"Unam sanctam"

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Gast

"Unam sanctam"

Beitrag von Gast »

http://theol.uibk.ac.at/leseraum/texte/250-31.html

Hieraus:

"Wir erklären, sagen und definieren nun aber, daß es für jedes menschliche Geschöpf unbedingt notwendig zum Heil ist, dem Römischen Bischof unterworfen zu sein."

Ist schon ziemlich lange her. :wink:

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Und ? :roll:
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Erich_D
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Beitrag von Erich_D »

Welche Bedeutung hat eine Bulle? Wie verbindlich ist sie? Unfehlbarkeit kann sie wohl kaum verlangen?

Übernähme man die Bulle 1:1, dann erlangten nur Katholiken das Heil. Das halte ich für "unkatholisch", mag auch ein Papst diese Meinung vertreten haben.
Zuletzt geändert von Erich_D am Freitag 24. Oktober 2003, 19:37, insgesamt 1-mal geändert.
"Spiel nicht mit den Schmuddelkindern sing nicht ihre Lieder. Geh doch in die Oberstadt mach´s wie deine Brüder", so sprach die Mutter, sprach der Vater, lehrte der Pastor."

Gast

Beitrag von Gast »

Erich Dumfarth hat geschrieben:Welche Bedeutung hat eine Bulle? Wie verbindlich ist sie? Unfehlbarkeit kann sie wohl kaum verlangen?

Übernehme man die Bulle 1:1, dann erlangten nur Katholiken das Heil. Das halte ich für "unkatholisch", mag auch ein Papst diese Meinung vertreten haben.
Ausserdem "unbiblisch". Paulus sagte in Bezug auf die Juden was anderes.

ivanhoe
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Beitrag von ivanhoe »

Erich Dumfarth hat geschrieben:Welche Bedeutung hat eine Bulle? Wie verbindlich ist sie? Unfehlbarkeit kann sie wohl kaum verlangen?
Erich, ich muß Dich enttäuschen. ;)
irgend jemand hat hier schon aus der Neuner-Ross Sammlung ("Der Glaube der Kirche") zitiert, ich tue es auch.
Also, zu der Bulle Papst Bonifaz VIII "Unam Sanctam" finden wir dort kurzen, erklärenden Text:
"Während der kirchenpolitische Inhalt der Bulle nur zeitgeschichtlichen Charakter hat, eignet dem Schlußsatz (875) dogmatische Verpflichtung"

Außerdem finden wir in der Einleitung bei Neuner-Roos folgenden, erklärenden Text, der die deutschen Katholiken auf die Palme treibt ;) :
"Wo die Lehrdekrete der Päpste nicht den Anspruch auf Unfehlbarkeit erheben, sind sie doch als Äußerungen des obersten kirchlichen Lehramtes aufzunehmen, die die innere Zustimmung der Gläubigen fordern. Auch in diesen Lehrentscheidungen übt die Kirche den Lehrauftrag aus, der ihr von Christus geworden ist und der alle Hörer zur Aufnahme ihres lehrendes Wortes verpflichtet."

alles klar? :lol:


Margarete G. hat geschrieben:Paulus sagte in Bezug auf die Juden was anderes.
...und was sagte Paulus???

Gast

Beitrag von Gast »

ivanhoe hat geschrieben:und was sagte Paulus???
Keineswegs! sagte Paulus.

:)

Gast

Beitrag von Gast »

Zuletzt geändert von Gast am Samstag 5. Februar 2005, 22:50, insgesamt 1-mal geändert.

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Vergesst bitte den hist. Kontext nicht - Ebenso nicht, worauf sich die Aussage bezieht.
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Erich_D
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Beitrag von Erich_D »

Natürlich, es ging um die Auseinandersetzung hie Kaiser, hie Papst. Bonifaz VIII, das nebenbei, ist mir sowie unsympathisch, aber da bin ich von Reinhold Schneider und seinem "Der große Verzicht" beeinflusst.

Nur bleibt meine Frage: wie verbindlich ist diese Bulle? Hat sie tatsächlich dogmatischen Charakter? Wenn ja, dann sind die Implikationen klar: niemand, der nicht katholisch ist, kann das Heil erlangen, nicht die evangelischen Christen, nicht die orthodxen Christen, von den Juden und Nichtchristen ganz zu schweigen.

Das kann ich in dieser Rigosität einfach nicht glauben. Robert, wie siehst Du das? Ist nicht Deine Frau orthodox? Und Stefan, Deine Frau ist doch auch nicht katholisch? Und damit des Heiles verlustigt?
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Erich D. hat geschrieben:»Natürlich, es ging um die Auseinandersetzung hie Kaiser, hie Papst.«
Konkret ging es eher gegen Philipp den Schönen.

Die Bulle ist sicher nicht schlechthin als Äußerung des unfehlbaren Lehramts zu sehen, muß jedoch ernst genommen werden. Jedenfalls aber ist sie interpretationsbedürftig. Der Schlußsatz, um den es oben ging, bezieht sich eindeutig auf das Verhältnis zu den weltlichen Obrigkeiten.

Ich hatte neulich schon darauf hingewiesen, daß noch 1925 Pius XI. in Quas primas – mit welcher Enzyklika das Christkönigsfest eingeführt wurde – im Kern dasselbe vertrat, lediglich an die veränderten Zeitläufte angepaßt und gegen Mussolinis Faschisten gerichtet. Das gilt auch weiter, nur ist es angesichts der dramatisch veränderten gesellschaftlichen Lage heute kaum mehr sinnvoll, eine Suprematie des geistlichen Schwerts zu urgieren.

An anderer Stelle, weiter oben in einer Nebenbemerkung, äußert sich Bonifaz VIII. auch über „die Griechen“. Da höre ich aus Bonifazens Worten wohl deren starken appellativen Charakter, nicht aber individuelle Urteile über Personen.

Gewiß ist es gegen den Glauben, wenn einer schuldhaft verneint, daß der Nachfolger Petri ein besonderes Amt hat, das über die übrigen Bischöfe gesetzt ist. Doch wer mag da urteilen? Leugnet einer schon den Primat Petri, wenn er aus seiner Tradition heraus lediglich überzeugt ist, daß die derzeitige Weise, dies Amt auszuüben, nicht seinem eigentlichen Sinn entspricht?

Meine doch sogar ich selber, daß die historisch bedingte Vermischung von petrinischer und abendländisch-patriarchaler Funktion sich heute als nicht oder nicht mehr angemessen erweist. Aber das wäre wieder ein eigenes Thema.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Zur Abwechslung etwas Kirchengeschichte in 5 Akten

1. Akt - Vorspiel
1295 errichtete Bonifaz VIII das Bistum Pamir, das von der Diözese Tolouse abge­zweigt wurde. Der neue Bischof wurde vom Papst, ohne den König und den Bi­schof von Tolouse zu fragen, ernennt. Der Bischof lag schon, als er noch Probst war, mit dem König im Klinsch.
Foix erhält vom König das Patronat – Bonifaz protestierte dagegen aber ohne Erfolg. So leitet Bonifaz Kirchenstrafen ein.

2. Akt
Der Bischof von Paris äußert sich kritisch gegen den König. Dem Bischof wird (24.10.1301) vor den Staatsrat der Prozeß gemacht. Er wird verurteilt und dem Erzbischof zur Inhaftierung übergeben. Dem Papst wird das Ergebnis mitgeteilt. Bonifaz fortdert (5.12.1301) die Freilassung. Er erläßt die Bulle Salvator mundi. Diese Bulle nahm die Privilegien Frankreichs zurück, weil die Immunität der Kir­che verletzt worden war. Der Papst ruft (11.12.1302) eine Sondersynode ein und lädt den König vor, mit den Worten „Höre, mein Sohn…“
Philipp wollte aber den Konflikt. Er produzierte einen Fälschung in der der In­halt der geheimgehaltenen Originalbulle verzerrt wiedergegeben wurde. Die öf­fentliche Meinung wendet sich gegen den Papst. Es wird eine Ständeversammung nach Paris zusammengerufen.
Die Stände der Stadt stellen sich (12.4.1302) auf die Seite des Königs. Die Bischöfe schlossen sich zögernd an. Es wird eine Resolution nach Rom zum Papst geschickt. Der Adel und die Stände erhielten die Antwort von den Kardinälen; die Bischöfe erhielten die Anwort vom Papst: Die Antwort war eine Klarstellung und die Erneuerung der Sondersynode.

3. Akt - Unam sanctam
Am 1.11.1302 reisten 39 französische Prälaten, trotz des Verbotes durch den König, nach Rom zur Sondersynode.
Die Beschlüsse waren:
- nur eine hl. Kirche
- außerhalb der Kirche kein Heil und keine Vergebung der Sünden
- einziges Haupt der Kirche ist Christus und in Petrus und seinen Nachfolgern der Papst als Stellvertreter
- Papst ist Lehnsherr der ganzen Welt
- geistige Gewalt überragt alle weltliche Gewalt
- die höchste geistige Gewalt kann von keinem Menschen gerichtet werden
- geistige Gewalt muß die irdische Gewalt richten.
Die spätere Kritik richtete sich nicht gegen die theologischen Aussagen der Bulle son­dern gegen die politischen Konsequenzen.

4. Akt
Der Papst versucht einen Ausgleich und schickt einen Kardinal als Legaten nach Frankreich. Dieser konnte aber nichts ausrichten. Die Kolonnakardinäle gewinnen an Einfluß und der Legat wechselt die Seiten.
Der König fordert nun ein Konzil auf dem sich der Papst verantworten soll. Es gibt vermultich schon da Pläne den Papst gefangen­zunehmen. Doch zuerste einmal exkommuniziert der Papst (13.4.1303) den König. Der König besteht aber weiterhin auf dem Konzil und erlangt auch die Zustimmung zu dieser Forderung von der Reichsversammlung; einige Orden, wie die Zi­sterzienser sind dagegen, sie werden inhaftiert oder aus­gewiesen.
Auch die Volksversammlung in Paris stimmt dem König zu und es wird ein Schreiben an Fürsten und den Papst geschickt. Dieser weist alle Vorwürfe zurück und schreibt mehrere Bullen gegen den König. Eine feierliche Bulle gegen den König, die die Exkommunikation und die Lösung alle Treueide enthielt sollte am 8.9.1303 verkündet werden, doch dazu kommt es nicht mehr:

5. Akt - Schluß und Tod
Am 7.9.1303 erfolgt ein Anschlag auf den Papst und die Eroberung der Stadt. Verräter in der Stadt hatten die Tore geöffnet. Die Truppen dringen in den Palast ein. Der Papst setzt sich mit allen Regalien auf den Thron. Der Kanzlerkardinal soll ihm eine Ohrfeige gegeben haben. Auf jeden Fall wurde die Beset­zung des Papstpalastes und die Gefangennahme des Papstes als eine Ohrfeige verstanden, die durch ganz Europa schallte.
Man verlangte vom Papst:
- seinen Rücktritt
- Rückgabe der Besitztümer der Koloona
- Herausgabe des Kirchenstaates
Doch es kommt wiederum anders: Die Bürger der Stadt befreien Bonifaz und vertrieb die französischen Truppen. Bonifaz reicht nach Rom (25.9.1303) und stirb dort kurze Zeit später am 12.10.1303.
Gruß Jürgen

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ivanhoe
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Beitrag von ivanhoe »

Erich Dumfarth hat geschrieben:Nur bleibt meine Frage: wie verbindlich ist diese Bulle? Hat sie tatsächlich dogmatischen Charakter? Wenn ja, dann sind die Implikationen klar: niemand, der nicht katholisch ist, kann das Heil erlangen, nicht die evangelischen Christen, nicht die orthodxen Christen, von den Juden und Nichtchristen ganz zu schweigen.
...
Das kann ich in dieser Rigosität einfach nicht glauben.
Erich, ich denke Du bringst etwas durcheinander.
Wenn die Kirche, der Papst Lehrsätze und Dogmen definiert, die von den Gläubigen volle Zustimmung fordern, bedeutet das noch nicht, daß Gott niemanden außerhalb der (seiner) Kirche und der Sakramente erlösen kann.

Im "Lumen Gentium" lesen wir:
"Darum könnten jene Menschen nicht gerettet werden, die um die katholische Kirche und ihre von Gott durch Christus gestiftete Heilsnotwendigkeit wissen, in sie aber nicht eintreten oder in ihr nicht ausharren wollten."
Stellen wir die Denklogik in diesem Abschnitt um, dann ergibt sich folgendes:
Diejenigen, die nicht um die katholische Kirche und ihre von Gott durch Christus gestiftete Heilsnotwendigkeit wissen, kann/darf die Kirche nicht, als von der Erlösung ausgeschlossen, betrachten.
Zuletzt geändert von ivanhoe am Samstag 25. Oktober 2003, 13:08, insgesamt 1-mal geändert.

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

ivanhoe hat geschrieben:Stellen wir die Denklogik in diesem Abschnitt um, dann ergibt sich folgendes:
Diejenigen, die nicht, um die katholische Kirche und ihre von Gott durch Christus gestiftete Heilsnotwendigkeit wissen, kann/darf die Kirche nicht, als von der Erlösung ausgeschlossen, betrachten.
Ja.
Gruß Jürgen

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Josef Steininger
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Beitrag von Josef Steininger »

Die Frage ist hier natürlich, ob dieses Nicht“Wissen“ unverschuldet ist oder ob es auf schuldhafter Ablehnung der Wahrheit beruht.
Das kann man freilich im Einzelfall nicht feststellen, es wird sich erst am Jüngsten Tag herausstellen.
Dennoch gilt an die Nichtkatholiken (und Nichtchristen sowieso) weiter die Aufforderung, die Pius XII. in der Enzyklika „Mystici corporis Christi“ formulierte:
„We ask each and every one of them to correspond to the interior movements of grace, and to seek to withdraw from that state in which they cannot be sure of their salvation.”
(Nr. 103, engl. Text von vatican.va)

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