Das Bild

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Stefanro
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Re: Das Bild

Beitrag von Stefanro »

Bisherige Stationen des Aufbaus (oder Abbaus?) eines Denksystems zum Thema "Das Bild" dieses Threads:
1 --> 2 --> 3 --> 4 --> 5 --> 6 --> 7
*************************************************************************************************************
Korrektur zu 7:
Ich muss zurücknehmen:
Stefanro hat geschrieben:
Montag 24. April 2023, 08:29
Daneben war Adam's ursprüngliche gerechte Natur auch ausgestattet mit eingegossenen Tugenden, theologisch als auch moralisch, und den Gaben des heiligen Geistes.
Die englische Übersetzung ist manchmal verwirrend (ob das auch auf das lateinische Original zutrifft, kann ich nicht beurteilen). Im englischen Wortlaut ist jedoch nicht von "Adam's ursprüngliche gerechte Natur", sondern von der "ursprünglichen gerechten Natur" die Rede, woraus ich schließe, dass von dieser Natur als solcher die Rede ist und dass im Kontext von dieser Natur auch von "eingegossenen Tugenden, theologisch als auch moralisch, und den Gaben des heiligen Geistes" als optionale Gnaden Gottes die Rede sein kann, dass jedoch Adam all dies nicht notwendigerweise besessen hat, weil er zB die Gaben des heiligen Geistes sicher nicht besessen haben kann, denn wie hätte er sonst sündigen können?
Korrekterweise sollte der Satz also lauten:
Stefanro hat geschrieben:
Montag 24. April 2023, 08:29
Die ursprüngliche gerechte Natur kann (optional) auch ausgestattet sein mit eingegossenen Tugenden, sowohl theologisch als auch moralisch, und den Gaben des heiligen Geistes.
Die Gabe der Integrität als Ausstattung der Natur jedoch erleichtert ganz erheblich aufgrund der natürlichen "vollkommenen Unterwerfung der Vernunft unter Gott, des Sinnesbegehrens unter die Vernunft und des Körpers unter die Seele" das Festhalten am Guten und lässt die Sünde des Adam dadurch noch verwerflicher erscheinen.

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Jakobgutbewohner
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Re: Das Bild

Beitrag von Jakobgutbewohner »

Stefanro hat geschrieben:
Montag 24. April 2023, 13:09
weil er zB die Gaben des heiligen Geistes sicher nicht besessen haben kann, denn wie hätte er sonst sündigen können?
Du meinst, "Gaben des Heiligen Geistes" würden soeine Wirkung haben?
"Selig sind ... die durch die Tore eingehen in die Stadt. Draußen aber sind die Hunde und die "Pharmazeuten" und die Buhler und die Mörder und die Götzendiener und jeder, der die Lüge liebt und tut." Off 22,14+15

Stefanro
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Re: Das Bild

Beitrag von Stefanro »

Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Montag 24. April 2023, 13:16
Stefanro hat geschrieben:
Montag 24. April 2023, 13:09
weil er zB die Gaben des heiligen Geistes sicher nicht besessen haben kann, denn wie hätte er sonst sündigen können?
Du meinst, "Gaben des Heiligen Geistes" würden soeine Wirkung haben?
Aufgrund der von dir propagierten Regellosigkeit und deiner selbst-gemachten "wahren Frucht des heiligen Geistes" ist dies keine Frage, zu der eine Konversation mit dir möglich erscheint.

Stefanro
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Re: Das Bild

Beitrag von Stefanro »

Bisherige Stationen des Aufbaus (oder Abbaus?) eines Denksystems zum Thema "Das Bild" dieses Threads:
1 --> 2 --> 3 --> 4 --> 5 --> 6 --> 7 --> 7a
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Nachdem nun die als Bild Gottes geschaffene Natur des Menschen als urspüngliche Natur des Menschen Adam in 7 und 7a geklärt wurde, stellt sich die Frage, warum Gott diese Natur mit der zusätzlichen Gabe der Integrität ausgestattet hat, denn das Bild Gottes in der Natur des Menschen mit den Analogien zum göttlichen Sein, göttlichen Leben und zu Gottes höchster Weisheit ist ja auch in der Natur des Menschen, welche nicht mit der zusätzlichen Gabe der Integrität ausgestattet ist. Bzgl. der Vernunft genügt doch das bloße Vermögen, um dieses Vernunftvermögen (die "Vernunftbegabung") als Analogie zu Gottes Allwissenheit ("höchster Weisheit") zu verstehen, ganz unabhängig von der Ausprägung der Vernunft im einzelnen Menschen, der durchaus "dumm" und triebhaft wie ein Tier sein kann ohne dass er des Bildes Gottes verlustig ginge, eben weil er trotzdem vernunftbegabt ist, was ihn trotz seines tatsächlichen "tierischen" Seins in seiner Natur von der Natur des vernunftlosen Tieres unterscheidet und seine Natur Gott ähnlicher macht.
Wenn Gott also der bloßen Natur "noch eins mitgibt", nämlich die Gabe der Integrität, dann kann man folgern, dass er dem bloßen Bild Gottes auch noch einen "Schubser" oder "spin" in Richtung des Guten verleihen wollte, der jedoch im eigentlichen Sinn nicht Teil der Natur ist, sondern eben eine zusätzliche Gabe. Denn wäre dieser "spin" Teil der Natur, so könnte er diesen der Natur nach dem Sündenfall ja nicht wieder entziehen ohne die Natur des Menschen zu zerstören.
Die gefallene Natur des Menschen nach dem Sündenfall (d.h. die Natur im Zustand der Erbsünde) ist also gar nicht verschieden von der ursprünglichen Natur Adams, es wird nur ein "add-on" entzogen, so dass diese meine Darstellung in 7 revidiert werden muss:
Stefanro hat geschrieben:
Montag 24. April 2023, 08:29
Das Bild Gottes ging aber durch den Sündenfall verloren, weil die Analogien zum göttlichen Sein (gutes Sein), zum göttlichen Leben (gutes Leben) und zur göttlichen Allwissenheit (gute Vernunft) (s. 6) in unserer gefallenen Natur nicht mehr existent sind. Wir weisen nur mehr bloß formale Analogien von "Sein", "Leben" und "Vernunftsvermögen" auf, welche allesamt schlecht sind und nichts von der urspünglichen Gutheit mehr aufweisen. Denn wenn auch - wie die Religion behauptet - die Schuld der Erbsünde durch Jesus Christus weggenommen wurde, so bleibt doch der Zustand der Erbsünde bestehen - selbst in den Wenigen, denen die heilig- oder wohlgefälligmachenden Gnade zuteil wird, bleibt der Zustand der Erbsünde bestehen, so dass sie weiterhin von der Gnade Gottes abhängig sind, um bis zum Tode standfest durchhalten zu können (summa theol., I-II, q109, a9-10).
Welche Bedeutung soll/kann es also für uns Kreaturen haben, dass Adam ursprünglich das kreatürliche Bild Gottes war, nach seinem Sündenfall aber so ein kreatürliches Bild Gottes niemals mehr auf Erden geboren wurde? Es gibt keinen Weg zurück. Da aus "Sein", "Leben" und "Vernunftsvermögen" nichts wirklich Gutes mehr zu machen ist, kann allenfalls das unter den gegebenen Umständen der gefallenen Natur "Beste" noch daraus sich entwickeln ... so Gott will und die Seele empfangsbereit ist
Dadurch, dass ich meiner ursprünglichen Interpretation nun widerspreche, wird sehr schön die Ambivalenz des "Bildes Gottes in der Natur des Menschen" deutlich. Denn um den Menschen von anderen Kreaturen abzuheben und in die Nähe einer Ähnlichkeit mit Gott zu bringen, genügt bereits das Vernunftvermögen. Das Vernunftvermögen als solches ist jedoch moralisch neutral und kann zu einer guten oder schlechten/bösen Ausprägung/Tatsächlichkeit führen. Da Gott jedoch üblicherweise als wesenhaft gut bezeichnet wird (das "allerhöchste Gut") kann die Vorstellung eines schlechten/bösen Menschen, der dennoch das Bild Gottes sein soll, bei denkenden Menschen zu einer kognitiven Dissonanz führen. Das trieb vermutlich auch Thomas vA um als er schrieb:
Thomas (in summa theol., I, q93, a4) hat geschrieben:Ich antworte, daß der Mensch kraft seiner vernünftigen Natur Gottes Bild in sich trägt, weil diese am meisten Gott nachahmen kann.
Das absolute Gute, das Gott ist, hat seine Analogie in der Natur des Menschen, die vernunftbegabt ist und deshalb das Potential zum Guten besitzt. Nun ist dieses Potential in der ursprünglichen Natur des Adam deshalb erhöht, weil er die zusätzliche Ausstattung der Gabe der Integrität (einer Gnade Gottes) erhalten hat und dieses Potential ist in der Natur nach dem Sündenfall signifikant erniedrigt, weil diese Gnade wieder entzogen wurde. "Gefallene" Natur meint also das gefallene Potential zum Guten. Da also eine Anhebung des Potentials zum Guten alleine von der Gnade Gottes abhängt, kann sich die "gefallene" Natur auf den Weg der Gnade Gottes begeben ... oder sich aber der Gnade Gottes aufgrund des freien Willens widersetzen und den Weg des Schlechten/Bösen gehen.

Thomas schreibt weiter:
Thomas (in summa theol., I, q93, a4) hat geschrieben:Nun ahmt die vernünftige Natur darin Gott nach, daß Gott Sich selbst erkennt und liebt. Deshalb kann das Bild Gottes in dreifacher Weise im Menschen betrachtet werden: einmal, weil der Mensch von Natur aus geeignet ist, Gott zu erkennen und zu lieben; — und da dies in der Natur begründet ist, bleibt es allen Menschen gemeinsam. Dann, insofern der Mensch thatsächlich oder dem Zustande nach Gott liebt und erkennt, jedoch in unvollkommener Weise; — und das ist das Bild gemäß der in der Gnade begründeten Gleichförmigkeit. Endlich, insofern der Mensch Gott erkennt und liebt, sowohl dem thatsächlichen Sein nach als auch vollkommen; — und das ist das Bild Gottes in der Herrlichkeit. ... Das erste Bild ist in allen Menschen, das zweite in den Gerechten, das dritte in den Seligen.
Hierzu ist zu sagen:
1. Es ist überhaupt nicht klar, ob Gott sich selbst liebt. Diese Aussage ist also zu hinterfragen.
2. Dass Gott sich selbst erkennt beruht jedoch auf seiner Allwissenheit.
3. Dass der Mensch Gott erkennen kann (das Potential dazu hat), ergibt sich aus dem Axiom des Schauens Gottes in der Seligkeit nach der Trennung von Körper und Seele im Tod.
4. Dass der Mensch jedoch Gott bereits erkennt im Zustand der Gnade widerspricht dem, was Thomas an anderer Stelle zum Erkennen Gottes sagt, wo er "Erkennen" gleichsetzt mit dem Schauen Gottes der Seligen (summa theol., I, q12). Wenn er hier nun davon abweicht, um eine Idee "aufzuhübschen" (was er aufgrund der bloßen Spekulation der Theologie natürlich immer machen kann, weil eine Spekulation ja nicht dadurch Wahrheit wird, dass sie einer konsistenten sprachlichen Logik folgt), so fehlt dennoch seine Darlegung oder Definition von "erkennt ... 'in unvollkommener Weise'" und es fehlt seine Darlegung oder Definition von "gemäß der in der Gnade begründeten Gleichförmigkeit". Es ist vollkommen unklar, was Thomas mit diesen beiden sprachlichen Ausdrücken meint.
5. Das Erkennen in der Herrlichkeit ist tatsächlich das einzige "Erkennen", das Thomas an anderer Stelle (summa theol., I, q12) als Erkennen Gottes akzeptiert.
6. Trotz dieser Inkonsistenzen und Unklarheiten in den Aussagen des Thomas erscheint hier jedoch ganz wesentlich, dass das Bild Gottes in der Natur des Menschen hinsichtlich des behaupteten, noch zu erklärenden "Liebens" und hinsichtlich des "Erkennens" NICHT ist, dass auch der Mensch sich selbst lieben und erkennen kann wie Gott sich selbst liebt und erkennt, SONDERN dass der Mensch Gott lieben und erkennen kann wie Gott sich selbst liebt und erkennt. Das Bild Gottes im Menschen geht also notwendigerweise einher mit dem Potential der Auslöschung des kreatürlichen Selbst des Menschen in der vollkommenen Demut, von der Johannes vK spricht, und dem Ersetzen dieses Selbst durch Gott.

Peduli
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Re: Das Bild

Beitrag von Peduli »

Denn es wird eine Zeit kommen, da sie die heilsame Lehre nicht ertragen werden; sondern nach ihrem eigenen Begehren werden sie sich selbst Lehrer aufladen, nach denen ihnen die Ohren jucken, und werden die Ohren von der Wahrheit abwenden und sich den Fabeln zukehren.

(2 Tim 4, 3 f.)

Ist übrigens völlig kulturunabhängig! :doktor:
Wer nicht weiß, wo er herkommt, weiß auch nicht, wo er hinwill.
Schauen wir dankbar zurück, mutig vorwärts und gläubig aufwärts!

(F.J.S.)

Stefanro
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Re: Das Bild

Beitrag von Stefanro »

Marion hat geschrieben:
Freitag 28. April 2023, 16:24
Beim Menschen gehört der Leib zum Wesen.
Das ist wahr. Und doch schreibt ein Thomas vA:
Thomas (in summa theol., I, q93, a6) hat geschrieben:Der Mensch wird „Bild Gottes“ genannt; nicht weil er seinem Wesen nach das Bild Gottes sei, sondern weil seiner Vernunft das Bild Gottes eingeprägt ist, wie das Bild des Kaisers dem Metall der Münze. Also braucht man nicht in jedem Teile des Menschen das Bild Gottes zu suchen.
Obwohl er anfangs vom Bild Gottes in der Natur des Menschen schreibt und diese Natur (bzw das Wesen) aus Seele und Leib besteht, will er sich dann doch wieder vom Leib als Teil dieser Natur distanzieren:
Thomas (in summa theol., I, q93, a6) hat geschrieben:So ist also im vernünftigen Geiste des Menschen das Bild, in den anderen Teilen eine Spur Gottes.
Es scheint als sei Thomas vA, v.a. wegen seinem Bemühen nicht nur die Natur (das Wesen) Gottes, sondern auch die Trinität im Menschen als Analogien abzubilden, in seiner dialektischen Diskursivität und der davon erzeugten Polarität Körper/Materie vs Seele/Geist gefangen und könne den Menschen gar nicht mehr als Ganzes, als "Ganzheit" von Körper und Geist, von Materie und Seele, wahrnehmen. Das ist bedauerlich, zeigt aber auch, dass mit Thomas Hilfe uU gar kein köhärentes Denksystem bzgl. "des Bildes" zu erwarten ist, weil er selbst nur eine inkohärente Ideensammlung präsentiert: ausgehend von "Sein, Leben, höchster Weisheit" über "Erkennen und Lieben" präsentiert er schließlich eine Vielfalt von "Dreieinigkeiten", welche nur in der Seele bzw Vernunft als Bruchteil der Natur des Menschen zu verorten wären ... fixiert auf die Seele als vermeintlich ewig, scheinen Thomas und andere Kirchenväter den Körper als vergänglich und Basis der Sinnlichkeit so zu verachten, dass sie sich erst gar nicht bemühen, den Schöpfungsakt der Ganzheit von Körper und Seele als Manifestation des Bildes spekulativ zu interpretieren.
Gott schuf aber nicht nur die Seele oder die Vernunft als Bild seiner selbst, sondern den ganzen Menschen. Gut, das führte dann allerdings auch zu den naiven Kinderbildern von Gott als "Mensch mit Rauschebart", denn wenn der Mensch das Bild Gottes ist, dann muss Gott auch aussehen wie ein Mensch ... wenn man das mit den Analogien unberücksichtigt lässt.

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Jakobgutbewohner
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Re: Das Bild

Beitrag von Jakobgutbewohner »

Marion hat geschrieben:
Freitag 21. April 2023, 16:56
Synode von Konstantinopel 543 hat geschrieben:5. Wer sagt oder daran festhält, bei der Auferstehung würden die Leiber der Menschen kugelförmig auferweckt, und nicht bekennt, daß wir aufrecht erweckt werden, der sei mit dem Anathema belegt
viewtopic.php?t=401
Fundstück:
Betrachtung eines Engels durch 'Remote Viewing' hat geschrieben:Nachdem wir einen letzten Platzhalter, der seltsamerweise wie zwei aufrechte Rohre wirkte, übersprangen, kam ich gefühlsmäßig bei der originalen L3 an. Diese wirkte sehr entfernt wie eine menschliche Gestalt, aber beim genaueren „Hinschauen“ eher wie eine hohle Kugel mit dünner Membran und gelblichen, spaghettiartigen Energiestrukturen in ihrem Inneren. Zudem schien es eine Öffnung zu geben, durch die Energie einfließt. Ich gab dazu das Statement „für meinen Rahmen unverständlich“.
https://signallinie.info/die-engel
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Stefanro
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Re: Das Bild

Beitrag von Stefanro »

Bisherige Stationen des Aufbaus (oder Abbaus?) eines Denksystems zum Thema "Das Bild" dieses Threads:
1 --> 2 --> 3 --> 4 --> 5 --> 6 --> 7 --> 7a --> 8
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Das Zitat von Thomas aus summa theol., I, q93, a4, welches auf das Potential des Menschen zur Selbstauslöschung hinweist, wodurch er dann Gott erkennen und lieben könne wie Gott sich selbst liebt und erkennt, deutet bereits darauf hin, dass das Bild Gottes in der Natur des Menschen nicht nur das Bild der Wesenheit Gottes, sondern auch das Bild der Dreieinigkeit meint. Explizit wird Thomas im darauf folgenden Artikel:
Thomas (in summa theol., I, q93, a5) hat geschrieben:Ich antworte, … Nach dem Bilde Gottes also sein gemäß der Nachahmung der göttlichen Natur, dies schließt dieses Andere durchaus nicht aus: demgemäß sein, daß auf die drei göttlichen Personen hingewiesen wird. Vielmehr folgt das eine dem und aus dem anderen. So ist also im Menschen das Bild Gottes sowohl mit Rücksicht auf die göttliche Natur wie mit Rücksicht auf die göttlichen Personen; denn in Gott selber ist in drei Personen eine Natur.
Im darauf folgenden Artikel macht Thomas jedoch einen schwerwiegenden Fehler wie hier bereits erörtert wurde, denn natürlich gehört der Körper zur Natur des Menschen wie die Seele und ihre Vernunftvermögen auch. Das Bild Gottes in der Natur des Menschen ist also auch im Körper als Teil dieser Natur und es verbietet sich davon zu reden, dass das Bild nur "im vernünftigen Geiste", im Körper dagegen nur eine "Spur Gottes" sei. Der menschliche Körper ist menschlich, weil er beseelt ist, und die menschliche Seele ist menschlich (und damit vernunftbegabt) eben weil sie mit dem Körper verbunden ist. Die Vernunft hätte nicht das geringste Potential eine Analogie zur höchsten Weisheit Gottes hervorzubringen, wäre sie nicht mit dem Körper und damit den Sinnesorganen verbunden! Ja die Vernunft hätte nicht nur nicht dieses Potential, sondern sie wäre nichts anderes als eine blinde erkenntnisunfähige Leerheit, wenn die Seele nicht mit dem Körper verbunden wäre. Die Seele kann nicht ohne den Körper und der Körper nicht ohne die Seele gedacht werden, wenn wir vom irdischen, als Bild Gottes geschaffenen Menschen reden. Die Natur des Menschen ist Körper und Seele und Gott schuf die Ganzheit aus Körper und Seele.

Im siebten Artikel rückt Thomas teilweise wieder von dem ab, was er im vierten gesagt hat: Sprach er im vierten Artikel von der Fähigkeit des Nachamens, also dem Potential, welches das Bild in der Natur des Menschen (als Analogie) ausmache, so behauptet er jetzt, dass es doch "zuallererst" die "tatsächliche Wirksamkeit" sei - die Realisierung des Potentials also - die das Bild in der Natur des Menschen ausmache. Das "zuallererst" macht seine Inkonsistenz auch nicht besser, weil was er an zweiter Stelle nennt, die "Vermögen und Zustände" nämlich, wiederum die "tatsächliche Wirksamkeit" aufhebt und so zur Behauptung des vierten Artikels zurückkehrt, weil Zustände (Tugenden, Gaben) auch nur optional sind. Er kann sich nicht wirklich zwischen Potential und "tatsächliche Wirksamkeit" entscheiden.

Fazit zur Darlegung des Thomas vA:
Aus Thomas' Darlegung lässt sich kein kohärentes Denksystem bzgl. des Bildes von Gott in der Natur des Menschen gewinnen. Thomas' Darlegung ist eine inkohärente Ideensammlung. Einzelne Ideen davon sind jedoch durchaus hilfreich und ausbaufähig.
Was wir festhalten können ist, dass wir bzgl. des Bildes differenzieren müssen: zum einen ist da das Wesen Gottes und zum anderen ist da die Dreieinigkeit. Beide Aspekte müssen im Bild Gottes enthalten sein.
Was das Wesen Gottes angeht, so kann auf Thomas' summa theol, I q3-11, q13-15, q18-22 und q25-26 verwiesen werden: zu all den in diesen quaestiones enthaltenen Zuschreibungen zu Gottes Wesen muss es ein Analoges in der Natur des Menschen geben, entweder ein tatsächliches oder ein potentielles.
Was die Dreieinigkeit angeht, so kann auf Thomas' summa theol, I q27-43 verwiesen werden.
"Das Wort" (s. 1) nimmt dabei eine Schlüsselrolle ein, weil es als absolutes All-Erkennen Gottes (Erkennen von sich selbst als unendliche absolute Form, die alle Formen aller Kreaturen und notwendigerweise zugleich die Form der eigenen Wesenheit enhält) die "Person" ist, an der sich die menschliche Vernunft (oder das Vernunftvermögen) messen lassen muss, um als Analogie bestehen zu können, eben weil "das Wort" die göttliche "Intelligenz" ist, all-wissend und all-erschaffend.

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Re: Das Bild

Beitrag von Jakobgutbewohner »

Stefanro hat geschrieben:
Samstag 29. April 2023, 08:27
1. Es ist überhaupt nicht klar, ob Gott sich selbst liebt.
Ich würde sagen, er liebt und er liebt sich in seinem Lieben. :) Und das Wesen seiner Liebe ist Agapeliebe, die er ist.
6. Trotz dieser Inkonsistenzen und Unklarheiten in den Aussagen des Thomas erscheint hier jedoch ganz wesentlich, dass das Bild Gottes in der Natur des Menschen hinsichtlich des behaupteten, noch zu erklärenden "Liebens" und hinsichtlich des "Erkennens" NICHT ist, dass auch der Mensch sich selbst lieben und erkennen kann wie Gott sich selbst liebt und erkennt, SONDERN dass der Mensch Gott lieben und erkennen kann wie Gott sich selbst liebt und erkennt. Das Bild Gottes im Menschen geht also notwendigerweise einher mit dem Potential der Auslöschung des kreatürlichen Selbst des Menschen in der vollkommenen Demut, von der Johannes vK spricht, und dem Ersetzen dieses Selbst durch Gott.
Soweit ich es sehe, ist der unentstandene Schöpfergott die einzige Quelle geistigen Lebens. Geschöpfe (Geistwesen, Menschen, ...) sind im Grunde nur "(als solche) unsterbliche" Formen für dieses Leben Gottes. Gott teilte sich nicht in Teile um dies zu erschaffen, er schuf diese Formen aus Nichts. Sind diese Formen bei Gott lebt Gott in ihnen. Sie sind wie Bilder Gottes, Götter die jedoch nicht aus Eigenem sind.

Getrennt von Gott verlieren diese Geschöpfe Lebendigkeit, ihr "Licht" in vielerlei Hinsicht, sinken in Finsternis. Denn außerhalb Gottes gibt es kein geistiges Leben. Menschen meinen in diesem Zustand sehr, das irdische Dasein, dessen Erhalt bedeutet viel. Das ist ein finsterer Schatten des freien, kaum gebundenen Selbst (Selbst in Gott) des heilen Geschöpfes. Ich sehe da kein "gefallenes" Selbst, das durch Gott im Guten ersetzt werde. Im Heil wird das Selbst, das Herz wieder erhellt und darin freier. Es erlischt nicht, ganz im Gegenteil. Solcherlei Geschöpfe wollte Gott, nicht "Handpuppen", die irgendwie auch die Fähigkeit haben würden, sich willentlich in gewissem Maß dem Gebrauch als Puppe zu widersetzen. Eins mit Gott bedeutet für diese Geschöpfe, so sie heil wären, auch ganz Selbst sein und frei als Selbst zu agieren.
"Selig sind ... die durch die Tore eingehen in die Stadt. Draußen aber sind die Hunde und die "Pharmazeuten" und die Buhler und die Mörder und die Götzendiener und jeder, der die Lüge liebt und tut." Off 22,14+15

Stefanro
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Re: Das Bild

Beitrag von Stefanro »

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1 --> 2 --> 3 --> 4 --> 5 --> 6 --> 7 --> 7a --> 8 --> 9
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Gegen Ende von 9 steht:
Stefanro hat geschrieben:
Donnerstag 4. Mai 2023, 15:08
Was das Wesen Gottes angeht, so kann auf Thomas' summa theol, I q3-11, q13-15, q18-22 und q25-26 verwiesen werden: zu all den in diesen quaestiones enthaltenen Zuschreibungen zu Gottes Wesen muss es ein Analoges in der Natur des Menschen geben, entweder ein tatsächliches oder ein potentielles.


Das ist in gewisser Weise ulkig, denn Thomas selbst macht ja klar, dass der Mensch nur durch das von Gott Gewirkte auf Gott rückschließen kann. Also ist es nicht weiter erstaunlich, dass es "zu all den in diesen quaestiones enthaltenen Zuschreibungen zu Gottes Wesen ... ein Analoges in der Natur des Menschen geben [muss], entweder ein tatsächliches oder ein potentielles.", denn der Mensch kann ja nur aus dem Gewirkten auf den Wirkenden schließen. Also nur, indem der Mensch sich selbst erkennt, als Aktualität und als Potentialität (oder als gewünschtes Ideal) kann er auf Gott rückschließen und zwar nur deshalb, weil im AT steht, dass Gott den Menschen als sein Bild erschaffen hat. Das AT liefert also die Rechtfertigung für die spekulative Theologie, sich über das Wesen Gottes spekulative Gedanken zu machen auf der Basis, was vom Menschen gewußt wird.
Jetzt wird es aber interessant, denn die ersten quaestiones des Thomas vA befassen sich damit, was Gott nicht ist. Wie bitte sollte es möglich sein, von dem was ist (den Gewirkten, den Menschen) zu schließen auf das, was Gott nicht ist unter der Prämisse, dass Gott den Menschen nach seinem Bilde geschaffen hat? Und wenn Gott das Gegenteil von dem ist, was der Mensch ist, wie bitte sollte auf dieser Basis das Bild Gottes in der Natur des Menschen als Analogie theologisch-spekulativ konstruiert werden? Wie weit wollen wir den Begriff der "Analogie" dehnen, damit etwas die Analogie seines Gegenteils sein kann? Es ist also vollkommen absurd, zu behaupten, was Gott nicht ist, und gleichzeitig zu behaupten, dass der Mensch nur über das seiende Kreatürliche auf Gott als Ursache des Kreatürlichen rückschließen könne.
Thomas vA ist in die Falle der Aristoteleschen Logik gefallen - eine Logik, die der natürlichen Vernunft zwar gerecht wird, indem sie postuliert "entweder ist etwas X oder es Nicht-X", die aber keinerlei Rationale liefert für theologische Spekulationen über das, was Gott nicht ist unter der Prämisse, dass Gott den Menschen nach seinem Bild erschaffen hat.
Das ist also die Herausforderung: Wie kann die Prämisse des AT aufrecht erhalten werden, dass Gott den Menschen nach seinem Bild erschaffen hat, wenn gleichzeitig behauptet wird, dass Gott nicht ist, was der Mensch ist.

Stefanro
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Registriert: Dienstag 20. Dezember 2022, 12:51

Re: Das Bild

Beitrag von Stefanro »

Stefanro hat geschrieben:
Montag 15. Mai 2023, 21:23
Das ist also die Herausforderung: Wie kann die Prämisse des AT aufrecht erhalten werden, dass Gott den Menschen nach seinem Bild erschaffen hat, wenn gleichzeitig behauptet wird, dass Gott nicht ist, was der Mensch ist.
Das werden wir wohl vergessen können, denn wenn der Mensch das Bild Gottes sein soll, weil er das Potential hat, Gott zu erkennen wie Gott sich selbst erkennt, auf der anderen Seite aber "Gottes Wesen ... in diesem Leben von keinem sterblichen Menschen geschaut [wird]" (summa theol., I, q12, a11) wie sollten wir in der Lage sein, zu behaupten, was Gott nicht ist und dabei Kategorien verwenden, welche nur unserer kreatürlichen Vernunft entspringen?
Wenn der Mensch also einen Körper hat, was unserer natürlichen Vernunft zugänglich ist, wie sollten wir behaupten können "Gott ist nicht ein Körper" (summa theol., I, q3, a1) und dabei annehmen, dass "Gott ist nicht ein Körper" die Art und Weise ist wie Gott sich selbst erkennt? Warum sollte Gott sich selbst erkennen mittels der gleichen Kategorien (hier "Körper"), welche unserer kreatürlichen natürlichen Vernunft entspringen? Das ist doch reichlich absurd! Gleiches gilt bzgl. des behaupteten Nicht-Zusammengesetzt-Seins Gottes (summa theol., I, q3, a2), wobei "Zusammengesetztsein" unserer kreatürlichen natürlichen Vernunft entspringt, oder bzgl. des Nicht-Endlich-Seins Gottes (summa theol., I, q7), wobei "Endlichkeit" unserer kreatürlichen natürlichen Vernunft entspringt, oder bzgl. der behaupteten Nicht-Veränderlichkeit Gottes (summa theol., I, q9), wobei die "Veränderlichkeit" unserer kreatürlichen natürlichen Vernunft entspringt, oder bzgl. der "Nicht-Zeitlichkeit" Gottes (summa theol., I, q10), wobei "Zeit" (wie auch "Raum") wiederum unserer kreatürlichen natürlichen Vernunft entspringt.
Wollen wir wirklich glauben, dass wir Gott erkennen können wie Gott sich erkennt und dass sich dieses Erkennen (als Erkennen der Seligen nach dem Tode) auf der Basis unserer irdisch-kreatürlichen Vernunft-Kategorien abspielen wird?
Dass das, was Thomas vA im Kontext des Bildes präsentiert, nur eine inkohärente Ideensammlung ist hat schon seinen Grund und der Grund ist das AT als mythologische kulturabhängige Schrift.

Wenn wir also den Vorschlag aufnehmen, dass der Mensch das Bild Gottes ist, weil er das Potential hat, Gott zu erkennen wie Gott sich selbst erkennt und wir das überprüfen wollen, dann ist die eigentliche Herausforderung also all die Phantasieprodukte der kreatürlichen Vernunft bzgl. des Wesens Gottes, die Thomas vA und andere Theologen präsentieren, zu vergessen, das natürliche Selbst zu überwinden - entweder durch den Tod oder anders - und über eine "Teilhabe an Gott" bzw. als "mit Gott vereinigt", Gott zu erkennen. Sollte der Nachweis gelingen, dann ist das Prüfungsergebnis nicht mitteilbar und ich würde auch nicht davon ausgehen, dass es dann noch ein Selbst gibt, welches sich anderen mitteilen wollen würde.

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Protasius
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Re: Das Bild

Beitrag von Protasius »

Stefanro hat geschrieben:
Mittwoch 17. Mai 2023, 20:17
Stefanro hat geschrieben:
Montag 15. Mai 2023, 21:23
Das ist also die Herausforderung: Wie kann die Prämisse des AT aufrecht erhalten werden, dass Gott den Menschen nach seinem Bild erschaffen hat, wenn gleichzeitig behauptet wird, dass Gott nicht ist, was der Mensch ist.
Das werden wir wohl vergessen können, denn wenn der Mensch das Bild Gottes sein soll, weil er das Potential hat, Gott zu erkennen wie Gott sich selbst erkennt, auf der anderen Seite aber "Gottes Wesen ... in diesem Leben von keinem sterblichen Menschen geschaut [wird]" (summa theol., I, q12, a11) wie sollten wir in der Lage sein, zu behaupten, was Gott nicht ist und dabei Kategorien verwenden, welche nur unserer kreatürlichen Vernunft entspringen?
Wenn der Mensch also einen Körper hat, was unserer natürlichen Vernunft zugänglich ist, wie sollten wir behaupten können "Gott ist nicht ein Körper" (summa theol., I, q3, a1) und dabei annehmen, dass "Gott ist nicht ein Körper" die Art und Weise ist wie Gott sich selbst erkennt? Warum sollte Gott sich selbst erkennen mittels der gleichen Kategorien (hier "Körper"), welche unserer kreatürlichen natürlichen Vernunft entspringen? Das ist doch reichlich absurd! Gleiches gilt bzgl. des behaupteten Nicht-Zusammengesetzt-Seins Gottes (summa theol., I, q3, a2), wobei "Zusammengesetztsein" unserer kreatürlichen natürlichen Vernunft entspringt, oder bzgl. des Nicht-Endlich-Seins Gottes (summa theol., I, q7), wobei "Endlichkeit" unserer kreatürlichen natürlichen Vernunft entspringt, oder bzgl. der behaupteten Nicht-Veränderlichkeit Gottes (summa theol., I, q9), wobei die "Veränderlichkeit" unserer kreatürlichen natürlichen Vernunft entspringt, oder bzgl. der "Nicht-Zeitlichkeit" Gottes (summa theol., I, q10), wobei "Zeit" (wie auch "Raum") wiederum unserer kreatürlichen natürlichen Vernunft entspringt.
Wollen wir wirklich glauben, dass wir Gott erkennen können wie Gott sich erkennt und dass sich dieses Erkennen (als Erkennen der Seligen nach dem Tode) auf der Basis unserer irdisch-kreatürlichen Vernunft-Kategorien abspielen wird?
Dass das, was Thomas vA im Kontext des Bildes präsentiert, nur eine inkohärente Ideensammlung ist hat schon seinen Grund und der Grund ist das AT als mythologische kulturabhängige Schrift.

Wenn wir also den Vorschlag aufnehmen, dass der Mensch das Bild Gottes ist, weil er das Potential hat, Gott zu erkennen wie Gott sich selbst erkennt und wir das überprüfen wollen, dann ist die eigentliche Herausforderung also all die Phantasieprodukte der kreatürlichen Vernunft bzgl. des Wesens Gottes, die Thomas vA und andere Theologen präsentieren, zu vergessen, das natürliche Selbst zu überwinden - entweder durch den Tod oder anders - und über eine "Teilhabe an Gott" bzw. als "mit Gott vereinigt", Gott zu erkennen. Sollte der Nachweis gelingen, dann ist das Prüfungsergebnis nicht mitteilbar und ich würde auch nicht davon ausgehen, dass es dann noch ein Selbst gibt, welches sich anderen mitteilen wollen würde.
Da haust du aber auf einen Strohmann ein, nämlich ein Mißverständnis der negativen Theologie.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

Peduli
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Re: Das Bild

Beitrag von Peduli »

Protasius hat geschrieben:
Mittwoch 17. Mai 2023, 21:42
Da haust du aber auf einen Strohmann ein, nämlich ein Mißverständnis der negativen Theologie.
Die "theologischen Erwägungen" des Foranten stefanro sind auf dem Hintergrund seines Lebensentwurfes zu betrachten (und zu bewerten). :unbeteiligttu:
Wer nicht weiß, wo er herkommt, weiß auch nicht, wo er hinwill.
Schauen wir dankbar zurück, mutig vorwärts und gläubig aufwärts!

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Stefanro
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Re: Das Bild

Beitrag von Stefanro »

Protasius hat geschrieben:
Mittwoch 17. Mai 2023, 21:42
Da haust du aber auf einen Strohmann ein, nämlich ein Mißverständnis der negativen Theologie.
Sehr schön. Ich freue mich auf deine Klarstellung diesbzgl. und verbleibe schon mal - die Klarstellung erwartend - mit "Vielen Dank".

Peduli
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Re: Das Bild

Beitrag von Peduli »

Es war einmal D.B. aus W.!
D.B. war ein Kleinkrimineller, der bereits in seiner Jugend mit dem Gesetz in Konflikt geriet. Die Justiz war ihm auf die Spur gekommen, hatte aber aufgrund seiner Jugendlichkeit Gnade vor Recht ergehen lassen und war in der Bestrafung sehr milde gewesen.
Jedoch war D.B. ein uneinsichtiger Zeitgenosse und da er er sich über die Maßnahmen der Justiz trotz deren Milde geärgert hatte, beschloss er Jura zu studieren. Er hatte die Vorstellung, er könne sich dann bei seinen Straftaten besser verteidigen ggf. sogar vor Gericht. So ging er an die Universität, wurde ein fleißiger Student und blieb ein noch fleißigerer Straftäter.
Insbesondere interessierte er sich für die Rechtsphilosophie, weil er meinte, dort die Gründe finden zu können, warum die Justiz ihn wegen seiner Straftaten weiterhin verfolgte. Und er lernte Hans Kelsen kennen. Allerdings leider nicht persönlich, denn dieser war schon verstorben. Von seinen Professoren hörte er, daß Hans Kelsen ein besonders einflußreicher Rechtsphilosoph gewesen war, weil er sehr stringent und logisch argumentierte. Er nahm sich also die Schriften des Hans Kelsen vor und interpretierte diese wie es noch keiner vor ihm getan hatte. Diese Interpretation ergab, daß der Mensch autonom sei. Das hatte Hans Kelsen zwar nie gesagt, aber wenn man seine Texte auf etwas eigenwillige Weise zusammenstückelte, dann hätte Hans Kelsen es gesagt haben können. Und damit hatte D.B. des Pudels Kern gefunden: Die Justiz durfte ihn gar nicht verfolgen, weil er sich selber Gesetzgeber war und diese selbstgemachten Gesetze erlaubten eben alle die von D.B. begangenen Straftaten.
Und wenn er nicht gestorben ist, dann lebt D.B. aus W. noch heute …...............
Wer nicht weiß, wo er herkommt, weiß auch nicht, wo er hinwill.
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Stefanro
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Re: Das Bild

Beitrag von Stefanro »

Bisherige Stationen des Aufbaus (oder Abbaus?) eines Denksystems zum Thema "Das Bild" dieses Threads:
1 --> 2 --> 3 --> 4 --> 5 --> 6 --> 7 --> 7a --> 8 --> 9 --> 10 --> 11

*************************************************************************************************************

Jetzt scheint es angezeigt, die bisherigen Stationen zusammenfassend zu ordnen:

1. Motivation für diesen Thread
Laut AT schuf Gott den Menschen nach seinem Bilde (--> 1 --> 2)

2. Die Natur des Menschen im Kontext des Themas dieses Threads
2.1 Da wir weder Wissen bzgl. des Wesens Gottes, noch Wissen bzgl. der "ursprünglichen" Natur des Menschen (mythologisch: "Adam's Natur") haben, können wir auch kein Wissen bzgl. des Bildes von Gott in der "ursprünglichen" oder in der "gefallenen" Natur des Menschen (der Natur nach dem mythologischen "Sündenfall", d.h. unserer Natur) haben und können uns deshalb nur von der spekulativen Theologie inspirieren lassen (--> 3).
2.2 Gemäß der Prämisse, dass Gott der Autor des Naturgesetzes ist, dieses ewig gültig ist und natürlich auch die Gesetze der Naturwissenschaften behinhaltet und gemäß der Prämisse der Unsterblichkeit der menschlichen Seele wurde ein "Denkvorschlag 3" ausgewählt, wonach auch der erste Mensch im irdischen Sinne sterblich war (--> 4).
2.3 Das Bild Gottes in der Natur des Menschen ist mehr als nur "Ähnlichkeit" und basiert auf der Erkenntnisfähigkeit der Vernunft des Menschen (--> 5 --> 6)
2.4 Da das Vernunftvermögen als solches in ursprünglicher und gefallener Natur gleich ist, ist auch das Bild Gottes prinzipiell in beiden gleich und so erklärt sich das Verhältnis der ursprünglichen zur gefallen Natur über die zusätzlichen Gaben (--> 7 --> 7a --> 8).
2.5 Das Bild Gottes in der Natur des Menschen umfasst sowohl das Wesen Gottes als auch die Dreieinigkeit ( --> 9).

3. Nur "Gott erkennen wie Gott sich selbst erkennt" macht "das Bild Gottes" aus
Der wesentliche Punkt der Erkenntnisfähigkeit im Kontext des Bildes von Gott in der menschlichen Natur wird spezifiziert dahingehend, dass der Mensch Gott potentiell "nachahmen" kann dadurch, dass er Gott erkennen kann wie Gott sich selbst erkennt ( --> 8).
Obgleich "Gottes Wesen ... in diesem Leben von keinem sterblichen Menschen geschaut [wird]" (summa theol., I, q12, a11) führt Thomas vA dennoch drei Betrachtungsweisen dieses Bildes ein:
"erstes Bild": "der Mensch [ist] von Natur aus geeignet ..., Gott zu erkennen - und da dies in der Natur begründet ist, bleibt es allen Menschen gemeinsam"
"zweites Bild": " insofern der Mensch thatsächlich oder dem Zustande nach Gott ... erkennt, jedoch in unvollkommener Weise; — und das ist das Bild gemäß der in der Gnade begründeten Gleichförmigkeit.
"drittes Bild": "insofern der Mensch Gott erkennt ..., sowohl dem thatsächlichen Sein nach als auch vollkommen; — und das ist das Bild Gottes in der Herrlichkeit."
Übernehmen wir diese drei Betrachtungsweisen, dann sind alle theologischen Spekulationen über Gottes Wesen und seine negativen oder positiven analogen Attribute ( --> 10 --> 11) dem "ersten Bild", der bloßen Eignung also, zuzuschreiben, weil sie auf Projektionen der natürlichen Vernunft beruhen, welche lediglich dem Willen (zum Erkennen Gottes) Ausdruck verleihen, aber mit Erkennen nichts zu tun haben. Dass diese Projektionen auch auf kulturellen Prägungen beruhen (was "gut" ist oder wie der Mensch "idealerweise" sein sollte oder was "Freiheit" oder "Unfreiheit" assoziieren lässt) und zudem von den intellektuellen Fähigkeiten (wie zB dem philosophisch-analytischen Denken) abhängen, sollte sich von selbst verstehen. Beides, kulturelle Prägung als auch intellektuelle Fähigkeiten, beruht jedoch wiederum auf der Erkenntnisfähigkeit.
Wenn die drei Betrachtungsweisen des Thomas vA übernommen werden, so ist also bereits die bloße Beschäftigung mit dem Thema eine Bestätigung des Bildes Gottes in der Natur des Menschen. Damit bewahrheitet sich, dass die Theologie auf spekulativen Umwegen bestätigt, was sie von Anfang an bereits glaubt.

Stefanro
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Re: Das Bild

Beitrag von Stefanro »

Mir persönlich scheint die traditionelle theologische Betrachtungsweise zum Thema, wie sie von Thomas vA und von Augustinus (soweit der Thomas sich darauf bezieht) ausgedrückt wird, nicht angemessen, weil sie das eigentlich Wesentliche der Analogie, die im "Bild Gottes in der Natur des Menschen" steckt, überhaupt nicht berührt: Autonomie und Kreativität.
Die Erkenntnisfähigkeit ist nicht deshalb das wesentliche Attribut des Bildes von Gott, weil sie potentiell zum Erkennen Gottes (wie Gott sich selbst erkennt) führen kann, sondern weil sie dem Willen unterliegt. Es ist nämlich der freie Wille des Menschen, der das Analogon der absoluten Autonomie Gottes darstellt und der über die Erkenntnisfähigkeit der Vernunft das Analogon des Schöpfungsaktes Gottes nachbildet:
Jeder Mensch entscheidet selbst wie er sich und die Welt wahrnehmen (im Sinne von "verstehen") will und erschafft so für sich selbst auf diese Weise sich selbst im Kontext der Welt/des Universums und die Welt/das Universums im Kontext von sich selbst. In diesem Sinne ist in der Natur des Menschen - und nur des Menschen - das Bild Gottes: freier Wille (als Analogon zur absoluten Autonomie Gottes) und Kreativität (als Analogon zum Schöpfungsakt Gottes).

Stefanro
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Re: Das Bild

Beitrag von Stefanro »

Stefanro hat geschrieben:
Donnerstag 25. Mai 2023, 07:34
Jeder Mensch entscheidet selbst wie er sich und die Welt wahrnehmen (im Sinne von "verstehen") will und erschafft so für sich selbst auf diese Weise sich selbst im Kontext der Welt/des Universums und die Welt/das Universums im Kontext von sich selbst. In diesem Sinne ist in der Natur des Menschen - und nur des Menschen - das Bild Gottes: freier Wille (als Analogon zur absoluten Autonomie Gottes) und Kreativität (als Analogon zum Schöpfungsakt Gottes).
Dieser freie Wille ist es, der dann zur Frage führt: Warum hat der eine Glauben und der andere nicht, wenn die Ausgangsbedingungen scheinbar die gleichen sind? Gemäß der Gnadenlehre ist es ja der freie Wille, der es dem Menschen ermöglicht, sich der Gnade Gottes zu widersetzen und z.B. zu einer atheistischen Sicht von Selbst und Welt/Universum zu gelangen. Die thomistisch-augustinische Herangehensweise (so ausgedrückt durch Garrigou-Lagrange) zu sagen, dass Gott gut macht, was er liebt und wenn einer durch den Glauben besser ist als der andere, dann könne das nur daran liegen, dass Gott ihn halt mehr liebt, man aber nicht weiter über die Ursachen spekulieren solle, um fehlerhafte Schlüsse zu vermeiden - diese Herangehensweise findet meine natürliche Vernunft unbefriedigend. Wenn man schon über Dinge spekuliert, die der natürlichen Vernunft letztendlich nicht zugänglich sind, wie die Theologie das tut, dann sollte man diese spekulative Grundhaltung auch durchhalten und nicht die "Flinte ins Korn" werfen, wenn's überdurchschnittlich schwierig wird.

Das wäre dann vielleicht ein Thema für einen weiteren Thread, nachdem ich das Thema des Bildes Gottes in der Natur des Menschen - für mich zumindest - geklärt habe:
Warum findet der eine zum Glauben und der andere nicht? Warum gelingt es dem einen zu glauben, dem anderen aber nicht, selbst wenn beide gleichermaßen glauben wollen? (Hab's selbst schon erlebt, dass jemand glauben wollte und fast darüber verzweifelte, dass es einfach nicht gelingen wollte.)

Peduli
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Re: Das Bild

Beitrag von Peduli »

"... Auch abgesehen von der religiösen Blindheit, die die Folge des "technischen Geistes" ist, ist der Mensch, der von ihm besessen ist, in seinem Denken vermindert, gerade insofern er durch dieses das Ebenbild Gottes ist.

Gott ist der unendlich umfassende Verstand, während der "technische Geist" alles tut, um die freie Entfaltung des Verstandes im Menschen zu unterbinden.

Dem Techniker, Meister oder Schüler, der sich vor dieser Minderung retten will, muss man nicht nur eine ganz gründlich durchgebildete Erziehung des Geistes, sondern vor allem eine religiöse Bildung wünschen; denn diese ist, im Gegensatz zu dem, was manchmal behauptet wird, die geeignetste, um sein Denken vor einseitigen Einflüssen zu bewahren.

Dann wird die Enge des Wissens gesprengt; die Schöpfung erscheint ihm in all ihren Dimensionen erleuchtet, insbesondere wenn er sich vor der Krippe bemüht, zu verstehen, "was die Breite und Länge, die Höhe und Tiefe und die Erkenntnis der Liebe Christi ist" (vgl. Eph. 3, 18-19).

Im entgegengesetzten Fall wird das technische Zeitalter sein monströses Meisterwerk vollenden und den Menschen in einen Riesen der physischen Welt verwandeln, auf Kosten seines Geistes, den es zu einem Zwerg in der übernatürlichen und ewigen Welt macht. ..."
(Papst Pius XII. in seiner Weihnachtsbotschaft 1953)
Wer nicht weiß, wo er herkommt, weiß auch nicht, wo er hinwill.
Schauen wir dankbar zurück, mutig vorwärts und gläubig aufwärts!

(F.J.S.)

Peduli
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Re: Das Bild

Beitrag von Peduli »

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