen, keine Antworten, wird er weiter suchen und gehört u.U. irgendwann zu denen, die außerhalb der Kirche suchen. Da sehe ich eine große Baustelle.

Re: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

Verfasst: Samstag 26. März 2016, 12:49
von overkott
offertorium hat geschrieben:
PascalBlaise hat geschrieben:Was unterscheidet denn Glauben von Wissen, abgesehen vom der Grad der Sicherheit?
Eine Bekannte fragte neulich ihren Pfarrer nach einem bestimmten Thema. Er konnte keine rechte Antwort darauf geben und meinte, das müsse man einfach so glauben. Die Antwort war nicht befriedigend, denn ein Glaube benötigt Wissen, um vor dem Menschen selbst gerechtfertigt zu sein. Dafür ist nicht wichtig, wie tief das Wissen ist, aber das Wissen muss ausreichend sein, um die eigene Suche stimulieren und begrenzen zu können. Auch ein glaubender Mensch (oder gerade?) sucht nach Antworten. Bekommt er kein Wissen, keine Antworten, wird er weiter suchen und gehört u.U. irgendwann zu denen, die außerhalb der Kirche suchen. Da sehe ich eine große Baustelle.
Woher weißt du, dass 1 gleich 1 ist? Du akzeptierst es. Du nimmst es an. Du glaubst es. Es ist ein Axiom. Aber du weißt es nicht. Glaube geht dem Wissen voraus. Wenn du dich an dieses Axiom erinnerst, hast du Wissen erlangt. Wissen ist also das Maß für deine Erinnerung. Es besagt noch nichts über richtiges oder falsches Wissen.

Woher wissen wir, dass die Karwoche mit Palmsonntag anfängt und mit Karsamstag aufhört? Aus der Erinnerung an den Anfang des theologischen und philosophischen Denkens. Und wir verstehen die Logik: Gott ist größer als der Mensch, der Vater ist größer als der Sohn, die Sonne ist größer als der Mond. Denn der Fürst steht über dem Gefolge, der Premier über den Ministern usw.

Wer will das verdrehen?

Atheisten.

Re: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

Verfasst: Sonntag 27. März 2016, 09:43
von Raphael
PascalBlaise hat geschrieben:Was unterscheidet denn Glauben von Wissen, abgesehen vom der Grad der Sicherheit?
Glauben einerseits und Wissen andererseits entfalten sich in einer je eigenen Ordnung.
Die Enzyklika Fides et Ratio ist diesbezüglich sehr aufschlußreich! :ja: