Leben vor der Empfängnis

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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overkott
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Leben vor der Empfängnis

Beitrag von overkott »

Gerade hier im Scriptorium möchte ich mit euch weniger Heiligenverehrung betreiben, als viermehr im Geist des Herrn und des heiligen Bonaventuras theologische und philosophische Fragen erörtern.

Eine der wichtigsten Fragen dabei ist die nach dem Ewigen, Gott, und dem Zeitlichen. Das mag uns auch Trost spenden in der Frage nach dem Woher und Wohin.

Wir betrachten das Leben im Morgengebet:

Herr, du warst unsere Zuflucht von Generation zu Generation. Ehe die Berge geboren wurden, die Erde entstand und das Weltall, bist du, o Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit. Du lässt die Menschen zurückkehren zum Staub und sprichst: «Kommt wieder, ihr Menschen!» ( Hieronymus mal wieder völlig vergeistigt: Ne avertas hominem in humilitatem ; et dixisti : Convertimini, filii hominum. ) Denn tausend Jahre sind für dich wie der Tag, der gestern vergangen ist, wie eine Wache in der Nacht. Von Jahr zu Jahr säst du die Menschen aus; sie gleichen dem sprossenden Gras. Am Morgen grünt es und blüht, am Abend wird es geschnitten und welkt. Unsre Tage zu zählen, lehre uns! Dann gewinnen wir ein weises Herz.

Lacrimosa
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Re: Leben vor der Empfängnis

Beitrag von Lacrimosa »

overkott hat geschrieben:Gerade hier im Scriptorium möchte ich mit euch weniger Heiligenverehrung betreiben, als viermehr im Geist des Herrn und des heiligen Bonaventuras theologische und philosophische Fragen erörtern.

Eine der wichtigsten Fragen dabei ist die nach dem Ewigen, Gott, und dem Zeitlichen. Das mag uns auch Trost spenden in der Frage nach dem Woher und Wohin.

Wir betrachten das Leben im Morgengebet:

Herr, du warst unsere Zuflucht von Generation zu Generation. Ehe die Berge geboren wurden, die Erde entstand und das Weltall, bist du, o Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit. Du lässt die Menschen zurückkehren zum Staub und sprichst: «Kommt wieder, ihr Menschen!» ( Hieronymus mal wieder völlig vergeistigt: Ne avertas hominem in humilitatem ; et dixisti : Convertimini, filii hominum. ) Denn tausend Jahre sind für dich wie der Tag, der gestern vergangen ist, wie eine Wache in der Nacht. Von Jahr zu Jahr säst du die Menschen aus; sie gleichen dem sprossenden Gras. Am Morgen grünt es und blüht, am Abend wird es geschnitten und welkt. Unsre Tage zu zählen, lehre uns! Dann gewinnen wir ein weises Herz.
Ich denke, zunächst ist es wichtig, zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu unterscheiden. Beobachtet man seinen Gedankenstrom, wird offenbar, dass Vergangenheit (Erinnerungen) und Zukunft (Illusionen) „nur“ gedanklich-geistige Prozesse sind. Hader mit der Vergangenheit etwa oder Sorgen wegen der Zukunft, setzen Gedankenspiralen in Gang, die die Gegenwart (Realität) überlagern und zumeist negativ belasten. Hat man sich m. E. n. erst einmal klar gemacht, dass die Vergangenheit vollkommen vorbei und die Zukunft nicht wirklich kalkulierbar ist, kann einen das befreien, den Weg in Gottes Allgegenwärtigkeit ebnen. Denn erst, wenn man sich in der Gegenwart verankert, also sich von den Gedanken an die Vergangenheit und die Zukunft löst, kann die Gegenwart als einzige Realität, als frei machende Wahrheit, erkannt werden. Sich immer wieder in die Gegenwart des Herrn zurückbringen, nennt Franz Sales diese Übung (dessen Namenspatron übrigens neben dem Heiligen Franz von Assisi der Heilige Bonaventura ist).
Lasst in eurem Miteinander Platz, dass der Hauch des Himmels zwischen euch spielen kann. (Khalil Gibran)

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overkott
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Re: Leben vor der Empfängnis

Beitrag von overkott »

Lacrimosa hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Gerade hier im Scriptorium möchte ich mit euch weniger Heiligenverehrung betreiben, als viermehr im Geist des Herrn und des heiligen Bonaventuras theologische und philosophische Fragen erörtern.

Eine der wichtigsten Fragen dabei ist die nach dem Ewigen, Gott, und dem Zeitlichen. Das mag uns auch Trost spenden in der Frage nach dem Woher und Wohin.

Wir betrachten das Leben im Morgengebet:

Herr, du warst unsere Zuflucht von Generation zu Generation. Ehe die Berge geboren wurden, die Erde entstand und das Weltall, bist du, o Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit. Du lässt die Menschen zurückkehren zum Staub und sprichst: «Kommt wieder, ihr Menschen!» ( Hieronymus mal wieder völlig vergeistigt: Ne avertas hominem in humilitatem ; et dixisti : Convertimini, filii hominum. ) Denn tausend Jahre sind für dich wie der Tag, der gestern vergangen ist, wie eine Wache in der Nacht. Von Jahr zu Jahr säst du die Menschen aus; sie gleichen dem sprossenden Gras. Am Morgen grünt es und blüht, am Abend wird es geschnitten und welkt. Unsre Tage zu zählen, lehre uns! Dann gewinnen wir ein weises Herz.
Ich denke, zunächst ist es wichtig, zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu unterscheiden. Beobachtet man seinen Gedankenstrom, wird offenbar, dass Vergangenheit (Erinnerungen) und Zukunft (Illusionen) „nur“ gedanklich-geistige Prozesse sind. Hader mit der Vergangenheit etwa oder Sorgen wegen der Zukunft, setzen Gedankenspiralen in Gang, die die Gegenwart (Realität) überlagern und zumeist negativ belasten. Hat man sich m. E. n. erst einmal klar gemacht, dass die Vergangenheit vollkommen vorbei und die Zukunft nicht wirklich kalkulierbar ist, kann einen das befreien, den Weg in Gottes Allgegenwärtigkeit ebnen. Denn erst, wenn man sich in der Gegenwart verankert, also sich von den Gedanken an die Vergangenheit und die Zukunft löst, kann die Gegenwart als einzige Realität, als frei machende Wahrheit, erkannt werden. Sich immer wieder in die Gegenwart des Herrn zurückbringen, nennt Franz Sales diese Übung (dessen Namenspatron übrigens neben dem Heiligen Franz von Assisi der Heilige Bonaventura ist).
Jesus will den Jüngern auch Ängste nehmen durch das Sinnbild der Vögel des Himmels. Über die Zukunft und die hierarchische Ordnung oder Ehefragen nach dem Leben sollen sich die Jünger keine Sorgen machen. Wie Jesus in der Gegenwart Gottes zu leben, gibt den Gläubigen immer wieder die Kraft, aufzustehen und die Hand an den Pflug zu legen, nach vorne zu schauen ohne ständige Furcht vor dem kühlen Grab.

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