2. Gottesbeweis des Hl. Thomas von Aquin

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Thomas_de_Austria
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Re: 2. Gottesbeweis des Hl. Thomas von Aquin

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Ja, deswegen führt Maimonides, nachdem er die Unterscheidung zwischen "Ursache" und "Bedingung"* zurückgewiesen hat, auch den Beweis an. - Praktisch habe ich hier eh schon den Einwand gegen den Einwand gebracht, trotzdem erscheint mir die Sache von Interesse, da sie m. E. noch lange weiter gewirkt hat.
---
Anm.:
* Die Klärung ist übrigens wichtig, speziell angesichts dessen: "Da die Existenz der Ursache die der Wirkung notwendig bedingt, so muß, wenn man Gott die erste Ursache nennt, die Ewigkeit Gottes vorausgesetzt, folgen, daß das von Gott Bewirkte, die Welt, immer existiert habe." - Hier wird damit gearbeitet, dass Gott immer schon Ursache sei, die Ursache notwendig eine Wirkung (in dem Fall die Welt) nach sich ziehe und da Gott ewig ist, die Welt auch gleich ewig wie Gott sei. Wenn man den dabei verwendeten, verfehlten Begriff der "Ursache", der dem zugrunde liegt, nicht klärt, hilft der Beweis auch nicht, deswegen unternimmt Maimonides das vorher bzw. weist die angesetzte Unterscheidung auch als unsinnig und nicht zielführend zurück.

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Sempre
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Re: 2. Gottesbeweis des Hl. Thomas von Aquin

Beitrag von Sempre »

@Thomas_de_Austria

Moses Maimonides nennt ja das Missverständnis, das zu dem Einwand führt. Der Unterschied zwischen Akt und Potenz wird nicht berücksichtigt: Dies aber ist die Rede von Menschen, die zwischen dem, was nur dem Vermögen nach, und dem, was in Wirklichkeit ist, nicht unterscheiden können.

Darüber herrschte auch hier im Strang zu Anfang Unklarheit. Beim Beweis aus der Bewegung war nicht klar, dass die Beweger nur potenziell in Bewegung sind, dass sie nicht ohne vorherigen Anstoß in Bewegung sind.
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

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overkott
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Re: 2. Gottesbeweis des Hl. Thomas von Aquin

Beitrag von overkott »

Sempre hat geschrieben:@Thomas_de_Austria

Moses Maimonides nennt ja das Missverständnis, das zu dem Einwand führt. Der Unterschied zwischen Akt und Potenz wird nicht berücksichtigt: Dies aber ist die Rede von Menschen, die zwischen dem, was nur dem Vermögen nach, und dem, was in Wirklichkeit ist, nicht unterscheiden können.

Darüber herrschte auch hier im Strang zu Anfang Unklarheit. Beim Beweis aus der Bewegung war nicht klar, dass die Beweger nur potenziell in Bewegung sind, dass sie nicht ohne vorherigen Anstoß in Bewegung sind.
Die Unterscheidung zwischen Möglichkeit und Wirklichkeit ist natürlich künstlich. Denn was ist, was beide zusammenfügt? Im Prinzip sind Möglichkeit und Wirklichkeit (wie alles) identisch. Erst in der Konsequenz werden sie differenziert.

Man kann diese Differenzierung zeitlich vornehmen in Zukunft und Vergangenheit. In diesem Sinn ist die Möglichkeit die Zukunft, die Wirklichkeit die Vergangenheit.

Wie relativ diese Unterscheidung ist, stellt man bei den kritischen Gegenfragen fest: 1. Wird alles geschehen, was möglich ist? 2. Ist das, was geschehen wird, etwa nicht wirklich?

Wir differenzieren in unserer Grammatik auch durch Konjunktiv (Möglichkeitsform) und Indikativ (Wirklichkeitsform)?

Aber auch hier kann man kritisch nachfragen: Wie irreal ist eigentlich der irreale Konjunktiv (Ich hätte gekonnt.)? Was macht einen eigentlich so sicher, eine Behauptung im irrealen Konjunktiv aufzustellen?

Tatsächlich handelt es sich beim irrealen Konjunktiv um eine Vergangenheitsform der Möglichkeit und damit um eine Realitätsform. (Die Chance bestand tatsächlich, wenn nicht... ).

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ChrisCross
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Re: 2. Gottesbeweis des Hl. Thomas von Aquin

Beitrag von ChrisCross »

overkott hat geschrieben:Im Prinzip sind Möglichkeit und Wirklichkeit (wie alles) identisch.
Wirst du jetzt nach der Mathematik zum Pantheisten?
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overkott
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Re: 2. Gottesbeweis des Hl. Thomas von Aquin

Beitrag von overkott »

ChrisCross hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Im Prinzip sind Möglichkeit und Wirklichkeit (wie alles) identisch.
Wirst du jetzt nach der Mathematik zum Pantheisten?
Wie kommst du auf diese Idee?

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ChrisCross
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Re: 2. Gottesbeweis des Hl. Thomas von Aquin

Beitrag von ChrisCross »

overkott hat geschrieben:
ChrisCross hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Im Prinzip sind Möglichkeit und Wirklichkeit (wie alles) identisch.
Wirst du jetzt nach der Mathematik zum Pantheisten?
Wie kommst du auf diese Idee?
Alles ist identsich. Das schließt offenbar Gott nicht aus.
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overkott
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Re: 2. Gottesbeweis des Hl. Thomas von Aquin

Beitrag von overkott »

ChrisCross hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:
ChrisCross hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Im Prinzip sind Möglichkeit und Wirklichkeit (wie alles) identisch.
Wirst du jetzt nach der Mathematik zum Pantheisten?
Wie kommst du auf diese Idee?
Alles ist identsich. Das schließt offenbar Gott nicht aus.
Erklär dich näher.

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ChrisCross
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Re: 2. Gottesbeweis des Hl. Thomas von Aquin

Beitrag von ChrisCross »

overkott hat geschrieben:
ChrisCross hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:
ChrisCross hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Im Prinzip sind Möglichkeit und Wirklichkeit (wie alles) identisch.
Wirst du jetzt nach der Mathematik zum Pantheisten?
Wie kommst du auf diese Idee?
Alles ist identsich. Das schließt offenbar Gott nicht aus.
Erklär dich näher.
Lies einfach, was du geschrieben hast. Oder soll ich hier über mich schreiben?
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Raphael

Re: 2. Gottesbeweis des Hl. Thomas von Aquin

Beitrag von Raphael »

overkott hat geschrieben:Erklär dich näher.
Deine Einlassungen legen den Schluß nahe, daß der Geist der Unterscheidung an Dir vorbeiweht; es fehlt an discretio! :unbeteiligttu:

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overkott
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Re: 2. Gottesbeweis des Hl. Thomas von Aquin

Beitrag von overkott »

ChrisCross hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:
ChrisCross hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:
ChrisCross hat geschrieben: Wirst du jetzt nach der Mathematik zum Pantheisten?
Wie kommst du auf diese Idee?
Alles ist identsich. Das schließt offenbar Gott nicht aus.
Erklär dich näher.
Lies einfach, was du geschrieben hast. Oder soll ich hier über mich schreiben?
Ja, sicher: Wie ich mir, so du dir.

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ChrisCross
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Re: 2. Gottesbeweis des Hl. Thomas von Aquin

Beitrag von ChrisCross »

overkott hat geschrieben:
ChrisCross hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Erklär dich näher.
Lies einfach, was du geschrieben hast. Oder soll ich hier über mich schreiben?
Ja, sicher: Wie ich mir, so du dir.
Auf was beziehst du dich denn nun?
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Re: 2. Gottesbeweis des Hl. Thomas von Aquin

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Ein wichtiger Nachtrag, der, wäre er schon am Anfang dieses Strangs vorgekommen, man sich einige Seiten dieses Strangs hätte wohl sparen können. Hier soll kurz die formallogische Struktur der des ersten und zweiten Weges St. Thomas’ bzw. des kosmologischen Beweises in der Form des kausalen und des Beweises aus der Bewegung dargestellt werden. (Insgesamt gibt es bei St. Thomas allerdings drei Varianten des kosmologischen Beweises, nämlich die beiden genannten und den Kontingenzbeweis.)
Eine andere Frage hierzu, nämlich die, ob die Gottesbeweise, Beweise sind bzw. sein wollten, wurde hier eigentlich schon geklärt und man kann sie mit einem eindeutigen "Ja" beantworten - schon alleine aufgrund der verwendeten einheitlichen, logischen Terminologie und ihres korrekten, formallogischen Aufbaus, kann darüber eigentlich kein Zweifel bestehen. Der Beweis bringt auch dementsprechend wahre Sätze, die aus seinen Prämissen folgen, hervor. Für gescheitert werden diese Beweise vielfach von solchen gehalten - wie man z. B. an N. Hoerster sieht -, die sie nicht logisch rekonstruiert, geschweige denn auf diese Art widerlegt haben. Der Hinweis auf B. Russell, der durchaus über den nötigen Intellekt und eigentlich über ein respektables Verständnis der Logik als solcher und logischer Zusammenhänge verfügte, kam ja schon mehrmals, wobei es gerade bei ihm bemerkenswert ist, dass er diesen Beweis ablehnte, ja gar noch die völlig unsinnige Frage nach der Ursache der ersten Ursache stellte, was ich mir überhaupt nur aus der Unkenntnis des Beweises bzw. einer völligen, recht bornierten Ignoranz demgegenüber erklären kann. (Allerdings gibt es auch noch – außer den genannten und hier bereits behandelten – noch weitere Einwände, u. a. einen vom bekannten Atheisten J. L. Mackie, der weiter unten kurz behandelt wird.)
Ich persönlich hatte ich auch lange Zeit keine anständige formallogische Rekonstruktion dieser Beweise vorliegen und selbst noch keine vorgenommen, muss ich sagen, daraus folgten zeitweise auch gewisse "Schwierigkeiten". Generell findet man eine solche (noch dazu korrekte) Rekonstruktion kaum jemals bei Atheisten (es gibt Ausnahmen, wie ich inzwischen gesehen habe, aber eher selten), sondern vor allem bei theistischen (verschiedener Religionen) oder zumindest deistischen Philosophen. Solche - d. h. theistische oder zumindest deistische - Philosophen, mit dem nötigen logischen und argumentationstheoretischen Instrumentarium, nehmen, so scheint mir, zumindest in den letzten Jahrzehnten, zu und zeigen sich auch vermehrt (wenn es sich bei ihnen auch, im Großen und Ganzen betrachtet, gerade auch im Universitätsbetrieb, noch um eine ziemlich marginalisierte Gruppe handelt, darüber sollte man sich keine Illusionen machen). Das gibt m. E. einen gewissen Anlass zur Hoffnung.

Für die folgenden Beweise aus der "Summe der Theologie" (Sth) wird auf Rekonstruktionen, die dem Buch "God’s Existence. Can it be Proven? A Logical Commentary on the Five Ways of Thomas Aquinas", von em. o. Univ.-Prof. [in Salzburg] Dr. Paul Weingartner, entnommen sind, zurückgegriffen. (Eine kurze Anmerkung: Gewisse Junktoren (Konditional, Bikonditional, Negation) ließen sich nicht auf die gewünschte Art im Forum darstellen, aber ich hoffe, man erkennt sie. Ebenso problematisch ist es hier mit den tiefgestellten Zahlen, Buchstaben und Symbolen. Das könnte u. U. beim Lesen des kausalen Beweises für Verwirrung sorgen, leider weiß ich nicht, wie man hier Zeichen tiefer stellen kann.)
Zum ersten Weg, dem Beweis aus der Bewegung, aus der Sth:

(1) Einige Dinge [in der Welt] sind in Bewegung (werden bewegt).
(2) Was auch immer [in der Welt] in Bewegung ist (bewegt ist), ist es durch Anderes in Bewegung gesetzt.
(3) Was auch immer [in der Welt] in Bewegung ist (bewegt ist), ist in Möglichkeit hinsichtlich dessen, was es in Bewegung ist.
(4) Was auch immer das Andere bewegt, ist in dieser Hinsicht in Wirklichkeit.
(5) Es ist nicht möglich, dass das selbe Ding gleichzeitig in Wirklichkeit und in Möglichkeit sein kann in der selben Hinsicht.
(6) Wenn dasjenige, was das Andere bewegt (wenn das, durch das das Andere in Bewegung gesetzt ist), selbst in Bewegung gesetzt ist, dann muss das ebenso durch ein Anderes in Bewegung gesetzt sein etc.
(7) Das kann nicht ins Unendliche weitergehen, da dann kein erster Beweger, und in Konsequenz, kein anderer Beweger wäre.
(8) Soweit irgendwas (x) durch ein Anderes (y) bewegt ist, gibt es immer ein drittes Ding v, so dass y durch v bewegt ist, folglich geht die Bewegung ins Unendliche weiter.
(9) Wenn die Bewegung ins Unendliche weitergeht, dann gibt es keinen ersten Beweger und in Konsequenz: Nichts [in der Welt] ist bewegt.

Zu den Konklusionen:

c.1 Was auch immer von einem Anderen bewegt ist, ist unterschiedlich von (nicht identisch mit) diesem Anderen; oder: Nichts bewegt sich selbst (in der selben Hinsicht).

c.2 Was auch immer x [in der Welt] ist in Bewegung (wird bewegt), wird durch ein anderes y in Bewegung gesetzt (ist bewegt), so dass: x ≠ y.

c.3 Aus 1 und 9: Es gibt einen ersten Beweger.

c.4 Bewegung geht nicht ins Unendliche weiter.


(1) 1. ∃xЄw Md(x) empirische Prämisse
(3,4) 2. ∀xy [Myx --> ∃z (PxzAyz)] ontologische Prämisse
(5) 3. ∀xz ~(PxzAxz) ontologische Prämisse
4. ∀xy [(Myzx = y) --> ∃z (PxzAxz)] aus 2.
c.1 5. ∀xy (Myx --> x ≠ y) aus 3., 4.
(2) 6. ∀xЄw (Md(x) --> ∃ y Myx) empirische Prämisse
c.2 7. ∀xЄw[ Md(x) --> ∃y (Myxx ≠ y)] aus 5., 6.
(8) 8. [∀xЄw[ Md(x) --> ∃y (Myx ∧ x ≠ y)] --> ∃z (Mzyy ≠ z) ∃v (Mvzz ≠ v) ∧ ...] --> Montologische Prämisse
(9) 9. M∞ --> ~∃z FMz ontologische Prämisse
(9) 10. ~∃z FMz --> ~∃xЄw Md(x) ontologische Prämisse
(9) 10.a ~∃z FMz --> ~∃xy Myx ontologische Prämisse
(9) 10.b ∃xy Myx aus 1., 6.
c.3 11. ∃z FMz aus 10. 1. (10.a, 10b)
c.4 12. ~M∞ aus 11, 9.
13. Dx <--> def. FMx Nominaldefinition
14. ∃x Dx aus 11., 13.

Md(x) ... x ist bewegt (ist in Bewegung)
Myx … y bewegt x (x ist von y bewegt)
Pxz … x ist in Möglichkeit hinsichtlich z
Ayz … y ist in Wirklichkeit hinsichtlich z
M∞ … Bewegung geht ins Unendliche
FMz … z ist der erste primäre Beweger
Dx … x ist Gott

(cf. P. Weingarnter, "God’s Existence. Can it be Proven? A Logical Commentary on the Five Ways of Thomas Aquinas", Ontos-Verlag, 2.1.2, 54ff)

Zum zweiten Weg, dem kausalen Beweis, aus der Sth:

(1) In der Welt gibt es eine Reihe von Wirkursachen, d. h. etwas verursacht wirksam (oder: ist die Wirkursache von) etwas anderes.
(2) Es gibt keinen Fall in dem ein Ding die Wirkursache seiner selbst ist.
(2a) Angenommen, es wäre so, dann würde es vor sich selbst sein, was unmöglich ist.
(3) Bei den Wirkursachen ist es nicht möglich, ins Unendliche zurückzugehen.
(4) Die erste Ursache ist die Ursache der dazwischenliegenden Ursache (mögen es etliche oder auch nur eine sein) und die dazwischenliegende Ursache ist die Ursache der letzten.
(5) Eine Ursache wegzunehmen, heißt die Wirkung wegzunehmen.
(6) Wenn es keine erste Ursache gibt, wird es keine letzte und keine dazwischenliegende Ursache geben.
(7) Wenn es (bei Wirkursachen) möglich ist, ins Unendliche weiterzugehen, wird es keine erste erste Ursache geben (weder wird es eine letzte Wirkung, noch irgendeine dazwischenliegende Ursache geben).
(8) Das (nämlich, dass es weder eine letzte, noch eine dazwischenliegende Ursache gibt) widerspricht den Tatsachen; d. h. das ist empirisch unmöglich.
(9) Daher ist es notwendig, eine erste Ursache anzunehmen.
(10) Dieser geben alle den Namen Gott.


(1) 1. ∃xЄwyЄw Cxy empirische Prämisse
2. ∀xy [(Cxyx = y) --> Cxx] Logik
3. ∀x (~Cxx) empirische Prämisse
(2a) 3a. ∀xy [(Cxyx = y) --> PRxx] Prämisse
(2a) 3b. ∀x ~PRxx x geht x in der Zeit nicht voran
4. ∀xy [(Cxy --> x ≠ y) 2, 3 und 3a, 3b
5. ∃xЄwyЄw (Cxyx ≠ y) 1,4
(5) 6. ∀xy [Cxy --> (~EXx --> ~EXy)] 6. ist eine ontologische Prämisse die aussagt, dass Cxy als x ist eine notwendige Bedingung für y, zu verstehen ist.
7. CNxy <--> def. [Cxy ∧ (~EXx --> ~EXy)]
8. ∃xЄwxЄw CNxy 5,6,7
(4) 9. FCzy <--> def. zy ∧ ~Czz ∧ ∀u (~Cuz) ∧
∧ ∃x1 ... ∃xnx ((CNzx1CNx1x2 ∧ ... CNxnxCNxy) Definition der ersten Ursache
(6) 10. ~∃zyЄw FCzy --> ~(∃zx1 Єw … ∃xn ЄwxЄw) (CNzx1CNx1x2 ∧ ... ∧CNxnx) ∧ ~∃xЄwyЄw CNxy ontologische Prämisse
(7) 11. CN∞ --> ~∃zyЄwFCzy
(8) 12. Die Konsequenz von 10. (dass es weder eine dazwischenliegende, noch eine letzte Ursache gibt) widerspricht den empirischen Tatsachen, wie denen in 1., 5., 8. Demgemäß widerlegt 8. die Antezedens von 10.
13. ∃zyЄwFCzy 8, 10
14. ~CN∞ 11, 13
15. Dx <--> def.yЄwFCxy Nominaldefinition
16. ∃x Dx 13, 15

Cxy ... x verursacht y (x ist die Ursache von y)
PRxy ... x geht y voran
EXx ... x existiert
CNxy ... x verursacht als notwendige Bedingung y
FCxy ... x ist eine erste Ursache für y
CN∞ … die Verursachung geht ins Unendliche weiter

(cf. P. Weingarnter, "God’s Existence. Can it be Proven? A Logical Commentary on the Five Ways of Thomas Aquinas", Ontos-Verlag, 2.2.2, 62f)


Zu einem recht gängigen Einwand von John L. Mackie (der sich u. a. auch im Buch "Gottes Güte und die Übel der Welt" des Atheisten G. Streminger findet):

[quote="J. L. Mackie, "Das Wunder des Theismus. Argumente für und gegen die Existenz Gottes", Reclam-Verlag, Kapitel 5 (b), S. 146"]
Entscheidend spricht dann gegen dieses Argument, daß wir keinen Grund haben, diese implizite Annahme [S. 145: "[…] daß Thomas implizit annimmt, daß etwas, dessen Wesen nicht die Existenz einschließt, selbst wenn es unvergänglich ist, in seiner Existenz von anderem abhängen muß."] zu akzeptieren. Weshalb sollte es z. B. keine unvergängliche Urmaterie geben, deren Wesen zwar nicht die Existenz einschließt, die jedoch ihre Existenz von nichts anderem herleitet?
[/quote]

Einmal abgesehen davon, dass er die Urmaterie als etwas Immanentes konzipieren will und muss, da seine Urmaterie andernfalls nur noch ein anderes Wort für Gott wäre, was Prof. Weingartner im genannten Buch unter 1.2.2.4 behandelt (d. h. ob es notwendig ist, die Ursache der Welt, außerhalb der Welt anzunehmen), läuft es darauf hinaus, ein an und für sich kontingentes Sein, ohne ein notwendiges Sein zu konzipieren. Weswegen das nicht geht, zeigt St. Thomas in zumindest zwei Versionen der dritten Variante des kosmologischen Beweises, also des Kontingenzbeweises, die allesamt schlüssig sind (auch die Version in der Sth, mit dem vordergründigen "quantifier shift fallacy", lässt sich auf eine Art verstehen, ohne den Beweis zu verändern, der das genannte Problem beseitigt).

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overkott
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Re: 2. Gottesbeweis des Hl. Thomas von Aquin

Beitrag von overkott »

Thomas_de_Austria hat geschrieben:
Der Hinweis auf B. Russell, der durchaus über den nötigen Intellekt und eigentlich über ein respektables Verständnis der Logik als solcher und logischer Zusammenhänge verfügte, kam ja schon mehrmals, wobei es gerade bei ihm bemerkenswert ist, dass er diesen Beweis ablehnte, ja gar noch die völlig unsinnige Frage nach der Ursache der ersten Ursache stellte, was ich mir überhaupt nur aus der Unkenntnis des Beweises bzw. einer völligen, recht bornierten Ignoranz demgegenüber erklären kann.
Das Problem des St. Thomas besteht darin, dass er Gott und damit die Ewigkeit aus der Zeit beweisen wollte, ohne den Zusammenhang von Ewigkeit und Zeit ausreichend zu reflektieren. Die hll. Augustinus und Bonaventura waren vor ihm schon weiter. B. Rusell hat diesen Mangel zurecht bemerkt. Gott ist als Prinzip nicht einfach der Anfang der Zeit oder eine Sache vor allen Sachen, sondern er ist als der Ewige die Fülle der Zeit. Der Anfang der Zeit ergibt sich als Differenzierung aus der Ewigkeit durch das freie Schöpferwort: Es werde Licht.

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Sempre
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Re: 2. Gottesbeweis des Hl. Thomas von Aquin

Beitrag von Sempre »

overkott hat geschrieben:Das Problem des St. Thomas besteht darin, dass er Gott und damit die Ewigkeit aus der Zeit beweisen wollte, ohne den Zusammenhang von Ewigkeit und Zeit ausreichend zu reflektieren.
Hast Du den Beweis immer noch nicht verstanden?

overkott hat geschrieben:[...] den Zusammenhang von Ewigkeit und Zeit ausreichend zu reflektieren. Die hll. Augustinus und Bonaventura waren vor ihm schon weiter.
Gemäß St. Bonaventura hat nicht nur die tatsächliche Welt einen zeitlichen Anfang, sondern Gott hätte eine von Ewigkeit her bestehende Welt nicht schaffen können. Das hat St. Thomas von Aquin widerlegt, wie auf Seite 2 dieses Strangs nachzulesen.

overkott hat geschrieben:Gott ist als Prinzip nicht einfach der Anfang der Zeit oder eine Sache vor allen Sachen
Niemand behauptet, dass Gott einfach der Anfang der Zeit oder eine Sache vor allen Sachen sei. Wo hast Du denn solch eine abstruse Idee her?
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

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Re: 2. Gottesbeweis des Hl. Thomas von Aquin

Beitrag von overkott »

Wenn einer nicht kapieren will, dann bist das doch du. Gott ist die Ewigkeit. Wenn wir sagen: Die Welt ist von Gott und die Welt ist von Ewigkeit her, dann ist das das Gleiche. Aus der Ewigkeit ergibt sich die Zeit. Die Zeit ist nur ein durch Anfang und Ende definierter Teil der Ewigkeit. Die Festsetzung von Anfang und Ende erfolgt durch das freie Schöpferwort des Allmächtigen. Du kapierst es nicht, Sempre. Thomas hat es auch nicht kapiert.

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Re: 2. Gottesbeweis des Hl. Thomas von Aquin

Beitrag von Sempre »

overkott hat geschrieben:Wenn einer nicht kapieren will, dann bist das doch du. Gott ist die Ewigkeit. Wenn wir sagen: Die Welt ist von Gott und die Welt ist von Ewigkeit her, dann ist das das Gleiche.
Dass in Eurer Schaumsprache je nach Tageslaune dies und das das Gleiche ist, ist mir nicht entgangen.

Bonaventura aber meint, es sei Vernunfterkenntnis, dass Gott eine von Ewigkeit her bestehende Welt nicht hätte schaffen können. Eine Gleichsetzung von Gott und Ewigkeit findet sich bei ihm nicht.
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

Thomas_de_Austria
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Re: 2. Gottesbeweis des Hl. Thomas von Aquin

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Die Welt ist von Gott und die Welt ist von Ewigkeit her, dann ist das das Gleiche.
Nein, unter gewöhnlichen Umständen nicht - mehr sage ich dazu nicht. Widerlegen wir lieber einmal in brauchbarer Weise was St. Thomas dazu geschrieben hat (zumindest zwei Texte haben wir da) und dann noch das von Boetius von Dacien, sowie diverse Äußerungen, die es noch dazu gibt (von unterschiedlicher Seite: Dietrich von Freiberg, Ockham etc.).

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Reinhard
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Re: 2. Gottesbeweis des Hl. Thomas von Aquin

Beitrag von Reinhard »

overkott hat geschrieben:... Gott ist die Ewigkeit. Wenn wir sagen: Die Welt ist von Gott und die Welt ist von Ewigkeit her, dann ist das das Gleiche.
Was für'n Schrott !
Aus ( A ⟹ C ) ⋀ ( B ⟹ C ) folgt noch lange nicht A = B ! - Grundsätzlich, auch formal-logisch nicht.
overkott hat geschrieben:Aus der Ewigkeit ergibt sich die Zeit. Die Zeit ist nur ein durch Anfang und Ende definierter Teil der Ewigkeit.
Noch so'n jämmerlicher, plumpistischer Müll ! - Zeit ist endlich, hat Anfang und Ende. Ewigkeit ist anderen Wesens, sie steht völlig außerhalb der Zeit, ist definitiv nicht der Dimensionalität unterworfen wie die Zeit.

Solches Gesülze ist belastend. Und synkretistische Nebelkerzen habe noch nie zu klarer Sicht auf die Dinge beigetragen.

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Re: 2. Gottesbeweis des Hl. Thomas von Aquin

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Reinhard hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:... Gott ist die Ewigkeit. Wenn wir sagen: Die Welt ist von Gott und die Welt ist von Ewigkeit her, dann ist das das Gleiche.
Was für'n Schrott !
Aus ( A ⟹ C ) ⋀ ( B ⟹ C ) folgt noch lange nicht A = B ! - Grundsätzlich, auch formal-logisch nicht.
overkott hat geschrieben:Aus der Ewigkeit ergibt sich die Zeit. Die Zeit ist nur ein durch Anfang und Ende definierter Teil der Ewigkeit.
Noch so'n jämmerlicher, plumpistischer Müll ! - Zeit ist endlich, hat Anfang und Ende. Ewigkeit ist anderen Wesens, sie steht völlig außerhalb der Zeit, ist definitiv nicht der Dimensionalität unterworfen wie die Zeit.

Solches Gesülze ist belastend. Und synkretistische Nebelkerzen habe noch nie zu klarer Sicht auf die Dinge beigetragen.
:daumen-rauf:

Ich kann mir zwar ungefähr vorstellen, auf was die obige Aussage abheben wollte, aber m. E. werden dabei - abgesehen von der Formulierung - zwei unterschiedliche Fragen vermengt.

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Sempre
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Re: 2. Gottesbeweis des Hl. Thomas von Aquin

Beitrag von Sempre »

Reinhard hat geschrieben:Ewigkeit ist anderen Wesens, sie steht völlig außerhalb der Zeit, ist definitiv nicht der Dimensionalität unterworfen wie die Zeit.
Nicht unbedingt. Die vom hl. Bonaventura, dem hl. Thomas und anderen behandelte Frage, ob Gott eine von Ewigkeit her bestehende Welt hätte schaffen können, betrifft gerade eine Welt, in der die Zeit keinen Anfang hat, und nicht etwa eine zeitlos ewige Welt.

Es gibt zwei Arten von Ewigkeit. Gottes zeitlose Ewigkeit und eine zeitliche Ewigkeit.
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Re: 2. Gottesbeweis des Hl. Thomas von Aquin

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Sempre hat geschrieben:
Reinhard hat geschrieben:Ewigkeit ist anderen Wesens, sie steht völlig außerhalb der Zeit, ist definitiv nicht der Dimensionalität unterworfen wie die Zeit.
Nicht unbedingt. Die vom hl. Bonaventura, dem hl. Thomas und anderen behandelte Frage, ob Gott eine von Ewigkeit her bestehende Welt hätte schaffen können, betrifft gerade eine Welt, in der die Zeit keinen Anfang hat, und nicht etwa eine zeitlos ewige Welt.

Es gibt zwei Arten von Ewigkeit. Gottes zeitlose Ewigkeit und eine zeitliche Ewigkeit.
[quote="P. Bernard Kälin OSB, "Lehrbuch der Philosophie", 451, S. 404"]
Ewigkeit [Gottes] darf nicht als anfangs- und endlose Zeit aufgefaßt werden denn das Wesen der Zeit bleibt unberührt, auch wenn sie keinen Anfang und kein Ende hat. Ewigkeit ist vielmehr der auf einmal oder zugleich ganze und vollkommene Besitz des Lebens und Daseins. In diesem Sinn ist nur Gott ewig; für ihn gibt es weder Vergangenheit noch Zukunft, sondern nur bleibende Gegenwart.
[/quote]

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Re: 2. Gottesbeweis des Hl. Thomas von Aquin

Beitrag von overkott »

Sempre hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Wenn einer nicht kapieren will, dann bist das doch du. Gott ist die Ewigkeit. Wenn wir sagen: Die Welt ist von Gott und die Welt ist von Ewigkeit her, dann ist das das Gleiche.
Dass in Eurer Schaumsprache je nach Tageslaune dies und das das Gleiche ist, ist mir nicht entgangen.

Bonaventura aber meint, es sei Vernunfterkenntnis, dass Gott eine von Ewigkeit her bestehende Welt nicht hätte schaffen können. Eine Gleichsetzung von Gott und Ewigkeit findet sich bei ihm nicht.
Du darfst nicht vergessen, welche Einstellung St. Bonaventura zur Bibel und zu den Kirchenlehrern hatte. Die Bibel stand für ihn an erster Stelle und Kirchenlehrer galten ihm als fehleranfällig und kritisierbar. Auch war Bonaventura bescheiden und einsichtig. Darin ist er mir ein Vorbild. Der verehrte Pater Kähling philosophiert etwas bibelfern, seine radikale Trennung von Ewigkeit und Zeit widerspricht der Schöpfungstheologie der Genesis und der Predigt St. Pauli auf dem Areopag.

Die Bibel lehrt uns, dass Gott, geheiligt werde sein Name, das Wort des Anfangs ist. Gott ist Schöpfer der Welt und Vater der Menschen. Er steht vor allem, über allem, durchdringt alles, ist allgegenwärtig: durch sein schöpferisches Wort, sein Fleisch gewordenes Wort und sein geisterfülltes Wort. In Jesus Christus ist der ferne Gott begreifbar geworden: Gott ist Liebe, Wohlwollen, Barmherzigkeit. Wer danach lebt, geht nicht verloren.
Zuletzt geändert von overkott am Samstag 5. November 2011, 18:12, insgesamt 1-mal geändert.

Thomas_de_Austria
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Re: 2. Gottesbeweis des Hl. Thomas von Aquin

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Das wirkt jetzt zwar wie Korinthenkackerei, aber:

Wenn das dort oben kein Wortspiel sein sollte, dann doch bitte nicht "Pater Kähling", sondern Pater Kälin. Danke.

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overkott
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Re: 2. Gottesbeweis des Hl. Thomas von Aquin

Beitrag von overkott »

Pardon, Kälin.

Pilgerer
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Re: 2. Gottesbeweis des Hl. Thomas von Aquin

Beitrag von Pilgerer »

Sempre hat geschrieben:
Reinhard hat geschrieben:Ewigkeit ist anderen Wesens, sie steht völlig außerhalb der Zeit, ist definitiv nicht der Dimensionalität unterworfen wie die Zeit.
Nicht unbedingt. Die vom hl. Bonaventura, dem hl. Thomas und anderen behandelte Frage, ob Gott eine von Ewigkeit her bestehende Welt hätte schaffen können, betrifft gerade eine Welt, in der die Zeit keinen Anfang hat, und nicht etwa eine zeitlos ewige Welt.

Es gibt zwei Arten von Ewigkeit. Gottes zeitlose Ewigkeit und eine zeitliche Ewigkeit.
Genau, die erste Ewigkeit bezeichnet das, was Gott Mose in 2. Mose 4 als seinen Namen offenbart: "Ich bin, der ich bin". Gott ist die ständige Gegenwart, ohne Verfall und Vergänglichkeit. Das kann jeder, der Gott begegnen kann, selbst erfahren.
Die zeitliche Ewigkeit würde eine endlose Menge an Jahrhunderten bedeuten, die ablaufen. Es wäre eine Ewigkeit der ständigen Vergänglichkeit. Das wäre eine gottlose Ewigkeit.

Aus der Ewigkeit Gottes folgt, dass die Gemeinschaft des Menschen mit Gott der menschlichen Existenz selbst Zugang zur Ewigkeit schafft. Je mehr Gott im Menschen zunimmt, desto mehr nimmt seine Vergänglichkeit ab - und damit auch der Tod, der seit Adam über uns herrscht.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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Sempre
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Re: 2. Gottesbeweis des Hl. Thomas von Aquin

Beitrag von Sempre »

Pilgerer hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben:
Reinhard hat geschrieben:Ewigkeit ist anderen Wesens, sie steht völlig außerhalb der Zeit, ist definitiv nicht der Dimensionalität unterworfen wie die Zeit.
Nicht unbedingt. Die vom hl. Bonaventura, dem hl. Thomas und anderen behandelte Frage, ob Gott eine von Ewigkeit her bestehende Welt hätte schaffen können, betrifft gerade eine Welt, in der die Zeit keinen Anfang hat, und nicht etwa eine zeitlos ewige Welt.

Es gibt zwei Arten von Ewigkeit. Gottes zeitlose Ewigkeit und eine zeitliche Ewigkeit.
Genau, die erste Ewigkeit bezeichnet das, was Gott Mose in 2. Mose 4 als seinen Namen offenbart: "Ich bin, der ich bin". Gott ist die ständige Gegenwart, ohne Verfall und Vergänglichkeit. Das kann jeder, der Gott begegnen kann, selbst erfahren.
Die zeitliche Ewigkeit würde eine endlose Menge an Jahrhunderten bedeuten, die ablaufen. Es wäre eine Ewigkeit der ständigen Vergänglichkeit. Das wäre eine gottlose Ewigkeit.

Aus der Ewigkeit Gottes folgt, dass die Gemeinschaft des Menschen mit Gott der menschlichen Existenz selbst Zugang zur Ewigkeit schafft. Je mehr Gott im Menschen zunimmt, desto mehr nimmt seine Vergänglichkeit ab - und damit auch der Tod, der seit Adam über uns herrscht.
Der Mensch ist Geschöpf und wird immer Geschöpf bleiben. Er wird nie Gott werden. Auch die Seligen im Himmelreich sind immer noch Geschöpfe und nicht Götter.

Die Existenz des Menschen (wie auch die der Engel) hat einen Anfang und kein Ende, im Gegensatz zu Gott, der einfach schlicht unbedingt und unabhängig von der Zeit ist.
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

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overkott
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Re: 2. Gottesbeweis des Hl. Thomas von Aquin

Beitrag von overkott »

Pilgerer hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben:
Reinhard hat geschrieben:Ewigkeit ist anderen Wesens, sie steht völlig außerhalb der Zeit, ist definitiv nicht der Dimensionalität unterworfen wie die Zeit.
Nicht unbedingt. Die vom hl. Bonaventura, dem hl. Thomas und anderen behandelte Frage, ob Gott eine von Ewigkeit her bestehende Welt hätte schaffen können, betrifft gerade eine Welt, in der die Zeit keinen Anfang hat, und nicht etwa eine zeitlos ewige Welt.

Es gibt zwei Arten von Ewigkeit. Gottes zeitlose Ewigkeit und eine zeitliche Ewigkeit.
Genau, die erste Ewigkeit bezeichnet das, was Gott Mose in 2. Mose 4 als seinen Namen offenbart: "Ich bin, der ich bin". Gott ist die ständige Gegenwart, ohne Verfall und Vergänglichkeit. Das kann jeder, der Gott begegnen kann, selbst erfahren.
Die zeitliche Ewigkeit würde eine endlose Menge an Jahrhunderten bedeuten, die ablaufen. Es wäre eine Ewigkeit der ständigen Vergänglichkeit. Das wäre eine gottlose Ewigkeit.

Aus der Ewigkeit Gottes folgt, dass die Gemeinschaft des Menschen mit Gott der menschlichen Existenz selbst Zugang zur Ewigkeit schafft. Je mehr Gott im Menschen zunimmt, desto mehr nimmt seine Vergänglichkeit ab - und damit auch der Tod, der seit Adam über uns herrscht.
Man kann die Bibel vernünftig lesen und unvernünftig. Zeitliche Ewigkeit ist unvernünftig. Manche finden Unvernünftiges sehr ergreifend und halten das für den süßen Duft unsagbarer Weisheit.

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Reinhard
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Re: 2. Gottesbeweis des Hl. Thomas von Aquin

Beitrag von Reinhard »

overkott hat geschrieben:Manche finden Unvernünftiges sehr ergreifend und halten das für den süßen Duft unsagbarer Weisheit.
Ein Hauch von Einsicht ?

Immerhin hattest Du selbst die Idee formuliert, die Zeit auf die Ewigkeit zurückzuführen.

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overkott
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Re: 2. Gottesbeweis des Hl. Thomas von Aquin

Beitrag von overkott »

Reinhard hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Manche finden Unvernünftiges sehr ergreifend und halten das für den süßen Duft unsagbarer Weisheit.
Ein Hauch von Einsicht ?

Immerhin hattest Du selbst die Idee formuliert, die Zeit auf die Ewigkeit zurückzuführen.
Wie kommst du darauf?

Ewigkeit und Zeit verhalten sich wie das Ganze und seine Teile. Aus der Ewigkeit leitet sich also mathematisch und schöpfungstheologisch die Zeit ab. Zeit ist ein durch Anfang und Ende definierter Teil der Ewigkeit. Zeit hat an der Ewigkeit Teil. Ewigkeit ist in der Zeit gegenwärtig. Daraus ergeben sich jedoch keine zwei Ewigkeiten. Die Ewigkeit außerhalb des Zeitabschnitts ist dieselbe wie innerhalb. Allerdings ergeben sich mehrere Zeiten. Denn es gibt nur ein Ganzes, aber viele Teile.

Raphael

Re: 2. Gottesbeweis des Hl. Thomas von Aquin

Beitrag von Raphael »

overkott hat geschrieben:Ewigkeit und Zeit verhalten sich wie das Ganze und seine Teile. Aus der Ewigkeit leitet sich also mathematisch und schöpfungstheologisch die Zeit ab. Zeit ist ein durch Anfang und Ende definierter Teil der Ewigkeit. Zeit hat an der Ewigkeit Teil. Ewigkeit ist in der Zeit gegenwärtig. Daraus ergeben sich jedoch keine zwei Ewigkeiten. Die Ewigkeit außerhalb des Zeitabschnitts ist dieselbe wie innerhalb. Allerdings ergeben sich mehrere Zeiten. Denn es gibt nur ein Ganzes, aber viele Teile.
Ovi's kleine Einführung in paradoxe Formulierungskunst! :roll:

Pilgerer
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Re: 2. Gottesbeweis des Hl. Thomas von Aquin

Beitrag von Pilgerer »

Sempre hat geschrieben:
Pilgerer hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben:
Reinhard hat geschrieben:Ewigkeit ist anderen Wesens, sie steht völlig außerhalb der Zeit, ist definitiv nicht der Dimensionalität unterworfen wie die Zeit.
Nicht unbedingt. Die vom hl. Bonaventura, dem hl. Thomas und anderen behandelte Frage, ob Gott eine von Ewigkeit her bestehende Welt hätte schaffen können, betrifft gerade eine Welt, in der die Zeit keinen Anfang hat, und nicht etwa eine zeitlos ewige Welt.

Es gibt zwei Arten von Ewigkeit. Gottes zeitlose Ewigkeit und eine zeitliche Ewigkeit.
Genau, die erste Ewigkeit bezeichnet das, was Gott Mose in 2. Mose 4 als seinen Namen offenbart: "Ich bin, der ich bin". Gott ist die ständige Gegenwart, ohne Verfall und Vergänglichkeit. Das kann jeder, der Gott begegnen kann, selbst erfahren.
Die zeitliche Ewigkeit würde eine endlose Menge an Jahrhunderten bedeuten, die ablaufen. Es wäre eine Ewigkeit der ständigen Vergänglichkeit. Das wäre eine gottlose Ewigkeit.

Aus der Ewigkeit Gottes folgt, dass die Gemeinschaft des Menschen mit Gott der menschlichen Existenz selbst Zugang zur Ewigkeit schafft. Je mehr Gott im Menschen zunimmt, desto mehr nimmt seine Vergänglichkeit ab - und damit auch der Tod, der seit Adam über uns herrscht.
Der Mensch ist Geschöpf und wird immer Geschöpf bleiben. Er wird nie Gott werden. Auch die Seligen im Himmelreich sind immer noch Geschöpfe und nicht Götter.

Die Existenz des Menschen (wie auch die der Engel) hat einen Anfang und kein Ende, im Gegensatz zu Gott, der einfach schlicht unbedingt und unabhängig von der Zeit ist.
Der Mensch selbst kann nicht Gott werden, aber Gott kann teilhaben am Menschen, sodass der Mensch von Gott innerlich erleuchtet wird.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

Thomas_de_Austria
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Re: 2. Gottesbeweis des Hl. Thomas von Aquin

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Hier noch einmal Logisches zum Beweis aus der Bewegung aus der "Summa contra Gentiles" (ScG):

(Kurze Anmerkung: Die 1er unten sollten eigentlich auch hochgestellt sein, aber leider ...)
Thomas v. Aquin, ScG, Liber I, XIII, 241 b 24 hat geschrieben:
Omne quod movetur, ab alio movetur. Patet autem sensu aliquid moveri, utputa solem. Ergo alio movente movetur. – Aut ergo illud movens movetur, aut non. Si non movetur, ergo habemus propositum, quod necesse est ponere aliquod movens immobile. Et hoc dicimus Deum.– Si autem movetur, ergo ab alio movente movetur. Aut ergo est procedere in infinitum, aut est devenire ad aliquod movens immobile. Sed non est procedere in infinitum. Ergo necesse est ponere aliquod primum movens immobile.
In hac autem probatione sunt duae propositiones probandae: scilicet, ‘quod omne motum movetur ab alio’; et ‘quod in moventibus et motis non sit procedere in infinitum’.
(1) Alles was bewegt ist, wird von einem Anderem bewegt.
(1a) Durch die Sinne aber ist klar, dass etwas [in der Welt] bewegt ist, wie bspw. die Sonne.
(2) Also ist es durch ein Anderes bewegt.
(3) Alles ist entweder bewegt und wird von einem Anderen bewegt oder ist nicht bewegt und wird nicht von einem Anderen bewegt.
(4) Wenn es nicht bewegt ist, dann gibt es etwas Unbewegtes.
(5) Wenn es bewegt ist, dann ist es von einem Anderen bewegt.
(6) Entweder geht Bewegung ins Unendliche oder es gibt etwas, das nicht bewegt ist.
(7) Bewegung geht nicht ins Unendliche.
c.1 Es gibt etwas Unbewegtes.
(8) Das Unbewegte ist Gott.


(1) 1. ∀x (M1x --> ∃y N²yx) – Axiom [*]
(1a) 2. ∃xЄw M1x empirische Prämisse
(2) 3. ∃x (M1x ∧ ∃y N²yx) aus 1. & 2.
(3) 4. ∀x ((M1x ∧ ∃y N²yx) ∨ (~M1x ∧ ~∃y N²yx))
(4) 5. (~M1x --> ∃x I1x)
(5) 6. (M1x --> ∃y N²yx)
[7. (∃x I1x --> ~∃y N²yx)]
(6) 8. (M∞ ∨ ∃x ~M1x)
(7) 9. ~M∞ – gesondert zu beweisen
c.1 10. ∃x I1x aus 8., 9. & 5.
(8) 11. D1x <--> def. I1x Nominaldefinition



M1 ... ist bewegt
N² ... bewegt ...
I1 ... ist unbewegt
M∞ … Bewegung geht ins Unendliche
D1 … ist Gott

---
* Anm.:
Sempre hat geschrieben:Das ist das Trägheitsprinzip, "Nichts bewegt sich von selbst", das analog dem Kausalitätsprinzip beim kausalen Beweis als Axiom gesetzt ist. Es bedarf keines gesonderten Beweises. Ein solcher wäre auch unmöglich zu führen.

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