Bisherige Stationen des Aufbaus (oder Abbaus?) eines Denksystems zum Thema "Das Bild" dieses Threads:
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6 endete mit:
Thomas (in summa theol., I, q93, a2) hat geschrieben:... Das Vernünftige bildet also den letzten Unterscheidungsgrund zwischen den Kreaturen rücksichtlich der Ähnlichkeit mit Gott und wird somit im eigentlichen Sinne als Bild Gottes bezeichnet.
Wie stellt sich das Bild Gottes in der ursprünglichen Natur Adams nun dar? Hier kann auf das verwiesen werden, was der Thomist Vater Réginald Garrigou-Lagrange in seinem sehr detaillierten Kommentar zur Gnadenlehre des Thomas vA beschreibt:
Der Zustand der inkorrupten Natur ist gekennzeichnet von der vollkommenen Unterwerfung des Körper unter die Seele und der vollkommenen Unterwerfung des sinnlichen Beghrens unter die Vernunft. Die vier unglücklichen natürlichen Konsequenzen Ignoranz,
Konkupiszenz, Schmerz und Tod sind also abwesend. Diese Gabe der Integrität war eine Einrichtung der Natur, entsprang aber de facto der heilig- oder wohlgefälligmachenden Gnade, welche die Seele befähigt ihre Vernunft Gott zu unterwerfen, gehört aber der natürlichen Ordnung an. Diese Gabe der Integrität erhob also
nicht auf die Ebene der übernatürlichen Ordnung (welche zB beinhaltet angenommener Sohn Gottes, Teilhabe an der göttlichen Natur, u.ä.).
Thomas (in summa theol., I, q95, a1) hat geschrieben:Ich antworte, einige meinen, der Mensch sei nicht in der Gnade geschaffen; es sei ihm aber, bevor er sündigte, die Gnade verliehen worden. Sehr viele Autoritäten unter den Heiligen bezeugen aber, daß der Mensch im Stande der Unschuld die Gnade gehabt habe. Daß er diese letztere nun im Augenblicke daß er erschaffen wurde, hatte, das scheint die Geradheit und die Gerechtigkeit des ersten Zustandes, in welchem Gott den Menschen gründete, zu erfordern; wie es Ekkle. 7, 30. heißt: „Gott schuf den Menschen aufrecht.“ Diese Urgerechtigkeit und Geradheit bestand nämlich darin, daß die Vernunft Gott unterthan war, die niedrigeren Kräfte aber der Vernunft gehorchten und der Körper der Seele folgte. Die erstgenannte Art Unterwürfigkeit nun ist die Ursache sowohl der zweiten als auch der dritten. Denn so lange die Vernunft Gott Unterthan blieb war ihr das Niedrigere unterworfen. Nun ist es aber offenbar, daß jene Unterordnung des Körpers unter die Seele und der Sinneskräfte unter die Vernunft nicht von der Natur im Menschen kam; sonst wäre sie nach der Sünde geblieben, da ja auch in den Dämonen die natürlichen Gaben blieben. Also floß auch die Unterwürfigkeit der Vernunft unter Gott nicht rein aus der Natur, sondern aus dem übernatürlichen Geschenke der Gnade; insofern es nicht geschehen kann, daß die Wirkung mächtiger ist wie die Ursache. Danach sagt Augustin (13. de civ. Dei 13.): „Nachdem das Gebot übertreten worden war, verließ dieselben sogleich die göttliche Gnade und sie schämten sich der Nacktheit ihrer Körper.“ Ist also, weil sie die Gnade verließ, die Unterordnung des Fleisches gegenüber der Seele gestört worden, so war auch die Gnade im Menschen die Ursache dieser Unterordnung.
Solange die Seele durch die Gnade dieser natürlichen Integrität an Gott festhalten konnte war da die vollkommene Unterwerfung der Vernunft unter Gott, des Sinnesbegehrens unter die Vernunft und des Körpers unter die Seele. Jedoch war Sünde deshalb noch möglich, weil der Wille noch nicht im allerhöchsten Gut bestätigt war.
Im Gegensatz zur heilig- oder wohlgefälligmachenden Gnade bei der gefallenen Natur war diese bei Adam also eine Ausstattung der Natur. Der Sündenfall war "der Tod der Seele", indem diese Integrität und mit ihr die Gnade verloren ging. Daneben war Adam's ursprüngliche gerechte Natur auch ausgestattet mit eingegossenen Tugenden, theologisch als auch moralisch, und den Gaben des heiligen Geistes.
Soweit also in Kürze Vater Réginald Garrigou-Lagrange's Darstellung vom Bild Gottes in der kreatürlichen Natur. Das Bild Gottes ging aber durch den Sündenfall verloren, weil die Analogien zum göttlichen Sein (gutes Sein), zum göttlichen Leben (gutes Leben) und zur göttlichen Allwissenheit (gute Vernunft) (s.
6) in unserer gefallenen Natur nicht mehr existent sind. Wir weisen nur mehr bloß formale Analogien von "Sein", "Leben" und "Vernunftsvermögen" auf, welche allesamt schlecht sind und nichts von der urspünglichen Gutheit mehr aufweisen. Denn wenn auch - wie die Religion behauptet - die Schuld der Erbsünde durch Jesus Christus weggenommen wurde, so bleibt doch der Zustand der Erbsünde bestehen - selbst in den Wenigen, denen die heilig- oder wohlgefälligmachenden Gnade zuteil wird, bleibt der Zustand der Erbsünde bestehen, so dass sie weiterhin von der Gnade Gottes abhängig sind, um bis zum Tode standfest durchhalten zu können (summa theol., I-II, q109, a9-10).
Welche Bedeutung soll/kann es also für uns Kreaturen haben, dass Adam ursprünglich das kreatürliche Bild Gottes war, nach seinem Sündenfall aber so ein kreatürliches Bild Gottes niemals mehr auf Erden geboren wurde? Es gibt keinen Weg zurück. Da aus "Sein", "Leben" und "Vernunftsvermögen" nichts wirklich Gutes mehr zu machen ist, kann allenfalls das unter den gegebenen Umständen der gefallenen Natur "Beste" noch daraus sich entwickeln ... so Gott will und die Seele empfangsbereit ist