Sempre hat geschrieben: ↑Freitag 7. Februar 2020, 19:33
Ob ich ein herkömmliches Mikroskop verwende, oder eines, das an meinen Augen vorbei mit meinem Hirn kommuniziert? Das ist ja nicht wesentlich unterschiedlich!? Worin siehst Du da einen qualitativen Unterschied?
Wie bereits in dem von Dir zitierten Pargraphen recht ausführlich erläutert, der qualitative Unterschied besteht genau in der Direktheit sowohl der Wahrnehmung als auch der Steuerung / Kontrolle. Ein Mensch
benutzt Technik, wenn er Objekte mit seinen biologisch-körperlichen Sinnen wahrnimmt, und mittels Muskelkontraktionen und der damit bewegten biologisch-körperliche Masse steuert / kontrolliert. Man kann geradezu sagen, daß die Grenze zwischen Innenwelt und Außenwelt, zwischen Körper und Umgebung, hierdurch definiert wird. Ein abgeschnittener Finger z.B. ist nicht mehr richtig Teil meines Körpers, da ich weder mit ihm fühlen noch mit ihm manipulieren kann. Wenn die Technik direkt in die Nervenbahnen geschaltet wird, wird unklar, inwiefern sie noch ein "Fremdkörper" ist den man benutzt. Denn schließlich werden auch die Sinnesorgane und Muskeln unseres biologischen Körpers so angesteuert. Ob man dann nur aufgrund der Machart (mechanisch/elektronisch bzw. biologisch/chemisch) noch eine Unterscheidung treffen sollte ist fraglich. Ich würde erwarten, daß eine solche nervenverbundene Technik schnell gefühlt ein Teil des eigenen Körpers wird, und wer möchte dem Eigner dieser Technik das dann absprechen? Diese Probleme gibt es so mit heutiger Technik schlicht nicht. Mein Auto ist eindeutig nicht ein Teil von mir, selbst wenn ich darin fahre.
Sempre hat geschrieben: ↑Freitag 7. Februar 2020, 19:33
Das klingt in meinen Ohren materialistisch. Der Geist kann irgendwo "bewußt anwesend" sein, aber das Hirn doch nicht!?
Wo Bewußtsein genau zu verorten ist, ist weder der Philosophie noch der Wissenschaft bekannt. Da es jedoch ziemlich eindeutig ist, daß viele höhere Tiere ein ziemlich entwickeltes Bewußtsein besitzen (z.B. durch einfache Experimente: Affen einen Fleck auf den Kopf malen wenn der schläft / betäubt ist, Affe verhält sich normal, Spiegel bringen, Affe sieht sein Spiegelbild und beginnt sofort an dem Fleck zu reiben...) muß man jedenfalls im scholastischen Schema davon ausgehen, daß eine empfindende Seele für Bewußtsein reicht. Die aber hat, jedenfalls nach klassischer Lehre, keine nicht-körperlichen Funktionen (die Seele des Tiers stirbt mit dem Körper). In diesem Sinne ist Bewußtsein wohl eher "körperlich".
Abgesehen davon ging es mir in der zitierten Stelle nicht um diese Fragen. Selbst wenn Bewußtsein eine nicht-körperliche Funktion der vernünftigen Seele des Menschen wäre, so folgt nicht, daß sie unabhängig von der "Hirnleistung" wäre. Jeder der schon einmal betrunken war, weiß daß der Hirnzustand eine wichtige Rolle beim Umsetzen von geistigen Akten spielt. Und ob unser Hirn in der Lage ist an zwei Körper gleichzeitig anzukoppeln ist doch recht fraglich. Wenn z.B. sowohl Daten von den Augen des biologischen Körpers im Rollstuhl als auch von der Kamera des umherlaufenden Roboter in den visuellen Kortex gefüttert werden, was passiert dann? Kann das separat aber gleichzeitig wahrgenommen werden? Es kann gut sein, daß ein Mensch in einer solchen Situation quasi per Aufmerksamkeit sich entweder in den Rollstuhl oder den Roboter konzentrieren muß, um funktionsfähig zu bleiben.
Aber wenn dem so wäre, dann wäre dies keine gute Analogie für die Einheit der zweiten Person Gottes in zwei separaten Naturen mehr...
und alleine darum ging es mir ja, diese Analogie zu konstruieren. Diese ganze Nebendiskussion hier ist schlicht auf Deinem Mist gewachsen.
Sempre hat geschrieben: ↑Freitag 7. Februar 2020, 19:33
Du redest von "das Bewusstsein". Als sei das ein einständig Ding, möglicherweise mit körperlicher Komponente. Bewusstsein ist aber doch ein Zustand des Geistes!?
Es ist leider alles andere als klar, was Bewußtsein denn nun genau ist. Es kann durchaus sein, daß wir da eine bestimmte Form der integrativen Wahrnehmung mit ihrer anschließenden Analyse durch den Intellekt in einem Wort vermischen. Wie gesagt, falls Tiere Bewußtsein haben, dann ist Bewußtsein (nach klassische Lehre) jedenfalls nicht "geistig" im Sinne von "nicht-körperlich".
Welcher Anteil des menschlichen Geistes "nur" neuronale Hirnfunktion ist, ist schlicht nicht bekannt. Ich halte durchaus viel von z.B. der Diskussion von "Qualia", also der Frage ob man Erlebnis in einem mechanistischen Ansatz verorten kann. Aber das führt mir jetzt zu weit.
Sempre hat geschrieben: ↑Freitag 7. Februar 2020, 19:33
Wenn ein Fahrzeug, das über ein Implantat im Hirn des Fahrers gesteuert wird, zum Körper des Fahrers gehören sollte, warum dann nicht auch eines, das über eine herkömmliche Fernbedienung in der Hand des Fahrers gesteuert wird? Oder eines, das der Fahrer mittels Lenkrad und Pedalen steuert? Worin, denkst Du, besteht da der qualitative Unterschied?
Siehe oben. Du denkst Dein Arm ist Teil von Dir. Warum eigentlich? Obwohl wir der Gewohnheit halber unsere Hautoberfläche als die Grenze betrachten, ist das nicht wirklich entscheidend. In Wirklichkeit geht es um Wahrnehmung und Steuerung / Kontrolle, unser Körper ist was auch immer das Hirn als "Schnittstelle" zur Welt erfährt und benutzt. Klassisches Experiment in der Psychologie:
rubber arm (Video auf Englisch, sollte aber nichts ausmachen, man sieht sofort was los ist). Technik wird Körper werden, wenn wir sie direkt ins Hirn schalten.