Karl Rahner

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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Godjonga
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Beitrag von Godjonga »

Grüß dich Lancelot !
Aber ganz so einfach kann man sich es auch wieder nicht machen: KR stand sehr wohl über Marechal, den er ausgiebig rezipiert hat, in einer "modernistischen" Traditionslinie (was noch nichts über seinen eigenen Modernismus oder seine etwaigen Häresien sagt).
Das stimmt ! Von Maréchal wusste ich noch gar nichts ... steht aber bspw. in der Encarta auch drin ... weißt Du inwieweit sich das Ganze auswirkt ?
Du schriebst ja selber, dass eine "philosophische" - heideggerisch-maréchal-geprägte Dr.-Arbeit noch nichts über andere Sachen aussagt - höchtens, dass er "vielseitig" interessiert war ... oder ?

Könntes Du mir ein wenig erzählen ?

Herzliche Grüße

Mathias
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lancelot
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Beitrag von lancelot »

Godjonga hat geschrieben:Könntes Du mir ein wenig erzählen ?
Alles unter Vorbehalt, da ich weder Theologe noch Rahner-Experte bin:

K.H. Weger stellt in "Karl Rahner: Eine Einführung in sein theologisches Denken" KR in die Traditionslinie Kant - Marechal:

Kant geht es um die Möglichkeitsbedingungen menschlicher Erkenntnis, und zwar nicht nur bezogen auf einzelne Bereiche oder Dinge - "kategorialer Erkenntnis" in Kantscher Terminologie", sondern um die allen Menschen gemeinsame Ermöglichung von Erkenntnis von Wirklichkeit; Marechal und Rahner wenden diese Transzendentale Methode auch auf die Gotteserkenntnis an.

Entsprechend legt KR eine starke Betonung auf die Erkenntnisstruktur und auf eine transzendentale, nicht kategorial konkretisierte Gotteserkenntnis. Hier dürfte dann auch der Grund liegen, warum Rahner gerne vom "Gottgeheimnis" des Menschen spricht und warum er dann auch von anonymer Gotteserkenntnis und anonymem Christentum sprechen kann.

Problematisch wird das Denken von KR da, wo die transzendentalen Strukturen menschlichen Erkennens das zu begrenzen scheinen, was GOTT uns sagen kann/darf. Und auch da, wo das Christentum bzw. die jüdisch-christliche Offenbarung nur "illustrieren" oder "konkretisieren", was der Mensch eh schon weiß bzw. was ihm "eingeschaffen" ist.

Aber das alles haben andere viel besser und kundiger gesagt; zur "anthropologischen Wende" bei KR und seiner transzendentalen Methode z.B. sympathisierend sein Schüler K.H. Weger in dem genannten Buch und kritisch natürlich Balthasar und andere.

Marechal hatte meines Wissens auch einen Einfluß auf Maurice Blondel und die französische Nouvelle Theologie (Lubac et al.), aber da kenne ich mich zu wenig aus.

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Godjonga
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Beitrag von Godjonga »

Grüß dich Lancelot !

Vielen Dank für Dein Posting !
Das war wirklich gut, das mal so beschrieben zu bekommen.
Ich habe darüber gerade gelesen:
Meiner Meinung nach ist das auch wirklich der Knackpunkt, jedenfalls, wenn es um Dinge wie "Selbsttranszendenz" und fundamentalistische Mitte des Glaubens geht, genauso wie du schon anonymer Christ (geht der Begriff nicht auf Balthasar zurück ?) und anonymer Gotteserkenntnis genannt hast - einerseits, kann man da Kritik dran festmachen, andererseits, ist diese "Erkenntisterminologie" doch auch bei Augustinus schon zu finden - oder ? Obwohl Rahner ja mehr von Thomas geprägt war und der widerum, ja mehr von Aristoteles ausging ... :)
Augustinus sagt, die Welt sei nicht AUS einer Materie geschaffen, sondern Gott schuf aus dem Nichts; er schuf sie VON sich aus; Gott ist der Grund alles SEINS.
Wenn ich es richtig verstanden habe, dann sagt Rahner doch auch, nicht aus den Ursachen und Wirkungen in der Welt begreife ich Gott, sondern vielmehr ohne Gott ist nichts - denn er ist die "Möglichkeit der Bedingung" alles SEINS.

Rahner legt großen Wert auf den Geist im Menschen, der ihn erst zu einem Transzendentalen Wesen macht: "Gottes Geist befähigt seine Kreaturen von innen heraus zur Selbsttranszendenz" - K. Rahner
Das Gute daran ist, das man damit jedem Menschen dieses "Abbild Gottes" zuspricht, auch wenn der Mensch davon nichts weiß ...;
Das Gute daran, meine ich, ist auch, dass damit gut rauskommt, dass wir ALLE Kinder Gottes sind und durch den Geist (Christi) selber zu einem schöpferischen Leben "verantwortet" sind.

So - was meinst Du ? - ihr ?

Herzliche Grüße

Mathias
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lancelot
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Beitrag von lancelot »

Godjonga hat geschrieben: Wenn ich es richtig verstanden habe, dann sagt Rahner doch auch, nicht aus den Ursachen und Wirkungen in der Welt begreife ich Gott, sondern vielmehr ohne Gott ist nichts - denn er ist die "Möglichkeit der Bedingung" alles SEINS.
Es ging mir weniger um Gott als Bedingung des Seins, sondern um das, was ich bei KR als transzendentale Erfahrung/Erkenntnis Gottes vor, hinter, jenseits aller kategorialen Erfahrung/Erkenntnis verstehe. Die ist für ihn so wichtig, daß es mir scheint, als sei die geschichtliche, kategoriale Offenbarung - in der jüdischen Geschichte, in Jesus Christus - nur eine Illustration dessen, was jeder Mensch immer schon weiß.

Ähnlich scheint mir der Tod Jesu am Kreuz bei ihm eher das rechte Gottvertrauen zu illustrieren statt der eigentliche Ort zu sein, an dem für uns Gottvertrauen überhaupt erst eine "realistische", wirklichkeitsgerechte Haltung wird.

Muß ich wirklich aus jedem Menschen einen "anonymen Christen" (soweit ich weiß, stammt der Begriff schon von KR selber) zu machen, um ihn als Bruder oder Schwester lieben zu können, ihm auch Wahrheitserkenntnis zuzugestehen, ihn auf der Suche nach Wahrheit, Güte, Schönheit zu sehen?

Aber vielleicht habe ich KR damit auch mißverstanden, und meine Lektüre des "Grundkurs" ist schon 20 Jahre her.

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Godjonga
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Versuch einer Zusammenstellung

Beitrag von Godjonga »

Grüß Euch !

Ich versuche gerade die "grundlegenden" Begriffe und Dimensionen Rahners zu verstehen: Hier ein Versuch der Zusammenfassung:

Ich habe verschiedene Sachen gelesen (gebe es nachher als Quelle an) und nach denen versuch ich jetzt ein "Bild" aufzubauen; ich versuche vom Allgemeinen zum Spezifischen hin zu arbeiten (wobei es vermutlich noch "allgemein" - für Samuel - bleiben wird, weil das heute erstmal der vorläufige Schlussstrich meiner "Beschäftigungsphase" mit Rahner ist - eine Mathehausarbeit will geschrieben werden.
Nach Lehmann ist der theologische Grundansatz Rahners folgender: Die "Erfahrung der Gnade"; Neufeld formuliert anders und meint die Zentralidee sei: "Sünde als Verlust der Gnade" Metz sagt: Theologie, als mystische Biographie eines Christenmenschen heute"
Das Verhältnis zwischen menschlichem Dasein, Gott und Gnade soll bestimmt werden, als Herzstück beschreibt Lehmann die "Erfahrung der Gnade" - Gnade soll hier als "Selbstmitteilung Gottes verstanden werden!
Hier kann ich denke ich gut an die Selbsttranszendenz anknüpfen, denn wenn ich es recht verstanden habe, ist dies damit gemeint(bzw., weil es nur "eine" Seite der Medaille íst - hängt eng damit zusammen): Selbsttranszendenz/Erfahrung Gottes/Urerlebnis:
Rahner versteht Gott nicht als innerweltliche Ursache der Dinge; Gott kann nicht Gegenstand der Theologie sein, er ist vielmehr der Grund alles SEINS und damit die Bedingung der Möglichkeit für alles SEIN.
In seiner Offenbarung will Gott den Menschen nahe sein, jedoch nicht indem er Ursache in der Welt ist, sondern indem er seinen Hl. Geist in den Kreaturen wohnen und wirken lässt: "Gottes Geist befähigt seine Kreaturen von innen heraus zur Selbsttranszendenz" (K. Rahner).
Vorgrimler beschreibt damit den Hl. Geist, als die Bedingung der Möglichkeit für die Kreaturen zur Selbsttranzendenz und damit zum "schöpferischen Tätigsein" [Maria Montessori beschreibt in der gleichen Weise, den Geist, den Intellekt, als die Fähigkeit des Menschen (unterscheidet sich sich also DARIN (Kreatur - Mensch) zu Rahner?) eine "Supra-Natura"= Kultur zu schaffen; mit dieser Fähigkeit, setzt er sich stark von den Tieren ab.].
Diese "Transzendenz" gehört nach Rahner zum "Personenbegriff": "In dieser Wahrnehmung eigener Möglichkeiten der Selbstüberschreitung erfährt der Mensch sich als 'Wesen der Transzendenz, als Geist - nicht im Sinne eines 'partikularen' Vermögens, sondern im Vollzug seiner Personalität.
Ich sehe ich bringe eine Lawine ins Rollen, jetzt wo ich versuche zusammenzufassen, kommt man von einem Punkt in den nächsten...
Aber einen Punkt will ich auf jeden Fall noch schreiben:
Das Urerlebnis:
Vorgrimler beschreibt, wie "intensiv" dieses Erleben Gottes für Rahner, war, er spürte Gott so intensiv, dass er sogar ohne Bibel, völlig authentisch von Gott reden könne: Gott erlebt man - es wird beschrieben, dass man Gott jeden Tag erleben kann - in solchen Situationen, in denen man merkt, dass man "sich selber" nicht tragen kann; bspw. wenn ich merke, ich werde von meinem Partner bedingungslos geliebt - geliebt, wo ich doch ein Mensch bin mit Fehlern und Makeln bin... diese Liebe hat ihren Grund in Gott; oder wenn ich merke (habe ich daneulich empfunden ), dass mir alle Aufgaben über den Kopf wachsen ( Prüfung ) und ich nicht weiß, ob, wie und überhaupt ich all das schaff' ..., dann erfahre ich etwas, mit dem es weitergehen kann, einen Grund, der mich trägt, dieser Grund, dieses Erleben, ist Gott (So habe ich es verstanden )
Was ich noch "akzentuieren" will ist:
" Der Mensch ist das Wesen der (Selbst)Transzendenz - ein Wesen das zu sich selbst kommt, [deswegen ist das "Urerlebnis" so wichtig, weil ich damit mich selbst erkenne] indem es sich in Erkenntnis und Freiheit selbst überschreitet - und hat es immer schon mit Gott, dem Woraufhin und dem Wovonher der Transzendenzbewegung zu tun"
Im Grundkurs kommt dies an einer anderen Stelle noch gut heraus: Der Mensch muss die Selbstmitteiling Gottes annehmen, dies kann er nur, wenn er ein solches Vermögen, ein Vermögen, der Transzendenz in sich trägt.
Zum Schluss noch die "Einbettung" des Themas in einen globaleren Zusammenhang, ich werde also wieder "Allgemein":
Gott will das Heil aller Menschen, die Selbstmitteilung Gottes kommt durch die Trinität zum Ausdruck; Siebenrock beschreibt eine Korrelation zwischen Gott und Mensch; Gott, der uns den Hl. Geist gegeben hat (den wir aber annehmen müssen, um schöpferisch wirksam zu sein und um uns selbst zu erkennen) mit dem wir eine Beziehung zu Gott aufbauen können - Gott "berühren" können. Mit dem Geist ausgestattet ist der Mensch "Hörer des Wortes" und kann damit versuchen den Willen Gottes zu suchen und zu hören. Allen Menschen ist die Gande Gottes angeboten:
"Damit kann Karl Rahner in den Erfahrungen der Menschen, bevorzugt in den alltäglichen, eine Dimension herausstellen, die ihn nicht nur auf den Gott jenseits der Welt, sondern auf den 'Gott mit uns', den Immanuel verweist. Theologie und Verkündigung sollen in der Erfahrung der Gnade, in die Erfahrung des nahegekommenen Gottes einweisen. Deshalb kann er programmatisch formulieren: Der Christ von morgen wird ein Mystiker sein." - Siebenrock, Presseinfo anl. des 100. Geburtstages Rahners.

Jetzt war es doch wieder etwas ungeordnet, aber vieleicht seid ihr trotzdem mitgekommen ..., bei mir formt sich jedenfalls langsam ein Bild ...

Herzliche Grüße

Mathias

Quellen: - Holstiege, H.: Das Menschenbild bei Maria Montessori, Grundzüge ihrer Anthropologie in der aktuellen Diskussion, Freiburg 1999.
- Lehmann, K./ Raffelt, A.: Karl Rahner-Lesebuch, Freiburg 2004
- Kappes, M.: Theologische Profile im 20. Jahrhundert, Karl Barth - Dietrich Bonhoeffer, Romano Guardini, Karl Rahne, Kevelaer 2001
- Vorgrimler, H.: Karl Rahner verstehen, eine Einführung in sein Leben und Denken, Freiburg 1985.
- Thesenpapiere von Samuel
- Zusammenfassung der KHG Karlsruhe über Leben und Wirken Rahners
- Pressemappe der Jesuiten anlässlich des 100. Geburtstages Rahners
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Samuel
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Beitrag von Samuel »

Hallo Leute,

nachdem ich nun die bisherigen Beiträge überflogen habe, möchte ich gerne bei euch mitdiskutieren (Mathias, ich wäre dir dankbar, wenn du dich kürzer fassen und auf die zentralen Punkte beschränken könntest).

@Juergen: Anknüpfung in Parallele

Rahner versucht in der Tat, den Glauben als das Nicht-Andere, als das ureigenste Bedürfnis des Menschen darzustellen. Insofern geht er mehr von der Inkarnation als vom Kreuz aus. (Andererseits habe ich erst bei Rahner eine Soteriologie gefunden, die mich intellektuell zufriedengestellt hat und die ich auch guten Gewissens anderen vermitteln kann.)
Flach ist m.E. vor allem ein Pseudo-Rahnerianismus. Bei Rahner selbst habe ich den Eindruck, dass für ihn die transzendente Erfahrung kein bloßes Schlagwort ist, sondern dass er sein ganzes Leben und Theologisieren vor dem Heiligen Geheimnis vollzieht.

@lancelot

Ganz so bedeutungslos wie du das siehst, ist für Rahner die Geschichte nicht: Die Liebe Gottes muss sich geschichtlich ausdrücken, sonst wäre sie keine Liebe (und somit ist die Kreuzeshingabe Jesu realsymbolische Wirkursache der vergebenden Selbstmitteilung Gottes).
Wir erfahren erst aus der faktischen (geschichtlichen) Begegnung mit der christlichen Botschaft, dass sie die Erfüllung ist, auf die wir immer schon gehofft haben.
Aber in einem muss ich dir recht geben: Rahner konzipiert alles von seinem transzendentalanthropologischen Ansatz her. Eine inhaltliche Offenbarung etwa kann es nicht geben - nur eine gelungene, für andere Menschen nachvollziehbare Auslegung der transzendentalen Erfahrung (die dann freilich auch irgendwie von Gott gelenkt ist).

Gruß und Segen

Samuel

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Godjonga
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Beitrag von Godjonga »

Grüß Dich Samuel !

Welcome ;)

Für mich war es wichtig, die Sachen erstmal aufzuschreiben, ich sehe aber ein, dass das mehr für mich gut war, als für andere (Länge ... ;) )

Einige Fragen also:

- Ist die Selbstranszendenz (-->(Hl.) Geist), die ein Urerlebnis möglich macht, der zentrale Kern Rahners ? (bzw. mit einer der zentralen Kerne?)

- Ist es das "Paradoxe", das die Spannung erzeugt, wenn man einerseits, vom Unbegreiflichen Gott spricht (--> negative Theologie) und anderseits, diesem "Vermögen", das in jedem Menschen steckt dieses Unbegreifliche wahrzunehmen und dazu in Beziehung zu kommen ?

Herzliche Grüße

Mathias
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lancelot
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Beitrag von lancelot »

Samuel hat geschrieben: Ganz so bedeutungslos wie du das siehst, ist für Rahner die Geschichte nicht: Die Liebe Gottes muss sich geschichtlich ausdrücken, sonst wäre sie keine Liebe (und somit ist die Kreuzeshingabe Jesu realsymbolische Wirkursache der vergebenden Selbstmitteilung Gottes).
Wir erfahren erst aus der faktischen (geschichtlichen) Begegnung mit der christlichen Botschaft, dass sie die Erfüllung ist, auf die wir immer schon gehofft haben.
Aber in einem muss ich dir recht geben: Rahner konzipiert alles von seinem transzendentalanthropologischen Ansatz her. Eine inhaltliche Offenbarung etwa kann es nicht geben - nur eine gelungene, für andere Menschen nachvollziehbare Auslegung der transzendentalen Erfahrung (die dann freilich auch irgendwie von Gott gelenkt ist).
Ich lasse mich da gerne von Dir korrigieren, Samuel - u.a. auch weil ich momentan keine Lust und Zeit habe, mich wieder in Rahner zu vertiefen. Mein Verdacht bleibt aber, daß für Rahner letztlich doch die geschichtliche Erfahrung - mitsamt dem Jesus-Ereignis - die (unabhängig davon vorhandene?) Liebe, Offenbarung und Selbstmitteilung Gottes nur ausdrückt, illustriert - mit der Folge z.B., daß Christen dann eben die anonymen Christen sind, die wissen, daß sie Christen sind. Der Unterschied zwischen beiden Populationen liegt dann in der Erkenntnis, nicht im Sein.

Müsste nicht Offenbarung, Erlösung nicht stärker so verstanden werden, daß sie sich in Jesus Christus ereignet, daß es keinen Liebes- und Selbstmitteilungswillen Gottes gibt, der ohne Jesus auskäme? Und da springt Rahner in seiner Theologie zu kurz. (Ob als Person, das hat längst schon ein Anderer beurteilt, während ich diese Beurteilung noch vor mir habe.

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Samuel
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Beitrag von Samuel »

Godjonga hat geschrieben:Ist die Selbstranszendenz (-->(Hl.) Geist), die ein Urerlebnis möglich macht, der zentrale Kern Rahners ? (bzw. mit einer der zentralen Kerne?)
Von "aktiver Selbsttranszendenz" spricht Rahner im Zusammenhang mit der evolutiven Weltanschauung. Ich würde sagen, Kern der Theologie Rahners ist die transzendentale Erfahrung.
Ist es das "Paradoxe", das die Spannung erzeugt, wenn man einerseits, vom Unbegreiflichen Gott spricht (--> negative Theologie) und anderseits, diesem "Vermögen", das in jedem Menschen steckt dieses Unbegreifliche wahrzunehmen und dazu in Beziehung zu kommen ?
Die Spannung steckt in der transzendentalen Erfahrung: Einerseits stehen wir vor dem Absoluten, andererseits können wir es nicht erfassen: Auch wenn wir "Gott", "Heiliges Geheimnis", "transzendentale Erfahrung" sagen, so haben wir damit nur einen Begriff und nicht das Absolute selbst. "Si comprehendis non est deus" (Augustinus).
lancelot hat geschrieben:Mein Verdacht bleibt aber, daß für Rahner letztlich doch die geschichtliche Erfahrung - mitsamt dem Jesus-Ereignis - die (unabhängig davon vorhandene?) Liebe, Offenbarung und Selbstmitteilung Gottes nur ausdrückt, illustriert
Eine Liebe, die sich nicht ausdrückt, gibt es nicht!. Wir erfahren nicht anlässlich des Jesus-Ereignisses von der (unabhängig davon vorhandenen) Liebe Gottes, sondern Jesus ist das Ereignis der Liebe Gottes.
Müsste nicht Offenbarung, Erlösung nicht stärker so verstanden werden, daß sie sich in Jesus Christus ereignet, daß es keinen Liebes- und Selbstmitteilungswillen Gottes gibt, der ohne Jesus auskäme?
Man kann wohl sagen, dass jede geschichtliche Auslegung der transzendentalen Erfahrung den Drang hat zu je größerer Ausdrücklichkeit und damit letztlich auf Jesus Christus hinzielt.

Gruß und Segen

Samuel

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Godjonga
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Beitrag von Godjonga »

Grüß Dich Samuel !
Von "aktiver Selbsttranszendenz" spricht Rahner im Zusammenhang mit der evolutiven Weltanschauung. Ich würde sagen, Kern der Theologie Rahners ist die transzendentale Erfahrung.
Evolutiven Weltanschauung, meinst du damit, das Schöpferische des Mensche, das Rahner anspricht, wenn er von den Gaben des Hl. Geistes spricht ? - damit würde er der Lehre Montessoris sehr nahe kommen, da auch sie von einer "Supra natura" spricht, die durch den Geist geschaffen werden kann, bei ihr bedeutet das Kultur, Entwicklung der Technik etc.
Die Spannung steckt in der transzendentalen Erfahrung: Einerseits stehen wir vor dem Absoluten, andererseits können wir es nicht erfassen: Auch wenn wir "Gott", "Heiliges Geheimnis", "transzendentale Erfahrung" sagen, so haben wir damit nur einen Begriff und nicht das Absolute selbst. "Si comprehendis non est deus" (Augustinus).
Das habe ich gemeint ja ! Das Tolle bei Rahner ist ja, dass er damit nicht aufhört, wie Kant bspw. der sagt, man kann über Vernunftideen nichts aussagen bzw. nur über die Ränder, sondern dass er damit anfängt ... !!

Herzliche Grüße

Mathias

P.S. Das neue Karl Rahner Lesebuch ist ziemlich gut, so auf den ersten Eindruck :) ;) :)
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lancelot
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Beitrag von lancelot »

Samuel hat geschrieben:
lancelot hat geschrieben:Mein Verdacht bleibt aber, daß für Rahner letztlich doch die geschichtliche Erfahrung - mitsamt dem Jesus-Ereignis - die (unabhängig davon vorhandene?) Liebe, Offenbarung und Selbstmitteilung Gottes nur ausdrückt, illustriert
Eine Liebe, die sich nicht ausdrückt, gibt es nicht!. Wir erfahren nicht anlässlich des Jesus-Ereignisses von der (unabhängig davon vorhandenen) Liebe Gottes, sondern Jesus ist das Ereignis der Liebe Gottes.
Danke, daß Du mir zustimmst. :P

Aber tut das Karl Rahner auch? Sagt er - in seinen theologischen [und nicht unbedingt nur in seinen spirituellen] Schriften irgendwo, daß Jesus dieses Ereignis ist, daß es diese Liebe nur in der Gestalt Jesu gibt? Daß es die transzendentale Erfahrung des Geheimnisses als nicht nur offenstehende, als Frage und Bitte und Erwartung, sondern als anfanghaft erfüllte, als unzureichend entzifferte, als immer je schon vorweg etc. gegebene Antwort - daß es das alles also nur gibt, weil es in Jesus von Nazareth, dem menschgewordenen WORT, gründet, entspringt, an seiner umfassenden Wirklichkeit teilhat?

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Samuel
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Beitrag von Samuel »

lancelot hat geschrieben:Sagt er - in seinen theologischen [und nicht unbedingt nur in seinen spirituellen] Schriften irgendwo, daß Jesus dieses Ereignis ist, daß es diese Liebe nur in der Gestalt Jesu gibt?
Ich möchte gleich betonen, dass ich mich tendenziell als "Rechtsrahnerianer" verstehe, d.h. dass ich die Verbindung von transzendentaler Begnadigung und ihrem geschichtlichen Höhepunkt in Jesus Christus relativ stark betone. Entsprechende Aussagen gibt es bei Rahner. Allerdings hilft das nicht viel: Rahner hat so viel und so vielfältig geschrieben, dass man eine Aussage zu fast allem von ihm erwarten kann. Die Frage wäre also, ob Rahner im Gesamt seines Werkes diese Verbindung genügend stark betont. Mein Eindruck vom Lesen seiner Schriften ist: Ja. Selbstverständlich kann ich dir das hier nicht belegen. Ich kann dir nur ein paar Zitate liefern, in denen diese Verbindung zum Ausdruck kommt:

Zur Theologie des Symbols:
„Aber für die Unmittelbarkeit der visio beata wird die Menschheit Christi eine ewige Bedeutung haben. Die Menschwerdung des Logos kann ruhig als die absolute Voraussetzung für die streng übernatürliche Gnade und Glorie betrachtet werden...“ (Schriften IV, S. 302)

Die Christologie innerhalb einer evolutiven Weltanschauung:
„Natürlich haben wir damit eine Philosophie oder eine Begrifflichkeit der causa finalis vorausgesetzt, die die schöpferische Potenz, die Kraft des Zieles als dasjenige begreift, was die Bewegung auf das Ziel hin trägt.“ (Grundkurs, S. 195)
„Die These, die wir anstreben, geht dahin, daß die unio hypostatica, wenn auch als in ihrem eigenen Wesen einmaliges und in sich gesehen höchstes denkbares Ereignis, doch ein inneres Moment der Ganzheit der Begnadigung der geistigen Kreatur überhaupt ist.“ (S. 201)

Die Aufgabe einer „Christologie von unten“
„In einer «transzendentalen Christologie» kann die Einsicht entfaltet werden, daß der Mensch das Wesen des desiderium naturale in visionem beatificam, des «natürlichen» Verlangens nach der beseligenden Schau Gottes, ist... Da der Mensch – zweitens – sein letztes Wesen nur geschichtlich erfahren und verwirklichen kann, muß diese Hinordnung ihre geschichtliche Erscheinung finden...“ (S. 291)

Vielleicht könnte ich (oder ein anderer) bei entsprechendem Zeitaufwand noch passendere Zitate finden, aber es sollte doch hier schon deutlich sein, dass nach Rahner die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus einerseits Höhepunkt und Zielursache alles geschichtlichen Handelns Gottes ist und andererseits das, wonach wir uns "immer schon" sehnen.

Gruß und Segen

Samuel

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lancelot
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Beitrag von lancelot »

Danke, Samuel, für Gruß, Segen und die ausführliche Antwort.

Du hast auf jeden Fall recht, daß bei einem Theologen vom intellektuellen Format Rahners und bei seinem "Outputs" Einzelsätze nichts beweisen, sondern daß sie Pinselstriche in einem großen Gemälde sind, und daß es darum geht, den Grundansatz und seine Durchführung zu betrachten und seine Implikationen und Konsequenzen.

Vielleicht ist es auch so, daß (bei mir und anderen) die stark philosophisch geprägte Sprache andere, heilsgeschichtliche oder biblische Aspekte überdeckt - so sehr, daß man beim Lesen gar nicht reagiert. "Höhepunkt und Zielursache alles geschichtlichen Handelns Gottes" mag für Rahner die ganze kirchliche Christologie einholen, meinereiner liest dann darüber hinweg.

Viele Grüße,

lancelot

Ralf

Beitrag von Ralf »

Auf folgender Seite findet man einen Beitrag von dem Rahner-Schüler Prof. Vorgrimler über dessen Leben und Werk (pdf-Datei!):

http://www.muenster.de/~angergun/rahnergeburtstag.pdf

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cathol01
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Beitrag von cathol01 »

Rahner hat mal gefragt, wieso päpstliche Rundschreiben immer über alle möglichen Themen, nie aber schlicht über Gott, und die Möglichkeit, ihn zu erfahren, handeln.

Wenn Leute versuchten, einen Keil zwischen ihn und die Kirche zu schieben, wurde er fuchsteufelswild, fühlte er sich doch in dieser Kirche und deren Tradition verankert. Wenn er sie kritisierte - zum Beispiel: Statt rasant und leuchtend die Botschaft von Gott zu verkünden, wache die europäische Kirche nur noch ängstlich abwehrend über die korrekte Lehre - dann war es aus Liebe zu dieser Kirche, die er mit Bedauern als müde, glanzlose, winterliche Kirche betrachtete.
"Das Wahre ist nicht sicherer als das Wahrscheinliche."
(Diogenes Laërcius)

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Erich_D
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Beitrag von Erich_D »

cathol01 hat geschrieben:Statt rasant und leuchtend die Botschaft von Gott zu verkünden, wache die europäische Kirche nur noch ängstlich abwehrend über die korrekte Lehre - dann war es aus Liebe zu dieser Kirche, die er mit Bedauern als müde, glanzlose, winterliche Kirche betrachtete.
Naja, das, was ich von Rahner las, war aber auch alles andere als "rasant und leuchtend". Eine für Laien vollkommen ungenießbare, professoreal geschraubte Sprache, die dadurch zu beeindrucken weiss, dass man hinterher nicht weiss, was man nun eigentlich gelesen hatte, verstanden hatte man es ja nicht. Öfter mal wird Rahner gerne zitiert. Fragt man dann aber nach, bleibt's bei den meisten bei einigen "Slogans"; was Wunder: die längeren theologischen Arbeiten sind nur für Spezialisten verständlich; und selbst die scheinen sich nicht einigen zu können, was Rahner nun wirklich meinte.
"Spiel nicht mit den Schmuddelkindern sing nicht ihre Lieder. Geh doch in die Oberstadt mach´s wie deine Brüder", so sprach die Mutter, sprach der Vater, lehrte der Pastor."

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lancelot
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Beitrag von lancelot »

cathol01 hat geschrieben:Rahner hat mal gefragt, wieso päpstliche Rundschreiben immer über alle möglichen Themen, nie aber schlicht über Gott, und die Möglichkeit, ihn zu erfahren, handeln.
Aber das war vor der "Trinitarischen Trilogie" von Papst Johannes Paul II.?

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Lupus
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Beitrag von Lupus »

Ob Rahner heute unseren Bischöfen. und besonders ihrer Konferenz so eine Frage stellen würde?
Christus mein Leben, Maria meine Hoffnung, Don Bosco mein Ideal!

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Niels
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Beitrag von Niels »

Noch ein Artikel von D. Berger über Rahner: Ketzer oder Kirchenlehrer?
www.theologisches.net/rahner.htm
Iúdica me, Deus, et discérne causam meam de gente non sancta

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Godjonga
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Beitrag von Godjonga »

Grüß Dich Niels !

Ich hab den Text jetzt mal "quergelesen" und bekomme den Eindruck, der auch schon vorher da war, nicht weg, dass Berger, Rahner UNBEDINGT als Häretiker darstellen will ... - ich kenn mich noch nicht so gut aus, aber das ist mein persönlicher Eindruck, der Text ist ja nicht der Erste, der von ihm kam...

In einem anderen Forum, hab ich ein paar (zum Fasching passende) Zeilen gefunden; auch wenn ich das "so" nicht schreiben würde .. :

Die Kröte pupst den Adler an,
weil sie selbst nicht fliegen kann.
Der Adler aber hoch in Lüften
riecht nichts von den nied'ren Düften.
("Mecky")

Der Adler, vom Gestank gestört
war krötenwärts zu Recht empört
und hat dem Vieh, wie alle wissen
von oben auf den Kopf geschissen.

Die Kröte machte sich nichts draus
kroch fröhlich aus dem Haufen raus
und sprang - ich weiß es von Helena -
mit einem Satz in die Arena.

Dort ist das Pupen wohlgelitten.
Die Kröte ließ sich nicht lang bitten
und hat - ich sag es sch(m)erzversunken
das ganze Forum eingestunken.

Wo solche dunklen Düfte wehen
sind Adler seltener zu sehen
weil sie, anstatt im Dreck zu liegen
viel lieber durch den Himmel fliegen.
(ThomasBloemer)

Quelle:
http://www.mykath.de/index.php?showtopic=6356&hl=

Närrische Grüße ;)

Mathias
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Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Grüß dich, Mathias,
ich habe den Artikel neulich auch gelesen und es gibt demnächst auch noch ein Sonderheft zu Rahner.
Ich weiß nicht ...vieles was ich bei Berger jetzt gelesen habe, erklärt mir eigentlich das Unbehagen, was mich bei Rahners Ausführungen oft verspürt habe. Andererseits habe ich aus den kleinen Sinnsprüchen Rahners auch einiges gelernt.
Was mich tatsächlich stört bei Rahner ist das Trostlose. Ich bin kein Theologe, mir als Laie ist das beim Lesen aufgefallen.
Suspekt ist mir, dass Rahner oft so als Idol gehandelt wird, als könnte man ihn glatt in die Reihe der Kirchenväter stellen. Da fehlt doch manchmal die Distanz.
Mag sein, dass Berger da sehr vehement eingestellt ist - aber was ist, wenn die Rahnerkritiker recht haben oder zum Teil recht? Was ist, wenn es einfach keiner bemerken will, weil es nicht in den Kram paßt?

Ich bin immer vorsichtig, wenn jemand dermaßen belobhudelt und in den Himmel gehoben wird.

Geronimo

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Godjonga
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Beitrag von Godjonga »

Grüß Dich Geronimo !

Ich kann Dich gut verstehen !
Was mich tatsächlich stört bei Rahner ist das Trostlose. Ich bin kein Theologe, mir als Laie ist das beim Lesen aufgefallen.
Ich kann hier keine "qualifizierte" Antwort geben, dafür ist Samuel zuständig ;)
Aber ich will Dir mal sagen, was mir bei Rahner gefällt:
Rahner geht es um die Gotteserfahrung, es geht ihm nicht um irgendwelche wissenschaftliche Texte, nein, so erfahre ich ihn bis jetzt, es geht ihm um den "Mittelpunkt" des Lebens: Um Gott, und wie sich dieser in meinem Leben bemerkbar machen kann.
Deswegen spricht man hier wohl von der "Anthropologischen Theologie" Rahners!
Ich habe mich im Studium einige Semester mit Kant beschäftigt und der sagt ja, dass man über Gott nichts aussagen könne ... bzw. dann bei der praktischen Vernunft ihn als Postulat für die Moral annehmen müsse ...
Bei Kant hört es da auf und bei Rahner geht es da los ! - Das gefällt mir!
Überhaupt, einer, der sich so zurücknimmt, auch und gerade wenn man ihn "beschimpft", da habe ich Ehrfurcht davor ! und dann noch versucht die Kirche auf ihre "Irrtümer" hinzuweisen, das ist stark - finde ich ;)
Außerdem ist es ihm glaube ich sehr gut gelungen, seinen Glauben, "obowohl" er Theologe war zu bewahen, zu leben etc.
Er ist einer, der sich mit intelligenten Leuten intelligent unterhalten konnte und mit "einfachen", einfach ;) - auch das gefällt mir!

In letzter Zeit habe ich mich gfefragt, wie man Gott "spürt" ihn erfährt, ganz konkret ... !
Rahner gibt mit seinem "Urerlebnis" darauf Antwort - und ich ahbe schon schlechter Antworten gehört !

Bei ihm sehe ich, dass er den Menschen akzeptiert und dann seine Theologie entfaltet, die meisten Theologen, achten viel zu sehr auf ihre Auslegungen, als dass sie sich noch um den Menschen kümmern, auch das "zieht mich an ..."

Jetzt noch zum "Traurigen, Trostlosem" ... da fällt mir erstmla nur ein: Wo viel Licht, da auch viel Schatten ... Tja und wie sich das dann ausdrückt ist bei jedem eben etwas anders ...

So weit mal mein persönliches Statement in Sachen Rahner ... ;)
In ein paar Monaten mehr, da muss ich mich auf die Prüfung vorbereiten und werde über und von ihm einige Texte lesen und hier dann bestimm um Rat und Meinungen beten !

Herzliche Grüße

Mathias
MPHCEV: Mater perfectam habebit curam et victoriam

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Godjonga hat geschrieben:
Deswegen spricht man hier wohl von der "Anthropologischen Theologie" Rahners!
Ich habe mich im Studium einige Semester mit Kant beschäftigt und der sagt ja, dass man über Gott nichts aussagen könne ... bzw. dann bei der
In letzter Zeit habe ich mich gfefragt, wie man Gott "spürt" ihn erfährt, ganz konkret ... !....

Bei ihm sehe ich, dass er den Menschen akzeptiert und dann seine Theologie entfaltet, die meisten Theologen, achten viel zu sehr auf ihre Auslegungen, als dass sie sich noch um den Menschen kümmern, auch das "zieht mich an ..."
Ja, und das ist genau der Punkt, wo ich bei Rahner eine immense Enge und Beschränkung spüre. Es kommt mir so vor, als hätte Rahner da etwas auf die Spitze getrieben und auf der anderen Seite etwas ganz Wesentliches verloren. Im Grunde lässt er den Menschen allein mit nichts in den Händen zurück. So habe ich jedenfalls seine Bücher empfunden.
Und natürlich kämpft er doch genauso um Gotteserkenntnis und die Möglichkeit, etwas über Gott auszusagen - bloß lässt er es deprimiert irgendwann sein und zieht sich auf den kleinsten Nenner an Erfahrung zurück - nämlich Null. Und dann kommt dieses "Leute, glaubt trotzdem und das ist dann die Größe im Glauben" ...
Ich meine, irgendwas fehlt letzten Endes in dieser Theorie ...

Geronimo

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cathol01
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Beitrag von cathol01 »

Natürlich darf man Rahner nicht absolut setzen. Bei der Lektüre dieses Artikels von David Berger musste ich jedoch fast ... Ich habe ihn als ziemlich niveaulos empfunden.
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Samuel
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Rahner: Trostlos?

Beitrag von Samuel »

Hallo Geronimo,
Und natürlich kämpft er doch genauso um Gotteserkenntnis und die Möglichkeit, etwas über Gott auszusagen - bloß lässt er es deprimiert irgendwann sein
So habe ich Rahner nicht empfunden. Ich glaube nicht, dass Rahner ein Mensch ist, der Gott sucht, ohne ihn zu finden, sondern jemand, der fest und selbstverständlich (dieses Wort gebraucht er oft, wenn er sein eigenes Leben beschreibt) im Glauben steht und diesen Glauben nun für heutige Menschen verständlich auszusagen versucht.
Ein Jesuitenprofessor sagte einmal, was ihn am meisten bei Rahner beeindruckt hat, war sein Stehen vor dem Geheimnis Gottes.

Vielleicht ist es das, was du als trostlos empfindest: Dass für Rahner Gott immer, auch wo er sich uns in Selbstmitteilung als unsere eigenste, innerste Mitte mitteilt, unbegreifliches Geheimnis bleibt.

Beispielsweise sagt Rahner, dass Glaube und Hoffnung nicht (im Himmel) einmal dem Wissen und Haben weichen werden, sondern Glaube, Hoffnung und Liebe ist der eine menschliche Grundvollzug, der im Himmel zur Vollendung kommt: Sich vorbehaltlos und vertrauensvoll dem unbegreiflichen, unerkennbaren Geheimnis zu übereignen.

Ein anderer Jesuitenprofessor sagte einmal, dass Rahner eine Theologie der dunklen Nacht entwickelt habe (Rahner selbst hat allerdings wenig von Therese v. Lisieux gehalten - vielleicht weil er sie vor allem als blumenstreuendes Mädchen gekannt hat): Wer in den Armen des Vaters ist, der sieht ihn nicht mehr. Für Therese lag am Ende ihres Lebens keinerlei Trost mehr im Glauben; sie hat nur mehr in einer Art trotzigen Liebe an ihm festgehalten.

Vielleicht ist das trostlos. Aber vielleicht zeigt sich darin auch, zu welcher Größe der Mensch fähig ist: Gott nicht zu lieben, weil mir das gut tut, sondern weil er so herrlich ist, "propter magnam gloriam suam".

Samuel

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cathol01
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Beitrag von cathol01 »

Zu David Berger und seiner Zeitschrift TheoLogisches fällt mir mittlerweile nur noch ein Wort ein: Scheinwissenschaft!
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Niels
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Beitrag von Niels »

cathol01 hat geschrieben:Zu David Berger und seiner Zeitschrift TheoLogisches fällt mir mittlerweile nur noch ein Wort ein: Scheinwissenschaft!
Könntest Du das etwas näher begründen?
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Beitrag von cathol01 »

Bergers Rahner-Kritik bewegt sich einfach auf so einem niedrigen Niveau, das kann man gar nicht als wissenschaftliche Auseinandersetzung bezeichnen. Ich bin überzeugt, dass der hl. Thomas sich im Grab umdrehen würde, wenn er dieses Zeug lesen würde.
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Ralf

Beitrag von Ralf »

Das ist aber keine Begründung, sondern ein pauschales Urteil. Ein wenig Quellenkritik, mein Herr, wenn Du schon Niveau von anderen forderst!

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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ralf hat geschrieben:»Das ist aber keine Begründung, sondern ein pauschales Urteil. Ein wenig Quellenkritik, mein Herr, wenn Du schon Niveau von anderen forderst!«
Hört! hört! :ja:
Godjonga hat geschrieben:»Rahner geht es um die Gotteserfahrung, es geht ihm nicht um irgendwelche wissenschaftliche Texte, nein, so erfahre ich ihn bis jetzt, es geht ihm um den "Mittelpunkt" des Lebens: Um Gott, und wie sich dieser in meinem Leben bemerkbar machen kann.«
Ich möchte dagegen die Behauptung wagen, daß mir Gott viel eher in den Ereignissen meiner Geschichte begegnet als in kauderwelschen Waberworten Heideggerscher Schule, wie man sie bei Rahner findet.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Schau an. Da finde ich soeben noch ein Opusculum aus vergangenen Zeiten. Das galt zwar damals einem andern, paßt jedoch auch hier nicht übel:
Ketelhohn hat geschrieben:Dunkle Worte   |   wabern mystisch,
Verhüllte Rede   |   raunt vom Sinn.
Des Eingeweihten   |   innres Licht
Gewinnt Erkenntnis,   |   wächst und nährt
Sich, wird wie Gott   |   in geist’gen Höhen.
Drunten bleibt   |   das blöde Volk,
Drunter noch   |   im dumpfen Moder
Ihrer Laster   |   lebt verächtlich,
Dumm und geistlos   |   die verhaßte
Pfaffenkaste:   |   Kleinste Geister,
Die der Weisheit   |   Wort nicht fassen
Noch den Weisen   |   niemals haschen,
Ihn hat längst   |   erlöst sein eigner
Geist, der sich   |   als Gott erkannt,
Geheiligt und   |   erhoben hat.

Ja, das ist Karl Rahners   |   mystische Art,
Des Sehers wilde,   |   verwegene Fahrt.
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cathol01
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Beitrag von cathol01 »

Ralf hat geschrieben:Das ist aber keine Begründung, sondern ein pauschales Urteil. Ein wenig Quellenkritik, mein Herr, wenn Du schon Niveau von anderen forderst!
Sei mir nicht böse, aber irgendwie habe ich keine Zeit und keine Lust, mich eingehender mit diesem Berger zu befassen. In einem anderen Thread (http://www.kreuzgang.org/viewtopic.php?p=17107#17107) habe ich ja die grundsätzliche Frage angegangen, ob das, was sich heute Neothomismus nennt, überhaupt noch etwas mit Thomas zu tun hat. Bis heute hat niemand auf meine Argumente geantwortet.
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