Karl Rahner

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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Juergen
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Beitrag von Juergen »

In der neuesten Ausgabe der Zeitschrift Theologie und Glaube (4/2004), findet sich auf den Seiten 551-555 ein Artikel von D. Hattrup mit dem Titel Karl Rahner zum Hundertsten

Der ganze Artikel ist zwar äußerst lesenswert, doch hier sei ein klitzekleiner Ausschnitt wiedergegeben:
...
4. In der Spiritualität ist ein Ausspruch Rahners berühmt und zum geflügelten Wort geworden: "Der Fromme von morgen wird ein 'Mystiker' sein, einer, der etwas 'erfahren' hat, oder er wird nicht mehr sein" (Schriften VII, 22; XIV, 375). Rahner hat Recht gehabt. Seit vier Jahrzehnten geschieht, was er beschreibt. Weil die Frömmigkeit kaum mehr von außen durch eine selbstverständliche, öffentliche Überzeugung oder Sitte getragen wird, muß sie von innen kommen. Wer innen etwas von Gott erfahren hat, der widersteht dem Druck des Unglaubens. Mit viel Dankbarkeit wurde der Spruch aufgenommen und wiederholt, denn er beschreibt die Lage des Glaubens genau.
Aber die Einhelligkeit und die Begier im Gebrauch haben mich stutzig gemacht. Lockert sich da nicht etwas in meinem Inneren? Was spüre ich, wenn ich den Ausspruch wiederkäue und einsauge? Mystiker ... - Erfahren ... - Sein ... - Nichtsein! Zwar geben meine Geschwister, meine Verwandten, meine Nachbarn die Praxis des Glaubens auf, aber nachdem ich den Spruch geschmeckt habe, belastet mich der Abfall nicht mehr so sehr. Da sie im Inneren offensichtlich Gott nicht erfahren haben, dürfen sie ihren ungläubigen Lebenswandel fortsetzen, ich muß sie nicht mehr ermahnen. Wo das Faktum zur Norm wird, legt sich mein Gewissen schlafen.

...
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Micha

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Pauper_Servus
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Doch nicht orthodox? Rahner und Ratzinger

Beitrag von Pauper_Servus »

Immer wieder wurde im Zusammenhang mit der Frage nach der Orthodoxie Rahners eine Stellungnahme Kardinal Ratzingers zitiert, in der dieser gesagt hatte:: „Sein Wille, im Dogma der Kirche zu bleiben – also den Glauben der Kirche auszulegen und nicht umzulegen oder umzubiegen – ist unbestritten.“
Nun hat eine neuerliche Äußerung des Kardinals und Chefs der Glaubenskongregation gezeigt, dass er eigentlich genau das Gegenteil von dem denkt, was ihm die eifrigen Apologeten Rahners gerne unterschieben würden. In einem Brief vom 20. November 2004 an Dr. H.-J. Vogels, den dieser jetzt stellenweise in der „Tagespost“ veröffentlich hat, „erläuterte der Kardinal diese Äußerung, er habe in dem kleinen Interview über Rahner „unmöglich auf die ganze Komplexität des Problems eingehen“ können. Er habe „nur gesagt, dass ich von seiner subjektiven Intention überzeugt bin, im Glauben der Kirche zu stehen und ihn denkend zu interpretieren ... Mit dem Verweis auf die persönliche Intention war zugleich angedeutet, dass man über die objektive Orthodoxie seiner Texte sprechen muß.“
Was diese Frage der objektiven Orthodoxie angeht, hatte der Verfasser dieser Zeilen dem Kardinal einen Abschnitt aus dem Buch „Rahner im Kreuz-Verhör“ zitiert, den er bei seiner Erstveröffentlichung im Jahr 1989 zustimmend zur Kenntnis genommen hatte: „Ich habe diesen Text mit großer Bewegung gelesen; er scheint mir außerordentlich wichtig zu sein und um so mehr zu bedeuten, als er von einer leidenden Sympathie getragen ist, die sich unter Schmerzen der Wahrheit beugt“ (im Buch ist dieser Brief des Kardinals zitiert auf Seite VI). Der Kardinal bezieht sich dabei auf diese Zusammenfassung (im Buch Seite 16): „Die entwickelte biblische und konziliare Christologie einerseits: Gottes personaler Sohn ist die innertrinitarische Aussage Gottes..., dieser Sohn wurde Mensch und ist so, als menschgewordener, die Aussage Gottes auch an die Menschen geworden – und die Rahnersche Christologie andererseits: Der fertige, seiner selbst bewusste, erwachsene Mensch Jesus wird mit einer apersonalen Selbstmitteilung Gottes des einpersönlichen begnadigt, die grundsätzlich allen Menschen zugedacht ist, er nimmt diese Zusage an und wird seinerseits im Tod, zuletzt erst in der Auferstehung, von Gott angenommen: diese beiden Christologien lassen sich nicht in Einklang bringen“. Dazu schreibt Kardinal Ratzinger jetzt: „In der Sache stimme ich Ihnen nach wie vor zu.“ Da sich diese brieflichen Äußerungen des Kardinals auf veröffentlichte Texte, sein eigenes Interview und das Buch ‚Rahner im Kreuz-Verhör’, beziehen, und nur früher gemachte Äußerungen bestätigen, da anderseits das Interview zum Jubiläumsjahr vielfach einseitig als positives Urteil über Karl Rahner ohne die jetzt gemachte Einschränkung verstanden worden ist, ist es berechtigt und notwendig, diese einschränkende Äußerung des Kardinals zu veröffentlichen: Über die objektive Orthodoxie der Texte Karl Rahners muß gesprochen werden ...“ so die Tagespost vom 8.1.2005, S.15

Micha

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Pauper_Servus
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Beitrag von Pauper_Servus »

Sicher ist diese Infragestellung lobenswert, wenn sie auch mit dem sonst eher überheblichen Verhalten Rahners einen seltsamen kontrast bildet ... Aber darum ging es ja gar nicht: Dass es Rahner gut gemeint hat, wird keiner bezweifeln wollen. Aber gut gemeint, ist leider meistens genau das Gegenteil von gut. Was für die Nachwelt wichtig ist, ist zuallererst, ob die grundlegenden Thesen Rahners die katholische Lehre (objektiv gesehen) noch treffen oder ob sie es nicht tun ... allem Anschein scheint Kardinal Ratzinger, obgleich sonst der neunen Theologie doch gut gesonnen, eher und teilweise zur zweiten Möglichkeit zu neigen.
Dies scheint dann doch eine Bestätigung der Thesen von Vogels, Lakebrink, Hoeres, Berger, Scheffczyk, Ferraros, Elders u.a. zu sein ...

Micha

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Pauper_Servus
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Beitrag von Pauper_Servus »

Da sagen andere aber was ganz anderes. Hier ein Zitat des bekannten Kirchenhostorikers und Leibniz-Preisträgers Hubert Wolf:

„Hier muss zunächst auf eine gewisse Arroganz des Theologieprofessors und hochgebildeten Jesuiten hingewiesen werden, der auf den ‚einfachen Seelsorgepriester’, den ‚Durchschnittsmenschen’ und ‚durchschnittlichen Kleriker’, der zu wenig studiert ... hat, herabschaut ...Rahner ist in seinem Urteil mitunter recht parteiisch. Wer so arbeitet wie er, wem er sich verbunden weiß (insbesondere seinem Bruder Hugo), dem gesteht er die besten Absichten, auch bei möglicherweise missverständlicher Wortwahl, zu. Hier läuft Rahner zu großer Form auf: Wer Hugos Buch missversteht, zeigt nur seine theologische Unkenntnis. Geht es um andere Theologen, legt Rahner strengere Maßstäbe an ... Ebenso wenig Beachtung finden die römischen Thomisten um Réginald Garrigou-Lagrange ... Überhaupt findet Rahner an der Arbeit der ‚anderen’ wenig Gutes: Die Schultheologie ist ihm ‚zu bequem’ ..., die vorhandenen Lehrbücher bedeuten ‚eher die untere Grenze zum Studium dessen, was von einem jungen Theologen zu verlangen ist ...’ - Die Parallele zu M. Heidegger, der nur noch seinen eigenen Ansatz gelten lies, drängt sich auf ... Rahner argumentiert nicht selten pro domo: Er nimmt die Anliegen der Verkündigungstheologie auch deshalb in Schutz, weil sein Bruder Hugo sie vertritt; er stellt sich vor die Arbeit von Seelsorgeämtern, weil er in Wien in einem solchen sein Brot verdient und sich mit dessen Arbeit identifiziert; er plädiert für die Leitung der seelsorglichen und liturgischen Erneuerung durch die Bischöfe, weil Innitzer in Wien das so tut; er nimmt Volksliturgie und Seelsorge in Schutz, weil er am Fortsetzungsband mitarbeitet; er rühmt die Namen von Johann Baptist Lotz und Max Müller, weil er seinen eigenen Namen nicht nennen kann, diese aber mit ihm zusammen die Katholische Freiburger Heidegger-Schule bilden und ... die einzigen sind in Deutschland, die wirklich noch etwas von Philosophie verstehen; er verteidigt die Rezeption neuzeitlicher Philosophie als für die katholische Theologie durchaus nützlich, weil er diese selbst vollzieht. Das ins Mark treffende Gröbersche Verdikt, manche suchten einen Anschluss an neuere philosophische Systeme, wird vom Tisch gewischt ... Die Gefahren, die in dieser Selbstsicherheit liegen und die latente Tendenz der Selbstüberschätzung und Einseitigkeit sind überhaupt nicht zu übersehen.“

Pauper_Servus
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Beitrag von Pauper_Servus »

Natürlich gibt es auch anders klingende Aussagen, von denen, die Rahner persönlich kannten. Aber die moderne Geschichtswissenschaft ist längst dazu übergegangen (vgl. Konzilsgeschichstschreibung) vor der Überwertung solcher Aussagen zu warnen: häufig findet hier eine unterbewusste Verklärung des Erlebten und der erlebten Personen statt, die mit der Realität dann nur noch sehr ansatzweise überienstimmt ...

Und dann noch etwas: es gab auch durchaus Personen, die mit rahner näher zusammen gekommen sind oder Rahner gelesen haben und dadurch in ihrem Glaubensleben Schiffbruch erlitten haben: Dr. Müller aus Vallendar hat dies im Zusammenhang seiner eigenen Lebensgeschichte anschaulich und beeindruckend beschrieben ...

Micha

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Commentator
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H. J. Vogels über Rahner

Beitrag von Commentator »

Das Vorgehen von Herrn Vogels, in der Tagespost bloß aus privaten Briefen Kard. Ratzingers an ihn einen eigenen Artikel zu zimmern, halte ich für reichlich peinlich - ganz abgesehen von der Frage, ob dieses Vorgehen mit dem Kardinal abgestimmt war. Auch die Argumente, die Vogels in seinem Buch gegen Rahners Trinitätslehre vorbringt, sind nur zum Teil tragfähig. Ich habe den Eindruck, dieser Theologe (Ex-Priester) schießt sich hier wieder ebenso einseitig auf ein Thema ein wie bei seinen früheren Anti-Zölibatsbüchern, an die sich offensichtlich niemand mehr erinnert.

In der Trinitätslehre sollte man durchaus auch von konservativer Seite einmal auf die gegenüber Rahners Ansatz m. E. schlimmeren Konsequenzen lenken, die uns der von vielen Konservativen so hochverehrte Hans Urs von Balthasar eingebrockt hat. Hier hat seinerzeit Johannes Rothkranz bei aller überflüssigen Polemik manches Richtige herausgestellt... ("Die Kardinalfehler des H.U. von Balthasar", 1988). Leider ist dieser Herr mittlerweile in das Lager der nicht mehr zitablen Verschwörungstheoretiker übergewechselt.

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Samuel
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Beitrag von Samuel »

Es ist richtig, dass Pauper_Servus darauf hinweist, dass die Aussage Ratzingers sich eher auf die Intention Rahners bezieht.
In seinen Anmerkungen zu Rahners Grundkurs (Theologische Revue 74(1978) kritisiert Ratzinger auch einiges, etwa dass Rahner das leere Grab als weitgehend belanglos betrachtet, oder:
Ratzinger (ThR 1978, S. 186) hat geschrieben:Vielleicht trägt hier doch der generelle Versuch, das Christentum in allem als das nicht-andere zu erweisen, dazu bei, nach einer Unbestreitbarkeit und einer Zustimmungsbreite zu suchen, die das Eigene verdeckt.
Mir ist aber nicht bekannt, dass Ratzinger sein Gesamturteil über den Grundkurs revidiert hätte:
Ratzinger (ThR 1978) hat geschrieben:Ein großes Buch... Man muß dankbar sein, daß Rahner als Frucht seiner Bemühungen diese imponierende Synthese geschaffen hat, die eine Quelle der Inspiration bleiben wird, wenn einmal ein Großteil der heutigen theologischen Produktion vergessen ist.

Pauper_Servus
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Ratzingers Lob für Rahner?

Beitrag von Pauper_Servus »

Jeder, der schon mal eine Rezension verfasst hat, weiß doch, dass man dort zumindest den Eindruck eines ausgewogenen Urteils erwecken muss, dazu gehört dann in jedem Fall auch, dass man etwas an dem Buch lobt. Wichtig ist dann, dass man dieses kunstvoll-diplomatisch verschleiernde Lob auch richtig (d.h. zwischenzeilig) lesen kann:

"großes Buch" - das stimmt: es hatte großen Einfluss
"bleiben wird, ... ": im Unterschied zu dem, was viele Kleingeister jener Zeit geschrieben haben (man denke etwa an Küng u.a.) ist es ja tatsächlich so, dass Rahners "Grundkurs" sich noch durch eine gewisse geistige Überlegenheit auszeichnet: aber durch eine solche zeichneten sich auch die Schriften anderer heterodoxer, erfolgreicher Lehrer aus

Über die Orthodoxie Rahners - und darum geht es ja - ist damit noch gar nichts gesagt: da lässt Ratzinger an anderen Stellen, und so zuletzt in seinem Brief an Vogels (ein Zitieren daraus ist legitim und der Kardinal hat sicher zugestimmt: ich könnte mir sogar vorstellen, dass ihm daran gelegen war, dass seine Äußerungen bekannt werden) deutliche Bedenken durchklingen!

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Samuel
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Beitrag von Samuel »

@Pauper_Servus
Hast du die Rezension gelesen? Bei mir ist es acht Jahre her; ich habe sie jetzt nicht mehr griffbereit, aber ich erinnere mich, dass das Fazit positiv war. Ich habe damals freilich nicht deine strengen Maßstäbe angelegt, aber ehrlich gesagt glaube ich, mit diesen Maßstäben kann man jede Rezension (zwischenzeilig) als vernichtende Kritik interpretieren.
Übrigens bin ich die Diskussion leid, was nun Ratzinger gemeint oder nicht gemeint hat.
Wenn du über Rahners Theologie diskutieren willst, bin ich dazu gerne bereit - sofern ich die Zeit finde. Wie ja schon Sokrates gesagt hat: "Fragt nicht nach Sokrates, fragt nach der Wahrheit!"

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Samuel hat geschrieben:»Wenn du über Rahners Theologie diskutieren willst, bin ich dazu gerne bereit«
Dabei stößt man allerdings schnell an gewisse Grenzen. Der Großteil der Absolventen der katholischen Theologie im heutigen Deutschland ist mit Rahner sozusagen als dem Præceptor Ecclesiæ großgeworden und kann mit grundsätzlicher Kritik nach meinem Eindruck selten sachlich und gelassen umgehen.
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Yeti
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Rahner

Beitrag von Yeti »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Samuel hat geschrieben:»Wenn du über Rahners Theologie diskutieren willst, bin ich dazu gerne bereit«
Dabei stößt man allerdings schnell an gewisse Grenzen. Der Großteil der Absolventen der katholischen Theologie im heutigen Deutschland ist mit Rahner sozusagen als dem Præceptor Ecclesiæ großgeworden und kann mit grundsätzlicher Kritik nach meinem Eindruck selten sachlich und gelassen umgehen.
:D Tja, die Erfahrung hab' ich auch schon öfters gemacht. Über Rahners Schriften könnte man noch - wenn es ideologisch unvoreingenommen möglich ist - noch reden. Am schlimmsten sind aber seine selbsternannten Epigonen, die bis heute die Lehr- und Bischofsstühle besetzen.
Gruß,
Yeti

Raphael

Beitrag von Raphael »

Der Rahner-Schüler Herbert Vorgrimler hat eine Rezension zu dem von Robert einstmals (hier) empfohlenen Buch von David Berger erstellt: Vorgrimlers Nachlese! :hmm:

GsJC
Raphael

Pauper_Servus
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Vorgrimlers Nachlese

Beitrag von Pauper_Servus »

Ich halte Vorgrimlers Nachlese für unbedingt lesenswert: man muss sie nicht kommentieren, einfach lesen genügt, um zu sehen, auf welchem Niveau gegen die Rahnerkritiker (wie etwa Leo Scheffczyk, Thomas Ruster, Johannes Stöhr, Leo Elders usw. ) argumentiert wird ...
Spätestens nach den ersten fünf Sätzen beginnt man Mitleid mit der Rahnerschule zu bekommen ...

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Yeti
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Mitleid?

Beitrag von Yeti »

Na ja - mein Mitleid hält sich in Grenzen. Ganz besonders angesichts der Tatsache, daß diese Schule heute an den Schalthebeln der Macht sitzt.
Gruß,
Yeti

Pauper_Servus
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Beitrag von Pauper_Servus »

Für Deutschland stimmt dies sicher - Aber auf die ganze Weltkirche gesehen, dürften die Tage des Rahnertriumphes eher gezählt sein: hier scheint sich doch die Balthasarschule deutlich durchgesetzt zu haben (was sicher nicht durchwegs zu begrüßen, aber doch das kleinere Übel ist: immerhin darf man auf diese Weise auch als Katholik noch Christ bleiben :D
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Samuel
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Beitrag von Samuel »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Samuel hat geschrieben:»Wenn du über Rahners Theologie diskutieren willst, bin ich dazu gerne bereit«
Dabei stößt man allerdings schnell an gewisse Grenzen. Der Großteil der Absolventen der katholischen Theologie im heutigen Deutschland ist mit Rahner sozusagen als dem Præceptor Ecclesiæ großgeworden und kann mit grundsätzlicher Kritik nach meinem Eindruck selten sachlich und gelassen umgehen.
Meinst du damit auch mich? Wenn ja, wäre ich dir dankbar für entsprechende Hinweise aus meinen früheren Beiträgen. Schließlich hatte ich, wenn ich für Rahner eintrat (v.a. anderswo) nicht selten den Eindruck, im Kugelhagel zu stehen - da kann es schon sein, dass mir die sachliche Gelassenheit bisweilen bedauerlicherweise abhanden kam.

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Vorgrimler

Beitrag von Pauper_Servus »

Ein Theologieprofessor schrieb zu Vorgrimlers Äußerungen: „Herr Vorgrimler richtet sich durch seine Äußerungen selbst, und zugleich mit sich jene Art epigonaler Theologie, die sich an der Größe Rahners aufrichtet und das kritiklose Festhalten an ihm zur neuen regula fidei erhebt. Angesichts dieser hysterisch zu nennenden Reaktionen muss man Ihnen das Kompliment machen, dass Sie mit Ihrer Arbeit offensichtlich einen neuralgischen Punkt getroffen haben, der sonst unentdeckt geblieben wäre. Vorgrimler und seinesgleichen fürchten wohl, dass, wenn Ihnen Rahner genommen wird, sie gar nichts mehr haben, und sie haben Recht damit.“
Und selbst die Neue Zürcher Zeitung bemerkte, eine der großen Schwächen des neuen (alten) Rahnerbuches Vorgrimlers bestehe „ohne Zweifel in der apologetischen Tendenz, die sich in galligen Bemerkungen gegen Rahner-Kritiker ... entlädt (– so) als hätten diese nicht auch seriöse Anfragen vorgetragen“.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Samuel hat geschrieben:»Meinst du damit auch mich?«
Ich muß dir leider gestehen, daß ich dich damit genau nicht meinte. ;) Nee, ich denke zum Beispiel an zwei Teilnehmer, die sich hier leider zurückgezogen haben. An Leute, mit denen man angesichts ihrer Kompetenz durchaus sehr lebhaft, aber auch sachlich und konstruktiv hätte diskutieren können, wenn sie nicht an einem gewissen Punkt einfach „dichtmachten“ und sich auf amtliche Argumente (Roma locuta), angeblich allgemeine Übereinstimmung der Fachwelt oder gar fehlende universitätstheologische Ausbildung des Diskussionsgegners zurückzögen. Schade drum, finde ich.
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Yeti
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Rahner

Beitrag von Yeti »

Was Rahners Schriften betrifft...ich bin da auch bez. ihrer heutigen Bedeutung im Zwiespalt. Auf der einen Seite meint mein Dogmatikdozent (der nicht nur innerhalb der Fakultät als ausgesprochener Rahnerianer gilt), daß die Zeit wahrscheinlich über seine Fragestellungen im Rahmen der modernen Theologie hinweggeschritten ist, auf der anderen Seite entdecke ich auch öfters in seinen Schriften interessante Ansätze (Freiheit und Gnade), aber ich muß gestehen, daß sie mich selten zufriedenstellen. Selbst unter professoraler Anleitung stieg im Seminar nach einigen "Feldversuchen" an gewissen Passagen seiner Schriften die Frustschwelle, weil ein tatsächliches Verstehen der Inhalte nie wirklich in greifbare Nähe rückte. Daß auch heute Leute mit Rahners Schriften möglicherweise viel anfangen können, sei unbestritten. Aber ich komme nicht umhin festzustellen, daß seine Schriften für ein gutes Theologiestudium nicht unbedingt ein "vademecum" sind; sprich: man schafft's auch ohne. Leider trifft uns die crux der Zeit, daß sich keine großen Alternativen anbieten (bez. moderner Theologen), es gibt einfach zu wenig Theologen mit großem Potential, besonders im deutschsprachigen Bereich.
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Rahners Sprache

Beitrag von Pauper_Servus »

Zur Sprache Rahners hat der bekannte Wiener gelehrte Alfred Locker geschrieben: "Es sind nicht nur einprägsame Neologismen, die einer solchen zur Herrschaft verhelfen; es ist vor allem der Automatismus einer entfesselten Sprache und die Verselbständigung einer mitziehenden, Tiefsinn suggerierenden Ausdrucksweise, die, weil von Unkritischen und einfältigen Anfälligen als großartig und überwältigend empfunden, ein Bedenken ihres Inhalts gar nicht mehr nötig hat. Jede Art von Betörung, sei es die eines oberflächlich glänzenden Flitterwerks teilhardscher Sprache, sei es die eines gewichtigen „new-speak“, durch den der Künder eigener schlechter Einfalle auf die „Hörer seines Wortes“ wirkt, musste einer Theologie willkommen erscheinen, die - nach hemmungsloser Bibel-, Metaphysik-, Naturrechts-Kritik und ähnlichen Herostratismen - bereits in ein vollständiges Selbstmissverständnis geraten war. Tatsächlich richtete sich dieses zuletzt als das Ansinnen auf, das ihr selbst nicht mehr Verständliche (ewiger Wahrheit), zur Verständlichmachung in der Weise der Anpassung an gemeine Meinung, einem ihm nicht gemäßen Denken auszuliefern, das sein Abdriften eindrucksvoll dokumentiert."
Hätte man es treffender sagen können?
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Edi
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Beitrag von Edi »

Wer es nötig hat so geschraubt und so hochgestochen wie Rahner zu formulieren, sodass nicht einmal Fachleute das verstehen, der verdient es auch nicht, dass man seine Ergüsse groß zur Kenntnis nimmt.
Wie überall gibt es halt auch in der Theologie genug Wichtigtuer.

Pauper_Servus
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Sprache @ Edi

Beitrag von Pauper_Servus »

Dabei darf man allerdings nicht vergessen, dass jede Disziplin eine eigene Fachsprache nötig hat, um sich eindeutig und unmissverständlich auszudrücken ... Gerade in der neueren Theologie zeigt sich ja, wie der Abschied von der klaren scholastischen Terminologie und ihren eindeutigen Distinktionen zu einem vorher nicht (einmal in der Theologie der Alten Kirche) gekannten Konfusionismus führte ...
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Pauper_Servus hat geschrieben:»Gerade in der neueren Theologie zeigt sich ja, wie der Abschied von der klaren scholastischen Terminologie und ihren eindeutigen Distinktionen zu einem vorher nicht (einmal in der Theologie der Alten Kirche) gekannten Konfusionismus führte«
Wobei ich, ohne den Wert der scholastischen Distinktionen herabsetzen zu wollen, doch die Gefahr allzu großer Trockenheit und wohl auch einer gewissen theologisch-philosophischen Einseitigkeit nicht übersehen kann, die droht, wenn man die scholastische Methode verabsolutiert.

Die Tradition der Kirche kennt durchaus sehr unterschiedliche theologische Ansätze, wie gerade die Schriften derVäter zeigen, welche ich im übrigen keineswegs für konfusionsträchtig halte, sondern im Gegenteil für ein sicheres Fundament. Und auch die Scholastik selbst war in ihrer Geschichte gewiß nicht so eingleisig, wie es aus Sicht einer auf Thomas eingeengten Neoscholastik des neunzehnten Jahrhunderts erscheinen mag. Man blende die Schulen eines Bonaventura oder Duns Scotus nicht aus.

Auch die „aristotelische“ Wendung der westlichen Theologie, für die besonders der Name des Aquinaten steht, wird man schwerlich für endgültig, vollständig geistgeführt und Glaubenszustimmung verlangend halten können, wenn man weiß, daß die alte Kirche philosophisch weitaus stärker von Plato geprägt war; daß noch 1277 zahlreiche Sätze des Thomas verurteilt wurden; daß eher platonisch ausgerichtete Weise philosophisch zu reden, auch nach Thomas lebendig blieb, so innerhalb der Scholastik bei Bonaventura und seinen Nachfolgern, besonders aber auch in den Ostkirchen.

Wo immer Thomas sich auf Aristoteles als naturwissenschaftliche Autorität stützt, da ist er – wage ich zu behaupten – am schwächsten und fällt auch aus Sicht heutiger Naturwissenschaft hinter die Kirchenväter zurück. Wo er sich gegen die Kirchenväter auf Aristoteles als philosophische Autorität stützt, da ist er mindestens diskutabel. Die Erkenntnislehre eines Augustin beispielshalber scheint mir der Wirklichkeit angemessener als die thomanische, die Aristoteles zwar nicht glatt übernimmt, sich aber doch stark an ihn anlehnt.

Was ich damit sagen will: Das in der Nouvelle Théologie erkennbare und oft ausdrücklich formulierte Bedürfnis, auch wieder auf die Vätertheologie zurückzugreifen, scheint mir nicht nur nachvollziehbar, sondern völlig berechtigt. Die andere Frage ist, ob dies geglückt ist. Einige Vertreter der Nouvelle Théologie – wie Henri de Lubac – haben die beachtliche, ja überaus wertvolle Arbeit geleistet, nahezu Verschüttetes wiederzuentdecken.

Eignet ihnen aber auch der nüchterne Realismus eines Augustin? Der bei aller „mystischen“ Begrifflichkeit doch stets klare und auf dem festen Fundament des Glaubensschatzes stehende Ausdruck eines Basilius oder Gregor von Nazianz? Oder wird die Methode über die Sache erhoben, so daß die Konturen des apostolischen Glaubens mystisch-allegorisch verfließen? Wird, beispielsweise, die figurative Methode der Schriftdeutung mit der Spekulation eines Origenes verwechselt, der von der allegorischen Homer-Exegese der mittleren Akademie herkam, vermengt mit alexandrinischem Mystizismus?

Ich will sie nicht alle durchgehen und mir auch kein endgültiges Urteil erlauben. Es mag wohl sein, daß bei einem de Lubac, Daniélou, Crouzel oder auch Balthasar eine gewisse schwarmgeistige Neigung gelegentlich unvermerkt die angedeuteten Irrwege begünstigt hat. Bei Karl Rahner, um ganz offen zu reden, kann ich mich dagegen des Eindrucks nicht erwehren, daß er sehr bewußt und gezielt sprachliche Nebelwerfer einsetzt.
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Pauper_Servus
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Beitrag von Pauper_Servus »

a) Es ging nicht um die Methode (keiner wird heute fordern, alle theologsichen Abhandlungen sollten nach der Methode eines Artikels der Summa theologiae erfolgen!), sondern um die scholastische Brgifflichkeit: man darf nicht vergessen, die Kirche hat sich diese Terminologie an vielen Stellen zu eigen gemacht (Form, Materie, Substanz usw.) und "Fides et Ratio" schärft erneut ein, dass man darauf nicht verzichten kann.
b) Die Lehre der Väter ist hochzuschätzen und ein sicheres Fundament: ja, unbedingt: der unanimis consensus des Vätertheologie ist ein wichtiger locus theologicus! Dennoch gibt es Theologen der alten Kirche, die auch sehr problematische Dinge gelehrt haben (allen voran Origenes: ausgerechnet diesne hat de Lubac aber auf ein hohes Potest gehoben!). Außerdem darf man die Theologie nicht vor die Scholastik und die weitere Entwicklung in die Vätertheologie zurückdrängen wollen (insofern war der Ansatz der nouvelle théologie traditionalistisch-konservativ): man muss das Prinzip der Lebendigkeit der Tradition auch auf die Theologie anwenden (dies übersehen extreme Traditonalisten heute immer wieder: besonders die Anhänger des archäologischen Traditonalismus aus der Una Voce-Bewegung: Kaschewsky usw.)
c) Thomas wurde niemals verurteilt: dazu vergleiche man die neueren Studien von Torrell u.a.
d) Eine Trockenheit des Thomismus (wie dies etwa Klaus Berger tut, der diesen nur sehr schlecht kennt) wird nur der behaupten, der nur den Neuthomismus kennt : wer sich im Thomismus wirklich auskennt, wird dessen große Nähe zur Mystik erkennen und schätzen.
e) Zu Thomas und Naturphilosophie: vgl. das neue Buch von leo Elders, Die Naturphilosophie des Thomas von Aquin, Bierbronnen (Gustav-Siewerth-Akademie): in dem er genau dieses Vorurteil sehr ausführlich (über 400 Seiten widerlegt).
f) Zu Thomas und Neuschoalstik: die Neuscholastik in Deutschland war niemals (oder nur in Randfiguren: Manser, del Prado, Brinktrine) wirklich thomistisch im engeren Sinne: sie hatte ein durch die Jesuitentheologie entfremdetes und enstelltes Thomasbild. Dieses hat Rahner sozusagen (als der letzte Neuscholastiker Deutschlands) ins Extrem gezogen und mit der Philosophie des Deutschen Idealismus vermischt (was bereits seine neuschoalstischen Lehrer in Valkenburg oder Przywara und Maréchal vorgemacht haben)
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Juergen
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Beitrag von Juergen »

D. Hattrup im Artikel 'Karl Rahner zum Hundertsten" in ThGl 94 (2004) 551-555 hat geschrieben:1. Karl Rahner erblicke das Licht der Welt vor hundert Jahren, am 5. März 1904 in Freiburg. Rahner war ein Schicksal für die Theologie im 20. Jahrhundert, in Deutschland und darüber hinaus. Er hat eine versäumte Moderne nachgeholt und Großes geleistet, wofür ihn die Vorsehung mit tüchtigen Werkzeugen des Geistes ausgerüstet hatte. Er war unbestritten der fähigste spekulative Kopf des vorigen Jahrhunderts, was selbst der frühe Weggenosse und späte Gegenspieler Hans Urs von Balthasar fast neidlos eingestanden hat. Rahner war uneitel bis zur Selbstvergessenheit und schier unerschöpflich in seiner Produktion, auch wenn sich die Gedanken und Texte später wiederholten.
Einen Erdrutsch in der theologischen Landschaft hat er ausgelöst, weil er zur rechten Zeit an der rechten Stelle war. Doch Erdrutsche bewegen nicht nur, sie verschütten auch. In der Rahnerschen Theologie herrscht eine Doppeldeutigkeit, die es zu besichtigen gilt. Natürlich ist alles ambivalent in dieser Welt, und wo Licht ist, fällt auch Schatten. Ich meine nur, dieser Schatten ist hier stärker, als es von Natur dem Lichte zukommt.

2. Aber zuerst leuchtet zweifellos das Licht! Von Rahners früher Theologie strahlt eine Frische und Zuversicht aus, die mitreißt. Der frühe Rahner läßt spüren, daß Glaube, Kirche und Theologie auch in Zukunft etwas zu sagen haben werden. Dafür gebürt ihm Anerkennung, dafür darf er an seinem Geburtstag postum unseren Dank erwarten. Ich will mich dem Chor der Gratulanten anschließen: Ich bin dankbar, seine Stimme in der Jugendzeit gehört zu haben. Mit Wehmut streiche ich heute über die kleinen Herder-Bändchen, die ich damals verschlungen habe. 'Vom Glauben inmitten der Welt' und 'Gnade als Freiheit' sind mir 1967 und 1968 in die Hand gekommen, wie das Exlibris sagt. Sie haben mir im Jugendalter den Mut gegeben, den ich brauchte. Rahner leistete, was sonst niemand zu leisten vermochte: Er konnte Gott und Welt verbinden, Glaube und Wissenschaft, Kirche und Gesellschaft. Weder Eltern noch Pfarrer, weder Lehrer noch Theologen schienen mir dazu in der Lage zu sein. Ich brauchte einen vollwertig Glaubenden und einen, der keine Abstriche mit der Welt machte, der also vollwertig auf der einen wie auf der anderen Seite war. Das war die Not meinen frühen Tage: Entweder wurde ich modern, dann mußte ich den Glauben aufgeben, oder ich wurde gläubig, dann mußte ich meine modernen Freunde aufgeben. Der Name Rahner war das Versprechen, daß beides zusammengehen kann, ohne wählen zu müssen. Hat der Name das Versprechen gehalten?

3. Ja würde ich sagen. Zunächst jedenfalls. Ich weiß nicht, ob ich ohne Rahner die Brücke zwischen Gott und Welt gefunden hätte. Vielleicht hätte ich ohne ihn die Brücke verfehlt und wäre irgendwo angeschwemmt worden. Als ich mit der Theologie in Münster begann, war Karl Rahner gerade da. Er las seinen bekannten 'Grundkurs des Glaubens'. Ich verstand zwar nichts, war aber tief befriedigt. Der kleine Mann da vorne am Pult im riesigen Audimax, der von Woche zu Woche leerer wurde, versöhnte Welt und Kirche, das war für mich ausgemacht, und mehr war nicht nötig. Ich konnte weiter gehen in der Spur von Glaube, Theologie und Priestertum. Da ich fleißig in den 'Schriften zur Theologie' las, verstand ich ihn bald besser und konnte auch bald so reden wie er: Gott war das absolute Geheimnis des Menschen, das Wovonher und Woraufhin seiner Existenz, er war ihm über das übernatürliche Existential zugänglich, das aus der grauen Potentia oboedientialis der Neuscholastik einen lebensvollen Begriff gemacht hatte, damit die möglicherweise ergangene Botschaft des Heils einen Hörer des Wortes finde, dessen Lage transzendentaltheologisch zu erkunden ist, damit er das Angebot der Selbstmitteilung Gottes in Jesus Christus in Freiheit annehmen und in jedem Menschen, der seinem Gewissen folgt, den anonymen Christen als Bruder erkennen kann.
So die wichtigsten Eintragungen in der Rahnerschen Wörterliste! Dem Jugendlichen waren sie eine Wonne. Können sie es dem erwachsenen Manne auch sein? Wir schauen uns einige Themen der Theologie in der Fassung Rahners an.

4. In der Spriritualität....

5. In der Gnadenlehre....

6. Für zentral bei Rahner in der Anthropologie....

7. In der Schöpfungslehre lehrt Rahner: "Theologie und Naturwissenschaft können grundsätzlich nicht in einen Widerspruch untereinander geraten, weil beide sich von vornherein in ihrem Gegenstandsbereich und ihrer Methode unterscheiden." (Schriften XV, 26). Auch hier müssen wir mit einem Lob beginnen. Der Streit mit den Natur- und Humanwissenschaften in der Neuzeit, mit Galilei, Darwin und Freud, hat der Kirche schwer geschadet. Nach allgemeiner Auffassung haben die Wissenschaften auf jeden Fall recht und die Religion höchstens dann, wenn sie mit den Wissenschaften nicht in Widerspruch steht. Da ist Rahners grundsätzliche Unterscheidung zwischen beiden Bereichen nützlich. Wenn wir nach seiner Ansicht verfahren, kann man Theologie und Glaube nicht mehr den Vorwurf machen, sie stünden mit den Naturwissenschaften in Konflikt. Sie haben nach Rahners Schiedsspruch einfach nichts miteinander zu tun. Sie müssen sich nur immer wieder ihren Unterschied in Inhalt und Methode vor Augen führen.
An dieser Stelle, glaube ich, war es, als ich vor zwei Jahrzehnten die Wege Rahners verlassen haben. Aus der Wonne wurde das Stutzen und aus dem Stutzen das Unbehagen. Plötzlich drangen andere Stimmen an mein Ohr: "Und ich habe schon wor langer Zeit gesagt, es führt eine schnurgerade Straße von Galilei zur Atombombe. Der Kardinal Bellarmin, der Galilei daran hindern wollte, die Kopernikanische Lehre zu verbreiten, wußte wovon er sprach." (Tragweite der Wissenschaft, 472) Das war eine kritische Stimme gegen die Wissenschaft mitten aus der Wissenschaft. Sollten diese doch nicht so außerhalb allen Zweifels stehen? Hat auch die Wissenschaft ihre Grenzen? Vielleicht, dachte ich, sollte ich mir lieber den kritischen C. F. von Weizsäcker zum Lehrer nehmen anstatt den weltfreudigen und etwas naiven Rahner, der die Autonomie der Wissenschaft für unantastbar erklärt hat.
Nun plötzlich sah ich, daß überall diese Autonomie bei ihm herrschte, nicht nur in der Schöpfungslehre. War nicht die Anthropologie, die Gnadenlehre, die Spiritualität autonom aufgebaut? Von Gottes Handeln war eigentlich immer weniger die Rede, deshalb auch immer weniger von der Bekehrung des Menschen. Das heißt, es war schon die Rede davon, denn Offenbarung heißt bei Rahner die Selbstmitteilung Gottes. Aber sie war ausgegossen über die ganze Geschichte, daß die spezielle Offenbarung, die kategoriale, wie es hieß, nichts besonders Heilbringendes mehr an sich hatte. Jetzt verstand ich: Der anonyme Christ war die logische Folge. Jeder Mensch durfte bleiben wie er ist, da ihm die besonderer Offenbarung in Christus nichts Besonderes mehr zu bieten hatte.

8. Ist mir der Förderer des Glaubens zum Hindernis geworden? ...

9. Ich brauchte eine andere Grundlage für das Denken. Der Glaube darf nicht erzittern vor der Welt, vor den Erfolgen der Wissenschaft, vor der Autonomie. Die Bäume wachsen nicht in den Himmel, alles bleibt endlich, auch wenn die Erfolge zunehmen. Die wurde meine Grundlage: "Das Streben nach absoluter Gewißheit war der Versuch, den Glauben überflüssig zu machen. Dies hat sich als unmöglich erwiesen." (Weizsäcker: Zeit und Wissen, 1992, 51) Es gibt eine Säkularisierung, die entgleist ist, und mit Rahner kann man den Zug nicht wieder aufs Gleis heben.
....
Auf der Grundlage des Rahnerschen Denkens, stellte ich betrübt fest, es gibt keinen Weg in die Zukunft. Rahner ist ein Stück des notwendigen Weges gegangen, aber wenn wir auf seinem Weg bleiben, landen wir in der Sackgasse. Wir müssen die Welt fragen können, ob sie sich ihres Weges sicher ist.
Gruß Jürgen

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Pauper Servus hat geschrieben:»a) Es ging nicht um die Methode (keiner wird heute fordern, alle theologsichen Abhandlungen sollten nach der Methode eines Artikels der Summa theologiae erfolgen!), sondern um die scholastische Begrifflichkeit: Man darf nicht vergessen, die Kirche hat sich diese Terminologie an vielen Stellen zu eigen gemacht (Form, Materie, Substanz usw.) und "Fides et Ratio" schärft erneut ein, dass man darauf nicht verzichten kann.
b) Die Lehre der Väter ist hochzuschätzen und ein sicheres Fundament: ja, unbedingt: der unanimis consensus des Vätertheologie ist ein wichtiger locus theologicus! Dennoch gibt es Theologen der alten Kirche, die auch sehr problematische Dinge gelehrt haben (allen voran Origenes: ausgerechnet diesne hat de Lubac aber auf ein hohes Potest gehoben!). Außerdem darf man die Theologie nicht vor die Scholastik und die weitere Entwicklung in die Vätertheologie zurückdrängen wollen (insofern war der Ansatz der nouvelle théologie traditionalistisch-konservativ): man muss das Prinzip der Lebendigkeit der Tradition auch auf die Theologie anwenden (dies übersehen extreme Traditonalisten heute immer wieder: besonders die Anhänger des archäologischen Traditonalismus aus der Una Voce-Bewegung: Kaschewsky usw.)
c) Thomas wurde niemals verurteilt: dazu vergleiche man die neueren Studien von Torrell u.a.
d) Eine Trockenheit des Thomismus (wie dies etwa Klaus Berger tut, der diesen nur sehr schlecht kennt) wird nur der behaupten, der nur den Neuthomismus kennt : wer sich im Thomismus wirklich auskennt, wird dessen große Nähe zur Mystik erkennen und schätzen.
e) Zu Thomas und Naturphilosophie: vgl. das neue Buch von Leo Elders, Die Naturphilosophie des Thomas von Aquin, Bierbronnen (Gustav-Siewerth-Akademie): in dem er genau dieses Vorurteil sehr ausführlich (über 400 Seiten widerlegt).
f) Zu Thomas und Neuschoalstik: die Neuscholastik in Deutschland war niemals (oder nur in Randfiguren: Manser, del Prado, Brinktrine) wirklich thomistisch im engeren Sinne: sie hatte ein durch die Jesuitentheologie entfremdetes und enstelltes Thomasbild. Dieses hat Rahner sozusagen (als der letzte Neuscholastiker Deutschlands) ins Extrem gezogen und mit der Philosophie des Deutschen Idealismus vermischt (was bereits seine neuschoalstischen Lehrer in Valkenburg oder Przywara und Maréchal vorgemacht haben)«
Salve, serve pauper divitiarum Aquinatis! Zunächst pflichte ich gern bei, daß man zwischen Thomas und dem Neothomismus wohl unterscheiden muß. Einige Einwände möchte ich gleichwohl vorbringen. So ist zwar richtig, daß ein „archäologischer Traditonalismus“ fehl am Platze ist. Aber wenn man dies gegen eine Rückbesinnung auf die Vätertheologie ins Feld führt, so könnte man dasselbe Argument mit gleichem Recht gegen einen hinter den Neothomismus zurückgehenden Rückgriff auf Thomas selbst benutzen, oder?

Damit will ich sagen: Neuere Wege der Theologie unter Berufung auf die Alten von vornherein zu verwerfen, ist gewiß falsch; die umgekehrte Methode aber auch. Und dies erst recht, als die Kirche von einem Geschehen lebt, das vor zweitausend Jahren stattfand und das uns durch die apostolischen Zeugen bis heute vermittelt wird.

Andererseits lebt die Kirche als in der Zeit pilgerndes Volk immer auch je in ihrer Zeit. Sie muß in gewisser Weise der Zeit Rechnung tragen, weil sie in die Welt und in die Zeit gesandt ist. Ebenso muß sie wissen, daß sie umgekehrt Einflüssen der Zeit unterliegt und von ihnen auch in einer Weise geformt wird, die ihrem Auftrag und Wesen nicht entspricht. Darum bedarf es immer wieder der Überprüfung, der Reinigung, des Abtragens allzumenschlicher, zeitgebundener Beimengungen. In diesem Sinne ist sie eine Ecclesia semper reformanda, wie Joseph Ratzinger es einmal ausgedrückt hat. Und das gilt gewiß auch von der Theologie.

Daher mein Anliegen, auf unterschiedliche Wege der Theologie der Kirche hinzuweisen, die gleiches Recht beanspruchen können, und meine Warnung vor einer Verabsolutierung eines einzigen Wegs, in diesem Falle des Aquinaten. Mit meinem Hinweis auf die Verurteilung von 1277 wollte ich also keineswegs suggerieren, die Kirche habe Thomas verurteilt. Faktum ist aber, das damals Bischof Stephan Tempiers von Paris gut 200 im wesentlichen philosophische Thesen verurteilte, unter welchen sich auch rund zwei Dutzend des Aquinaten befanden.

Dies Urteil wurde auch von andern übernommen – namentlich in Frankreich und England –, anderswo jedoch abgelehnt, so überwiegend in Deutschland und Italien. Es richtete sich auch – wie gesagt – nicht gegen die Theologie eines Thomas von Aquin, sondern gegen eine gewisse philosophische Mode an den Artistenfakultäten, besonders (aber nicht ausschließlich) gegen den sogenannten Averroismus, gegen einige Schüler Alberts und manches, was noch mit hinein geriet.

Thomas stand mitten in diesen Auseinandersetzungen. Er versuchte wohl, philosophisch eine mittlere Position zu halten. Er wurde aber auch scharf angegriffen, und ein paar seiner Thesen erschienen manchen Bischöfen sogar als verurteilenswert. Mehr wollte ich nicht sagen. Weshalb aber? – Um zu illustrieren, daß man sich auch mit Thomas durchaus zu Recht auseinandersetzen und streiten darf.

Ich hatte die Naturphilosophie und die Erkenntnislehre als zwei Beispiele angesprochen, bei denen ich Thomas weniger überzeugend finde. Die Schrift von Leo Elders zur Naturphilosophie kenne ich zugegebenermaßen nicht, doch rühren meine Vorbehalte nicht von Vorurteilen her, sondern aus schlichter, wenn auch sehr lückenhafter eigener Thomas-Lektüre. Die Erkenntnislehre wäre noch einmal ein Thema für sich, das hier zu weit führte.

Um noch einmal auf die Nouvelle Théologie zurückzukommen: Da sind wir uns vielleicht gar nicht so uneins. Ich anerkenne deren Bemühen, verschüttete Quellen wieder ans Licht zu holen und nutzbar zu machen für den heutigen Gläubigen, ich bewundere sogar manch enorme Leistung, die da vollbracht wurde – und doch fehlt es mir dort sehr an der nötigen Unterscheidung der Geister. Paradigmatisch – und für mich kaum nachvollziehbar – ist, wie man auf einen Origenes hereinfiel. Da sind wir nun ganz gewiß einer Meinung.
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Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Pauper_Servus
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Verabsolutierung des Aquinaten

Beitrag von Pauper_Servus »

"Daher mein Anliegen, auf unterschiedliche Wege der Theologie der Kirche hinzuweisen, die gleiches Recht beanspruchen können, und meine Warnung vor einer Verabsolutierung eines einzigen Wegs, in diesem Falle des Aquinaten."

-- Im großen und Ganzen Zustimmung zu den Modifizierungen des im ersten Beitrag Gesagten --
Aber: Wenn auch keiner Absolutierung des Aquinaten das Wort geredet werden soll, so besitzt doch dessen Lehre (zumal die großen Leitmotive, wie sie etwa in den XXIV Thesen der thomistischen Philosophie festgeschrieben wurden) in der katholischen Theologie von Rechts wegen (leider nicht de facto) eine einzigartige Autorität. Dass dies nach wie vor - sowohl nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil wie dem neuen Kirchenrecht und den Verlautbarungen des Heiligen Vaters gilt - hat in einem demnächst erscheinenden Aufsatz der belgische Thomist Jörgen Vijgen detailliert und sehr überzeugend aufgezeigt: Da ich aus verständlichen Gründen vor Erscheinen dieses Beitrags aus diesem noch nicht zitieren kann, bleibt mir nichts anderes als um Geduld zu bitten: ich werde dann noch einmal auf die Ergebnisse des Beitrags zurückkommen ...
P.S.: Das neue Buch von P. Elders ist unbedingt zu empfehlen!!
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Samuel
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Beitrag von Samuel »

Kleine Zwischenbemerkung: Vielleicht wäre es sinnvoll, für die Thomas-Diskussion einen Thomas-Thread aufzumachen (oder gibt's den schon?)

Ich möchte ein paar Dinge zu D. Hattrups Artikel sagen, den ich insgesamt sehr gut finde:

1. Sackgasse: Es ging Rahner sicherlich darum, aufzuzeigen, dass das, was die Kirche verkündet, jeden Menschen angeht, weil alle Menschen schon (durch übernatürliches Existential) darauf angelegt sind und darum das Heil (anonym) auch ausserhalb der engen Kirchenmauern zu finden ist. Rahners Hauptbewegungsrichtung bestand darin, aus der damaligen Enge der Kirche heraus eine Öffnung zu finden. Diese Bewegung ist heute, da eher Konsolidierung angesagt ist, nicht mehr so zeitgemäß.
Aber auch folgender Gedanke findet sich bei Rahner: Das übernatürliche, allen Menschen angebotene Heil kann nur ergriffen werden in der Dynamik auf eine geschichtlich möglichst deutliche Konkretisierung, die ihren Höhepunkt erreicht in Jesus Christus. In diesem Sinne würde ich mich sozusagen als Rechts-Rahnerianer bezeichnen und meine nicht, mich damit in einer Sackgasse zu befinden.

2. Autonomie: Zum Verhältnis von Glaube und Naturwissenschaft ist zu sagen: Wenn Christen Naturwissenschaftler kritisieren, dann nicht, weil die Offenbarung bessere naturwissenschaftliche Erkenntnisse bietet, sondern weil das Vorgehen der Naturwissenschaftler moralisch bedenklich ist - und dies wird wiederum nicht (nur) aus der Offenbarung erkannt, sondern (auch) mit dem natürlichen Menschenverstand (lex dei naturalis).
Wir neigen heute dazu, uns nach einem festen Fundament zu sehnen, von welchem aus dann alles andere beurteilt und kritisiert werden kann (etwa Bibel, Papst, Dogmen...) Früher habe ich gedacht: "Der Pfarrer wird's schon wissen" - heute weiss ich, dass Priester auch keine besseren Erkenntnisquellen haben als andere Menschen. Ich glaube, hinter das, was uns Bibelkritik, Dogmengeschichte... gelehrt haben, können wir nicht mehr zurück (und es ist eine Stärke des Christentums, dass es - im Gegensatz etwa zum Islam - in der Lage ist, auf die modernen Anfragen einzugehen). Insofern hat Rahner m.E. etwas bleibend Gültiges gesagt, wenn er Glauben nicht als ein Stehen auf einem festen Fundament definiert, sondern als ein vertrauendes Aushalten der Fundamentlosigkeit.

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