Wer kann Jünger Christi sein?

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Marlene
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Wer kann Jünger Christi sein?

Beitrag von Marlene »

Aus dem gestrigen Evangelium:

Wenn jemand zu mir kommt und nicht Vater und Mutter, Frau und Kinder, Brüder und Schwestern, ja sogar sein Leben gering achtet, dann kann er nicht mein Jünger sein.


Ziemlich hart, nicht wahr?

Wie versteht ihr denn das?

Cicero
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Re: wer kann Jünger Christi sein?

Beitrag von Cicero »

Marlene hat geschrieben:Aus dem gestrigen Evangelium:

Wenn jemand zu mir kommt und nicht Vater und Mutter, Frau und Kinder, Brüder und Schwestern, ja sogar sein Leben gering achtet, dann kann er nicht mein Jünger sein.
Wieso schaut meine Frau mich bei diesem Evangelium nur immer so kritisch an Bild

Marlene hat geschrieben:Ziemlich hart, nicht wahr?
Eindeutig, ja!
Aber ist das Christenum nicht insgesamt hart?
Ist es nicht eine Zumutung zu glauben, daß sich Gott selbst unter uns Menschen begibt, menschliche Natur annimmt und sich dann auch noch
Foltern und ermorden läßt?

Alles "nur" um uns zu erlösen.
Marlene hat geschrieben:Wie versteht ihr denn das?
Wenn es drauf ankommt, steht die Nachfolge Jesu auf Platz eins.
Das entbindet mich nicht von meinen Pflichten als Vater, Bruder, Sohn ...
Das entbindet mich nicht davon das Geschenk des Lebens, das ich von Gott erhalten habe abzulehnen.

Es ist die Aufgabe der Nachfolge Christi alles andere unterzuordnen.
Meine Ehe, meine Familie, meine Freunde und nicht zuletzt mein eigenes Leben.

Carlo Carretto hat einmal sinngemäß geschrieben (aus dem Gedächtnis zitiert) : "Nur um der Liebe zu den Brüdern und Schwestern willen bleibe ich freiwillig am Leben." Es gibt keinen anderen Grund, als um des Himmelreiches willen zu leben.
Und ich kann für mich auch sagen, daß ich gerne lebe und das das Leben hier gerne auch mit Freunden, Brüdern und Schwestern genieße.

Aber der Auftrag Jesu an mich ist klar, der Nachfolge ist nichts vorzuziehen.
Eine ziemliche Zumutung.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Im Original steht übrigens nicht „geringachten“, sondern „hassen“ – nicht einfach ein stärkerer Begriff, sondern etwas ganz anderes. Auch steht da nicht „Leben“, sondern „Seele“:
Lucas (14,26) hat geschrieben:»Wenn jemand zu mir kommt und nicht seinen Vater und die Mutter, Weib und Kinder, Brüder und Schwestern haßt, dazu aber auch seine eigene Seele, der kann nicht mein Jünger sein.«
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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roncalli
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Beitrag von roncalli »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Im Original steht übrigens nicht „geringachten“, sondern „hassen“ – nicht einfach ein stärkerer Begriff, sondern etwas ganz anderes. Auch steht da nicht „Leben“, sondern „Seele“:
Lucas (14,26) hat geschrieben:»Wenn jemand zu mir kommt und nicht seinen Vater und die Mutter, Weib und Kinder, Brüder und Schwestern haßt, dazu aber auch seine eigene Seele, der kann nicht mein Jünger sein.«
Nach biblischen Sprachgebrauch meint "hassen" hier schon "gering achten" oder (m. E. besser) "zurücksetzen".
Vergleiche z. B. dazu auch Dtn 21,15 im Wortlaut:
"Wenn ein Mann zwei Frauen hat, eine, die er liebt, und eine, die er hasst, und wenn beide ihm Söhne gebären, die geliebte wie die gehasste ..."
Hier ist mit "Hass" eindeutig Zürücksetzung an die zweite Stelle gemeint.
So auch in Röm 9,13:
"Es steht in der Schrift: Jakob habe ich geliebt, Esau aber gehasst."
Also der Erstgeborene muss von der ersten Stelle auf die zweite!

Zum Wort "psyche": Es bedeudet nach Langenscheidts Altgriechisch-Lexikon Atem, Leben, Seele... (in dieser Reihenfolge), nach Preusschen: Seele, Leben, Gemüt.

Also so falsch ist die Übersetzung nicht!

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

roncalli hat geschrieben:Zum Wort "psyche": Es bedeudet nach Langenscheidts Altgriechisch-Lexikon Atem, Leben, Seele... (in dieser Reihenfolge), nach Preusschen: Seele, Leben, Gemüt.
...in der LXX die regelmäßige Übersetzung des hebr. Nefesch (נפש).
Und das hebr. Wort meint eher Leben, Person, Selbst etc. Aber eben nicht Seele im gr. Sinne!
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Jürgen, verwechselst du nicht den griechischen Seelenbegriff mit dem modernen, bewußt oder unbewußt von der Psychologie geprägten? – Die Seele – als Form des Leibes – ist, was unsern Leib lebendig macht.

Roncalli, deine Beispiele treffen schon aus sprachlichen Gründen nicht ganz zu, denn im Deuteronomium haben wir ein Passiv (anders als in deiner Übersetzung), und die Römerstelle paßt vollends nicht, weil die Bedeutung wegen des inchoativen oder punktuellen Sinns des Aorists doch ziemlich abweicht. Zweitens kannst du die alttestamentliche Redeweise nicht einfach auf ein solches Wort Christi projizieren – ganz abgesehen davon, daß „geringachten“ etwas anderes ist als „an die zweite Stelle setzen“.

Gleichwohl steht auch in deinen Zitaten jeweils das Verbum hassen, und ich sehe nicht ein, weshalb man es dort tilgen sollte. Erst recht nicht in der Lucas-Stelle. Ja, natürlich ist das anstößig, daß wir unsere Eltern »hassen« sollen. Doch genau dies hat der Herr gesagt. Nicht etwa, daß du sie „geringschätzen“ sollst, daß du sie nicht ehren sollst – aber hasse, was dich Jesus Christus entfremdet hat.

Hasse deine Eltern mit all den Neurosen, die sie dir eingepflanzt haben (wie es alle Eltern tun). Hasse die Nabelschnur, die dich an sie immer noch bindet. Hasse die kranke Liebe deiner Eltern zu dir, die sich in dir immer noch verwirklichen wollen (wie du dich in deinen Kindern). Hasse sie, weil sie zwischen dir und Jesus stehen. Aber achte sie nicht gering, sondern ehre sie.
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roncalli
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Beitrag von roncalli »

Robert Ketelhohn hat geschrieben: Hasse deiner Eltern mit all den Neurosen, die sie dir eingepflanzt haben (wie es alle Eltern tun). Hasse die Nabelschnur, die dich an sie immer noch bindet. Hasse die kranke Liebe deiner Eltern zu dir, die sich in dir immer noch verwirklichen wollen (wie du dich in deinen Kindern). Hasse sie, weil sie zwischen dir und Jesus stehen. Aber achte sie nicht gering, sondern ehre sie.
Ich kenne das persönlich aus der Psychotherapie. Fast Wortgleiches findet sich bei Drewermann zur Auslegung dieser Stelle. Ich sage nicht, dass dies gar nicht zutrifft, halte aber die Aufforderung zum Hass-Gefühl sicher nicht für die Sinnspitze dieser Stelle.

Die von mir angegeben Stellen erkären gut, dass Worte, die ursprünglich Gefühle ausdrückten, später im übertragenen Sinn verwendet wurden. Solche Bedeutungsverschiebungen gibt es ja in allen Sprachen (mir fällt zwar im Moment kein deutsches Beispiel ein. Vielleicht später.)

Die Übertrageung "zurücksetzen" halte ich für am besten geeignet.

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Jürgen, verwechselst du nicht den griechischen Seelenbegriff mit dem modernen, bewußt oder unbewußt von der Psychologie geprägten? – Die Seele – als Form des Leibes – ist, was unsern Leib lebendig macht.
Auf jeden Fall - da sind wir uns einig - ist nicht das gemeint, was heute landauf, landab unter Seele im psychologischen Sinne verstanden wird.
Aber auch die Seele als einerseits vernünftige Seele (=Denkvermögen) andereseits unvernünftige Seele (=Sitz der Leidenschaften), wie es Sokrates lehrt, ist hier nicht gemeint.
Gemeint ist Seele als Lebens- oder Seinsprinzip des Menschen; das was die Person zur Person macht. (so jedenfalls in etwa :roll:)
Gruß Jürgen

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roncalli
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Beitrag von roncalli »

Robert Ketelhohn hat geschrieben: Ja, natürlich ist das anstößig, daß wir unsere Eltern »hassen« sollen. Doch genau dies hat der Herr gesagt. Nicht etwa, daß du sie „geringschätzen“ sollst, daß du sie nicht ehren sollst – aber hasse, was dich Jesus Christus entfremdet hat.
@ Robert:
Hilfreich zum Verständnis ist auch die Parallelstelle bei Matthäus 10,37, wo das "philon ... hyper eme" deutlich darauf hinweist, dass es darum geht nichts und niemand mehr zu lieben als Jesus, also alles andere "zurückzusetzen" - und nicht darum, Vater und Mutter, Sohn und Tochter (im emotionalen Sinn) zu "hassen". Leider bin ich noch nicht dazugekommen, die Kommentare abzuklappern...

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Hobbes
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Beitrag von Hobbes »

zusammengefasst meint der text ganz einfach, das gott in unserem leben an erster stelle stehen soll und das wir ihm 100% vertrauen sollen. erst nach ihm soll die familie und der rest kommen.

klar das das verdammt schwierig klingt, aber alleine können wir das auch nicht erreichen. ich denke das da uns gott sicher kräftig unterstützen kann. :ja:

es gibt ja in der bibel schon einige beispiele die genau auf den vers passen.

abraham der seinen erstgeborenen sohn opfern soll.
noah der ein schiff mitten im "wald" baut.
die 3 freunde von daniel die vor der statue stehen bleiben.
usw.

Marlene
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Beitrag von Marlene »

roncalli hat geschrieben:
Hilfreich zum Verständnis ist auch die Parallelstlle bei Matthäus 10,37, wo das "philon ... hyper eme" deutlich darauf hinweist, dass es darum geht nichts und niemand mehr zu lieben als Jesus, also alles andere "zurückzusetzen" - und nicht darum, Vater und Mutter, Sohn und Tochter (im emotionalen Sinn) zu "hassen".
Mit Hass im emotionalen Sinn hätte ich auch Schwierigkeiten ... vor allem, weil in der Augangsstelle ja auch davon die Rede ist, seine Frau -und indirekt dann wohl auch seinen Mann - zu "hassen". Und Hass in einer intakten Ehe???
:kratz:

"nichts und niemanden mehr lieben als Jesus" wird mir persönlich schon verständlicher, vor allem, wenn man noch das genannte Beispiel von Abraham und seinem Sohn dazu nimmt.

Tatsächlich gibt es ja "Lieben", die schon an Vergötzung grenzen ...

Und vielleicht auch noch etwas anderes: Einen geliebten Menschen loslassen zu können, wenn er von Gott zu sich gerufen wird - dann nicht mit Gott hadern, sondern ihm den Geliebten überlassen.

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roncalli
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Beitrag von roncalli »

Marlene hat geschrieben: Tatsächlich gibt es ja "Lieben", die schon an Vergötzung grenzen ...
Einmal sagte eine Frau zu mir (wohlgemerkt, ich hatte keine Marienerscheinung): "Mein Sohn ist mein Gott!"
Ich konnte sie nur fragen: "Überfordern Sie da ihren Liebling nicht?"
Wer einen Menschen zum Gott macht, macht ihn kaputt.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Hl. Gregor der Große (Evangelienhomilie 37,1-3) hat geschrieben:»1. … Daher spricht die Wahrheit zu denen, die zu ihr kommen: „Wenn jemand zu mir kommt, aber Vater und Mutter, Frau und Kinder, Brüder und Schwestern, ja sich selbst nicht haßt, dann kann er nicht mein Jünger sein. Und wer nicht sein Kreuz trägt und mir nachfolgt, kann nicht mein Jünger sein“ (Lk 14, 26 f).

2. Doch darf man die Frage stellen, wie man uns befehlen kann, Eltern und leibliche Verwandte zu hassen, da uns geboten wird, sogar die Feinde zu lieben? Und ohne Zweifel sagt die Wahrheit über die Frau: „Was Gott verbunden hat, darf der Mensch nicht trennen“ (Mt 19, 6). Und Paulus spricht: „Ihr Männer, liebt eure Frauen so wie Christus die Kirche“ (Eph 5,25). Seht, der Jünger verkündet, die Frau sei zu lieben, während der Meister sagt: „Wer seine Frau nicht haßt, kann nicht mein Jünger sein.“ Verkündet etwa der Richter etwas anderes, als der Herold ruft? Oder können wir zugleich hassen und auch lieben? Doch wenn wir den Sinn des Gebotes erwägen, können wir mit rechter Unterscheidung beides tun, das heißt, wir können die, die uns durch leibliche Verwandtschaft verbunden sind, sowohl lieben, da wir in ihnen unsere Nächsten sehen, als auch, wenn wir sie auf dem Weg zu Gott als Widersacher erdulden, nicht kennen, indem wir sie hassen und meiden. Es wird nämlich sozusagen im Haß geliebt, wer nicht gehört wird, wenn er uns als fleischlich Gesinnter zu Bösem verleitet. Um aber zu zeigen, daß dieser Haß gegen die Nächsten nicht aus der Abneigung, sondern aus der Liebe hervorgeht, fügt der Herr sogleich hinzu: „ja sogar seine eigene Seele“ (Lk 14,26). Daher wird uns geboten, die Nächsten zu hassen und uns selbst zu hassen. Es steht also fest, daß liebend den Nächsten hassen soll, wer ihn so haßt wie sich selbst. Dann hassen wir nämlich in rechter Weise uns selbst, wenn wir unseren fleischlichen Begierden nicht nachgeben, wenn wir unser Verlangen brechen, wenn wir unseren Gelüsten widerstehen. Was uns also durch Verachtung zum Besseren lenkt, wird sozusagen im Haß geliebt. Genau in dieser Weise müssen wir nun unseren Nächsten unterscheidenden Haß entgegenbringen, daß wir sowohl in ihnen lieben, was sie sind, als auch sie hassen, wenn sie sich uns auf dem Weg zu Gott entgegenstellen.

3. … Dieser Unterscheidung hinsichtlich des Hasses auf uns selbst wollen wir also die Form für den Haß gegen den Nächsten entnehmen. In dieser Welt soll sogar jeder Widersacher geliebt werden; doch ein Widersacher auf dem Weg zu Gott darf nicht geliebt werden, selbst wenn er ein Verwandter ist. Denn wer schon das Ewige begehrt, muß in der Sache Gottes, die er sich zu eigen macht, die Bindung an Vater, an Mutter, an Frau, an Kinder, an Verwandte, an sich selbst aufgeben, damit er um so wahrer Gott erkennt, je weniger er in dessen Sache sonst jemanden kennt. …«
S. Gregorius magnus (in ev. hom. xxxvii,i-iii) hat geschrieben:»1. … Unde ad se venientibus Veritas dich: „Si quis venit ad me, et non odit patrem suum et matrem, et uxorem et filios, et fratres et sorores, adhuc autem et animam suam, non potest meus esse discipulus.“

2. Sed percontari libet quomodo parentes et carnaliter propinquos præcipimur odisse, qui jubemur et inimicos diligere? Et certe Veritas de uxore dicit: „Quod Deus coniunxit, homo non separet.“ Et Paulus ait: „Viri, diligite uxores vestras, sicut et Christus Ecclesiam.“ Ecce discipulus uxorem diligendam prædicat, cum magister dicat: „Qui uxorem non odit, non potest meus esse discipulus.“ Numquid aliud judex nunciat, aliud præco clamat? An simul et odisse possumus et diligere? Sed si vim præcepti perpendimus, utrumque agere per discretionem valemus: ut eos qui nobis carnis cognatione coniuncti sunt, et quos proximos novimus, diligamus, et quos adversarios in via Dei patimur, odiendo et fugiendo nesciamus. Quasi enim per odium diligitur, qui carnaliter sapiens, dum prava nobis ingerit, non auditur. Ut autem Dominus demonstraret hoc erga proximos odium non de inaffectione procedere, sed de caritate, addidit protinus, dicens: „Adhuc autem et animam suam.“ Odisse itaque præcipimur proximos, odisse et animam nostram. Constat ergo, quia amando debet odisse proximum, qui sic eum odit sicut semetipsum. Tunc etenim bene nostram animam odimus, cum ejus carnalibus desideriis non acquiescimus, cum ejus appetitum frangimus, ejus voluptatibus reluctamur. Quæ ergo contempta ad melius ducitur, quasi per odium amatur. Sic sic nimirum exhibere proximis nostris odii discretionem debemus, ut in eis et diligamus quod sunt, et habeamus odio quod in Dei nobis itinere obsistunt.

3. … Ab hac ergo discretione odii nostri trahamus formam ad odium proximi. Ametur quilibet in hoc mundo etiam adversarius, sed in via Dei contrarius non ametur etiam propinquus. Quisquis enim jam æterna concupiscit, in ea quam aggreditur, causa Dei, extra patrem, extra matrem, extra uxorem, extra filios, extra cognatos, extra semetipsum fieri debet, ut eo verius cognoscat Deum, quo in ejus causa neminem recognoscit. …«
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roncalli
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Beitrag von roncalli »

Ja wenn man "Hass" so versteht, wird es auch kaum Widerspruch geben.
Man spürt förmlich, wie Papst Gregor sich anstrengt, dieses "Hassen" zu erklären und moralisch plausibel zu machen. Okay! Nichts anderes wollen auch alle neueren Übersetzungen erreichen, die "Hassen" mehr oder weniger glücklich durch andere Ausdrücke wiedergeben.

Probleme gibt es, wenn man Hass als Schadenswunsch oder Vernichtungswunsch versteht. Diese Bedeutung gibt es ja auch in der Bibel:
"Jeder, der seinen Bruder hasst, ist ein Mörder und ihr wisst: Kein Mörder hat ewiges Leben, das in ihm bleibt." (1.Joh 3,15)
Deshalb sind differenzierende Übersetzungen dringend nötig. (Nicht jeder, der sich eine Bibel kauft, hört auch eine gute Predigt.)

Keinesfalls darf die Meinung entstehen, wir dürften Menschen, die uns in unserer Glaubensausübung behindern, voll Hass verfolgen und vernichten.
(Auch das hatten wir im Lauf der Geschichte schon.)

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Pit
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Re: Griechischschule

Beitrag von Pit »

________________________________________________

Dieser und die vier folgenden Beiträge wurden aus einem
andern Strang hierher verschoben. Der Administrator.
________________________________________________




Dann habe ich eine Frage an Dich als Griechen- sprachlich gesehen:
In Lk. 14,26 heißt es:
"Wer nicht Vater,Mutter...hasst,..."
Ist das ensprechende griechische Wort in dem Text nur mit "hasst" zu übersetzen oder kann es auch andere Bedeutungen haben?

LG
Pit
Nassos hat geschrieben:Bitte die Accents bei Άγιος beachten.

Die Frage, ob ich der einzige Grieche hier sei, war wortwörtlich gemeint! Bin ich der einzige Grieche?

G(y)ruß,
Νάσος
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Teutonius
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Re: Griechischschule

Beitrag von Teutonius »

Lukas 14,26: ... καὶ οὐ μισεῖ τὸν πατέρα αὐτοῦ καὶ τὴν μητέρα καὶ τὴν ...
Aramäisch:
ܡܰܢ ܕ݁ܳܐܬ݂ܶܐ ܠܘܳܬ݂ܝ ܘܠܳܐ ܣܳܢܶܐ ܠܰܐܒ݂ܽܘܗ݈ܝ ܘܠܶܐܡܶܗ ܘܠܰܐܚܰܘܗ݈ܝ ܘܠܰܐܚܘܳܬ݂ܶܗ ܘܠܰܐܢ݈ܬ݁ܬ݂ܶܗ ܘܠܰܒ݂ܢܰܘܗ݈ܝ ܘܳܐܦ݂ ܠܢܰܦ݂ܫܶܗ ܬ݁ܰܠܡܺܝܕ݂ܳܐ ܠܳܐ ܡܶܫܟ݁ܰܚ ܕ݁ܢܶܗܘܶܐ ܠܺܝ܂
http://gypsyscholarship.blogspot.com/2 ... us-in.html

In Aramaic sanah can mean 'to hate' and 'to separate', so the gospels could be saying separate yourselves from your parents if you want to follow me.
Quelle: http://www.biblicalhebrew.com/nt/lovehate.htm
fide & caritate

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Pit
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Re: Griechischschule

Beitrag von Pit »

Danke Teutonius!

Ein Atheist wollte mir nämlich erklären, das griechische Wort würde klarstellen,daß Jesus die Jünger aufforderte, ihre Elter zu hassen.

LG
Pit
Teutonius hat geschrieben:Lukas 14,26: ... καὶ οὐ μισεῖ τὸν πατέρα αὐτοῦ καὶ τὴν μητέρα καὶ τὴν ...
Aramäisch:
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In Aramaic sanah can mean 'to hate' and 'to separate', so the gospels could be saying separate yourselves from your parents if you want to follow me.
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Teutonius
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Re: Griechischschule

Beitrag von Teutonius »

Ich würde mit dieser Doppeldeutung des (aus dem griechischen rückübersetzten?) aramäischen Wortes aber nicht hausieren gehen, hört sich zwar gut an, ist aber eben nicht wasserdicht!
Ich erkläre es mir eher (lieber) so, daß man im Zweifel Jesus mehr lieben soll als die Eltern und anderen Verwandten.
Daß man bereit sein soll alles hinter sich zurück zu lassen, was / falls es dich an der Nachfolge Christi hindert... Hab und Gut, die Toten, und notfalls auch die eigenen Eltern!
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Pit
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Re: Griechischschule

Beitrag von Pit »

Teutonius hat geschrieben:Ich würde mit dieser Doppeldeutung des (aus dem griechischen rückübersetzten?) aramäischen Wortes aber nicht hausieren gehen, hört sich zwar gut an, ist aber eben nicht wasserdicht!
Ich erkläre es mir eher (lieber) so, daß man im Zweifel Jesus mehr lieben soll als die Eltern und anderen Verwandten.
Daß man bereit sein soll alles hinter sich zurück zu lassen, was / falls es dich an der Nachfolge Christi hindert... Hab und Gut, die Toten, und notfalls auch die eigenen Eltern!
Genauso sehe ich es auch.
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Robert Ketelhohn
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Re: wer kann Jünger Christi sein?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Siehe oben (vorige Seite) meine Anmerkungen von vor einigen Jahren.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
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Marion
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Re: Wer kann Jünger Christi sein?

Beitrag von Marion »

Das Thema ist ja superinteressant :hmm:

Das mit dem "mehr lieben" ist wohl ein grottenfalscher Ansatz um zu verstehen was der Autor sagen möchte.
Daß wir Gott mehr lieben sollen als alles andere ist sowieso klar, dafür müssen wir aber niemanden "hassen".

Nachdem ich Roberts Beitrag las, scheint mir daß diese "automatische" Liebe der Freunde (Eltern, Kinder, Ehegatte etc) wie auch der "automatische "Hass" auf Feinde (jemand der einem selbst oder seinen Freunden was böses tat, oder auch nur riecht wie so einer) wohl auf irdischen Interessen basiert gegen die man kämpfen soll.

Wie dieser "Freundeshass" allerdings gehen soll, frag ich mich :hae?:
Feindesliebe, falls ich das recht verstanden hab geht ja so: Man kümmert sich um sie wenn sie Probleme haben, wie um einen der einem sehr lieb ist.

Sollen wir den "Unsallerliebsten" also vielleicht nicht ganz so viel dienen wie es einen treibt?
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incarnata
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Re: Wer kann Jünger Christi sein?

Beitrag von incarnata »

Zur Zeit Jesu waren die Menschen noch sehr stark von der Herkunft aus ihren jeweiligen Sippen in ihren Handlungen festgelegt,Ähnliches gibt es heute noch zB. bei Afrikanern oder in Indien.
Jesus befreit aus diesen Sippenzwängen indem er den Hass auf diese nicht Gott-gewollten Strukturen predigt und an die Stelle des "natürlichen" alles für die Sippe aber ja nichts für die verfeindete andere Sippe -Tun-die aus der Liebe zu Gott gespeiste Liebe zu allen Menschen predigt.
Durch die barmherzige Liebe unseres Gottes wird uns besuchen das aufstrahlende
Licht aus der Höhe.......(Lk1,76)

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Sempre
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Re: Wer kann Jünger Christi sein?

Beitrag von Sempre »

incarnata hat geschrieben:Zur Zeit Jesu waren die Menschen noch sehr stark von der Herkunft aus ihren jeweiligen Sippen in ihren Handlungen festgelegt,Ähnliches gibt es heute noch zB. bei Afrikanern oder in Indien.
Wir sind heute wohl noch stärker in unserem Denken und unseren Handlungen geprägt. Die moderne Kommunikationsgesellschaft übt massiven Einfluss aus.
incarnata hat geschrieben: Jesus befreit aus diesen Sippenzwängen indem er den Hass auf diese nicht Gott-gewollten Strukturen predigt und an die Stelle des "natürlichen" alles für die Sippe aber ja nichts für die verfeindete andere Sippe -Tun-die aus der Liebe zu Gott gespeiste Liebe zu allen Menschen predigt.
Das Thema betrifft aber nicht nur anatolische Bauern, die heute noch in Sippenzwängen leben. Auch die moderne liberale Gesellschaft ist ohne Unterlass damit beschäftigt, uns davon abzuhalten, Gottes Willen zu tun. Vorbilder, Freunde, Eltern, Geschwister etc., sowie wir selbst stehen uns im Weg auf dem Weg zu Gott.

Lk 14, 26 ist m.E. hochaktuell.

Gruß
Sempre
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

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incarnata
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Re: Wer kann Jünger Christi sein?

Beitrag von incarnata »

Das bezweifle ich keineswegs,betrifft aber nicht nur diese Bibelstelle.Auch den modernen Westler können Familienzwänge von Gott abhalten;ganz aktuell in Schwangerschaftskonfliktfragen,wenn Familien Druck ausüben,ein Kind abtreiben zu lassen;auch die Drohung mit Enterbung ,Postenentzug im Familienbetrieb etc. sind immer aktuell !Hier ging´s darum warum die Formulierung"hassen" verwendet wurde !
Durch die barmherzige Liebe unseres Gottes wird uns besuchen das aufstrahlende
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Staubkorn
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Re: Wer kann Jünger Christi sein?

Beitrag von Staubkorn »

Mit der Passage ist sicherlich gemeint worden, dass man nicht seine Familie hassen soll, sondern erkennen soll, erst einmal nach der Liebe Gottes zu streben um dann zu erkennen bzw. geschult zu werden nicht nur die eigene Mutter, Vater, Frau, Mann und Kinder zu lieben, sondern die ganze Menschheit mit seiner Liebe zu umfassen. Wie es im zweiten Gebot steht: Liebe Deinen Nächsten, wie Dich selbst.
Und dafür muss der eine oder andere seine Familie verlassen um dann zu erkennen, dass die ganze Welt im eigentlichen seine Familie ist.
Ein Altvater wurde gefragt: "Was ist Demut?"
Er antwortete: "Demut ist, wenn du einem Bruder vergibst, der gegen dich gesündigt hat, noch bevor er selbst zu dir kommt und dich um Vergebung bittet."

Raimund J.
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Re: Wer kann Jünger Christi sein?

Beitrag von Raimund J. »

noiram hat geschrieben:Das Thema ist ja superinteressant :hmm:

Das mit dem "mehr lieben" ist wohl ein grottenfalscher Ansatz um zu verstehen was der Autor sagen möchte.
Daß wir Gott mehr lieben sollen als alles andere ist sowieso klar, dafür müssen wir aber niemanden "hassen".

Nachdem ich Roberts Beitrag las, scheint mir daß diese "automatische" Liebe der Freunde (Eltern, Kinder, Ehegatte etc) wie auch der "automatische "Hass" auf Feinde (jemand der einem selbst oder seinen Freunden was böses tat, oder auch nur riecht wie so einer) wohl auf irdischen Interessen basiert gegen die man kämpfen soll.

Wie dieser "Freundeshass" allerdings gehen soll, frag ich mich :hae?:
Feindesliebe, falls ich das recht verstanden hab geht ja so: Man kümmert sich um sie wenn sie Probleme haben, wie um einen der einem sehr lieb ist.

Sollen wir den "Unsallerliebsten" also vielleicht nicht ganz so viel dienen wie es einen treibt?
Das eingangs zitierte Bibelwort zeigt vor allem welche unschätzbare Freiheit Priester und Ordensleute geniessen die aus ihrer Berufung und in freier Selbstbestimmung heraus ein zölibatäres Leben gewählt haben.
Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln.
Nec laudibus, nec timore

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Robert Ketelhohn
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Re:

Beitrag von Robert Ketelhohn »

roncalli hat geschrieben:… halte aber die Aufforderung zum Haß-Gefühl sicher nicht für die Sinnspitze dieser Stelle …
Wer redet denn auch von „Gefühl“? – Das ist Windhauch. Vanitas vanitatum, εἶπεν ὁ Ἐκκλησιαστής, ματαιότης ματαιοτήτων, τὰ πάντα ματαιότης, sicut et blateratus meus græcus latinusque. :pfeif:
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Robert Ketelhohn
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Re:

Beitrag von Robert Ketelhohn »

roncalli hat geschrieben:Probleme gibt es, wenn man Hass als Schadenswunsch oder Vernichtungswunsch versteht. Diese Bedeutung gibt es ja auch in der Bibel:
"Jeder, der seinen Bruder hasst, ist ein Mörder und ihr wisst: Kein Mörder hat ewiges Leben, das in ihm bleibt." (1.Joh 3,15)
Deshalb sind differenzierende Übersetzungen dringend nötig.
Nein! Und hundertmal nein. Der Übersetzer soll übersetzen, und aus. Allzu viele Pseudoübersetzungen haben wir schon, in deren jeder der jeweilige Übersetzer in pathologischem Predigerdrang seine tausend Meisen nisten läßt.

Die Auslegung ist Sache des Bischofs, seiner Priester, der Prediger, der Kirche.
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anneke6
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Re: Wer kann Jünger Christi sein?

Beitrag von anneke6 »

Ich habe in meinem Leben schon sehr viel übersetzt…obwohl ich eigentlich noch nicht lange auf der Welt bin. So ziemlich alles Mögliche, aber nicht die Bibel. Wenn ich diesen Spruch höre "So frei wie möglich, so genau wie nötig" kriege ich Herzrasen. Das geht nämlich nicht. Entweder man übersetzt genau oder man paraphrasiert. Wobei genau für mich nicht unbedingt interlinear bedeutet. Wenn man die Gebrauchsanweisung für ein Laminiergerät übersetzt, braucht man nicht die Reihenfolge der Satzteile im Original beibehalten. Aber ich kann die rote Lampe nicht rosa Lampe nennen, auch wenn ich glaube, daß sie auf dem Foto rosa aussieht.
Ein Bibelübersetzer hat manchmal die Wahl, welches Wort er verwenden soll, allein schon deshalb, weil es Regionalismen, Archaismen usw. gibt. Hirschkuh versus Hindin, zum Beispiel.
Aber "hassen" durch "geringachten" ersetzen, das ist schon ein Schritt zu weit. Das ist Interpretation, genauso wie Martin Luther mit "durch die Gnade ALLEIN" (ich rechne übrigens auch seine Umstrukturierung der Reihenfolge der Bücher des NT zu Interpretation) oder Josef Kürzinger mit "wer seine Frau entläßt — gesetzt den Fall der Unzucht — begeht Ehebruch."
???

maliems
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Re:

Beitrag von maliems »

roncalli hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben: Hasse deiner Eltern mit all den Neurosen, die sie dir eingepflanzt haben (wie es alle Eltern tun). Hasse die Nabelschnur, die dich an sie immer noch bindet. Hasse die kranke Liebe deiner Eltern zu dir, die sich in dir immer noch verwirklichen wollen (wie du dich in deinen Kindern). Hasse sie, weil sie zwischen dir und Jesus stehen. Aber achte sie nicht gering, sondern ehre sie.
Ich kenne das persönlich aus der Psychotherapie. Fast Wortgleiches findet sich bei Drewermann zur Auslegung dieser Stelle. ich für am besten geeignet.
Hat hier jemand den Buchtitel parat?

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Robert Ketelhohn
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Re:

Beitrag von Robert Ketelhohn »

roncalli hat geschrieben:
Dienstag 7. September 2004, 20:43
Robert Ketelhohn hat geschrieben: Ja, natürlich ist das anstößig, daß wir unsere Eltern »hassen« sollen. Doch genau dies hat der Herr gesagt. Nicht etwa, daß du sie „geringschätzen“ sollst, daß du sie nicht ehren sollst – aber hasse, was dich Jesus Christus entfremdet hat.
@ Robert:
Hilfreich zum Verständnis ist auch die Parallelstelle bei Matthäus 10,37, wo das "philon ... hyper eme" deutlich darauf hinweist, dass es darum geht nichts und niemand mehr zu lieben als Jesus, also alles andere "zurückzusetzen" - und nicht darum, Vater und Mutter, Sohn und Tochter (im emotionalen Sinn) zu "hassen". Leider bin ich noch nicht dazugekommen, die Kommentare abzuklappern...
Das ist nun freilich keine Parallelstelle. Mt 10,37 redet Jesus zu den Zwölfen, die er beiseitegenommen hat, die er aussendet und auf Verfolgung vorbereitet. Lc 14,26 lehrt der Herr viel Volks (turbas multas), und zwar sozusagen über die geistige Haltung, welche Voraussetzung der Jüngerschaft ist.
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