Heinrich hat geschrieben:Das Problem sehe ich, nach wie vor, in der Fachkompetenz und in den Beurteilungsparametern.
Beisp.:
Ich habe etwa 7 Jahre lang als Therapeut in einer Suchtberatungsstelle eines Diakonischen Werkes gearbeitet. Nachdem die Tatsache "an die Öffentlichkeit" drang, dass in den Therapien auch das Thema Sexualität bearbeitet wurde, mehrte sich Kritik an der Methode (Psychodrama, Integrative Gestalttherapie; meine Ausbildung absolvierte ich am Fritz Perls Institut in Hückeswagen (
http://www.integrative-therapie.de/)). Vor dem Beratungsraum einer Einrichtung, in der ich eine wöchentliche Sprechstunde abhielt, tauchten Handzettel des Gemeindepfarrers auf, in denen auf das "unchristliche" von Gruppentherapien auftauchten. In Gesprächen wurde mir deutlich gemacht, dass man sich in den Therapiesitzungen Verkündigung wünsche, da man die Sucht als Strafe für Sünde auffasste.
Wenn Kirche sich um die Beurteilung von Methoden aus dem Bereich der Psychotherapie -und wichtiger noch, um die Beurteilug der jeweiligen Vermittler- kümmern will, sollte sie dafür sorgen, fachkompetente Personen vorzuhalten. Ansonsten würde das Stückwerk.
Heinrich
Deinen Einwand kann ich sehr gut nachvollziehen. Das Beispiel, das du schilderst zeugt natürlich von allem anderen als von Fachkompetenz. In diesem Fall zusätzlich auch noch von theologischer Beschränktheit (Sucht als Strafe für Sünde).
Nur denke ich, kirchliche Einrichtungen wie z.B. Bildungshäuser sollten doch durchaus in der Lage sein, sich fachlichen Rat einzuholen, wenn schon in den eigenen Reihen nicht vorhanden. Es geht nicht um inadäquate Reaktionen wie Stimmungsmache mit Handzetteln oder Verboten von etwas, was gut ist und wovon man nur nichts versteht, sondern um einen etwas sorgfältigeren Umgang mit dem, was man in seinen eigenen Häusern auf die Leute loslässt. Wie gesagt, nicht mit dem Holzhammer, sondern mit (notfalls von anderswo geholter) wirklicher Fachkompetenz. Bezogen auf den Hellinger-Fall: der tragische Selbstmord von Leipzig ereignete sich bereits 1997. Als ich ca. drei, vier Jahre später versuchte, mich über diesen mysteriösen Hellinger zu informieren, war er bereits längst in der psychologisch/psychiatrischen Fachwelt eine bekannte und mit großer Skepsis gesehene umstrittene Figur. Man mag einwenden, dass das kein Argument sei, seine Methode könnte ja deshalb trotzdem taugen. Nur frage ich mich, ob dann nicht das Eis doch ziemlich dünn wird, wenn man alles zusammen nimmt: der Universitätsprofessor, der mich darüber informiert, dass die Fachwelt (und ich muss als Laie zunächst mal darauf vertrauen, dass die Fachwelt ihren Namen verdient, ich gehe ja auch nicht zum Arzt und unterstelle diesem kein medizinisches Fachwissen), dass also diese Fachwelt äußerst skeptisch ist und bereits etliche Hellinger-Konsumenten ernsthaft Schaden genommen haben und sich in professionelle Therapie begeben mussten, die zur Kenntnisnahme, dass es offensichtlich im Extremfall sogar einen Suizid gegeben hat und schließlich die Bildung eines eigenen Eindrucks. Ich muss ergänzen: die Videos über die Hellinger-Veranstaltungen habe ich zu Anfang, noch vor jeder weiteren Information, gesehen, und ich kann nur sagen, dass eigentlich sofort auffallen müsste, dass da irgendetwas nicht stimmt. Es fällt sofort auf, wie absolut hier Interpretationen und Lösungen vorgetragen werden, dass hier kein Widerwort und nichts anderes geduldet wird als die Autorität einer Person. (Da diese Person nicht der Papst ist, müsste eigentlich sogar ein Theologe skeptisch werden

) Aber mal im ernst: eine Methode, die einen universalen Absolutheitsanspruch für sich hat, ist nirgendwo, in keinem Fachgebiet sauber, erst recht nicht auf solchen Gebieten wie Psychologie und Psychiatrie, wo es um so etwas Komplexes wie den Menschen und seine Gefühle geht.
Das alles hätte doch zumindest auch vor ein paar Jahren nachdenklich stimmen müssen. Es war bekannt, dass es bereits viele Hellinger-Schüler gab, dass deren Kurse auch in kirchlichen Einrichtungen angeboten wurden, die Bücher wurden in christlichen Buchhandlungen verkauft usw.
Ich weiß wie gesagt nicht, wie es heute aussieht, vielleicht hat man ja inzwischen reagiert.
Ich denke nicht zuletzt auch daran, was wir für ein Bild nach außen an die Menschen abgeben und ich denke, die Menschen (egal ob nun kirchenfern oder -nah) haben auch ein Recht sich darauf verlassen zu können, dass dort, wo katholisch drauf steht zumindest nicht etwas drin ist, was ihnen erheblich schaden kann. Ich gehe auch zum Arzt und verlasse mich darauf, dass diese Arzt und kein Kurpfuscher ist. Vielleicht habe ich Pech und gerate an einen schlechten Arzt. Ausschließen kann ich das nicht, genauso wenig, wie ich ausschließen kann, an einen schlechten Meditationskurs oder an einen schlechten geistlichen Berater zu geraten.
Aber man sollte es doch zumindest so weit fertigbringen, das, was mit einiger Wahrscheinlichkeit schädliche Scharlatanerie ist, zumindest etwas in kritischerer Distanz zu halten.