Gibt es einen kanonischen Text der Bibel?
Gibt es einen kanonischen Text der Bibel?
Vielleicht gibt es ja hier im Kreuzgang jemand, der eine Antwort auf diese Frage weiß - ich habe dazu nichts gefunden.
Mein Eindruck ist, dass sich heutige Bibelausgaben einfach am besten verfügbaren wissenschaftlichen Text orientieren.
Vom AT habe ich gar keine Ahnung; beim NT dürfte der Standardtext das Novum Testamentum Graece von Nestle-Aland sein, welches seit einiger Zeit mit dem Greek New Testament gleichen Text bietet.
So findet sich etwa in älteren Bibelübersetzungen bei Mk 9,29 "und Fasten", während dies in der EÜ (wie auch im Nestle-Aland 28) im Anhang ist.
Andererseits scheint es so etwas wie einen kanonischen Text doch zu geben: Etwa der Markus-Schluss (Mk 16,9-20) oder die Ehebrecherin (Joh 7,53-8,11) gehören garantiert nicht zum ursprünglichen Bestand, sind aber selbstverständlich in jeder Bibel.
Wie gesagt: Wenn jemand Ahnung von der Materie hat, wäre mir eine Antwort willkommen.
Mein Eindruck ist, dass sich heutige Bibelausgaben einfach am besten verfügbaren wissenschaftlichen Text orientieren.
Vom AT habe ich gar keine Ahnung; beim NT dürfte der Standardtext das Novum Testamentum Graece von Nestle-Aland sein, welches seit einiger Zeit mit dem Greek New Testament gleichen Text bietet.
So findet sich etwa in älteren Bibelübersetzungen bei Mk 9,29 "und Fasten", während dies in der EÜ (wie auch im Nestle-Aland 28) im Anhang ist.
Andererseits scheint es so etwas wie einen kanonischen Text doch zu geben: Etwa der Markus-Schluss (Mk 16,9-20) oder die Ehebrecherin (Joh 7,53-8,11) gehören garantiert nicht zum ursprünglichen Bestand, sind aber selbstverständlich in jeder Bibel.
Wie gesagt: Wenn jemand Ahnung von der Materie hat, wäre mir eine Antwort willkommen.
Wer einen Menschen verurteilt, kann irren. Wer ihm verzeiht, irrt nie. (Heinrich Waggerl)
Re: Gibt es einen kanonischen Text der Bibel?
Welche Garantien gibst du denn so? Also außer wissenschaftlichen Hypothesen natürlich.Samuel hat geschrieben:Etwa der Markus-Schluss (Mk 16,9-20) oder die Ehebrecherin (Joh 7,53-8,11) gehören garantiert nicht zum ursprünglichen Bestand,
Re: Gibt es einen kanonischen Text der Bibel?
In der lateinischen Kirche ist die Vulgata des Hieronymus eine durch das Konzil von Trient als authentisch deklarierte Übersetzung. Auch hier gibt es allerdings kleine Varianten in den einzelnen Handschriften.
Die griechisch-orthodoxe Kirche verwendet mW für das NT eine Variante des textus receptus, letztlich also den byzantinischen Reichstext. Der kirchlich verwendete Text von Septuaginta und NT fand sich früher auf der Internetseite des Erzbistums Athen, aber ich finde ihn gerade nicht wieder (da gibt es derzeit nur einen Verweis auf eine private Internetseite).
Die griechisch-orthodoxe Kirche verwendet mW für das NT eine Variante des textus receptus, letztlich also den byzantinischen Reichstext. Der kirchlich verwendete Text von Septuaginta und NT fand sich früher auf der Internetseite des Erzbistums Athen, aber ich finde ihn gerade nicht wieder (da gibt es derzeit nur einen Verweis auf eine private Internetseite).
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009
Re: Gibt es einen kanonischen Text der Bibel?
Wahrscheinlich ist es so wie du sagst, dass die Vulgata (bzw. inzwischen die Nova Vulgata) der Referenztext ist.Protasius hat geschrieben:In der lateinischen Kirche ist die Vulgata des Hieronymus eine durch das Konzil von Trient als authentisch deklarierte Übersetzung. Auch hier gibt es allerdings kleine Varianten in den einzelnen Handschriften.
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Re: Gibt es einen kanonischen Text der Bibel?
Die Novu Vlugata erfuhr auch eine formbewusste Redaktion.Samuel hat geschrieben:Wahrscheinlich ist es so wie du sagst, dass die Vulgata (bzw. inzwischen die Nova Vulgata) der Referenztext ist.Protasius hat geschrieben:In der lateinischen Kirche ist die Vulgata des Hieronymus eine durch das Konzil von Trient als authentisch deklarierte Übersetzung. Auch hier gibt es allerdings kleine Varianten in den einzelnen Handschriften.
Re: Gibt es einen kanonischen Text der Bibel?
Der Hinweis auf die Vulgata hat mich auf die Spur gebracht.
In der Instruktion "Liturgiam Authenticam" von 2001 heißt es:
Ich habe mir mal einige Kapitel des Markus-Evangeliums angeschaut:
Wo die Nova Vulgata von der Vulgata abweicht, gibt es meist einen entsprechenden Unterschied des Aland-Textes vom Byzantinischen Text.
D.h. die Kirche hat sich einfach die Ergebnisse der modernen Texterforschung zu eigen gemacht und diese für authentisch erklärt - schön!
In der Instruktion "Liturgiam Authenticam" von 2001 heißt es:
Die Nova Vulgata ist ein nach den Methoden der Textkritik erarbeiteter Text.24. Außerdem ist es grundsätzlich nicht gestattet, Übersetzungen aus bereits vorhandenen Übersetzungen in andere Sprachen zu erstellen. Denn diese muss man unmittelbar aus den Originaltexten nehmen: liturgische Texte der kirchlichen Tradition aus dem Latein, Texte der Heiligen Schrift je nachdem aus dem Hebräischen, dem Aramäischen oder dem Griechischen.(24) Ebenso soll man bei der Erarbeitung von Übersetzungen der Heiligen Schrift für den liturgischen Gebrauch normalerweise den Text der vom Apostolischen Stuhl promulgierten Nova Vulgata als Hilfe heranziehen, um die exegetische Tradition zu wahren, vor allem hinsichtlich der lateinischen Liturgie, wie an anderer Stelle dieser Instruktion dargelegt ist.
Ich habe mir mal einige Kapitel des Markus-Evangeliums angeschaut:
Wo die Nova Vulgata von der Vulgata abweicht, gibt es meist einen entsprechenden Unterschied des Aland-Textes vom Byzantinischen Text.
D.h. die Kirche hat sich einfach die Ergebnisse der modernen Texterforschung zu eigen gemacht und diese für authentisch erklärt - schön!
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Re: Gibt es einen kanonischen Text der Bibel?
Das ist doch gut.Samuel hat geschrieben:Der Hinweis auf die Vulgata hat mich auf die Spur gebracht.
In der Instruktion "Liturgiam Authenticam" von 2001 heißt es:Die Nova Vulgata ist ein nach den Methoden der Textkritik erarbeiteter Text.24. Außerdem ist es grundsätzlich nicht gestattet, Übersetzungen aus bereits vorhandenen Übersetzungen in andere Sprachen zu erstellen. Denn diese muss man unmittelbar aus den Originaltexten nehmen: liturgische Texte der kirchlichen Tradition aus dem Latein, Texte der Heiligen Schrift je nachdem aus dem Hebräischen, dem Aramäischen oder dem Griechischen.(24) Ebenso soll man bei der Erarbeitung von Übersetzungen der Heiligen Schrift für den liturgischen Gebrauch normalerweise den Text der vom Apostolischen Stuhl promulgierten Nova Vulgata als Hilfe heranziehen, um die exegetische Tradition zu wahren, vor allem hinsichtlich der lateinischen Liturgie, wie an anderer Stelle dieser Instruktion dargelegt ist.
Ich habe mir mal einige Kapitel des Markus-Evangeliums angeschaut:
Wo die Nova Vulgata von der Vulgata abweicht, gibt es meist einen entsprechenden Unterschied des Aland-Textes vom Byzantinischen Text.
D.h. die Kirche hat sich einfach die Ergebnisse der modernen Texterforschung zu eigen gemacht und diese für authentisch erklärt - schön!
Re: Gibt es einen kanonischen Text der Bibel?
Klingt toll, sieht gut aus, allein Jesus achtete nicht in erster Linie auf das Optische.Bibelleser hat geschrieben:Das ist doch gut.Samuel hat geschrieben:Der Hinweis auf die Vulgata hat mich auf die Spur gebracht.
In der Instruktion "Liturgiam Authenticam" von 2001 heißt es:Die Nova Vulgata ist ein nach den Methoden der Textkritik erarbeiteter Text.24. Außerdem ist es grundsätzlich nicht gestattet, Übersetzungen aus bereits vorhandenen Übersetzungen in andere Sprachen zu erstellen. Denn diese muss man unmittelbar aus den Originaltexten nehmen: liturgische Texte der kirchlichen Tradition aus dem Latein, Texte der Heiligen Schrift je nachdem aus dem Hebräischen, dem Aramäischen oder dem Griechischen.(24) Ebenso soll man bei der Erarbeitung von Übersetzungen der Heiligen Schrift für den liturgischen Gebrauch normalerweise den Text der vom Apostolischen Stuhl promulgierten Nova Vulgata als Hilfe heranziehen, um die exegetische Tradition zu wahren, vor allem hinsichtlich der lateinischen Liturgie, wie an anderer Stelle dieser Instruktion dargelegt ist.
Ich habe mir mal einige Kapitel des Markus-Evangeliums angeschaut:
Wo die Nova Vulgata von der Vulgata abweicht, gibt es meist einen entsprechenden Unterschied des Aland-Textes vom Byzantinischen Text.
D.h. die Kirche hat sich einfach die Ergebnisse der modernen Texterforschung zu eigen gemacht und diese für authentisch erklärt - schön!
Schon der heilige Hieronymus schöpfte unmittelbar aus dem Hebräischen, Aramäischen und Griechischen.
Als Ergebnis schuf er das Lateinische Original.
Wir stehen also heute bei den uns vorliegenden Untersetzungen vor keinen anderen philologischen Herausforderungen als die Schriftgelehrten aller Zeiten, zum Beispiel der Frühen Neuzeit.
Re: Gibt es einen kanonischen Text der Bibel?
Da muß wohl 'mal ein Kusaner 'ran!overkott hat geschrieben:Wir stehen also heute bei den uns vorliegenden Untersetzungen vor keinen anderen philologischen Herausforderungen als die Schriftgelehrten aller Zeiten, zum Beispiel der Frühen Neuzeit.

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Re: Gibt es einen kanonischen Text der Bibel?
Zweifelhaft. Sehr zweifelhaft. Da ist der Wunsch eher der Vater des Gedanken. Wenn schon einer der wenigen Kirchenväter mit HebräischKENNTNISSEN, dann gleich noch Aramäisch dazu.....klar.overkott hat geschrieben: Schon der heilige Hieronymus schöpfte unmittelbar aus dem Hebräischen, Aramäischen und Griechischen.
Als Ergebnis schuf er das Lateinische Original.
Re: Gibt es einen kanonischen Text der Bibel?
Nun ja, Teile des Alten Testaments sind nun mal auf Aramäisch, z.B. Kapitel 2-7 im Buch Daniel.
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Re: Gibt es einen kanonischen Text der Bibel?
Nein. Zur Problematik der Nova Vulgata vgl. etwa die Beiträge Roberts hier: viewtopic.php?f=4&t=4767&p=11479&hilit ... ta#p11479 und hier viewtopic.php?f=4&t=4767&p=386344&hilit ... ta#p386344Samuel hat geschrieben:Der Hinweis auf die Vulgata hat mich auf die Spur gebracht.
In der Instruktion "Liturgiam Authenticam" von 21 heißt es:Die Nova Vulgata ist ein nach den Methoden der Textkritik erarbeiteter Text.24. Außerdem ist es grundsätzlich nicht gestattet, Übersetzungen aus bereits vorhandenen Übersetzungen in andere Sprachen zu erstellen. Denn diese muss man unmittelbar aus den Originaltexten nehmen: liturgische Texte der kirchlichen Tradition aus dem Latein, Texte der Heiligen Schrift je nachdem aus dem Hebräischen, dem Aramäischen oder dem Griechischen.(24) Ebenso soll man bei der Erarbeitung von Übersetzungen der Heiligen Schrift für den liturgischen Gebrauch normalerweise den Text der vom Apostolischen Stuhl promulgierten Nova Vulgata als Hilfe heranziehen, um die exegetische Tradition zu wahren, vor allem hinsichtlich der lateinischen Liturgie, wie an anderer Stelle dieser Instruktion dargelegt ist.
Ich habe mir mal einige Kapitel des Markus-Evangeliums angeschaut:
Wo die Nova Vulgata von der Vulgata abweicht, gibt es meist einen entsprechenden Unterschied des Aland-Textes vom Byzantinischen Text.
D.h. die Kirche hat sich einfach die Ergebnisse der modernen Texterforschung zu eigen gemacht und diese für authentisch erklärt - schön!
Re: Gibt es einen kanonischen Text der Bibel?
Nun, meine Frage ging ja dahin, ob es einen kanonischen Text der Bibel gibt.Fridericus hat geschrieben:Nein. Zur Problematik der Nova Vulgata vgl. etwa die Beiträge Roberts hier: viewtopic.php?f=4&t=4767&p=11479&hilit ... ta#p11479 und hier viewtopic.php?f=4&t=4767&p=386344&hilit ... ta#p386344
Die Entscheidung des Lehramtes für die Nova Vulgata geht doch zumindest in diese Richtung.
Dass es Leute gibt, die mit dieser Entscheidung nicht glücklich sind, hat demgegenüber wenig zu besagen - irgendjemand ist immer mit einer Entscheidung unzufrieden.
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Re: Gibt es einen kanonischen Text der Bibel?
Du hattest aber geschriebenSamuel hat geschrieben:Nun, meine Frage ging ja dahin, ob es einen kanonischen Text der Bibel gibt.Fridericus hat geschrieben:Nein. Zur Problematik der Nova Vulgata vgl. etwa die Beiträge Roberts hier: viewtopic.php?f=4&t=4767&p=11479&hilit ... ta#p11479 und hier viewtopic.php?f=4&t=4767&p=386344&hilit ... ta#p386344
Die Entscheidung des Lehramtes für die Nova Vulgata geht doch zumindest in diese Richtung.
Dass es Leute gibt, die mit dieser Entscheidung nicht glücklich sind, hat demgegenüber wenig zu besagen - irgendjemand ist immer mit einer Entscheidung unzufrieden.
Die Nova Vulgata ist aber ebn nicht wirklich ein nach den Methoden der Textkritik erarbeiteter Text und mit den Ergebnissen der modernen Texterforschung hat sie nur begrenzt etwas zu tun. Darauf bezog sich mein Einwand.Die Nova Vulgata ist ein nach den Methoden der Textkritik erarbeiteter Text.
[...]
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Re: Gibt es einen kanonischen Text der Bibel?
Gerade Mk 9,29 zeigt, dass Hieronymus weiser war als die Neoformalisten. Der Heilige glaubte nämlich nicht einfach an den Großen Exorzismus, sondern wusste um die heilsame Wirkung von Fasten bei epileptischen Anfällen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Epilepsie# ... _Di.C3.A4t
Ausgehend von der seit Jahrhunderten bekannten Erfahrung, dass bei Menschen mit Epilepsie Fasten vorübergehend zu einer Anfallsfreiheit führte, wurde seit 1921 mit einer Diät mit sehr hohem Fett-, geringem Kohlenhydrat- und moderatem Eiweißanteil zur Erzeugung einer anhaltenden Stoffwechsellage mit überwiegender Fettverbrennung und Bildung von Ketonkörpern (Ketose) der biochemische Effekt des Fastens imitiert. Diese sogenannte ketogene Diät erwies sich bei Epilepsiepatienten als effektiv.
http://de.wikipedia.org/wiki/Epilepsie# ... _Di.C3.A4t
Ausgehend von der seit Jahrhunderten bekannten Erfahrung, dass bei Menschen mit Epilepsie Fasten vorübergehend zu einer Anfallsfreiheit führte, wurde seit 1921 mit einer Diät mit sehr hohem Fett-, geringem Kohlenhydrat- und moderatem Eiweißanteil zur Erzeugung einer anhaltenden Stoffwechsellage mit überwiegender Fettverbrennung und Bildung von Ketonkörpern (Ketose) der biochemische Effekt des Fastens imitiert. Diese sogenannte ketogene Diät erwies sich bei Epilepsiepatienten als effektiv.
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Re: Gibt es einen kanonischen Text der Bibel?
Man kaufte sich dabei allerdings sämtliche Diabetisfolgeerkrankungen mit besonderem Schwerpunkt auf Leberschäden ein. Ich bin bei Argumenten dieser Art generell skeptisch und halte sie auch eigentlich nicht für nötig.
Re: Gibt es einen kanonischen Text der Bibel?
Kannst du Beispiele bringen? Wie gesagt: Ich habe einige Kapitel durchgesehen und Übereinstimmung mit dem Nestle-Aland-Text festgestellt.Fridericus hat geschrieben:Die Nova Vulgata ist aber ebn nicht wirklich ein nach den Methoden der Textkritik erarbeiteter Text und mit den Ergebnissen der modernen Texterforschung hat sie nur begrenzt etwas zu tun. Darauf bezog sich mein Einwand.
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Re: Gibt es einen kanonischen Text der Bibel?
Anders ist es wohl im AT. Warum der dort zugrundegelegte masoretische Text der hebräische Urtext sein soll, ist fraglich.Samuel hat geschrieben:Der Hinweis auf die Vulgata hat mich auf die Spur gebracht.
In der Instruktion "Liturgiam Authenticam" von 2001 heißt es:Die Nova Vulgata ist ein nach den Methoden der Textkritik erarbeiteter Text.24. Außerdem ist es grundsätzlich nicht gestattet, Übersetzungen aus bereits vorhandenen Übersetzungen in andere Sprachen zu erstellen. Denn diese muss man unmittelbar aus den Originaltexten nehmen: liturgische Texte der kirchlichen Tradition aus dem Latein, Texte der Heiligen Schrift je nachdem aus dem Hebräischen, dem Aramäischen oder dem Griechischen.(24) Ebenso soll man bei der Erarbeitung von Übersetzungen der Heiligen Schrift für den liturgischen Gebrauch normalerweise den Text der vom Apostolischen Stuhl promulgierten Nova Vulgata als Hilfe heranziehen, um die exegetische Tradition zu wahren, vor allem hinsichtlich der lateinischen Liturgie, wie an anderer Stelle dieser Instruktion dargelegt ist.
Ich habe mir mal einige Kapitel des Markus-Evangeliums angeschaut:
Wo die Nova Vulgata von der Vulgata abweicht, gibt es meist einen entsprechenden Unterschied des Aland-Textes vom Byzantinischen Text.
D.h. die Kirche hat sich einfach die Ergebnisse der modernen Texterforschung zu eigen gemacht und diese für authentisch erklärt - schön!
Re: Gibt es einen kanonischen Text der Bibel?
Man sieht also gerade bei Mk 9,29, dass Hieronymus die Vulgata nicht mit google übersetzt und auch nicht jeden Fliegenschiss interpretiert hat, sondern dass für ihn die Übersetzung der Heiligen Schriften eine hochgeistige Hermeneutik bedeutete, ein Meditieren und ein Einfühlen in den lebendig machenden Geist des Textes. Mens sana ( Gebet ) in corpore sano ( Fasten ) war für ihn eine Selbstverständlichkeit. Glaube bedeutete für ihn nicht Aberglaube, sondern in Gottes Wort Maß und Mitte zum Leben zu finden.
Re: Gibt es einen kanonischen Text der Bibel?
Hatte denn Hieronymus überhaupt einen Text, der das "Und Fasten" nicht las? Ich dachte, er hätte sich hauptsächlich auf den Byzantinischen Reichstext gestützt.overkott hat geschrieben:Man sieht also gerade bei Mk 9,29, dass Hieronymus die Vulgata nicht mit google übersetzt und auch nicht jeden Fliegenschiss interpretiert hat, sondern dass für ihn die Übersetzung der Heiligen Schriften eine hochgeistige Hermeneutik bedeutete, ein Meditieren und ein Einfühlen in den lebendig machenden Geist des Textes. Mens sana ( Gebet ) in corpore sano ( Fasten ) war für ihn eine Selbstverständlichkeit. Glaube bedeutete für ihn nicht Aberglaube, sondern in Gottes Wort Maß und Mitte zum Leben zu finden.
(Wen's interessiert: Den Codex Sinaiticus kann man online ansehen: http://codexsinaiticus.org/de/
Hier ist übrigens das "KAI NHCTEIA" in Mk 9,29 ziemlich deutlich als spätere Einfügung erkennbar.)
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Re: Gibt es einen kanonischen Text der Bibel?
Irgendwie scheint es so eine Art Problem mit übersteigerten Vorstellungen von "Urtexten" des Kanons zu geben. Während auf protestantischer Seite eine mehr oder minder fanatische Gruppe dem berühmten "Tectus receptus" anhängt und als selig machend ansieht, gibt es demnach katholischerseits die Anhänger der Vulgata des Hieronymus sind.
Dies obwohl die Eingriffe des Hieronymus besondes in die Evangelientexte beachtlich waren. Die Übertragung aus dem Griechischen war schwächlich. So bemerkte Hieronymus nicht, dass das Markusevangelium aufgrund vieler sprachlicher Eigenheiten wohl einne Übersetzunge aus dem Lateinischen ins Griechische war. Seine quasi Rückübersetzunge lieferte dann ein teils unverständliche Version im Lateinischen, die schwächer war, als die schon lange in Gebrauch befindliche lateinischen Texte des Markusevangeliums (sogennanter "afrikanischer Text" des Heiligen Cyprian)
Siehe Codex Bobiensis und Codex Palatinus mit diesen dort teilweise erhaltenen Texten.
Dies obwohl die Eingriffe des Hieronymus besondes in die Evangelientexte beachtlich waren. Die Übertragung aus dem Griechischen war schwächlich. So bemerkte Hieronymus nicht, dass das Markusevangelium aufgrund vieler sprachlicher Eigenheiten wohl einne Übersetzunge aus dem Lateinischen ins Griechische war. Seine quasi Rückübersetzunge lieferte dann ein teils unverständliche Version im Lateinischen, die schwächer war, als die schon lange in Gebrauch befindliche lateinischen Texte des Markusevangeliums (sogennanter "afrikanischer Text" des Heiligen Cyprian)
Siehe Codex Bobiensis und Codex Palatinus mit diesen dort teilweise erhaltenen Texten.
Re: Gibt es einen kanonischen Text der Bibel?
Wenn du eine Festlegung für den liturgischen Gebrauch, die man auch rein disziplinarisch verstehen kann, als lehramtliche Entscheidung interpretierst, wird sie dann nicht durch Summorum Pontificum relativiert, die die Clementinische Vulgata gleichberechtigt in den liturgischen Gebrauch zurückgeholt hat?Samuel hat geschrieben: Nun, meine Frage ging ja dahin, ob es einen kanonischen Text der Bibel gibt.
Die Entscheidung des Lehramtes für die Nova Vulgata geht doch zumindest in diese Richtung.
Dass es Leute gibt, die mit dieser Entscheidung nicht glücklich sind, hat demgegenüber wenig zu besagen - irgendjemand ist immer mit einer Entscheidung unzufrieden.
Re: Gibt es einen kanonischen Text der Bibel?
Guter Einwand! Eine gewisse Relativierung bedeutet das mit Sicherheit. Aber die Nova Vulgata ist ja nicht nur für liturgische Übersetzungen Referenztext. Ich vermute mal (ohne das überprüft zu haben - Gegenbeispiele willkommen), dass in den lehramtlichen Verlautbarungen seit Erscheinen der Nova Vulgata die Heilige Schrift nach der Nova Vulgata zitiert worden ist.Pelikan hat geschrieben:Wenn du eine Festlegung für den liturgischen Gebrauch, die man auch rein disziplinarisch verstehen kann, als lehramtliche Entscheidung interpretierst, wird sie dann nicht durch Summorum Pontificum relativiert, die die Clementinische Vulgata gleichberechtigt in den liturgischen Gebrauch zurückgeholt hat?
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Re: Gibt es einen kanonischen Text der Bibel?
da hoffe ich doch!Samuel hat geschrieben:D.h. die Kirche hat sich einfach die Ergebnisse der modernen Texterforschung zu eigen gemacht und diese für authentisch erklärt - schön!
Re: Gibt es einen kanonischen Text der Bibel?
Nicht nur das. Auch die lat. Stundenbücher (selbst die lat. Versionen des Benediktus und Magnifikat in den deutschen Stundenbüchern) wurden entsprechend revidiert, passen also bei gemeinsamer Rezitation nicht zusammen. Am schnellsten überprüft man das, wenn ein gewisser Salvatore im Magnifikat auftaucht.Samuel hat geschrieben:Guter Einwand! Eine gewisse Relativierung bedeutet das mit Sicherheit. Aber die Nova Vulgata ist ja nicht nur für liturgische Übersetzungen Referenztext. Ich vermute mal (ohne das überprüft zu haben - Gegenbeispiele willkommen), dass in den lehramtlichen Verlautbarungen seit Erscheinen der Nova Vulgata die Heilige Schrift nach der Nova Vulgata zitiert worden ist.Pelikan hat geschrieben:Wenn du eine Festlegung für den liturgischen Gebrauch, die man auch rein disziplinarisch verstehen kann, als lehramtliche Entscheidung interpretierst, wird sie dann nicht durch Summorum Pontificum relativiert, die die Clementinische Vulgata gleichberechtigt in den liturgischen Gebrauch zurückgeholt hat?

Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)
Re: Gibt es einen kanonischen Text der Bibel?
So pauschal kann man das sicherlich nicht sagen, denn die HKE steht vielfach gegen die traditionelle kirchliche Exegese.Samuel hat geschrieben:D.h. die Kirche hat sich einfach die Ergebnisse der modernen Texterforschung zu eigen gemacht und diese für authentisch erklärt - schön!
Re: Gibt es einen kanonischen Text der Bibel?
Kannst du Beispiele bringen? Wohlgemerkt: Es geht hier nicht um Exegese, sondern um Texterforschung.Raphael hat geschrieben:So pauschal kann man das sicherlich nicht sagen, denn die HKE steht vielfach gegen die traditionelle kirchliche Exegese.Samuel hat geschrieben:D.h. die Kirche hat sich einfach die Ergebnisse der modernen Texterforschung zu eigen gemacht und diese für authentisch erklärt - schön!
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Re: Gibt es einen kanonischen Text der Bibel?
Gerade die letzte Anmerkung möchte ich unterstreichen.
Ich gebe zu, dass es beim Gebrauch verschiedener lateinischen Variationen zu liturgischen Zwecken zu Problemen kommt.
Aber die Ergebnisse der Textforschung sind doch über die letzten Jahrzehnte sehr stabil, an wirkliche Sinnverschiebungen kann ich mich gar nicht erinnern. Da kann man mit diesem status quo wirklich leben.
Ich gebe zu, dass es beim Gebrauch verschiedener lateinischen Variationen zu liturgischen Zwecken zu Problemen kommt.
Aber die Ergebnisse der Textforschung sind doch über die letzten Jahrzehnte sehr stabil, an wirkliche Sinnverschiebungen kann ich mich gar nicht erinnern. Da kann man mit diesem status quo wirklich leben.
Re: Gibt es einen kanonischen Text der Bibel?
Die Frage ist, ob die Vulgata sinnvoll ist und ob es sich beim Codex Sinaiticus nicht vielmehr um eine Aussparung handelt.Samuel hat geschrieben:Hatte denn Hieronymus überhaupt einen Text, der das "Und Fasten" nicht las? Ich dachte, er hätte sich hauptsächlich auf den Byzantinischen Reichstext gestützt.overkott hat geschrieben:Man sieht also gerade bei Mk 9,29, dass Hieronymus die Vulgata nicht mit google übersetzt und auch nicht jeden Fliegenschiss interpretiert hat, sondern dass für ihn die Übersetzung der Heiligen Schriften eine hochgeistige Hermeneutik bedeutete, ein Meditieren und ein Einfühlen in den lebendig machenden Geist des Textes. Mens sana ( Gebet ) in corpore sano ( Fasten ) war für ihn eine Selbstverständlichkeit. Glaube bedeutete für ihn nicht Aberglaube, sondern in Gottes Wort Maß und Mitte zum Leben zu finden.
(Wen's interessiert: Den Codex Sinaiticus kann man online ansehen: http://codexsinaiticus.org/de/
Hier ist übrigens das "KAI NHCTEIA" in Mk 9,29 ziemlich deutlich als spätere Einfügung erkennbar.)
Sicher hat Hieronymus den Mehrheitstext gekannt. Er weilte ja in Antiochia. Vermutlich hat er Koine entsprechend auch die Vulgata benannt.
Re: Gibt es einen kanonischen Text der Bibel?
Für das Gebet ist die Einführung der Nova Vulgata jedenfalls nicht hilfreich gewesen – eher einer von einer Reihe von Schlägen.
Re: Gibt es einen kanonischen Text der Bibel?
Das kann ich bestätigen. Der derzeitige Herausgeber des Nestle-Aland, Holger Strutwolf, schreibt im Vorwort der 28. Auflage (NA 28) über die Editio Critica Maior (ECM), die derzeit in Arbeit ist: "Sie markiert einen neuen Stand der wissenschaftlichen Erforschung des Textes des griechischen Neuen Testaments und bietet eine auf dieser Basis erstellte Neukonstitution des Textes." Derzeit liegt die ECM für die Katholischen Briefe vor; die Ergebnisse sind in NA28 übernommen worden. Gegenüber NA 27 ergeben sich 34 Unterschiede, davon (soweit ich das beurteilen kann) ganze drei, die den Sinn verändern.Lilaimmerdieselbe hat geschrieben:Aber die Ergebnisse der Textforschung sind doch über die letzten Jahrzehnte sehr stabil, an wirkliche Sinnverschiebungen kann ich mich gar nicht erinnern. Da kann man mit diesem status quo wirklich leben.
Größere Veränderungen sind also wohl nicht mehr zu erwarten.
Wer einen Menschen verurteilt, kann irren. Wer ihm verzeiht, irrt nie. (Heinrich Waggerl)
Re: Gibt es einen kanonischen Text der Bibel?
Das ist wirklich eine offene Formulierung.Holger Strutwolf hat geschrieben:Sie markiert einen neuen Stand der wissenschaftlichen Erforschung des Textes des griechischen Neuen Testaments und bietet eine auf dieser Basis erstellte Neukonstitution des Textes.