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Tote ? (Joh. 5,25 - 29)
Verfasst: Mittwoch 11. August 2004, 16:00
von Angelika
Hallo,
"Amen, amen, ich sage euch: Die Stunde kommt und sie ist schon da, in der die Toten die Stimme des Sohnes Gottes hören werden; und alle, die sie hören, werden leben. Denn wie der Vater das Leben in sich hat, so hat er auch dem Sohn gegeben, das Leben in sich zu haben. Und er hat ihm Vollmacht gegeben, Gericht zu halten, weil er der Menschensohn ist. Wundert euch nicht darüber! Die Stunde kommt, in der alle, die in den Gräbern sind, seine Stimme hören und herauskommen werden: Die das Gute getan haben, werden zum Leben auferstehen, die das Böse getan haben, zum Gericht." (Joh. 5,25-29 - Hervorhebung durch mich)
wen meint Jesus hier mit den
Toten ?
Einerseits klingt diese Bibelstelle so, als wenn Jesus die
geistlich Toten, also die Ungläubigen meint. Die Stimme Jesu zu hören und ihm zu folgen, das bedeutet Leben.
Andererseits ist etwas später davon die Rede, dass alle,
die in den Gräbern sind, seine Stimme hören werden. Damit sind wohl die
körperlich Toten gemeint.
Spielen die unterschiedlichen Wendungen "die Stunde kommt
und sie ist schon da" im ersten Teil bzw. "die Stunde kommt" im zweiten Teil eine Rolle ?
Gruß
Angelika
Verfasst: Mittwoch 11. August 2004, 18:17
von Erich_D
24-27## Eindringlich ist nun davon die Rede, das Gericht (krisis, s.u. zu Joh 5,30) auch als gegenwärtiges (s. zu Joh 3,17-21) zu begreifen. Wahrlich ... (s. zu Mt 5,18 A), der Weg aus dem Tod (s. zu Phil 3,10-11), aus der Gottferne der Sünde hin zu Gott in das ewige (aionion s. zu Mk 10,29-30 B) Leben (s. zu Joh 1,4-5) ist bereits geebnet: Wer mein Wort (logos, s. zu Lk 8,19-21) hört (s. zu Mk 8,16-21) und, indem er mir glaubt, dem traut (pistis, s. zu Mk 1,15 B), der mich geschickt hat, kommt nicht mehr in das Gericht, wird nicht mehr angeklagt und verurteilt, sondern hat bereits göttliches Leben. Die erlösende Stunde der Toten hat schon geschlagen, denn jetzt (nyn, s. zu Joh 13,31-32) ist es, daß sie hören die Stimme (johanneisch, s. zu Joh 10,1-5) des Sohnes (s. zu Mt 4,3 A) Gottes (s. zu Mt 1,23 C): wer sie nicht nur hört, sondern erhört, wer gehorsam ist (s. zu Röm 5,18-19 B), wird leben. Denn wie der Vater (s. zu Mt 6,9 A) die Quelle göttlichen Lebens in sich hat, so hat er auch dem Sohn als seinem Offenbarer die Quelle göttlichen Lebens für die Menschen gegeben. Auch er hat sie in sich und verfügt darüber, so daß der Vater ihm damit auch die Vollmacht (exousia, s. zu Mt 9,8 ) gegeben hat (s. zu Joh 3,1-21 J), den Menschen den Prozeß (krisis) zu machen, ihnen dieses Leben mitzuteilen oder zu verweigern: so ist Jesus in Wahrheit der als endzeitlicher Richter und Heilsbringer prophezeite Menschensohn (s. zu Mk 8,31 A).
Wie das »Sehen« (s. zu Joh 1,14 C) ist auch das »Hören« ein typisch johanneischer Begriff. Wenn er auch die alttestamentliche, paulinische (s. zu Röm 5,18-19 B) und synoptische (s. zu Mk 8,16-21) Tradition fortführt, so bekommt er bei dem Evangelisten des WORTES (s. zu Joh 1,1) ein diesem Akzent entsprechendes Gewicht. Das rein informative, auf den Inhalt gerichtete Hören der Rede Jesu muß sich - deshalb läßt das WORT überhaupt nur seine »Stimme« (s. zu Joh 10,1-5) vernehmen - durch intensives Hinhorchen zu jenem vom Vater im Heiligen Geist ermöglichten christlichen Hören des WORTES entwickeln, das ein persönliches Ange-hören, gläubiges Vertrauen und Liebe ist. Jesus in seinem Hören auf den Vater ist letztes Vor-bild geschöpflichen Hörens und Gehorchens.
28-29## Doch das gegenwärtige Gericht macht ein allgemeines Weltgericht (krisis, s.u. zu Joh 5,30) am Ende dieser Zeit nicht überflüssig. Auch jene Stunde (johanneisch, s. zu Joh 2,4) kommt - und wir sollten uns nicht wundern (s. zu Mk 2,12) -, wo das vor aller Welt offenbar wird und seinen Abschluß findet, was jetzt anhebt und erst noch in die Krisis, in die Entscheidung drängt: Alle in den Gräbern (s. zu Mk 15,46) werden seine Stimme (johanneisch, s. zu Joh 10,1-5) hören, wie der Prophet sagt: »Ihr verdorrten Gebeine, hört das Wort Jahwes« (Ez 37, 4; s. zu Mt 27,52-53). Und sie werden herauskommen, doch nicht mehr, um sich für oder wider Jesus zu entscheiden, Jesus einer »Kritik« zu unterziehen, sondern um die Früchte der früheren Entscheidung zu ernten: die das Gute (s. zu Mk 10,17-18 ), das Gottgemäße verwirklicht haben, gelangen zur Auferstehung (s. zu Mk 12,26-27) des Lebens (s. zu Joh 1,4-5 A. B), die das Böse (s. zu Mt 6,13 B) getan, zur Auferstehung des Gerichtes, ihrer Verurteilung (krisis, s.u. zu Joh 5,30). (Quelle: Günther Schiwy, Weg ins Neue Testament, Johannesevangelium).
Verfasst: Donnerstag 12. August 2004, 17:22
von Rainer
"Amen, amen, ich sage euch: Die Stunde kommt und sie ist schon da, in der die Toten die Stimme des Sohnes Gottes hören werden;
Was haltet ihr von diesem Text:
"Und die Erde erbebte, und die Felsen zerrissen, und die Gräber taten sich auf, und viele Leiber der entschlafenen Heiligen standen auf und gingen aus den Gräbern nach seiner Auferstehung und kamen in die heilige Stadt und erschienen vielen." (Matth.27,52-53) ?
Verfasst: Donnerstag 12. August 2004, 18:24
von Angelika
Danke euch beiden.
Mt 27,52-53 halte ich insofern für bemerkenswert, dass dies
nach dem Tod Jesu, aber
vor der Auferstehung geschehen ist.
Was das aber bedeutet ...
Gruß
Angelika
Verfasst: Donnerstag 12. August 2004, 19:38
von Rainer
Vielleicht hat es ja damit etwas zu tun:
"Darum heißt es (Psalm 68,19): «Er ist aufgefahren zur Höhe und hat Gefangene mit sich geführt und hat den Menschen Gaben gegeben.» " (Eph.4,8) ?
Verfasst: Donnerstag 12. August 2004, 20:27
von Robert Ketelhohn
Johannes (5,25-29) hat geschrieben:»"Amen, amen, ich sage euch: Die Stunde kommt und sie ist schon da, in der die Toten die Stimme des Sohnes Gottes hören werden; und alle, die sie hören, werden leben. Denn wie der Vater das Leben in sich hat, so hat er auch dem Sohn gegeben, das Leben in sich zu haben. Und er hat ihm Vollmacht gegeben, Gericht zu halten, weil er der Menschensohn ist. Wundert euch nicht darüber! Die Stunde kommt, in der alle, die in den Gräbern sind, seine Stimme hören und herauskommen werden: Die das Gute getan haben, werden zum Leben auferstehen, die das Böse getan haben, zum Gericht."«
Die zweite Stelle (Jo 5,28-29) redet offensichtlich von der allgemeinen Auferstehung bei der Wiederkunft Christi. Anders die erste. »Die Stunde … ist schon da« (Jo 5,25). Was heißt das, wohl etwa ein Jahr vor Jesu Leiden? – Man kann an das individuelle Gericht denken. Auch an die Höllenfahrt Christi. »Die Stunde kommt«. Aber sie ist bereits Gegenwart: »… ist schon da«.
Es muß also noch mehr gemeint sein. »Jetzt schon gebe ich dir das Leben. Dir, der du tot bist. Ich halte schon jetzt Gericht. Höre, und du wirst leben.«
Verfasst: Donnerstag 12. August 2004, 20:57
von cathol01
Hier ist die eschatologische Erweckung der Toten im Blick, die aber in die gegenwärtige Stunde verlagert wird, um den Gegenwartscharakter dieser Totenerweckung zu unterstreichen. Gemeint sind mit den Toten nicht nur Menschen eines bestimmten Habitus (die geistig Toten), sondern alle Menschen. Alle Menschen stehen unter dem Gericht Gottes und sind in diesem Sinn Tote. Es ist eine metaphorische Ausdrucksweise, um alle Menschen in ihrer gegenwärtigen Existenzsituation zu bezeichnen.
Wie überall in den Evangelien haben wir hier ein Ineinander von präsentischer und futurischer Eschatologie, wobei man letztlich nicht sagen kann, wie apokalyptisch Jesus dachte. Es ist ja eine viel diskutierte Frage.
Verfasst: Donnerstag 12. August 2004, 23:25
von Benedikt
eschatologische Erweckung
Was ist denn eine eschatologische Erweckung? Eschatologisch kommt aus dem griechischen und bedeutet die Lehre vom Ende, von den letzten Dingen. Wenn ich eschatologisch erweckt werde, heißt das dann, dass ich auf einmal beginne, einer bestimmten Eschatologie zu folgen. Die Frage ist natürlich, welche Eschatologie das sein wird?
Thierry: KISS - Keep it small and simple.

Verfasst: Freitag 13. August 2004, 00:03
von cathol01
Benedikt hat geschrieben: eschatologische Erweckung
Was ist denn eine eschatologische Erweckung? Eschatologisch kommt aus dem griechischen und bedeutet die Lehre vom Ende, von den letzten Dingen. Wenn ich eschatologisch erweckt werde, heißt das dann, dass ich auf einmal beginne, einer bestimmten Eschatologie zu folgen. Die Frage ist natürlich, welche Eschatologie das sein wird?
Thierry: KISS - Keep it small and simple.

Gemeint ist die Erweckung am Ende der Zeiten, in Abhebung von der individuellen Erweckung. Der Terminus findet sich durchaus in der Fachliteratur.
Verfasst: Freitag 13. August 2004, 00:05
von Benedikt
Der Terminus der "eschatologischen Erweckung"? Sicher nicht, denn er ist sinnlos, wie ich oben dargestellt habe. Wenn du die Erklärung nicht kapierst, kann ich dir ja auch nicht helfen.
Verfasst: Freitag 13. August 2004, 08:22
von Robert Ketelhohn
Doch, Benedikt, der theologischen Flachlitteratur traue ich alles zu.
Verfasst: Freitag 13. August 2004, 09:47
von cathol01
Benedikt hat geschrieben:Der Terminus der "eschatologischen Erweckung"? Sicher nicht, denn er ist sinnlos
Na dann schau doch mal im altbewährten Herderschen Kommentar zum Johannesevangelium von Rudolf Schnackenburg auf S. 140 nach. Vielleicht sollte man besser von eschatischer Erweckung sprechen?
Re: Tote ? (Joh. 5,25 - 29)
Verfasst: Montag 16. August 2004, 19:52
von Hobbes
Angelika hat geschrieben:wen meint Jesus hier mit den
Toten ?
Einerseits klingt diese Bibelstelle so, als wenn Jesus die
geistlich Toten, also die Ungläubigen meint. Die Stimme Jesu zu hören und ihm zu folgen, das bedeutet Leben.
Andererseits ist etwas später davon die Rede, dass alle,
die in den Gräbern sind, seine Stimme hören werden. Damit sind wohl die
körperlich Toten gemeint.
Spielen die unterschiedlichen Wendungen "die Stunde kommt
und sie ist schon da" im ersten Teil bzw. "die Stunde kommt" im zweiten Teil eine Rolle ?
vers 25: für mich wenn ich das so lese als ob er jetzt zu seiner lebzeit tote wiederbelebt. und das hat er ja auch. (ein kapitel vorher)
deine idee mit den ungläubigen finde ich aber auch sehr passen. steht auch sowas bei mir in der fussnote. (scofield,elberfelder) ist aber so komisch geschrieben das ich es erst am schluss von meinem posting und deiner frage, was der unterschied der beiden stunden ist, kapiert habe.
vers 25 als geistliche wiedergeburt und vers 28 als körperliche wenn jesus wieder kommt.(offenbarung 20)
und vers 28+29: da sind wirklich die toten gemeint die wärend der wiederkunft jesus aus den gräbern steigen. die "guten" bekommen das ewigeleben mit gott, die "bösen" werden gerichtet.
hab in vers 28 ein querverweis zu 1.thessalonicher 1, 15
Re: Tote ? (Joh. 5,25 - 29)
Verfasst: Montag 16. August 2004, 19:59
von Angelika
Hobbes hat geschrieben:
vers 25: für mich wenn ich das so lese als ob er jetzt zu seiner lebzeit tote wiederbelebt. und das hat er ja auch. (ein kapitel vorher)
Interessanter Aspekt! Danke.

Das wurde noch gar nicht in Betracht gezogen.
hab in vers 28 ein querverweis zu 1.thessalonicher 1, 15
1. Thess. 1 geht nur bis Vers 10.
Gruß
Angelika
Verfasst: Montag 16. August 2004, 20:25
von Hobbes
ups sorry. 1.thess 4,15ff
Verfasst: Mittwoch 18. August 2004, 15:49
von Ermi
Benedikt hat geschrieben: eschatologische Erweckung
Was ist denn eine eschatologische Erweckung? Eschatologisch kommt aus dem griechischen und bedeutet die Lehre vom Ende, von den letzten Dingen. Wenn ich eschatologisch erweckt werde, heißt das dann, dass ich auf einmal beginne, einer bestimmten Eschatologie zu folgen. Die Frage ist natürlich, welche Eschatologie das sein wird?
Thierry: KISS - Keep it small and simple.

Da würde ich eher von einer endzeitlichen Erweckung sprechen und nicht vom Ende. Dennoch wird nach der Aussage der Bibel ein <Ende> für diese unsere Erde (Kosmos) kommen und dann wird alles, was dem Tode verfallen war, auferstehen. Vielleicht kann eine Querverbindung zu Ezechiel 37ff , die oben beschriebene Thematik weiterhelfen.
Vers 37,11ff, kann dann auch im übertragenen Sinn für unsere Zeit angesehen werden.
