Substantielle Worte
Verfasst: Dienstag 25. April 2023, 14:38
Ich gebe zu, dise Darstellung finde ich zumindest auf den ersten und zweiten Blick etwas problematisch. Vermischt Johannes darin eventuell Dinge und stellt diese Art des Wirkens Gottes so als erstrebenswert zielhaft vor?
Johannes vom Kreuz, Karmelberg, Buch 2 hat geschrieben:EINUNDDREISSIGSTES KAPITEL
Von den substantiellen Worten, die innerlich an den Geist ergehen.
- Sie unterscheiden sich von den formellen und bringen
Gewinn. - Die Seele soll sich ihnen gegenüber gelassen und
ehrfürchtig verhalten.
1 Die dritte Weise der inneren Worte nannten wir substantielle Worte. Sie sind zwar auch formell,
da sie sich der Seele in aller Form einprägen, doch sie unterscheiden sich durch eine lebendige und
wesenhafte Wirkung in der Seele, die von den nur formellen nicht hervorgebracht wird. Es ist dem-
nach jedes substantielle Wort formell, nicht aber jedes formelle Wort auch substantiell, sondern nur
dann, wenn es (wie oben gesagt) der Seele das wesenhaft einprägt, was es bedeutet. Sagte etwa unser
Herr einer Seele formell: « Sei gut!», so wäre sie sofort wesenhaft gut. Oder sagte er: «Liebe mich! »,
so hätte und empfände sie sofort in sich wesenhafte Gottesliebe. Oder wenn sie sich sehr ängstigte und
er sagte: «Fürchte nichts!», sofort empfände sie große Kraft und Ruhe. Denn der Spruch Gottes und
sein Wort ist, wie der Weise sagt,gar mächtig (Pred 8,4), und so bewirkt es in der Seele wesenhaft das,
was es besagt. Dies wollte David ausdrücken mit den Worten: Singe!, dem Herrn, denn seine Stimme wird
schallen als Stimme voll Macht! (Ps 67, 34.) So ging es auch mit Abraham. Da Gott zu ihm sprach und
sagte: Wandle vor mir und sei vollkommen (Gn 17, I), war Abraham gleich vollkommen und wandelte
stets zu Gottes Ehre. Diese Macht erweist sich auch im Evangelium. Einzig durch das Aussprechen sei-
nes Wortes heilt Jesus die Kranken erweckt Er die Toten usw. Und auf solche Weise spricht Er manche
Seelen wesenhaft an. Sein Wort hat für sie so entscheidenden Wert, daß es der Seele in unvergleichli-
cher Weise Leben und Tugendkraft verleiht, denn ein solches Wort bewirkt mehr Gutes, als die Seele
in ihrem ganzen Leben zu tun vermöchte.
2 Was nun diese Worte anlangt, so hat die Seele nichts zu tun, weder sie zu wollen noch nicht zu
wollen, weder etwas abzuweisen, noch etwas zu befürchten.
Sie hat nichts Zu tun, um das zu bewirken, was sie besagen; denn Gott spricht diese substantiellen Worte
nicht, damit sie etwas ins Werk setze, sondern um dieses Werk selber in ihr zu vollbringen. Bei den
formellen und schlußfolgernden Worten ist dies anders.
Und ich sage, sie hat weder Zu wollen noch nicht Zu wollen; denn Gott braucht ihr Wollen
nicht für sein Werk, und ihr Nichtwollen kann es nicht verhindern.
Sie verhalte sich dazu gelassen und demütig. Sie hat nichts abzuweisen, denn die Wirkung bleibt
der Seele wesenhaft zu eigen und ist voll der Gnade Gottes, die sie passiv aufnimmt. Ihre Tätigkeit ist
bei alledem wie nichts. Sie hat keinerlei Täuschung Zu fürchten; denn weder der Verstand, noch der
Teufel können sich hier einmengen, um eine wesenhafte Wirkung in der passiven Seele hervorzubrin-
gen, die als Wirkung und Zustand durch das Wort ihr eingeprägt bliebe; außer die Seele hätte sich ihm
durch einen freiwilligen Pakt ergeben, so daß er als Herr in ihr wohnte und ihr solche Wirkungen ein-
prägte, nicht aber zum Guten, sondern zum Bösen. Wäre ihm nämlich die Seele in gewollter Bosheit
vereint, so könnte der Teufel ihr leicht die Wirkungen der Sprüche und Worte boshaft einprägen. Da
er, wie wir aus Erfahrung wissen, sogar guten Seelen in vielen Dingen hart zusetzt durch Suggestion,
die starke Wirkung auf sie ausübt, so vermag er in denen, die böse sind, das Werk zu vollenden. Doch
glaubhafte Wirkungen kann er den Guten nicht einprägen, da seine Worte den Worten Gottes nicht
vergleichbar sind. Neben diesen sind sie alle wie nichts, auch in ihren Wirkungen. Darum sagt Gott
durch Jeremias: Was hat denn das Stroh mit dem Weizen Zu tun? Sind etwa meine Worte nicht wie Feuer und wie ein Hammer, der Felsen zerschmettert? (23, 28-29.) So dienen also diese substantiellen Worte sehr
der Vereinigung der Seele mit Gott. Je innerlicher um so wesenhafter sind sie und um so mehr nützen
sie. Glücklich die Seele, zu der Gott solche Worte spricht. Rede, Herr, dein Diener hört (1 Sm 3, 10).