Christliches Menschenbild - was heißt das (heute)?

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Biggi
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Christliches Menschenbild - was heißt das (heute)?

Beitrag von Biggi »

Folgende Bemerkungen von Robert und mr94 im Rahner-Thread scheinen mir wichtig genug, um dafür einen neuen Strang zu eröffnen, der dann nicht nur auf die Rahner'sche Anthropologie abzielen sollte, sondern auf unterschiedliche Menschenbilder, die den diversen theologischen Konzepten - oft unausgesprochen - zugrunde liegen.
mr94 hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:[justify]Die Anthropologie, die in Redemptor Hominis – und nicht nur dort – durchscheint, ist nicht unproblematisch. Aber das wäre ein anderes Thema. Vielleicht gelegentlich mal in einem neuen Strang.[/justify]
Die Anthropologie (oder vielmehr die Frage nach dem Menschenbild) halte ich überhaupt für eine der spannendsten Fragen, der wir uns heute stellen müssen. Letztlich, das haben auch viele Diskussionen in jenem anderen Forum gezeigt, lassen sich viele umstrittene Punkte auf Differenzen in der Anthropologie zurückführen.

Weswegen ich, um den Bogen zu schlagen, auch den Ansatz Rahners interessant finde. Er stellt (im Grundkurs des Glaubens) genau die Frage an den Anfang, welche Grundannahmen das Christentum über den Menschen macht und machen muss, um sich überhaupt verständlich machen zu können. Gerade diese Grundannahmen sind es, die heute nicht mehr selbstverständlich sind.

Und an dieser Stelle läuft auch die Katechese gern gegen die Wand, weil weder Katecheten noch Katechumenen (oder anderen Sakramentsbewerbern) klar ist, dass das christliche Menschenbild nicht mehr so recht mit dem common sense übereinstimmt. Vom common sense her gesehen werden aber viele Aussagen der frohen Botschaft bestenfalls unverständlich.

Die Herausforderung für die Theologie ist, nicht einfach per Abspaltung sozusagen zwei Sphären zu schaffen, Wissenschaft vom Menschen (=Anthropologie) und vom Glauben (=Theologie) voneinander zu trennen, sondern aufeinander zu beziehen. Es reicht nicht aus, schlicht jegliche auf den ersten Blick unvereinbare Erkenntnis oder These am Prüfstein des Dogma zerschellen zu lassen. Das wäre zu einfach.

Ein paar Schlagworte sind ja oben schon gefallen: Theozentrismus, Anthropozentrismus - und die jedenfalls mich überraschende These, Johannes Paul II. vertrete einen Christozentrismus, wenn man so will als Synthese aus den beiden Ismen.
(...)
Das Christentum nimmt den Menschen, wie er ist, und macht ihn zu dem, was er sein soll.
(Adolph Kolping, Patron des XX. Weltjugendtags 2005)

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mr94
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Beitrag von mr94 »

Welche Fachdisziplin der Theologie befasst sich mit der Anthropologie? Ist das Fundamentaltheologie?

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roncalli
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Beitrag von roncalli »

mr94 hat geschrieben:Welche Fachdisziplin der Theologie befasst sich mit der Anthropologie? Ist das Fundamentaltheologie?
Ja, schon.
Es gibt freilich auch die "biblische Anthropologie", die in der Biblischen Theologie angesiedelt ist. Und dann sind auch noch die christliche Sozialethik und die Moraltheologie zu nennen, die sich mit der Menschenwürde und den sich daraus ergebenden Normen beschäftigen.

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roncalli
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Beitrag von roncalli »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Die Anthropologie, die in Redemptor Hominis – und nicht nur dort – durchscheint, ist nicht unproblematisch.
Wo ist deiner Meinung nach die Anthropologie des Papstes problematisch?
(Nur kurz, wenn geht. Kein neuer Strang.) Die Grundideen von Redemptor Hominis durchziehen ja sein Gesamtwerk.

Da der neue Strang bereits existiert - aber nicht in Gang kommt -, hab ich mir erlaubt, den Beitrag von Roncalli vom Rahner-Thread hierher zu verschieben. Und die Antwort darf dann auch getrost was länger sein...
Biggi

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