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Onto-Theologie

Verfasst: Donnerstag 9. Januar 2014, 13:39
von christian12
Wird mit dem Begriff "Onto-Theologie" bei Heidegger und Konsorten eigentlich auch irgendwie der Vorwurf verbunden, dass Sein (Gottes und der Welt) univok verstanden zu haben? Wenn ja: trifft dieser Vorwurf dann wohl zu?

Re: Onto-Theologie

Verfasst: Mittwoch 15. Januar 2014, 13:40
von overkott
Hast du deine Frage selbst verstanden?

Wir unterscheiden im Hinblick auf die Ontologie sprachlich zwischen Wesen ( Nomen ) und Sein ( Verb ). Sprachlich geht dem Sein das Wesen voraus. Sein ist also die erste Offenbarung des Wesens. Soweit Offenbarung als Äußerung verstanden wird, körperlich, sinnlich wahrnehmbar, wird das Wesen als Inneres, nicht sinnlich wahrnehmes Geistiges gedacht. Soweit zwischen Wesen und Sein differenziert wird, sind beide Begriffe nicht univok, also undifferenziert.

Sein ist ein reflexives Verb, auch wenn das Reflexivpronomen fehlt. Denn attributive Ergänzungen des Verbes Sein beziehen sich ausschließlich auf Eigenschaften des Subjekts.

Soweit man zwischen Gott und Welt differenziert, steht Gott als Subjekt die Welt als Objekt gegenüber. Das Sein des Objekts, der Welt, hängt vollständig vom Wesen des Subjekts ab, wenn es sich um Gott als das höchste Wesen handelt, dem allumfassendes Sein entspricht, und die Welt aus Nichts geschaffen ist, was nicht aus dem Schöpfer selbst hervorgeht.

Re: Onto-Theologie

Verfasst: Freitag 14. März 2014, 20:06
von christian12
overkott hat geschrieben:Hast du deine Frage selbst verstanden?
Ich meine ja. Zum Hintergrund meiner Frage: Heidegger kritisiert die traditionelle Philosophie. Unter anderem bestimmt er sie in gewisser Weise als Onto-Theologie. Meine Frage dazu ist: Ist mit dieser Bestimmung gemeint, dass nicht radikal genug zwischen dem Sein der Welt und dem Gottes unterschieden wurde? Diese Frage zielt also darauf ab Heideggers Kritik besser zu verstehen. Wenn dem so wäre, stellt sich natürlich die Frage, ob er damit wohl recht hatte. Und das würde ich gerne wissen. (Ich vermute mal, dass er dann nicht recht hätte, aber ich könnte das nicht belegen, weil ich dieser Frage nie so richtig philosophie- und theologiegeschichtlich nachgegangen bin. Aber vielleicht haben das ja Foranten hier schon gemacht.)

Re: Onto-Theologie

Verfasst: Donnerstag 17. April 2014, 23:53
von overkott
christian12 hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Hast du deine Frage selbst verstanden?
Ich meine ja. Zum Hintergrund meiner Frage: Heidegger kritisiert die traditionelle Philosophie. Unter anderem bestimmt er sie in gewisser Weise als Onto-Theologie.
Kritisiert er auch Anselm?
Meine Frage dazu ist: Ist mit dieser Bestimmung gemeint, dass nicht radikal genug zwischen dem Sein der Welt und dem Gottes unterschieden wurde?
Welche Bestimmung?
Diese Frage zielt also darauf ab Heideggers Kritik besser zu verstehen.
Dann lies ihn.
Wenn dem so wäre, stellt sich natürlich die Frage, ob er damit wohl recht hatte. Und das würde ich gerne wissen. (Ich vermute mal, dass er dann nicht recht hätte, aber ich könnte das nicht belegen, weil ich dieser Frage nie so richtig philosophie- und theologiegeschichtlich nachgegangen bin. Aber vielleicht haben das ja Foranten hier schon gemacht.)
Im Prinzip ( das Gott ist ) gibt es zwischen Gott und Welt keinen radikalen Unterschied. Radikal meint ja: von der Wurzel her. Gott ist jedoch als Schöpfer quasi die Wurzel der Welt. Die Welt hat ( um im Bild zu bleiben ) keine Wurzel außer Gott. In der Konsequenz gibt es natürlich einen Unterschied. Der Unterschied ergibt sich zunächst durch den Schöpfungsakt. Der Unterschied wird mit dem Sündenfall erst größer, mit der Erlösung wieder kleiner. Kurz: Gott und Welt sind im Prinzip univok, in der Konsequenz nicht bis zur Rückkehr zum Prinzip. Mit diesem Maßstab kannst du jetzt Heidegger lesen und dir die Frage selbst beantworten.