Echte Teilkirchen?

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Falk
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Echte Teilkirchen?

Beitrag von Falk »

Papst Pius XI. hat in seiner Enzyklika "Mortalium animos" festgestellt:

"In dieser einen Kirche Christi ist wahrlich niemand und verbleibt niemand, der nicht die Autorität und Vollmacht des Petrus und von dessen rechtmäßigen Nachfolgern, gehorsam anerkennt und annimmt"

(in englischer Sprache auf der Vatikan-HP
http://www.vatican.va/holy_father/pius_ ... os_en.html
immer noch wie folgt nachzulesen:

>>11. Furthermore, in this one Church of Christ no man can be or remain who does not accept, recognize and obey the authority and supremacy of Peter and his legitimate successors. ...<< )

Die Erklärung DOMINUS IESUS IV., 17 behauptet nun jedoch ganz im Gegensatz dazu:

>>Die Kirchen, die zwar nicht in vollkommener Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehen, aber durch engste Bande, wie die apostolische Sukzession und die gültige Eucharistie, mit ihr verbunden bleiben, sind echte Teilkirchen.
Deshalb ist die Kirche Christi auch in diesen Kirchen gegenwärtig und wirksam, obwohl ihnen die volle Gemeinschaft mit der katholischen Kirche fehlt, insofern sie die katholische Lehre vom Primat nicht annehmen, den der Bischof von Rom nach Gottes Willen objektiv innehat und über die ganze Kirche ausübt. <<


Es gäbe demnach also tatsächlich "echte Teilkirchen", Kirchen also, von denen es heißt:

"In ihnen und aus ihnen besteht die eine und einzige katholische Kirche." (KKK 833),

die aber dennoch "die katholische Lehre vom Primat nicht annehmen".

Eine "echte Teilkirche" ist - wie der Name schon sagt - ein Teil der einen Kirche Christi.
Nach DOMINUS IESUS sind und verbleiben also in der einen Kirche Christi - ganz entgegen der in "Mortalium animos" vertretenen katholischen Lehre - auch jene, die die Autorität und Vollmacht des Petrus und seiner rechtmäßigen Nachfolger nicht gehorsam anerkennen und annehmen.

Irrt nun "Mortalium animos" oder "Dominus Iesus" ?

ivanhoe
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Re: Echte Teilkirchen?

Beitrag von ivanhoe »

Falk hat geschrieben:Irrt nun "Mortalium animos" oder "Dominus Iesus" ?
bevor wir diese Frage beantworten, müssen wir noch etwas anderes ausdiskutieren - und zwar:
Falk hat geschrieben:Eine "echte Teilkirche" ist - wie der Name schon sagt - ein Teil der einen Kirche Christi.
ist das jetzt eine Erkenntnis der Kirche Christi, eine Feststellung also, die in den Dokumenten der Kirche zu finden ist, oder Deine eigene These?


P.S. - muß eine "echte Teilkirche" ein Teil der Kirche Christi sein?
- kennst Du den Begriff: "Allotropie"? Die "echten Teilkirchen" könnte man demnach, als "Allotropen" bezeichnen.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Es geht in deinen beiden Zitaten um verschiedene Dinge, Falk. Mortalium animos handelt von der individuellen Zugehörigkeit einer Person zur Schar der Erlösten; Dominus Jesus dagegen spricht von Kirchencharakter von Gemeinschaften Gläubiger, handelt also über die Ekklesiologie. Was die schismatischen Teilkirchen betrifft, so gibt es keinen Zweifel – und gab noch nie welchen – an deren apostolischer Sukzession und an der Gültigkeit ihrer Sakramente (wenn wir die sogenannten oder ehemaligen Nestorianer einmal ausklammern).

Es wäre offensichtlich geradezu blasphemisch, wollte jemand die von Alexij, Bartholomäus oder Schenuda gespendeten Sakramente für unwirksam oder unwürdig erklären. Auch die unbezweifelbaren Beispiele von Heiligkeit zeugen vom Heilswirken Gottes in diesen schismatischen Ortskirchen: Denk etwa an Johannes von Kronstadt, Xenia von Sankt Petersburg oder Seraphim von Sarow. Auch die zahlreichen Schismata, die es innerhalb der lateinischen Kirche quer durch die Geschichte gab und gibt, sollte man übrigens nicht vergessen.

Ein anderes ist die Frage, was es bedeutet, wenn einer bewußt und schuldhaft den Primat Petri als solchen ablehnt. Darum geht es in Mortalium animos. So wenig aber Mortalium animos über irgend jemanden ein individuelles Urteil fällt, so sehr sollten auch wir uns vorm Urteilen hüten. Auch müssen wir bedenken, wie es historisch zu dem gegenwärtigen Zustand des Schismas gekommen ist. Denn es war ein Prozeß, der sich über Jahrhunderte hinzog.
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Ralf

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Auf diese Idee könnten wir kommen, Ralf, wenn wir – meiner Warnung zum Trotz – anfangen wollten zu urteilen.

Richtig ist aber, daß von dem, der mehr Talente empfangen hat, auch mehr zurückgefordert wird. Aber gilt dies nicht noch mehr von jenen, die in Gemeinschaft mit dem Bischof von Rom stehen?
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Falk
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Beitrag von Falk »

Ich glaube keineswegs, dass "Mortalium animos" nur "von der individuellen Zugehörigkeit einer Person zur Schar der Erlösten handelt" (denn die kann ja wegen unüberwindlicher Unkenntnis bei Nichtkatholiken immer gegeben sein), sondern - genau wie in "Dominus Iesus" - geht es auch in "Mortalium animos" um den "Kirchencharakter von Gemeinschaften Gläubiger", also um "die Ekklesiologie".

Und dass es in schismatischen Kirchen gültige Sakramente gibt, ist ebenfalls unbestritten.
Aus Sicht von "Mortalium animos" hingegen gehören die schismatischen Kirchen dennoch nicht zur einen Kirche Christi, sie sind also kein Teil von ihr, sondern haben sich von ihr getrennt.

Gerade wenn man das von mir erwähnte Zitat aus "Mortalium animos" im Zusammenhang und weiterliest, merkt man, dass es hier sehr wohl um Ekklesiologie und speziell dann auch um die Orthodoxen Kirchen geht, und dass hier keineswegs von der individuellen Zugehörigkeit einer Person zur Schar der Erlösten die Rede ist:

>>12. [...]it were foolish and out of place to say that the mystical body is made up of members which are disunited and scattered abroad: whosoever therefore is not united with the body is no member of it, neither is he in communion with Christ its head.


11. Furthermore, in this one Church of Christ no man can be or remain who does not accept, recognize and obey the authority and supremacy of Peter and his legitimate successors. Did not the ancestors of those who are now entangled in the errors of Photius and the reformers, obey the Bishop of Rome, the chief shepherd of souls?
Alas their children left the home of their fathers, but it did not fall to the ground and perish for ever, for it was supported by God. Let them therefore return to their common Father, who, forgetting the insults previously heaped on the Apostolic See, will receive them in the most loving fashion. ...<<

(http://www.vatican.va/holy_father/pius_ ... os_en.html)


Wenn es also - wie Pius XI. hier ausführt - unsinnig und töricht ist, anzunehmen, die Kirche, der Leib Christi, könne aus von einander getrennten und zerstreuten Gliedern bestehen und davon gesprochen wird, dass die Kinder (auch im Zusammenhang mit den Irrtümern des Photius) das Vaterhaus verlassen haben und zur Rückkehr eingeladen werden, dann kann nicht davon die Rede sein, dass sich die Gemeinschaft jener Gläubigen, die den Irrtümern des Photius folgt, immer noch innerhalb des Vaterhauses befindet und zur Kirche Christi gehört, also eine "echte Teilkirche" wäre.

Immerhin schließt "Dominus Iesus" an anderer Stelle genau das aus, was zuvor von den angeblich "echten Teilkirchen" gesagt wird, die die Lehre vom Primat (immerhin ein Dogma!) ablehnen und getrennt von der katholischen Kirche existieren, aber dennoch Teil der einen Kirche Christi geblieben sein sollen.

Es heißt da nämlich (ebenfalls unter IV., 17):

»Daher dürfen die Christgläubigen sich nicht vorstellen, die Kirche Christi sei nichts anderes als eine gewisse Summe von Kirchen [...] — zwar getrennt, aber noch irgendwie eine; ....«.

Wollte man die von Rom getrennten Orthodoxen Kirchen also tatsächlich als "echte Teilkirchen" ansehen (und lt. KKK 833 besteht ja die eine und einzige katholische Kirche "in ihnen und aus ihnen", also in und aus den Teilkirchen), dann müsste man sich genau das vorstellen, was man sich gerade nicht vorstellen darf, nämlich, die Kirche Christi sei eine gewisse Summe von Kirchen - zwar getrennt, aber noch irgendwie eine.
Zuletzt geändert von Falk am Sonntag 12. Oktober 2003, 19:53, insgesamt 1-mal geändert.

Ralf

Beitrag von Ralf »

Zuletzt geändert von Ralf am Samstag 5. Februar 2005, 09:58, insgesamt 1-mal geändert.

Falk
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Beitrag von Falk »

>>Was ist eine Teilkirche? Teil von was?
Ralf (Sünder)<<

Ist diese Frage wirklich ernst gemeint?
Sie klingt so ähnlich, als würde man ernsthaft fragen, wovon ein Halbkreis die Hälfte wäre.

Was anderes also soll denn eine Teilkirche sein als ein Teil der Gesamtkirche?

KKK 833:
"Unter 'Teilkirche' - Bistum (oder Eparchie) - versteht man eine Gemeinschaft von Christen, die mit ihrem in der apostolischen Sukzession stehenden Bischof im Glauben und in den Sakramenten vereint ist.
Diese Teilkirchen sind 'nach dem Bild der Gesamtkirche gestaltet.
In ihnen und aus ihnen besteht die eine und einzige katholische Kirche'
(LG 23)"

Ralf

Beitrag von Ralf »

Zuletzt geändert von Ralf am Samstag 5. Februar 2005, 09:58, insgesamt 1-mal geändert.

ivanhoe
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Beitrag von ivanhoe »

Falk hat geschrieben:>>Was ist eine Teilkirche? Teil von was?
Ralf (Sünder)<<

Ist diese Frage wirklich ernst gemeint?
nein, wir machen Witze.
Falk hat geschrieben:Sie klingt so ähnlich, als würde man ernsthaft fragen, wovon ein Halbkreis die Hälfte wäre.
nein, sie versucht herauszubekommen, ob Du selber eine Antwort geben kannst, oder nur den KKK zitieren.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Der von Ivanhoe ins Spiel gebrachte Begriff der Allotropie führt meines Erachtens nicht weiter. Er würde ja den gegenwärtigen Zustand faktisch zementieren und bloß begrifflich als nicht mehr schlimm umdefinieren.

Über den Begriff der „Teilkirche“ (Ecclesia particularis) kann man streiten; vielleicht wäre auch „Ortskirche“ angebrachter. Gedacht ist der Begriff jedenfalls dazu, die traditionelle Weise, von einzelnen Kirchen zu reden als »Kirche von Rom«, »Kirche von Lyon« oder »Kirche von Alexandrien« zu unterscheiden von jenem Kirchenbegriff, der die Gesamtkirche meint, die eine, heilige, katholische und apostolische.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Falk hat geschrieben:»Ich glaube keineswegs, dass "Mortalium animos" nur "von der individuellen Zugehörigkeit einer Person zur Schar der Erlösten handelt" (denn die kann ja wegen unüberwindlicher Unkenntnis bei Nichtkatholiken immer gegeben sein), sondern - genau wie in "Dominus Iesus" - geht es auch in "Mortalium animos" um den "Kirchencharakter von Gemeinschaften Gläubiger", also um "die Ekklesiologie".«
Ich ging zunächst nur von deinen Zitaten aus, Falk. Im Zusammenhang gelesen, bleibt es zwar dabei, daß Mortalium animos explizit über die Gläubigen als Individuen handelt; im gebe aber zu, daß implizit ein Urteil über die „orthodoxen Teilkirchen“ zumindest nahegelegt wird.

Sehr richtig bemerkst du den Hinweis auf den photianischen Irrtum – eine Formel übrigens, die schon Pius IX. im 1864er Schreiben an die Bischöfe Englands verwendet. Ich meine aber, daß genau hierin das Problem liegt. Denn historisch ist diese Begründung nicht haltbar. Ich kann nun nicht die ganze, komplexe Geschichte der 860er und 870er Jahre darlegen. Am Anfang stand ein Schisma auf dem Constantinopolitaner Patriarchenstuhl, nämlich zwischen Photius und Ignatius.

Mit hinein spielten die wechselnden Interessen der byzantinischen Kaiser, die ebenso wechselnden Interessen der römischen Päpste Nicolaus, hadrian, Johannes und Stephan, der westliche Wunsch nach byzantinischer Hilfe gegen die süditalienischen Sarazenen, der Streit um die Zugehörigkeit des Illyricum – zu Rom oder Constantinopel – und die Rivalität derselben Patriarchenstuhle um den Vorrang in der Bulgarenmission.

Nach all dem damaligen Hin und Her war weder das Schisma von Dauer, noch möchte ich wagen, über die Beteiligten diese Kämpfe und Ränke abschließende Urteile zu fällen. Freilich hebt der Begriff vom photianischen Irrtum wohl auch eher auf dogmatische Fragen ab. Zweierlei kommt als gemeint in Betracht: Die Ablehnung des petrinischen Primats durch Photius und seine Stellungnahme gegen das Filioque.

Nun hat Photius allerdings sich des Primats von Rom kirchenpolitisch durchaus selber bedient. Ob ein ausdrücklich antiprimatiales Werk aus seiner feder stammt, ist umstritten. Mit Sicherheit hat er eine Materialsammlung gegen die Bischöfe von Rom zusammengestellt, wohl um sich ihrer bei Bedarf kirchenpolitisch zu bedienen. Das läßt Photius in keinem guten Licht erscheinen, beinhaltet aber keinen dogmatischen Irrtum (obgleich die Primatsfrage heute ohne Zweifel den entscheidenden Knackpunkt in den Beziehungen Roms mit Constantinopel und Moskau darstellt).

Kritischer ist, soweit es um Photius geht, seine mitten im Schisma verfaßte Enzyklika gegen die Einfügung des Filioque ins Symbolum – formal gegen die westlichen Missionare in Bulgarien gerichtet –, weil Photius hier nicht bloß gegen den Umstand einer Einfügung argumentiert, sondern gegen den Inhalt, der seines Erachtens die Erstursächlichkeit des Vaters in Frage stellt. Man muß aber bedenken, daß das Filioque damals auch im Westen noch längst nicht überall und allgemein im Gebrauch war und noch nicht als dogmatisch verbindlich festgelegt war.

Zudem ist die Interpretation, die Photius der Formulierung vom Filioque gibt – also Bestreitung der alleinigen Erstursächlichkeit des Vaters – von der westlichen Theologie zunächst durchaus nicht intendiert und wird von der westlichen Kirche nicht gelehrt. Insofern manche westliche Theologen das verteten oder vertreten haben, verlassen sie meines Erachtens den Boden der Väterlehre. Mir scheint, Augustin hat es am treffendsten formuliert: Der Heilige Geist gehe principaliter (der Erstursache nach) aus dem Vater hervor, kraft väterlicher Zeugung aber auch aus dem Sohn, und zwar insofern, als der Sohn vom Vater alles erhalten habe, was auch der Vater hat (aus dem Gedächtnis aus de trin. paraphrasiert. Der Heilige Geist ist dann innertrinitarisch als Liebe des Vaters zum Sohn und als die Gegenliebe des Sohnes zum Vater zu verstehen.

Wäre das Filioque also so gemeint, wie Photius es interpretieren zu sollen meinte, dann hätte er gewiß auch Augustin auf seiner Seite. Nun ist es aber nicht so gemeint. Man sollte darum aus einem Verständnisproblem kein dogmatisches machen – oder wenn es längst zum dogmatischen Problem geworden ist, erst einmal sich ums Verständnis bemühen, um dann vielleicht herauszufinden, daß dogmatisch gar kein Gegensatz besteht. Augustin oben geschilderten Ansatz halte ich dabei aus katholischer wie orthodoxer Sicht für tragfähig.

So viel zu Photius: weit mehr, als eigentlich zum Thema gehört, jedoch notwendig, um zu illustrieren, daß der formelhafte Verweis der beiden verehrten Pius-Päpste auf das alte katholische Schreckbild Photius historisch-sachlich verfehlt ist.

Wichtiger aber ist das folgende: Weder das kurzzeitige photianische Schisma noch die gegenseitigen Bannflüche von 1054 bedeuteten ein dauerhaftes Schisma, bedeuteten eine Aufgabe der communicatio in sacris (der Sakramentengemeinschaft) zwischen lateinischer und byzantinischer Kirche. Diese entwickelte und verhärtete sich vielmehr erst allmählich im Lauf der folgenden Jahrhunderte.

Dann erst, als die praktischen Gegensätze und die kulturelle Entfremdung immer weiter wuchsen – und hier muß man unumwunden zugeben, daß diese Entwicklung auf westlicher Seite deutlich stärker von Veränderung geprägt ist als im Osten – und man erneut zusammenstieß, holte man die alten Zwiste wieder hervor und bauschte sie auf.

Ich vermag nicht zu erkennen, weshalb heute kirchentrennend sein sollte, was für die Zeitgenossen keineswegs kirchentrennend war. Gleichwohl sind wir heute mit dem Faktum des Schismas konfrontiert, und davon ist zunächst auszugehen. Ebenso sind aber das Fortbestehen der Liturgie (insgesamt gesehen vielleicht reiner als im Westen) und der Sakramente zur Kenntnis zu nehmen sowie auch die zahlreichen Zeugnisse von Heiligkeit. All das gänzlich extra Ecclesiam?

Ich füge sogar hinzu, daß ich oft des Eindrucks mich nicht erwehren kann, daß die schismatischen Byzantiner trotz einiger problematischer doktrinärer Fragen insgesamt die gesunde kirchliche Lehre reiner bewahrt haben als nicht wenige Bischöfe, die formal in Gemeinschaft mit dem römischen Papst stehen. Lex orandi, lex credendi. Also nochmals: All das gänzlich extra Ecclesiam?

Eine bedrängende Frage. Die Hinweise zur Geschichte, die ich oben gegeben habe, können vielleicht beitragen zu verstehen, daß nicht bloß Äußerungen der schismatischen Seite, sondern auch des höchsten katholischen Lehramts in der Vergangenheit oft nicht auf dem sicheren Fundament der Kenntnis oder Kenntnisnahme der historischen Fakten ruhten. Auch an echter Kenntnis Praxis, Liturgie und Lehre der je andern Seite mangelte es oft – und mangelt es nicht selten noch heute.

Zur Vertiefung solcher Kenntnis beizutragen scheint mir sehr verdienstlich. Wenn andererseits ich einen Kurienkardinal vernehme, der nach der apostolischen Errichtung mehrerer Diözesen in Rußland und angesichts der – unberechtigten, wenn auch verständlichen – Empörung der Russisch-Orthodoxen darüber kopfschüttelnd zum Besten gibt, er verstehe diese Empörung nicht, es handele sich bei der Umwandlung von Apostolischen Administraturen in Bistümer um einen reinen internen Verwaltungsakt, der faktisch nichts ändere: Dann allerdings schaudert es mich.

Von solch totaler Ignoranz dessen, was das Wesen der Kirche ausmacht, werden die Orthodoxen in ihrem Vorurteil gegen den Westen natürlich bestärkt – und hier nicht einmal zu Unrecht. Denn bei uns wächst die Verwirrung.

Fazit: Die Kirchlichkeit jener schismatischen Ortskirchen, die in der apostolischen Sukzession stehen und die Sakramente bewahrt haben, ist nicht zu bestreiten. Zweifel daran sind im Mangel hinreichender historischer und sachlicher Kenntnis begründet und lassen sich ausräumen. Gleichwohl sind jene Ortskirchen durch ihre tatsächliche Trennung vom Stuhl Petri zutiefst verwundet. Wir sind eingeladen, zur Heilung der Wunden beizutragen. Vergessen wir darüber aber nicht die Gefahr, die vom Gift in unserm eigenen Leib ausgeht.
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Falk
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Beitrag von Falk »

>>Fazit: Die Kirchlichkeit jener schismatischen Ortskirchen, die in der apostolischen Sukzession stehen und die Sakramente bewahrt haben, ist nicht zu bestreiten. Zweifel daran sind im Mangel hinreichender historischer und sachlicher Kenntnis begründet ...<< (Ketelhohn)

Meine Frage, ob nun "Mortalium animos" oder "Dominus Iesus" irrt, wäre dann also zuungunsten der Enzyklika von Papst Pius XI. entschieden?


>>Gleichwohl sind jene Ortskirchen durch ihre tatsächliche Trennung vom Stuhl Petri zutiefst verwundet. << (Ketelhohn)

Wenn man das Schreiben "Orientale Lumen" des gegenwärtigen Papstes liest, könnte man eher den Eindruck gewinnen, dass vor allem jene orthodoxen Kirchen, die sich dem Stuhl Petri wieder unterstellt haben, also die unierten Kirchen, "zutiefst verwundet" wären.
Immerhin meint der gegenwärtige Pontifex über jene "Ortskirchen, die in volle Gemeinschaft mit dieser Kirche von Rom getreten sind":

"Diese Kirchen tragen tief im Fleisch eine dramatische Risswunde, weil ihnen noch immer eine volle Einheit mit den orthodoxen Ostkirchen versperrt ist."
(Orientale Lumen Nr. 21)

Ironie des Ökumenismus!
Wären sie nämlich im Schisma geblieben, dann würden sie nicht an dieser "dramatischen Risswunde" leiden.
Übrigens ein "Leiden", das demzufolge auch jeder Konvertit hat, der sich aus einer häretischen oder schismatischen Gemeinschaft gelöst hat, um in die katholische Kirche einzutreten.
Denn mit der Konversion ist nun auch ihm die volle Einheit mit der schismatischen oder häretischen Gemeinschaft versperrt, aus der er gekommen ist.

Falk
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Beitrag von Falk »

Hallo Stefan,

es ist ja sehr erfreulich, dass Kardinal Ratzinger klarstellt, "dass es nur eine, heilige, katholische und apostolische Kirche gibt".
Alles andere würde mich auch sehr wundern, denn es widerpräche dem, was in der Kirche immer geglaubt und gelehrt wurde.

Trotzdem bleibt die Frage offen, ob diese eine heilige katholische und apostolische Kirche, zu der wir uns im Großen Glaubensbekenntnis bekennen, die Summe aus allen Teilkirchen ist, egal ob sie nun die Lehre vom Primat anerkennen und in Verbindung mit dem Stuhl Petri, also der Kirche von Rom stehen, oder ob jene Teilkirchen, die die Lehre vom Primat nicht annehmen und die sich daher vom Apostolischen Stuhl in Rom getrennt haben, deshalb auch nicht mehr Teil der einen heiligen katholischen und apostolischen Kirche sind und von daher auch keine echten Teilkirchen mehr sein können.

"Dominus Iesus" - und da wären wir wieder bei der Ausgangsfrage dieses Threads - favourisiert die zuerst genannte Sicht der Dinge, "Mortalium animos" (und eigentlich alle "vorkonziliaren" Stellungnahmen des Lehramtes) spricht für die zuletzt genannte Sichtweise.

Eine von beiden Sichtweisen müsste aber falsch sein, denn beides kann ja nicht gleichermaßen zutreffen. Oder?

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Falk hat geschrieben:»Meine Frage, ob nun "Mortalium animos" oder "Dominus Iesus" irrt, wäre dann also zuungunsten der Enzyklika von Papst Pius XI. entschieden?«
1. Daß die Trennung der schismatischen Ortskirchen vom Stuhl Petri ein Übel ist, steht außer Zweifel. Darin widersprechen sich die beiden Dokumente auch nicht.

2. Ich sehe jedoch nicht, daß jemals das kirchliche Lehramt den schismatischen Ortskirchen ausdrücklich den Kirchencharakter abgesprochen hätte. Dies tut auch weder das eine noch das andere der beiden genannten Dokumente.

3. Die Annahme des Kirchencharakters der schismatischen Ortskirchen wird durch apostolische Sukzession und gültige Sakramente sowie viele Zeichen der Heiligkeit nahegelegt. Dem widerspricht keines der beiden Dokumente.

4. Bewiesen wird der Kirchencharakter der schismatischen Ortskirchen durch den Umstand, daß unbestritten im Fall der Rückkehr einer solchen Orts- oder Teilkirche in die Gemeinschaft mit dem Papst der Kirchencharakter sofort unmittelbar gegeben ist, und zwar über die bestehende, ununterbrochene Sukzessionslinie, die über eine Reihe schismatischer Träger des Apostelamts führt. Solche Rückkehr kommt nämlich zustande, indem eine schismatische Ortskirche durch ihren Bischof (oder ein Ortskirchenverband durch seinen Patriarchen, wie etwa im Fall der Melchiten) beim Papst um Gewährung der Gemeinschaft nachsucht und dieser sie gewährt. Es wird in einem solchen Fall keineswegs eine neue Ortskirche apostolisch errichtet, sondern tatsächlich allein die Gemeinschaft wiederhergestellt. Die Ortskirche muß also über die Zeit des Schismas fortbestanden haben. Sie war lediglich durch die Trennung „verwundet“. Auch diese Feststellung wird durch keines der beiden genannten Dokumente erschüttert; vielmehr wird sie von der beständigen historischen Praxis des Lehramts bestätigt.

5. Das katholische Lehramt kann nicht irren, wenn es bestätigt, was immer Lehre und Glaube der Kirche war. Es wäre nicht mehr authentisches Lehramt, wenn es anderes behauptete.

6. Vertreter des Lehramtes können aber sehr wohl irren hinsichtlich der Beurteilung historischer Sachverhalte, die nicht das depositum fidei betreffen.

7. Einen solchen Irrtum vermute ich in der Tat hinter der Berufung des neunten und des elften Pius-Papstes auf den »Irrtum des Photius« im Zusammenhang mit der Einschätzung der schismatischen Kirchen des griechischen Ritus. Hier liegt nach meiner Überzeugung entweder unzureichende Kenntnis oder aber eine falsche Beurteilung des Sachverhalts vor. Das ist zwar bedauerlich, mindert aber weder meine Verehrung für diese beiden Päpste noch erschüttert es meinen Glauben: Denn wie gesagt, es geht hier nicht um einen Gegenstand, der das das depositum fidei beträfe.

8. Zu Recht beharrt dagegen Mortalium animos auf der Notwendigkeit, in Gemeinschaft mit dem Stuhl Petri zu stehen. Keineswegs aber urteilt dies Dokument über das forum internum der Gläubigen jener schismatischen Teilkirchen. Ein solches Urteil wäre auch mit der beständigen Lehre und Praxis der Kirche nicht zu vereinbaren. Dominus Jesus sagt nichts anderes.

Falk hat geschrieben:»Wenn man das Schreiben "Orientale Lumen" des gegenwärtigen Papstes liest, könnte man eher den Eindruck gewinnen, daß vor allem jene orthodoxen Kirchen, die sich dem Stuhl Petri wieder unterstellt haben, also die unierten Kirchen, "zutiefst verwundet" wären. Immerhin meint der gegenwärtige Pontifex über jene "Ortskirchen, die in volle Gemeinschaft mit dieser Kirche von Rom getreten sind": "Diese Kirchen tragen tief im Fleisch eine dramatische Rißwunde, weil ihnen noch immer eine volle Einheit mit den orthodoxen Ostkirchen versperrt ist." (Orientale lumen Nr. 21)«
Diese Formulierung ist in der Tat problematisch. Eine gewisse Berechtigung kann ich ihr vor allem im Blick auf die Ukrainer nicht absprechen, die ja eigentlich zum Patriarchalverband von Moskau gehören und – nicht durch ihre Rückkehr in die Gemeinschaft mit Rom, wohlgemerkt, sondern durch den Verbleib des Patriarchen im Schisma – gleichsam ihres Patriarchen beraubt und damit verwundet worden sind.

Man darf ja nicht vergessen, daß die Patriarchate zur apostolischen Verfassung der Kirche gehören. Dasselbe ist von einzelnen ostkirchlichen Diözesen zu sagen, die lateinischen Metropoliten als Suffragane unterstellt sind: ein eigentlich unhaltbarer, auch auch nur als Provisorium gedachter Zustand. Anders sieht es bei den Melchiten aus: Sie sind (im 18. Jht., wenn ich mich recht erinnere) als Patriarchalverband in die Gemeinschaft mit Rom heimgekehrt, worauf sich erst nachträglich eine Miderheitsfraktion, die diesen Weg nicht mitgehen wollte, mit einigen Teilkirchen wieder abgespalten hat.

Wenn man die zitierte Aussage von Orientale lumen so interpretiert, wie ich oben dargelegt habe, dann ist sie korrekt. Ohne solche Interpretation aber, das gebe ich zu, bleibt sie mißverständlich und irreführend.

Falk hat geschrieben:»Trotzdem bleibt die Frage offen, ob diese eine heilige katholische und apostolische Kirche, zu der wir uns im Großen Glaubensbekenntnis bekennen, die Summe aus allen Teilkirchen ist, egal ob sie nun die Lehre vom Primat anerkennen und in Verbindung mit dem Stuhl Petri, also der Kirche von Rom stehen, oder ob jene Teilkirchen, die die Lehre vom Primat nicht annehmen und die sich daher vom Apostolischen Stuhl in Rom getrennt haben, deshalb auch nicht mehr Teil der einen heiligen katholischen und apostolischen Kirche sind und von daher auch keine echten Teilkirchen mehr sein können.« (Hervorhebung von mir)
Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Der Idee von der Gesamtkirche als »Summe aller [ihr also vorgängigen] Teilkirchen« beruht auf einer verfehlten Ekklesiologie (wie sie jüngst etwa Walter Kasper vertreten hat, polemisch gegen Ratzinger und Dominus Jesus gerichtet).

Dominus Jesus und insbesondere auch jene Note über den Begriff der Schwesterkirchen weisen diese Sicht der Gesamtkirche als Summe von Teilkirchen richtigerweise zurück. Also weder Summe aller Teilkirchen, noch nur der in Gemeinschaft mit Rom stehenden.

Nein, die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche – deren göttliche Liturgie unser Hoherpriester, das »Lamm wie geschlachtet«, in Ewigkeit vor dem Thron des Vaters feiert – geht allen Orts- oder Teilkirchen voraus. Sie ist die Mutter, und darum sind die Teilkirchen ihre Töchter und untereinander Schwestern. Auch die „verlorenen Töchter“ aber bleiben Töchter, und die Mutter wartet ihrer Heimkehr.
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Stefan

Beitrag von Stefan »

Dominus Jesus und insbesondere auch jene Note über den Begriff der Schwesterkirchen weisen diese Sicht der Gesamtkirche als Summe von Teilkirchen richtigerweise zurück. Also weder Summe aller Teilkirchen, noch nur der in Gemeinschaft mit Rom stehenden.
Ist so zu verstehen, dass das herkömmliche "est" mit dem "subsistit" nicht im Widerspruch steht, sondern das "subsistit" eine genauere Formulierung darstellt?

Falk
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Beitrag von Falk »

Wenn ich deine vorstehenden Darlegungen richtig verstehe, lieber Robert, dann ist die eine Kirche Christi also gespalten und existiert in voneinander getrennten Teilkirchen, von denen die einen in Verbindung mit dem Stellvertreter Christi auf Erden stehen, indem sie ihn als den obersten Hirten aller Schafe Christi anerkennen, während die anderen nicht mit dem Stellvertreter Christi verbunden sind und ihn demzufolge auch nicht als ihren obersten Hirten anerkennen!?

Also befinden sich nicht nur die Pius-Päpste im Irrtum, sondern auch die gesamte "vorkonziliare" Tradition, u.a. auch der ganz in Übereinstimmung mit dieser Tradition stehende Bonifaz VIII., der in seiner Bulle "Unam sanctam" feststellte:

>>...der Herr sagte zu Petrus persönlich: "Weide meine Schafe" (Joh 21, 17).
"Meine" sagt er, und zwar ganz allgemein, nicht nur einzelne, diese oder jene. Daraus ergibt sich, dass er ihm alle anvertraute.
Wenn also die Griechen oder andere sagen, sie seien nicht Petrus und seinen Nachfolgern anvertraut, so müssen sie auch notwendig eingestehen, dass sie nicht von den Schafen Christi sind, da der Herr bei Johannes sagt: "Einen Schafstall nur gibt es und nur einen Hirten" (Jo 10, 16) ...<<

(Neuner-Roos, 13. Aufl., Nr. 429)

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Falk hat geschrieben:»Wenn ich deine vorstehenden Darlegungen richtig verstehe, lieber Robert, dann ist die eine Kirche Christi also gespalten und existiert in voneinander getrennten Teilkirchen, von denen die einen in Verbindung mit dem Stellvertreter Christi auf Erden stehen, indem sie ihn als den obersten Hirten aller Schafe Christi anerkennen, während die anderen nicht mit dem Stellvertreter Christi verbunden sind und ihn demzufolge auch nicht als ihren obersten Hirten anerkennen!?«
Nein, Falk, du verstehst nicht richtig. Ich habe oben nicht von ungefähr an das Gleichnis vom verlorenen Sohn erinnert:
»Denn dieser mein Sohn war tot und ist wieder lebendig geworden; er war verloren und ist wiedergefunden worden.«
Eine verlorene Tochter bleibt doch Tochter ihrer Mutter. Die Mutter ist darum nicht gespalten. Sie ist eine und bleibt eine.
Stefan hat geschrieben:»Ist das so zu verstehen, daß das herkömmliche "est" mit dem "subsistit" nicht im Widerspruch steht, sondern das "subsistit" eine genauere Formulierung darstellt?«
Subsistere in ist in der Sprache der Scholastik in der Tat ein Sonderfall von esse, im Sinne von: „bestehen in“, „Bestand haben in“, wenn nicht – wie es oft der Fall ist – bloß schlechthin „sein“ zu übersetzen ist. Die Identität ist gegeben durch die Sakramente, den gemeinsamen Glauben und die Gemeinschaft mit dem einen Hirten, den der Bischof von Rom als Nachfolger Petri vertritt.

Identität ist insofern nicht gegeben, als die „sichtbare“, die hierarchisch geordnete Kirche nur einen Teil der ewigen Kirche Jesu Christi umfaßt, zu der ja auch alle heiligen Engel und die Heiligen und Märtyrer aller Zeiten gehören. Und zwar stellt die hierarchisch geordnete Kirche auf Erden den je aktual auf Erden und in der Zeit pilgernden Anteil ewigen Kirche dar, des gesamten mystischen Leibes Christi.

Identität ist ferner auch insofern nicht gegeben, als jene auf Erden pilgernde Kirche immer Gute und Böse in ihrem Pilgerschiff birgt, Unkraut und Weizen: insofern sie also eine „gemischte Gesellschaft“ ist – civitas permixta, um mit Augustins Worten zu reden.

Insofern aber Identität gegeben ist – um wieder auf deine Einwendungen zurückzukommen, Falk –, bezieht diese sich eben auf die „katholische Kirche“, also auf alle Ortskirchen – und jede einzelne! –, die den gemeinsamen Glauben haben, die gültigen Sakramente und die Gemeinschaft mit dem Bischof von Rom. Wo eines dieser Elemente nicht mehr Bestand hat, da kann man auch nicht mehr von Identität im oben beschriebenen Sinne reden (weshalb auch Dominus Jesus von Identität nur mit Bezug auf die katholischen Ortskirchen redet).

Dasselbe – keine Identität – gilt aber auch dann, wenn etwa ein katholischer Ortsbischof, formal in voller und unangefochtener Einheit mit dem Papst, häretische Lehren verbreitet. Ich halte diesen Fall nicht für reine Theorie. Sobald jedoch der Nachfolger dieses Bischofs wieder fest in der gesunden Lehre steht, dann ist die Wunde geheilt.

Man könnte noch fragen, ob denn überhaupt eine Teilkirche ihren Kirchencharakter verlieren könne. Ja, antworte ich. Die Anglikaner und die heutige schwedische Staatskirche haben den Kirchencharakter verloren. Die Altkatholiken sind hart daran.
Falk hat geschrieben:»Bonifaz VIII. […] in seiner Bulle "Unam sanctam"«
Hier fällt mir zuerst auf, Falk, daß du eigentlich überhaupt nicht gegen meine vorigen Darlegungen argumentierst, sondern ein neues Argument suchst, um Widersprüche oder Brüche in der kirchlichen Lehre zu finden. Kann es sein, daß du dir das Leben allzu schwer machst?

Aber ich will auch ein Wort zu Bonifazens berühmter Bulle sagen. Ich bin weit davon entfernt, sie für obsolet zu erklären, obschon dies heute die meisten tun. Doch zunächst muß man feststellen, daß Bonifaz sich hier primär mit Philipp dem Schönen von Frankreich auseinandersetzt. Es geht um das Verhältnis von weltlichem und geistlichem Schwert. (Nur am Rande vermerke ich, daß noch 1925 Pius XI. in Quas primas – mit welcher Enzyklika das Christkönigsfest eingeführt wurde – im Kern dasselbe vertrat, lediglich an die veränderten Zeitläufte angepaßt. Das gilt auch weiter, nur ist es angesichts der dramatisch veränderten gesellschaftlichen Lage heute kaum mehr sinnvoll, eine Suprematie des gesitlichen Schwerts zu urgieren.)

Gleichsam in einer Nebenbemerkung äußert sich Bonifaz dann auch – du hast eben dies zitiert – über „die Griechen“. Ich kann es drehen und wenden, wie du willst, Falk, es bleibt doch dabei: Bonifaz redet wiederum über die Personen, nicht über die Ortskirchen. Auch hinsichtlich der Personen aber höre ich in in Bonifazens Worten deren appellativen Charakter, nicht aber individuelle Urteile.

Was im übrigen mögliche Urteile betrifft, sollte man daran an die katastrophal prägende Wirkung denken, die hundert Jahre zuvor das Gemetzel westlicher Kreuzfahrer in Constantinopel gezeitigt hatte, aber auch an die Enttäuschung im Westen angesichts des Scheiterns der erhofften Rezeption des Lugdunense von 1274 im griechischen Osten.
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Falk
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Beitrag von Falk »

Dass ich deine Argumentation nicht im einzelnen aufgreife, lieber Robert, hat damit zu tun, dass Du die eigentliche Zielrichtung meiner Darlegungen ebenfalls mehr oder weniger unberücksichtigt lässt und durch ständige Verweise auf die Kirchlichkeit (z.B. gültige Sakramente) von Ortskirchen, die sich vom Apostolischen Stuhl in Rom getrennt haben (nicht etwa indem sie dem Papst vielleicht in einzelnen Fragen widersprechen, sondern indem sie ausdrücklich "die Lehre vom Primat nicht annehmen" ) zu begründen versuchst, dass diese nach wie vor Teil der einen Kirche Christi (wenn auch mit Verwundungen) bleiben würden.

Alle gegenteiligen Aussagen des Lehramtes der Vergangenheit, die noch unbeeinflusst von der neuen Lehre des Ökumenismus waren, versuchst Du durch Verweise auf angebliche Unkenntnis der historischen Gegebenheiten durch die damaligen Lehramtsinhaber oder durch die Erweckung des Eindrucks, sie hätten lediglich auf spezielle politische Situationen (bzw. Streitigkeiten) reagiert, zu entkräften.

Und dass die "vorkonziliaren" Dokumenten, ob sie nun "Unam sanctam", "Mortalium animos", "Mystici Corporis Christi" oder wie auch immer heißen, "über die Personen, nicht über die Ortskirchen" sprechen, wie Du meinst, ist ja ganz selbstverständlich, weil die Idee, dass die Kirche Christi in einer organisierten und sichtbaren Form auch außerhalb der römisch-katholischen Kirche existieren könnte, den Päpsten bis zum 2. Vatikanum völlig fremd war.

Dein Versuch, die neue und alte Sichtweise durch Herstellung der Analogie zum Gleichnis vom verlorenen Sohn doch noch zu harmonisieren, ist vor allem deshalb nicht sehr überzeugend, weil die Rückkehr des "verlorenen Sohnes", also in unserem Fall der vom Apostolischen Stuhl in Rom losgesagten Teil- oder Ortskirchen, sogar vom Papst heute als nicht mehr zeitgemäß angesehen wird, denn die schon stattgefundene Rückkehr der heute mit Rom unierten orthodoxen Kirchen ist lt. "Orientale Lumen" lediglich ein Schritt gewesen, der dem "Reifegrad des damaligen Kirchenbewusstseins" entsprach, heute aber - wo der Reifegrad angeblich fortgeschritten ist und die nicht unierten Orthodoxen neben der römisch-katholischen Kirche zum 2. Lungenflügel der einen Kirche Christi gemacht hat - ist eine solche Rückkehr kein gangbarer Weg mehr, ja er wird sogar direkt ausgeschlossen, wie das Abkommen von Balamand (1993) zweifelsfrei bestätigt.

Die Analogie zum Gleichnis vom verlorenen Sohn ist also zerstört, weil die Rückkehr nicht mehr vorgesehen und offenbar auch gar nicht mehr nötig ist. Demzufolge kann Kardinal Kasper, der von Johannes Paul II. mit der Kardinalswürde versehen und zum Hauptverantwortlichen für die Ökumene ernannt wurde, unwidersprochen feststellen, dass das "Konzept der Rückkehrökumene überwunden wurde".

Die eine Kirche Christi wäre also nach dem Kirchenbild des Ökumenismus tatsächlich in voneinander getrennten Teilkirchen "verwirklicht",
in denen, die den Stellvertreter Christi als obersten Hirten anerkennen ebenso wie in denen, die dies nicht tun.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Falk hat geschrieben:»Die eine Kirche Christi wäre also nach dem Kirchenbild des Ökumenismus tatsächlich in voneinander getrennten Teilkirchen "verwirklicht", in denen, die den Stellvertreter Christi als obersten Hirten anerkennen ebenso wie in denen, die dies nicht tun.«
Verwirklicht“ werden Ideen, Pläne etc. Die Kirche „ist“ oder „subsistiert“. Genau wie ich: Ich „bin“ nicht „verwirklicht“, ich „bin“ ganz einfach. (Was nicht heißt, daß ich einfach bin: Meine Frau zumindest behauptet das Gegenteil.)
Falk hat geschrieben:»Und daß in den "vorkonziliaren" Dokumenten, ob sie nun "Unam sanctam", "Mortalium animos", "Mystici Corporis Christi" oder wie auch immer heißen, "über die Personen, nicht über die Ortskirchen" sprechen, wie Du meinst, ist ja ganz selbstverständlich, weil die Idee, daß die Kirche Christi in einer organisierten und sichtbaren Form auch außerhalb der römisch-katholischen Kirche existieren könnte, den Päpsten bis zum 2. Vatikanum völlig fremd war.«
Nein, das ist historisch einfach nicht zutreffend, daß man die schismatischen Ortskirchen eben nicht als echte Ortskirchen angesehen habe. Mit wem wurden denn die Unionen geschlossen?
Falk hat geschrieben:»Dein Versuch, die neue und alte Sichtweise durch Herstellung der Analogie zum Gleichnis vom verlorenen Sohn doch noch zu harmonisieren, ist vor allem deshalb nicht sehr überzeugend, weil die Rückkehr des "verlorenen Sohnes", also in unserem Fall der vom Apostolischen Stuhl in Rom losgesagten Teil- oder Ortskirchen, sogar vom Papst heute als nicht mehr zeitgemäß angesehen wird, denn die schon stattgefundene Rückkehr der heute mit Rom unierten orthodoxen Kirchen ist lt. "Orientale Lumen" lediglich ein Schritt, der dem "Reifegrad des damaligen Kirchenbewußtseins" entsprach, heute aber - wo der Reifegrad angeblich fortgeschritten ist und die nicht unierten Orthodoxen neben der römisch-katholischen Kirche zum 2. Lungenflügel der einen Kirche Christi gemacht hat - ist eine solche Rückkehr kein gangbarer Weg mehr, ja er wird sogar direkt ausgeschlossen, wie das Abkommen von Balamand (1993) zweifelsfrei bestätigt. «
Die Erklärung von Belmont (Balamand) – kein Abkommen! – ist insbesondere durch die »Note über den Begriff der Schwesterkirchen« korrigiert worden. Sie ist kein Dokument des Lehramtes. Deine weitreichende Folgerung aus der zugegebenermaßen etwas merkwürdigen Formulierung vom „Reifegrad“ aus Orientale lumen (Nr. 21) vermag ich nicht zu teilen. Das ist erst deine Interpretation, die zu belegen du unzulässigerweise die Belmonter Erklärung heranziehst. In Orientale lumen steht das nicht. Und stünde es dort, dann zögerte ich nicht, den Irrtum des Verfassers – also des römischen Bischofs – beim Namen zu nennen.

Völlig eindeutig ist, daß eine Wiederherstellung der Einheit nichts anders als Rückkehr der getrennten Kirche in die Gemeinschaft mit dem Stuhl Petri bedeutet kann. Eine andere – und hier zu weit führende – Frage wäre, wie eine solche Rückkehr sich praktisch gestalten könnte. Das Schreckbild vieler Orientalen, die bedingungslose Unterwerfung unter einen allmächtigen und allgegenwärtigen römischen Zentralismus braucht es sicher nicht zu sein.

Weshalb aber überzeugt dich meine Analogie zum Gleichnis vom verlorenen Sohn nicht? Vielleicht liegt das Problem doch im Kirchenbegriff. Ich hatte im vorigen Beitrag auch einiges zur Identität von hierarchisch verfaßter, „sichtbarer“ katholischer Kirche und ewiger Kirche – der einen, heiligen, katholischen und apostolischen – geschrieben. Ich will das noch einmal präzisieren.

Die Identität besteht nicht kraft der Personen. Denn die irdische Kirche umfaßt auch das Unkraut. Das „Amt“ des Priesters ist heilig, auch wenn sein Träger in Ewigkeit verworfen ist. Ebenso „kann“ erlöst werden – immer nur durch das vergossene Blut des Herrn –, wer ohne eigene Schuld der „sichtbaren“ Kirche fernbleibt, ja wer überhaupt zeit seines irdischen Lebens ohne jeden Kontakt zu ihr bleibt. Er gehört dann selbstverständlich zur ewigen Kirche, ist Bürger der himmlischen Stadt.

Wir wissen darüber in keinem konkreten Fall etwas – und sollten ganz gewiß nicht so tun, als sei das ein sicherer Heilsweg, im Gegenteil –, aber daß Gott die Macht hat, auch außerhalb der hierarchischen Kirche zu retten, das ist nicht erst seit 30 oder 40 Jahren Lehre der Kirche. Die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche umfaßt also alle Heiligen aller Zeiten, ja auch sämtliche Chöre der Engel.

Inwiefern dann also doch Identität? – Die Kirche lebt aus dem Sakrament, aus dem Ursakrament des Opfers des Herrn. Aus Seiner Seitenwunde gleichsam fließt die Kirche. Dies Opfer aber, das in der himmlischen Liturgie in Ewigkeit gefeiert wird, wird in der irdischen Liturgie gegenwärtig, das heißt: Die Ewigkeit bricht in die Zeit ein. Der Himmel öffnet sich in die Liturgie hinein. Aus diesem Opfer also lebt auch die auf Erden pilgernde Kirche, und auf dasselbe hingeordnet sind ihre Sakramente, die erst jene irdische Pilgerfahrt der Kirche möglich machen.

Das Sakrament also ist die Säule jener Identität. Das Analogon aus dem zitierten Gleichnis ist die Sohnschaft des verlorenen Sohns. Freilich bleibt wahr, daß zur Identität auch die Einheit gehört – versinnbildet im Anhangen an das von Herrn bestimmte Symbol dieser Einheit, Petrus und seine Nachfolger –, ebenso auch der rechte Glaube.

Doch hängen diese beiden Elemente an der Entscheidung konkreter Personen. Die schismatische oder häretische Haltung einer Person macht aber das Sakrament nicht kraftlos und ungültig. Wir sind doch keine Donatisten! Über die Schuld einzelner zu urteilen, über das forum internum des Gewissens, ist aber nicht Sache der Kirche. Wir können und müssen also objektiv feststellen, daß der Zustand der Trennung, in welchem sich die schismatischen Kirchen befinden, der gottgewollten Ordnung widerspricht. Der Kirchencharakter aber fällt erst mit dem Sakrament, wie etwa bei den Anglikanern.
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Falk
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Beitrag von Falk »

Lieber Robert,

wir haben nun mal in der katholischen Kirche seit dem 2. Vatikanum zumindest offiziell ein anderes Kirchenbild als vorher.
Auch wenn die schismatischen Ortskirchen kirchliche Elemente bewahrt haben (und das wurde ja auch vorher anerkannt), waren sie eben durch ihre Trennung vom Apostolischen Stuhl in Rom auch aus der Kirche Christi ausgeschieden.
Das Glied war vom Leibe Christi getrennt, gewissermaßen amputiert, und hing auch nicht mehr "in einer gewissen, wenn auch nicht vollkommenen Gemeinschaft" an ihm.
Heute ist das Glied offenbar nur irgendwie verwundet und hängt - vergleichbar einem angebrochenen Finger oder Arm - am Leib Christi und muss nur wieder vollständig mit ihm zusammenwachsen.

Der Katechismus des hl. Papstes Pius X. stellt die
Frage Nr. 154

"Gehören also die vielen Vereinigungen von Getauften, welche den Obersten Hirten in Rom nicht als Oberhaupt anerkennen, nicht zur Kirche Jesu Christi?"

Und die Antwort lautet:

"Nein, alle jene, welche den Obersten Hirten in Rom nicht anerkennen, gehören nicht zur Kirche Jesu Christi."

(über die subjektive Möglichkeit des einzelnen, trotzdem zur Kirche, also zur Seele der Kirche gehören zu können, ist damit natürlich nichts ausgesagt, wohl aber über die Zugehörigkeit der "Vereinigung von Getauften", selbst wenn sie kirchliche Werte bewahrt hat, wie ja der verlorene Sohn auch ein Teil des väterlichen Vermögens mit sich führte, als er das Vaterhaus verließ)

An die Stelle des die Identität von Kirche Christi und römisch-katholischer Kirche deutlich machenden "est" ist nun in den offiziellen Texten ein mehrdeutiges "subsitit in" geworden, welches natürlich immer noch im Sinne des alten "est" gedeutet werden kann, welches aber auch andere Deutungen ermöglicht.
Und die Formulierung "ist verwirklicht" als Übersetzung des "subsistit in" steht in allen offiziellen deutschen Texten der Kirche, womit ich also keine falsche Übersetzung biete, wenn ich sage, nach ökumenistischer Lehre ist die eine Kirche Christi mehr oder weniger in allen christlichen Kirchen und Gemeinschaften "verwirklicht".

Die neue Formulierung wurde - im Gegensatz zu Deiner Darstellung - auch nicht gewählt, um den Unterschied zwischen triumphierender und leidender Kirche einerseits sowie der streitenden Kirche andererseits zu verdeutlichen, oder um innerhalb der streitenden Kirche zwischen lebendigen und toten Gliedern, also zwischen Unkraut und Weizen besser zu unterscheiden, sondern um die anderen Gemeinschaften irgendwie doch noch als zur streitenden (oder wie man heute lieber sagt pilgernden) Kirche zugehörig betrachten zu können.

Übrigens:
Auch die Erklärung von Balamand hätte nicht ohne Einverständnis des Papstes abgegeben werden können - und sie entspricht ja auch voll seinem ökumenischen Konzept von den beiden Lungenflügeln mit denen die eine Kirche atmet.

Schön wäre es, wenn zuträfe, was Du wie folgt formulierst:

>>Völlig eindeutig ist, daß eine Wiederherstellung der Einheit nichts anders als Rückkehr der getrennten Kirche in die Gemeinschaft mit dem Stuhl Petri bedeutet kann. <<

Das Dekret über den Ökumenismus des II. Vatikanischen Konzil erklärt jedoch:

„Es ist klar, daß die Vorbereitung und Wiederaufnahme solcher einzelner, die die volle katholische Gemeinschaft wünschen, ihrer Natur nach etwas von dem ökumenischen Werk Verschiedenes ist ...“ (Kap. 1,4)

Im von der katholischen Glaubensinformation in Frankfurt am Main herausgegebenen „Briefkurs über den katholischen Glauben“, der mir (und sicher auch vielen anderen Konvertiten) als Vorbereitung für die Taufe empfohlen wurde, heißt es demzufolge:

„Die katholische Kirche sieht die Möglichkeit der Einheit nicht mehr in der ‚Rückkehr‘ der anderen.“
(Heft 11, S. 8 )

Kardinal Kasper bestätigte dies u.a. bei seinem Interview vom 17.02.01 mit der "Badischen Zeitung", wo der Reporter konkret fragte:

>>Bis zum Konzil galt das Konzept der „Rückkehrökumene“. Was heißt dies konkret?<<

Kardinal Kasper antwortete darauf:

>>Gemeint ist, dass die anderen Christen in den Schoß der katholischen Kirche als der wahren Kirche zurückkehren müssen.
Dieses Konzept wurde durch das Konzil überwunden . Es geht in der Ökumene nicht um ein Zurück, sondern um einen gemeinsamen Weg nach vorne auf Jesus Christus hin.<<



Auch Kardinal Ratzinger äußert sich in seinem Buch "Gott und die Welt" in diesem Sinne.
Ihm wird die Frage gestellt:

>>Die Kirche betet für die Wiedervereinigung der Christen.
Aber wer soll sich eigentlich wem anschließen?<<


Kardinal Ratzinger antwortet:

>>...Es geht nicht darum, dass wir bestimmte Anschlüsse wollen, sondern hoffen, dass der Herr überall den Glauben so erweckt, dass er ineinandermündet und die eine Kirche da ist. ...<<
(S. 388 f.)


Es verwundert daher kaum, wenn heute leider genau das getan wird, wovor die Instruktion des Hl. Officiums "Ecclesia Catholica" vom 20.12.1949 noch ausdrücklich mit folgenden Worten warnte:

"Keineswegs darf man stillschweigend übergehen oder mit mehrdeutigen Worten das verschleiern, was die katholische Lehre sagt, über ... die Rückkehr der Getrennten zur einen wahren Kirche Christi als den einzigen Weg zur Einheit."

Oder kennst Du irgend einen lehramtlichen Text seit dem 2. Vatikanum, in dem das, was die katholische Lehre sagt über die Rückkehr der Getrennten zur einen wahren Kirche Christi als den einzigen Weg zur Einheit, nicht stillschweigend übergangen oder mit mehrdeutigen Worten verschleiert wird?
Zuletzt geändert von Falk am Donnerstag 16. Oktober 2003, 11:02, insgesamt 1-mal geändert.

josef
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Beitrag von josef »

Hallo an Alle,

Aus der "ökumenischen Einheit" so, wie sie die Christenheit heute verstehen will und diskutiert, wird nichts.

Weil es nur einen Weg zur Einmütigkeit und Einheit gibt:

Dem HEILIGEN GEIST , dem Führer der Christenheit in Gehorsam zu folgen.

Solange viele Christen nicht wahrhaben wollen, daß GOTT in der P e r s o n des HEILIGEN GEISTES hier und heute anwesend ist um die Christenheit zu leiten, kann Einheit nicht zustandekommen.

Solange unter den Christen die irrige Meinung herscht:
"Mein heiliger Geist - dein heiliger Geist",
ist die unvermeidliche Folge die Feststellung des Ökumenischen Rates:
"Wir sind uns einig, daß wir uns nicht einig sind".



Gruß
josef

Falk
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Registriert: Mittwoch 8. Oktober 2003, 21:37

Beitrag von Falk »

Ja, lieber Josef, da lt. Apg 20, 28 die Bischöfe vom Heiligen Geist als Hirten der Kirche Gottes bestellt sind, muss man sicher nur auf sie hören, um auch in Punkto Ökumene zu erfahren, was der Heilige Geist zu diesem Thema sagt.
Einer dieser Bischöfe, nämlich der vom Papst mit der Kardinalswürde ausgezeichnete und von ihm selbst mit dem Vertrauen in ökumenischen Fragen ausgestatte Walter Kasper, hat uns auf die Frage:

"Wird es nach Ihrer Überzeugung denn irgendwann mal eine einzige christliche Kirche geben?"

die Antwort gegeben:

"Ja Gott, ob es die eine allchristliche Kirche geben wird, das bezweifle ich.
Was es hoffentlich geben wird, ist eine wie auch immer geartete Einheit in der Vielfalt, in der die Kirchen ihre unterschiedlichen Traditionen und Theologien in die eine Kirche einbringen können, aber sicher keine uniformierte Einheitskirche."

(Aus dem Interview "Da müsste ein Wunder geschehen" aus dem SPIEGEL vom 26.03.01)

Nun wissen wir also, wie der Heilige Geist über die Einheit der Kirche denkt. Oder?

josef
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Registriert: Montag 6. Oktober 2003, 09:20

Beitrag von josef »

Hallo Falk,

Falk hat geschrieben:Ja, lieber Josef, da lt. Apg 20, 28 die Bischöfe vom Heiligen Geist als Hirten der Kirche Gottes bestellt sind, muss man sicher nur auf sie hören, um auch in Punkto Ökumene zu erfahren, was der Heilige Geist zu diesem Thema sagt.
Du machst einen Wahrnehmungsfehler:

Der HEILIGE GEIST bestellt zwar die Bischöfe zu Hirten des Christenvolkes, hält sie aber nicht unfehlbar.

Falk hat geschrieben:Einer dieser Bischöfe,... Walter Kasper, hat uns auf die Frage:

"Wird es nach Ihrer Überzeugung denn irgendwann mal eine einzige christliche Kirche geben?"

die Antwort gegeben:

"...ob es die eine allchristliche Kirche geben wird, das bezweifle ich.
Was es hoffentlich geben wird, ist eine wie auch immer geartete Einheit in der Vielfalt, in der die Kirchen ihre unterschiedlichen Traditionen und Theologien in die eine Kirche einbringen können, aber sicher keine uniformierte Einheitskirche."

Ist ganz offensichtlich seine - kleingläubige - Privatmeinung.

Falk hat geschrieben:Nun wissen wir also, wie der Heilige Geist über die Einheit der Kirche denkt. Oder?
Nein.

Gib' dem HEILIGEN GEIST Zeit, und laß' IHN machen.
Über kurz oder lang wird es nur die Katholische Kirche mit dem Papst als Oberhirten geben.

Denn:
Die Allchristliche Kirche ist JESU Wunsch.
Lies' Johannes 17,20ff :

·20 "ICH bitte aber nicht allein für sie, sondern auch für die, die durch ihr Wort an MICH glauben werden,
·21 damit sie alle eins seien. Wie DU, VATER , in MIR bist und ICH in DIR, so sollen auch sie in UNS sein, damit die Welt glaube, daß DU MICH gesandt hast."



Gruß
josef

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incarnata
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Beitrag von incarnata »

Ich denke, die eine auch auf der Welt sichtbare einige Kirche Jesu Christi
wird es erst am Ende der Zeiten geben,da sich solange dem Teufel auf dieser
Welt noch Macht gegeben ist immer wieder Schismen ergeben werden,da
es seine grösste Freude ist ,die Gottesfürchtigen durch Streitereien um den
einzig wahren und richtigen Glauben zu entzweien.Letztlich wurde Jesus Christus selbst aus eben diesem Grunde als Gotteslästerer ans Kreuz eschlagen-aber das lag nun einmal im Plan des Vaters zu unserer Erlösung.Daß aber eben Seine Kirche dieses Spiel ständig weiterspielt ist sicherlich eine der schlimmsten Wunden Seines Leidens.

Dennoch suchen wir Menschen mit unserer begrenzten
Erkenntnisfähigkeit immer wieder nach Orientierung und da sind die vorkonziliarenGrundsätze durchaus klarer als der heutige Mischmasch.
Man muß heute eben viel genauer darauf achten, denHl.Geist vom Zeitgeist zu unterscheiden.
Für mich können Einzelne aus allen christlichen Konfessionen lebendige
Reben am Weinstock des Herrn sein; als echte Teilkirchen können sich nur
solche bezeichnen,die in der apostolischen Succession stehen und aus den
Sakramenten,insbesonderer der Eucharistie heraus leben.
Insofern habe ich kein Problem mit den Ostkirchen welcher couleur auch
immer,meine Zweifel bei den Lutheranern wegen des Amtsverständnisses
aber deutliche Probleme mit den Calvinisten,da hier ja doch wohl eine sehr
andere Interpretation des Abendmahls als reine Gedächtnisfeier besteht.
Über die Schwedische Staatskirche weiß ich zuwenig;bei den Anglikanern
gibt`s offenbar verschiedene Spielarten der Euchariestieverständnisses.
Dazu haben wir aber andere Threads.Soviel aus Laiensicht ohne tiefere
theologische oder kirchenhistorische Vorbildung.
Durch die barmherzige Liebe unseres Gottes wird uns besuchen das aufstrahlende
Licht aus der Höhe.......(Lk1,76)

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Athanasius2
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Beitrag von Athanasius2 »

incarnata hat geschrieben:Ich denke, die eine auch auf der Welt sichtbare einige Kirche Jesu Christi
wird es erst am Ende der Zeiten geben,da sich solange dem Teufel auf dieser
Welt noch Macht gegeben ist immer wieder Schismen ergeben werden,da
es seine grösste Freude ist ,die Gottesfürchtigen durch Streitereien um den
einzig wahren und richtigen Glauben zu entzweien.Letztlich wurde Jesus Christus selbst aus eben diesem Grunde als Gotteslästerer ans Kreuz eschlagen-aber das lag nun einmal im Plan des Vaters zu unserer Erlösung.Daß aber eben Seine Kirche dieses Spiel ständig weiterspielt ist sicherlich eine der schlimmsten Wunden Seines Leidens.

Dennoch suchen wir Menschen mit unserer begrenzten
Erkenntnisfähigkeit immer wieder nach Orientierung und da sind die vorkonziliarenGrundsätze durchaus klarer als der heutige Mischmasch.
Man muß heute eben viel genauer darauf achten, denHl.Geist vom Zeitgeist zu unterscheiden.
Für mich können Einzelne aus allen christlichen Konfessionen lebendige
Reben am Weinstock des Herrn sein; als echte Teilkirchen können sich nur
solche bezeichnen,die in der apostolischen Succession stehen und aus den
Sakramenten,insbesonderer der Eucharistie heraus leben.
Insofern habe ich kein Problem mit den Ostkirchen welcher couleur auch
immer,meine Zweifel bei den Lutheranern wegen des Amtsverständnisses
aber deutliche Probleme mit den Calvinisten,da hier ja doch wohl eine sehr
andere Interpretation des Abendmahls als reine Gedächtnisfeier besteht.
Über die Schwedische Staatskirche weiß ich zuwenig;bei den Anglikanern
gibt`s offenbar verschiedene Spielarten der Euchariestieverständnisses.
Dazu haben wir aber andere Threads.Soviel aus Laiensicht ohne tiefere
theologische oder kirchenhistorische Vorbildung.
Deine theologische Darstellung ist leider nicht korrekt.

Obwohl die orthodoxen Kirchen Kirchen/Teilkirchen in eigentlichem Sinne sind (1945 nannte sie ja Pius XII. auch "Kirchen", nicht nur "Schismatikergemeinschaften"), sind sie nicht in der und kein Teil der einen Kirche Jesu Christi, welche die katholische ist.

Die Einheit gibt es seit 33 n.Chr. bis aufs Ende der Zeiten. Die Kirche als mystischer Leib kann nicht getrennt sein (Leo XIII., Satis cognitum). Das Apostolische Credo sagt ja auch: Ich glaube an die eine, katholische und apostolische Kirche. Die Einheit der Kirche ist eine Glaubenswahrheit für Katholiken.

Sie existiert immer. Schismatiker haben die Einheit nur verlassen.

Einheit muss nicht gesucht werden, sondern anderen vermittelt. Katholiken haben sie schon. Wer glaubt die Kirche sei geteilt, der soll nur konkludieren dass Nizäa usw. Lügen lehrten.

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incarnata
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Beitrag von incarnata »

" Katholiken haben sie schon"-klar-aber umfaßt die Kirche Jesu Christi
wirklich nur die unter dem Konfessionsbegriff "römisch-katholisch" bzw.
"uniert" firmierende Gemeinschaft. ?Kommt es nicht im wesentlichen
darauf an,daß die schon immer geglaubten aber eben über die verschiedenen
Jahrhunderte hin ausformulierten Dogmen nicht geleugnet werden?
Wenn diese nicht geleugnet, sondern nur unter einem etwas anderen
Blickwinkel beleuchtet werden und Strukturfragen das wesentlich trennende
Element bilden,dann sehe ich nicht ein ,warum man diese echten Teilkirchen
nicht als zweiten Lungelflügel betrachten kann der einen katholischen
(=allumfassenden) und apostolischen Kirche.Für Schismatiker,die
Wesentliches leugnen geht`s natürlich nur über den Weg der Rückkehr.

ps:leider gibt`s unter den sich katholisch Nennenden auch allzuviele,
die Wesentliches leugnen,von der Realpräsenz bis zur Jungfrauengeburt !
Durch die barmherzige Liebe unseres Gottes wird uns besuchen das aufstrahlende
Licht aus der Höhe.......(Lk1,76)

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