Transzendentalien

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Raphael

Transzendentalien

Beitrag von Raphael »

Frl. Vicky Pedia erklärt:
In der mittelalterlichen Scholastik sind Transzendentalien (lat.: transcendentalia, von transcendere „übersteigen“) die Grundbegriffe, die allem Seienden als Modus zukommen. Wegen ihrer Allgemeinheit übersteigen sie die besonderen Seinsweisen, welche Aristoteles die Kategorien nannte (Substanz, Quantität, Qualität usw.). Die Transzendentalien liegen aber nicht jenseits der Kategorien, sondern sind in allen Kategorien jeweils enthalten.

Ontologisch betrachtet werden die Transzendentalien als das allen Seienden Gemeinsame aufgefasst, da sie von allem ausgesagt werden können. In kognitiver Hinsicht sind sie die „ersten“ Begriffe, da sie nicht auf logisch Vorausgehendes rückführbar sind.

Im Hochmittelalter seit Albertus Magnus sind die Transzendentalien der eigentliche Gegenstand der Metaphysik. Obgleich man sich über ihre Anzahl uneins war, bestand Konsens darüber, dass neben dem Grundbegriff des Seienden selbst (ens) Einheit (unum), Wahrheit (verum) und Gutheit (bonum) zu den Transzendentalien gehören.[1] Weiterhin wurden noch das Wesen (res), die Andersheit (aliquid) und in neuerer Zeit die Schönheit (pulchrum) zu den Transzendentalien gezählt. Ansätze zur scholastischen Transzendentalienlehre finden sich bereits bei Platon und seiner höchsten Idee des Guten und bei Aristoteles, für den die Begriffe „Seiendes“ und „Eines“ austauschbar sind, da sich der Begriff des Einen auf all das anwenden lasse, auf was auch das Prädikat „seiend“ zutrifft.[2]
(Quelle)
Sollte man also bei der Verwendung dieser Begriffe besonders rücksichtsvoll sein? :hmm:

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Jarom1
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Re: Transzendentalien

Beitrag von Jarom1 »

Was meinst Du mit "rücksichtsvoll"?

Ich bin sicherlich kein Experte für die Philosophie der Scholastik, aber mir erscheint der Bezug auf Platon nur bedingt geeignet. Der zitierte Artikel sagt nichts über eine Hierarchie der Transzendentalien, während bei Platon die Idee Guten die anderen Ideen übersteigt und ihnen das Sein verleiht (siehe Sonnengleichnis). Die Idee des Guten ist die transzendente Quelle des Seins, auch des Seins der anderen Ideen.
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Raphael

Re: Transzendentalien

Beitrag von Raphael »

Jarom1 hat geschrieben:Was meinst Du mit "rücksichtsvoll"?
Im Sinne von vorsichtig, mit einer Tendenz zu ehrfürchtig.
Sie sind die Bindeglieder zur Metaphysik und damit der Einstieg zu der die sichtbare Wirklichkeit übersteigenden Wirklichkeit.
Jarom1 hat geschrieben:Ich bin sicherlich kein Experte für die Philosophie der Scholastik, aber mir erscheint der Bezug auf Platon nur bedingt geeignet.
Die Theologie der katholischen Kirche war im ersten Jahrtausend tendenziell platonisch. Insbesondere die Apologie der Glaubenslehre entwickelte sich aus einer Auseinandersetzung mit heidnischen Platonikern. Erst zur ersten Jahrtausendwende wurde der Aristotelianismus quasi hoffähig.
Jarom1 hat geschrieben:Der zitierte Artikel sagt nichts über eine Hierarchie der Transzendentalien, während bei Platon die Idee Guten die anderen Ideen übersteigt und ihnen das Sein verleiht (siehe Sonnengleichnis).
Zunächst einmal ist in den Transzendentalien auch keine Hierarchie zu sehen, weil eben ens, unum, verum, bonum et al. gleichberechtigt nebeneinander stehen.
Aber damit ist die metaphysische Arbeit ja auch erst am Anfang. :ja:
Jarom1 hat geschrieben:Die Idee des Guten ist die transzendente Quelle des Seins, auch des Seins der anderen Ideen.
Dies hat eine deutliche Parallele zur Genesis: Gott sah, dass es gut war. :)

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Jarom1
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Re: Transzendentalien

Beitrag von Jarom1 »

Raphael hat geschrieben: Dies hat eine deutliche Parallele zur Genesis: Gott sah, dass es gut war. :)
Richtig. Dies wird in Platons Timaios auch extra betont:
Platon, Timaios 92c hat geschrieben: Und nun, behaupten wir, ist unsere Rede über das All bereits zum Ziel gediehen.
Denn indem dieses Weltganze sterbliche und unsterbliche Bewohner erhielt und derart davon erfüllt ward,
wurde zu einem sichtbaren, das Sichtbare umfassenden Lebenden,
zum Abbild des Denkbaren als ein sinnlich wahrnehmbarer Gott,
zum größten und besten, zum schönsten und vollkommensten
dieser einzige Himmel, der ein eingeborener ist.
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