Rund um das Bischofsamt

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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Alexander
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Rund um das Bischofsamt

Beitrag von Alexander »

"Das Bischofsamt in der soteriologischen Perspektive"

Ihr wißt sicher, wie viel dieses Thema zu bieten hat. Sehr vieles, was verschiedene Kofessionen verbindet oder auch trennt, geht letztendlich darauf zurück. Ich bitte auch die protestantischen Teilnehmer des Forums ausdrücklich, sich an der Erörterung dieser Frage zu beteiligen.
Also: schreibt, was Euch einfällt! Nutzt die unübersehbare Weite aus, die sich da dem Fluge des theologischen Gedankens bietet!
Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
Meine Sorgen wollen mich erdrücken,
ich weiß nicht ein noch aus.
Gott, sei gnädig und hilf.
Gib Kraft zu tragen, was du schickst,
laß die Furcht
nicht über mich herrschen.
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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Interessant sind in dieser Hinsicht die >>>Briefe des heiligen Ignatius, des Bischofs von Antiochien.

Bild
Haltet zum Bischof, damit auch Gott zu euch [halte]. Meine Seele setze ich daran für die, die dem Bischof, den Presbytern und den Diakonen untertan sind; möge es mir gegönnt sein, mit ihnen mein Teil zu bekommen bei Gott.
Zuletzt geändert von Alexander am Donnerstag 30. Juni 2005, 21:37, insgesamt 2-mal geändert.
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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Auch möchte ich Euch drum bitten, mir in diesem Zusammenhang das Petrusamt des Papstes zu erklären: wenn die Bischofsweihe die höchste Weihe der Kirche ist, wenn alle Bischöfe untereinander im Bezug auf die Weihe gleich sind, wie kann es ein höheres heilsrelevantes oder heilsnotwendiges Amt geben?
Man überlege sich auch das Verhältnis der Stellung eines Metropoliten /Bischofsprimas zu den "einfachen" Bischöfen.
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Tacitus
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Re: Das Bischofsamt in der soteriologischen Perespektive

Beitrag von Tacitus »

Alexander hat geschrieben:Ihr wißt sicher, wie viel dieses Thema zu bieten hat. Sehr vieles, was verschiedene Kofessionen verbindet oder auch trennt, geht letztendlich darauf zurück.
Um gleich mal mit dem Trennenden anzufangen:

Bei den Lutheranern ist die Kirche konstituiert durch Wort und Sakrament und dies ist eine absolut obligatorische Dauerordnung der Kirche.
Diese Verfasstheit ist jus divinum, alle andere Ordnung in der Kirche ist jus humanum.
Im Unterschied zum römisch-katholischen Kirchenbegriff sind die sogenannten notae der Kirche nicht in "Seinsmerkmalen" sondern in "Wirkmitteln" zu suchen, eben in den Wirkmitteln von Wort und Sakrament.

Damit kommt dem Bischofsamt zwar eine Bedeutung zu innerhalb der guten Ordnung in der Kirche, ist aber eben nur dem jus humanum zugeordnet. Soteriologische Bedeutung kann es ergo nicht haben.

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Alexander
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Re: Das Bischofsamt in der soteriologischen Perespektive

Beitrag von Alexander »

Tacitus hat geschrieben:
Alexander hat geschrieben:Ihr wißt sicher, wie viel dieses Thema zu bieten hat. Sehr vieles, was verschiedene Kofessionen verbindet oder auch trennt, geht letztendlich darauf zurück.
Um gleich mal mit dem Trennenden anzufangen:

Bei den Lutheranern ist die Kirche konstituiert durch Wort und Sakrament und dies ist eine absolut obligatorische Dauerordnung der Kirche.
Diese Verfasstheit ist jus divinum, alle andere Ordnung in der Kirche ist jus humanum.
Im Unterschied zum römisch-katholischen Kirchenbegriff sind die sogenannten notae der Kirche nicht in "Seinsmerkmalen" sondern in "Wirkmitteln" zu suchen, eben in den Wirkmitteln von Wort und Sakrament.

Damit kommt dem Bischofsamt zwar eine Bedeutung zu innerhalb der guten Ordnung in der Kirche, ist aber eben nur dem jus humanum zugeordnet. Soteriologische Bedeutung kann es ergo nicht haben.
Wo kommt das Wort her? Wo kommt das Sakrament her?
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Tacitus
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Re: Das Bischofsamt in der soteriologischen Perespektive

Beitrag von Tacitus »

Weil dem jus divinum zugeordnet kommt beides natürlich von Gott.

Das Wort (in der Schrift) ist inspiriertes göttliches Wort (denke an den Grundsatz sola scriptura); die Sakramente wurden gestiftet, eingesetzt. Selbstverständlich muss der Glaube hinzukommen.
In der lutherischen Orthodoxie bezeichnet man verbum und sacramenta als media salutis exhibitiva, fides wird als medium apprehensivum bezeichnet.

Nochmal: die Ordnung der Kirche, die ja die media salutis exhibitiva verwalten soll, kommt hier überhaupt nicht vor. Das Bischofsamt gleich garnicht.

Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Für die Ordnung in der Kirche heißt dies, dass hier eine sehr große Offenheit besteht (im Gegensatz z.B. zur katholischen Verfasstheit der Kirche).

In der evangelischen Kirche gibt es keinerlei theologische Gründe, warum der Bischof von Rom nicht eine Stellung im Sinne eines Ehrenprimats haben soll. Manche Theologen (z.B. Pannenberg aus München) können sich das gut vorstellen. Obs aber durchsetzbar ist?

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Woher weißt Du, Tacitus, daß die Heilige Schrift von Gott kommt? woher willst Du wissen, daß es vier Evangelien gibt? Was ist mit anderen Schriften aus der ersten Jahrhunderte, die auch "Evangelien" und "Briefe der Apostel" zu sein beanspruchen und mancherorts und zu mancher Zeit als Heilige Schrift gehandabt worden sind?

Den Kanon des Neuen Testamentes hat die Kirche festgelegt, sie hat festgelegt, was dazugehört, und was nicht. Am wichtigsten sind dabei die Listen der neutestamentlichen Bücher des hl. Clemens' von Rom und hl. Athanasius des Großen (IV Jh.). Zur allgemeingültigen Festlegung führte ein Beschluß des Konzils von Laodocea (ohne die Apokalypse) von a.D. 360, welcher auf dem Konzil von Trullo (a.D 692) feierlich bestätigt wurde (mit der Apokalypse). Die Apokalypse wurde allerdins schon auf einem Konzil von Karthago im Jahre 419 als kanonisch anerkannt.
Zuletzt geändert von Alexander am Sonntag 3. Juli 2005, 01:44, insgesamt 2-mal geändert.
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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Somit ist der Grundsatz Sola Scriptura vollkommener Unsinn. Ohne die heilige apostolische Überlieferung der Kirche gibt es keine Heilige Schrift. Die Bibel ist vielmehr ein Teil der heiligen Überlieferung. Eine Zeitlang sind die Christen nur mit der Überlieferung ausgekommen (nämlich vor und während der Niederschrift der neutestamentlichen Bücher.)
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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Du weißt gewiß, daß eine Taufe nicht ausreicht, um den Heiligen Geist zu empfangen:
Apostelgeschichte
8:14 Da aber die Apostel höreten zu Jerusalem, daß Samarien das Wort GOttes angenommen hatte, sandten sie zu ihnen Petrus und Johannes.

15Welche, da sie hinabkamen, beteten sie über sie, daß sie den Heiligen Geist empfingen.

16(Denn er war noch auf keinen gefallen, sondern waren allein getauft auf den Namen Christi JEsu.)

17Da legten sie die Hände auf sie, und sie empfingen den Heiligen Geist.
Das Bischofsamt ist übrigens kein jus humanum, wo hast Du es her?
Apostelgeschichte 20:28 So habt nun acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, unter welche euch der Heilige Geist gesetzet hat zu Bischöfen, zu weiden die Gemeinde GOttes, welche er durch sein eigen Blut erworben hat.
Der Heilige Geist, Gott also, keine Menschen!
Der große Paulus wurde von Gott persönlich zum Apostel bestellt, aber selbts er mußte eine Handauflegung bekommen, um dieses Amt ausüben zu können! Siehe die ersten Verse des 13. Kapitels der Apostelgeschichte.
Die Apostel haben dann überall Bischöfe eingesetzt.
Martin Luther hat dann eine neute Kirche gegeründet. Niemand kann aber eine Kirche gründen, nur Christus. Luther hat sich einfach eine Religion zurechtgedacht, indem er ein paar Sachen aus der hl. Überlieferung übernommen, das meiste aber über Bord geworfen hat.
Die ungebrochene Tradition des Glaubens, die von den Aposteln kommt, darf nicht gebrochen werden. Wenn ich neue Sachen ausdenke, dann ist es meine Phantasie, und keine Wahrheit. Und genau das hat Luther gemacht.
Er konnte keine deutschen Bischöfe für seine Sache geweinnen, deshalb mußte er erklären, die Apostolische Sukzession sei einfach unnötig.
So einen Unsinn hatte es vor ihm in keinem Teil der Kirche gegeben. Weder im Osten noch im Westen. Die Gnostiker natürlich nicht mitgerechnet.
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Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Alexander hat geschrieben: Den Kanon des Neuen Testamentes hat die Kirche festgelegt, sie hat festgelegt, was dazugehört, und was nicht.
Also steht die Tradition (die Kirche) über der Schrift? Ich glaube andersrum wird ein Schuh draus. Die Hierarchie geht nicht: Kirche-Schrift, sondern: Schrift-Kirche.

Die Kirche hatte nicht die Autorität, den Kanon "festzulegen". Die Schrift hat sich selbst durchgesetzt. Drei Differenzkriterien (als Unterscheidungsmerkmale zur übrigen Tradition) waren dabei ausschlaggebend:
1. Christozentrik
2. Apostolizität
3. testimonium spiritus sancti internum.
Auf keinen Fall kann die Autorität der Kirche als viertes Kriterium für die Kanonizität einer Schrift geltend gemacht werden. Die Kirche autorisiert nicht den Kanon, sie wird von ihm autorisiert, denn sonst würde die Schrift aufhören, Richtmaß zu sein.
Durch die Normierung des Kanons hat die Kirche geradezu darauf verzichtet, ihre eigene Norm zu sein und nicht etwa sich durch Normierung einer "Zweitnorm" über die Schrift gestellt.

Das bedeutet natürlich nicht, dass die Tradition ihren Wert verliert.
Außerdem gibt es selbstredend Schriften, die dem "Fixstern" Kanon sehr nahe stehen (wie z.B. die Ignatianen) und solche die dies nicht tun.

Eine zeitlang ist die Kirche ohne Schrift ausgekommen, meinst Du. Dies ist wahr (obwohl sie ja die jüdische Bibel weiter benutzten und auf Christus hin auslegten)! Dies wurde aber doch je länger je mehr Grund dafür, einen Kanon zu definieren.

Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Alexander hat geschrieben: Somit ist der Grundsatz Sola Scriptura vollkommener Unsinn.
So weit würde ich nicht gehen! :D
Aber mal im Ernst: Die Frage ist doch: Wie ist das Verhältnis Schrift und Tradition zu bestimmen.
Es ist evident, dass die Schrift aus mündlicher Tradition hervorgegangen ist. Bevor es Schrift gab, gab es Tradition. Ich glaube nicht, dass die Alternative Schrift oder Tradition lautet, sondern - wenn schon -: Urtradition oder Sekundärtradition.

Die Tradition zog durch die Kanonbildung selbst eine Grenze zwischen apostolischer Urtradition und Sekundärtradition. Damit ist die Schrift beides: selbst Tradition u n d Gegenstück zur Tradition. Fürderhin war die Schrift also Quelle allen Glaubens und aller Tradition.

Damit war aber die Schrift für alle künftigen Entscheidungen der Kirche - wie die lutherische Orthodoxie lehrte - norma normans (normierende Norm) und jedes Bekenntnis der Kirche norma normata ( - von der Schrift - normierte Norm).

Wahr ist allerdings auch: In der lutherischen Theologie herrschte leider allzuoft eine Traditionsvergessenheit.

Mich würde in diesem Zusammenhang einmal interessieren wie Du eigentlich "Tradition" definierst. Ich glaube dann kommen die Bischöfe wieder in die Diskussion (womit wir wieder beim Thema wären). Meines Erachtens kann ja nicht alle Tradition Norm sein: Wenn alles Norm ist, ist nichts mehr Norm.

Ich glaube aber doch, dass wir uns "in der Mitte" treffen können, Alexander, in der Mitte der Schrift und der Tradition: Christus. Die tiefe Liebe zu ihm bestimmt doch unser beider Leben, oder?

Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Alexander hat geschrieben:
Das Bischofsamt ist übrigens kein jus humanum, wo hast Du es her?
Apostelgeschichte 20:28 So habt nun acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, unter welche euch der Heilige Geist gesetzet hat zu Bischöfen, zu weiden die Gemeinde Gottes, welche er durch sein eigen Blut erworben hat.
Ich habe nie behauptet, der Heilige Geist wirke nicht in der Kirche. Wo hast Du es her?
Das hat aber doch nix mit dem jus humanum zu tun.

Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Alexander hat geschrieben: Die ungebrochene Tradition des Glaubens, die von den Aposteln kommt, darf nicht gebrochen werden. Wenn ich neue Sachen ausdenke, dann ist es meine Phantasie, und keine Wahrheit.

Zum Beispiel die neue Sache mit der unbefleckten Empfängnis Mariens!

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Tacitus hat geschrieben:
Alexander hat geschrieben: Die ungebrochene Tradition des Glaubens, die von den Aposteln kommt, darf nicht gebrochen werden. Wenn ich neue Sachen ausdenke, dann ist es meine Phantasie, und keine Wahrheit.

Zum Beispiel die neue Sache mit der unbefleckten Empfängnis Mariens!
Du sprichst mir aus dem Mund: die unbefleckte Empfängnis ist daher ein Märchen in meinen Augen. Ich glaube nur an eine unbefleckte Empfängnis Jesu Christi. Ich bin orthodoxer Christ, Tacitus!
Zu den anderen von Dir angesprochenen Sachen äußere ich mich ein bißchen später.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Tacitus hat geschrieben:Also steht die Tradition (die Kirche) über der Schrift? Ich glaube andersrum wird ein Schuh draus. Die Hierarchie geht nicht: Kirche-Schrift, sondern: Schrift-Kirche.
Das kann doch schon rein logisch gar nicht sein, Tacitus. Der Herr hat doch kein Schriftenapostolat betrieben, sondern die Kirche eingesetzt, nämlich durch Beauftragung der Apostel. (Das Problem liegt natürlich im protestantischen Kirchenbegriff. Das heißt, eigentlich fehlt euch überhaupt ein Kirchenbegriff. Die gemeindliche Versammlung oder die eschatologisch begriffene Gesamtheit der Erlösten ist nicht die Wirklichkeit der Kirche in dieser Welt, wie Jesus Christus sie eingesetzt hat.)

Das Bischofsamt setzt nun das Apostelamt der Zwölfe fort. Es fließt aus dem Auftrag Christi, ergangen zugleich mit der Einsetzung der Eucharistie beim Letzten Abendmahl: unmittelbare Frucht Seines Opfers also, welche dies Opfer durch die Zeit hindurch bis ans Ende in der Kirche gegenwärtig macht durch die Apostel, also durch die Bischöfe und ihre Priester.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Tacitus hat geschrieben:Die Kirche hatte nicht die Autorität, den Kanon "festzulegen".
Doch. Sie hat es ja auch getan: historisch ein unbestreitbares Faktum.
Tacitus hat geschrieben:Die Schrift hat sich selbst durchgesetzt.
Wie soll denn das gegangen sein, Tacitus? Selbst die Mormonen haben ihren Joseph Smith, der die Goldtafeln mit dem Buch Mormon gefunden haben will. Ebenso die Muslime ihren Muhammed, der als Sekretär seines Herrn den Koran geschrieben haben will. Die Marcioniten hatten ihren Marcion, der den (beschnittenen) Kanon der heiligen (neutestamentlichen) Bücher definierte und den Rest über den Jordan warf.

»Die Schrift hat sich selbst durchgesetzt.« – Tacitus, Schriften flattern nicht vom Himmel. Wenn nicht die Kirche den Kanon festsetzen konnte und durfte, wer dann war eure Gründerfigur? Derjenige, der unausgesprochen hinter so merkwürdigen Postulaten von autonom handelnden Büchern steht?
Tacitus hat geschrieben:Dies wurde aber doch je länger je mehr Grund dafür, einen Kanon zu definieren.
Also jetzt doch, oder wie? Wann war denn das? Öhm, im Jahre fuffzehnhundertwieviel? ;)
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Beitrag von Tacitus »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Tacitus hat geschrieben:Die Kirche hatte nicht die Autorität, den Kanon "festzulegen".
Doch. Sie hat es ja auch getan: historisch ein unbestreitbares Faktum.

Ich wiederhole in anderen Worten: Ja, sie hat definiert was zum Kanon gehören soll und was nicht.
Aber das hat sie doch nicht in der Art getan, dass sie über der Schrift stünde, sondern als Empfangende.
Wenn Du in den Prozess der "Festlegung" des Kanons durch die Kirche eine Art "aktive Autorität" der Kirche hineinliest, dann stellt sich die Frage, welche Autorität der Schrift bleibt. Ist die Schrift für die Kirche dann nicht nur eine Gesprächspartnerin unter anderen? Übrigens träfest Du Dich dann wieder mit einigen "modernen" Protestanten, die Dir darin zustimmen würden.
Ich würde für die Kirche eher eine Art "passive Autorität" in Anspruch nehmen in dem Sinne, dass es ihr gegeben war, das - durch die Apostel tradierte - Wort des Herrn zu empfangen und durch die Zeiten zu tragen als permanentes ermahnendes und tröstendes Gegenüber. In diesem Zusammenhang mögen dann die heißgeliebten Bischöfe zu ihrem Recht kommen. Daraus können sie aber keine wie auch immer geartete potestas ableiten!

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

S. Basilius Magnus (de Spiritu Sancto XXVII,66) hat geschrieben:»Unter den in der Kirche bewahrten Glaubenslehren und Verkündigungen besitzen wir die einen aus der schriftlich festgelegten Unterweisung, die anderen haben wir von der Tradition der Apostel auf dem Weg der Mysterien überliefert empfangen. Beide haben für den Glauben die gleiche Bedeutung. Dieser Feststellung wird niemand widersprechen, der auch nur die geringste Erfahrung mit den geheiligten Satzungen der Kirche hat. Denn wenn wir es betrieben, den ungeschriebenen Brauch als minder gültig abzulehnen, dann würden wir unvermerkt auch das Evangelium an Stellen treffen, die ihrerseits von grundlegender Bedeutung sind.

Mehr noch, wir beschränkten die Verkündigung auf bloße Namen. Welche Anweisung aus der Schrift gibt es, um zunächst das Gebräuchlichste zu nennen, daß die auf den Namen unseres Herrn Jesus Christus Hoffenden sich mit dem Kreuzeszeichen bezeichnen? Welcher Buchstabe hat uns gelehrt, uns beim Gebet nach Osten zu wenden? Die Worte der Epiklese bei der Konsekration des Brotes der Eucharistie und des Kelches der Segnung - wer von den Heiligen hat sie uns schriftlich hinterlassen? Wir begnügen uns ja nicht mit dem, was der Apostel oder das Evangelium anführen, sondern sprechen vorher und nachher noch andere Worte, die wir aus der nichtschriftlichen Lehre empfangen haben und die eine große Bedeutung für das Geheimnis haben.

Wir segnen auch das Taufwasser und das Öl der Salbung und außerdem den Täufling selbst. Aufgrund welcher Schrifttexte tun wir das? Nicht aufgrund der verborgenen und geheimnisvollen Überlieferung? Mehr noch, welches geschriebene Wort lehrte uns die Salbung mit Öl ihrerseits? Das dreifache Untertauchen des Täuflings, woher kommt es? Und all die anderen Dinge bei der Taufe, das dem Teufel und seinen Engeln Entsagen, aus welcher Schrift stammt das? Etwa nicht aus dieser nichtöffentlichen, verborgenen Lehre, die unsere Väter in unbekümmertem und schlichtem Schweigen bewahrt haben, wohl darüber belehrt, daß die Ehrwürdigkeit der Geheimnisse durch Schweigen bewahrt bleibt? Was die Nichteingeweihten noch nicht einmal sehen durften, wie sollte es vernünftig sein, das als Lehre schriftlich auszuposaunen?

Was beabsichtigte denn der große Moses, als er nicht alle Teile des Tempels allen zugänglich machte (vgl. Num 4, 20), sondern die Unreinen außerhalb des heiligen Bezirks beließ, die ersten Höfe den Reineren zuwies und allein die Leviten für würdige Diener des Göttlichen hielt? Indem er die Schlacht- und Brandopfer und den ganzen übrigen heiligen Dienst den Priestern zuwies, ließ er nur einen von allen anderen ausgesonderten Priester zum Allerheiligsten zu, und auch diesen nicht ständig, sondern nur für einen Tag des Jahres. Auch von diesem Tag bestimmte er die Stunde für den Zugang, so daß dieser Priester wegen der Fremdheit und Ungewohntheit mit innerem Erschauern zur Anschauung des Allerheiligsten gelangte (vgl. Ex 30,10; Lev 16). Denn Mose wußte in seiner Weisheit sehr wohl, daß, was sich ständig wiederholt und leicht erreichbar ist, geringgeschätzt wird, dagegen, was abgelegen ist und selten, auf geradezu natürliche Weise eifriges Suchen verursacht.

Auf die gleiche Weise haben die Apostel und Väter, als sie am Anfang den Kirchen durch Gesetze ihre Ordnung gaben, den Geheimnissen durch Verbergen und Darüberschweigen die Erhabenheit bewahrt. Überhaupt kein Geheimnis nämlich ist, was in die Öffentlichkeit und ins erste beste Ohr ausgetragen wird. Dies ist also der Sinn der Überlieferung des Nichtgeschriebenen: Die große Masse soll im Hinblick auf die Kenntnis der Glaubenslehren nicht nachlässig werden und sie wegen der Gewöhnung nicht geringschätzen. Etwas anderes nämlich ist die Glaubenslehre, etwas anderes die Verkündigung. Über die Glaubenslehre schweigt man, die verkündigten Lehren werden in die Öffentlichkeit getragen. Eine Form des Verschweigens ist übrigens auch die Dunkelheit, deren sich die Schrift bedient, indem sie den Sinn der Glaubenslehren schwer zugänglich macht, und zwar zum Vorteil der Lesenden.

Deshalb schauen wir alle zwar beim Gebet nach Osten, aber nur wenige von uns wissen, daß wir dabei die alte Heimat suchen, das Paradies, das Gott in Eden gegen Osten pflanzte (vgl. Gen 2, 8). Aufrecht verrichten wir die Gebete am ersten Tag der Woche, aber nicht alle kennen den Grund. Denn nicht nur, weil wir mit Christus auferstehen und das, was droben ist, suchen sollen (vgl. Kol 3,1), erinnern wir uns am Auferstehungstag der uns geschenkten Gnade durch das Stehen beim Gebet, sondern weil dieser Tag gewissermaßen ein Bild des zukünftigen Äons zu sein scheint.

Deswegen nannte Moses den Anfang der Tage auch nicht "ersten" Tag, sondern "ein" Tag; er sagte nämlich: "Es ward Abend, und es ward Morgen, ein Tag" (Gen 1,5), als ob dieser Tag im Kreislauf wieder herbeigeführt werden sollte. Und fürwahr, er ist "ein" Tag und auch achter, weil er den "einen" und wahrhaft achten durch sich selbst offenbar macht, von dem der Psalmist in einigen Psalmüberschriften spricht (Ps 6; Ps 11 LXX), das heißt der Zustand nach dieser Weltzeit, der Tag, der nicht mehr aufhört, der Tag ohne Abend, der Tag, der keinen Nachfolger hat, der Äon, der kein Ende mehr hat und ewig jung bleibt. Notwendig hält die Kirche ihre Kinder dazu an, an diesem Tag ihre Gebete stehend zu verrichten, damit wir durch die ständige Erinnerung an das Leben, das kein Ende hat, die Reisezehrung für diese Veränderung unseres Wohnsitzes nicht vernachlässigen.

Jeder fünfzigste Tag seinerseits ist eine Erinnerung an die im zukünftigen Äon erwartete Auferstehung. Denn dieser eine und erste Tag vollendet, siebenmal versiebenfacht, die sieben Wochen der heiligen fünfzig Tage. Diese Zeit beginnt nämlich mit dem ersten und endigt mit demselben, in der Zwischenzeit sich fünfzigmal in ähnlichen Tagen entfaltend. Durch die Ähnlichkeit ahmt sie die Ewigkeit nach, fängt sie doch in einer Kreisbewegung bei den gleichen Zeichen an, wo sie aufhört. Die Gesetze der Kirche haben uns gelehrt, an diesem Tag die aufrechte Haltung beim Gebet vorzuziehen, sie wollen mit dieser deutlichen Erinnerung unseren Geist gewissermaßen aus der Gegenwart in die Zukunft versetzen. Bei jedem Beugen der Knie und bei jedem Aufstehen zeigen wir durch unser Tun an, daß wir durch die Sünde zur Erde fielen und durch die Menschenfreundlichkeit unseres Schöpfers zum Himmel zurückgerufen wurden.«
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Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Wie soll denn das gegangen sein, Tacitus? Selbst die Mormonen haben ihren Joseph Smith, der die Goldtafeln mit dem Buch Mormon gefunden haben will. Ebenso die Muslime ihren Muhammed, der als Sekretär seines Herrn den Koran geschrieben haben will. Die Marcioniten hatten ihren Marcion, der den (beschnittenen) Kanon der heiligen (neutestamentlichen) Bücher definierte ...
... und die Bibel hatte ihre Kirche?

Die heiße Kartoffel werfe ich schnell wieder nach Berlin-Mitte zurück. Sollst Du Dir doch die Hände verbrennen!

Woher hat das Buch Mormon seine Autorität? Von Joseph Smith, der es als Offenbarung verkaufte. Woher hat denn der Koran seine Autorität? Von Mohammed. Woher hat die Bibel ihre Autorität? Von der Kirche.
In allen Fällen handelt es sich um eine Autorität, die der jeweiligen Schrift von außen zugesprochen wird!

In diametralem Gegensatz zu Joseph Smith, Mohammed, Marcion und Robert Ketelhohn behaupte ich (jetzt bezogen auf die Bibel):
Die Schrift hat keine ihr von außen zugesprochene Autorität. Sie besitzt eine ihr innewohnende Autorität, gegründet auf das testimonium spiritus sancti internum.

Natürlich sind diese Schriften nicht "vom Himmel geflattert". Aber dies ist eine Frage nach dem Modus der Inspiration der Schrift und dieses Thema wird hier nicht verhandelt.

Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Robert Ketelhohn hat geschrieben: Das Problem liegt natürlich im protestantischen Kirchenbegriff. Das heißt, eigentlich fehlt euch überhaupt ein Kirchenbegriff.
Aha.

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Robert Ketelhohn hat geschrieben:
S. Basilius Magnus (de Spiritu Sancto XXVII,66) hat geschrieben:»Unter den in der Kirche bewahrten Glaubenslehren und Verkündigungen besitzen wir die einen aus der schriftlich festgelegten Unterweisung, die anderen haben wir von der Tradition der Apostel auf dem Weg der Mysterien überliefert empfangen. Beide haben für den Glauben die gleiche Bedeutung.
Ich kann im Moment den Punkt nicht sehen, Robert.

Basilius spricht hier doch von einem Schatz an Überlieferungen die in schriftlicher und mündlicher Form über die Apostel (!) auf ihn gekommen sind. Beiden spricht er die gleiche Bedeutung zu und dieses Depositum soll bewahrt und weitergegeben werden.
Dem würde ich absolut zustimmen. Gegen einen bewahrenden Charakter der Tradition ist ja nichts einzuwenden.

Wenn aber unter Berufung auf Tradition Glaubensinhalte neu kreiert werden (z.B. Auffahrt Mariens in den Himmel), dann kann man sich zumindest auf den von Dir vorgelegten Text nicht mehr berufen.

Bei seiner Beschreibung der auf dem Weg der Mysterien empfangenen Traditionen nennt er vor allem Überlieferungen ritueller Natur (Kreuzeszeichen, Gebet nach Osten ...). Er beschreibt auch den Brauch, den Täufling bei der Taufe dreimal unterzutauchen. Zufällig war ich neulich Gast bei einem katholischen Taufgottesdienst. Von einem dreimaligen Untertauchen des Täuflings habe ich nichts gesehen. Sollte da die Kirche wieder mal an der Tradition gedreht haben?

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Abgesehen davon würde ich Themen wie Mariæ Himmelfahrt hier doch mal außen vor lassen. (Obgleich gerade dies sehr wohl aus der Tradition begründet ist; mit der unbefleckten Empfängnis dagegen ist’s um einiges schwieriger, das gebe ich zu. Aber wie gesagt, lassen wir das hier mal beiseite, es gibt ja für Mariæ Himmelfahrt auch einen eigenen Strang.)

Thema war hier das Bischofsamt. Dieses – und mit ihm die heilige Überlieferung der Kirche – existierte bereits vor der Abfassung der Heiligen Schriften des Neuen Bundes. Es geht ihnen also in der Tat zeitlich voraus, aber ebenso auch sachlich: Denn die Bischöfe der Kirche – also die Apostel und ihre Nachfolger – sind es, welche jene Schriften erstens selbst verfaßten und die zweitens deren kanonischen Rang definitiv feststellten, wenn auch dies insgesamt eines längeren, allen Streit und Rückfälle eingerechnet gut dreihundertjährigen Abstimmungsprozesses bedurfte.

Richtig ist, daß der Kanon damit feststeht. Darum kann er auch nicht mehr gekürzt werden (was ja manch Reformer später versuchte). Ebenso gehört dazu aber, daß die Kirche – durch ihre Bischöfe – sich von Anfang an immer die alleinige Deutungshoheit über die Heilige Schrift vorbehält.
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ich möchte die orthodoxen Brüder einmal fragen, wie sich das derzeitige Vorgehen gegen den griechischen Patriarchen Irenæus von Jerusalem eures Erachtens mit dem Wesen des Bischofsamts verträgt.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Der Patriarch kann, wie jeder Kleriker bzw. Bischof, durch ein kirchliches Gericht (ein Konzil im Falle eines Bischofs) abgesetzt oder gar exkommuniziert werden.
Das zum Thema Bischofsamt.
Unabhängig davon erscheint mir die aktuelle Geschichte recht zwielichtig.
Zuletzt geändert von Alexander am Dienstag 12. Juli 2005, 08:31, insgesamt 2-mal geändert.
Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
Meine Sorgen wollen mich erdrücken,
ich weiß nicht ein noch aus.
Gott, sei gnädig und hilf.
Gib Kraft zu tragen, was du schickst,
laß die Furcht
nicht über mich herrschen.
(D. Bonhoeffer)

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Da ich zu faul bin zum Schreiben (hoffentlich sammle ich heute abend meine Kräfte), poste ich einfach ein schönes Bildchen.

Bild
Zuletzt geändert von Alexander am Montag 11. Juli 2005, 19:32, insgesamt 1-mal geändert.
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Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Schööööööön!

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte, gelle?

Aber erzähl mir doch mal, was denn zur Zeit das große Problem mit dem griechischen Bischof Irenäus von Jerusalem ist. Ich hab nämlich keine Ahnung. :hmm:

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Tacitus hat geschrieben:Schööööööön!

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte, gelle?

Aber erzähl mir doch mal, was denn zur Zeit das große Problem mit dem griechischen Bischof Irenäus von Jerusalem ist. Ich hab nämlich keine Ahnung. :hmm:
Der Expatriarch Irenaios ist durch die Synode abgesetzt worden. Er hat wohl nicht ganz sauber regiert und ist dann nicht ganz sauber abgesetzt worden, die Gesamtorthodoxie hat das auf einer juridisch nicht ganz ausgefeilten Panorthodoxen Synode bestätigt.
Dann hat er sich inkorrekt verhalten, und ist der priestlichen Würde enthoben worden, diesmal ganz sauber.
Alles Nebensachen eigentlich. Wichtig ist nur, wie es mit dem neuen (der noch nicht gewählt ist) aussehen wird.
Herr Gott,
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Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Aha.
Klingt alles irgendwie sehr unsauber und sehr inkorrekt. Da siehste mal - wenn man sich so an den Bischof hängt ...

Aber das erste Bildchen war schöner, Alexander, ehrlich.

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Tacitus hat geschrieben:Aha.
Klingt alles irgendwie sehr unsauber und sehr inkorrekt. Da siehste mal - wenn man sich so an den Bischof hängt ...
I wo, Probleme gab's schon in der apostolischen Zeit, und zwar haufenweise, man lese nur die Briefe der Apostel. Hauptsache, man hat Mechanismen, ihnen zu begegnen. Ist ein Kleriker nicht in Ordnung, so kann er im schlimmsten Falle sogar laisiert oder gar exkommuniziert werden. Auch ein Bischof. Was keinen Abbruch der Unentbehrlichkeit des Episkopats tut. Schwarze Schafe gab es immer und überall, sogar im Kreis der Zwölf.
Zuletzt geändert von Alexander am Donnerstag 14. Juli 2005, 22:10, insgesamt 1-mal geändert.
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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Bild

Das wichtigste ist natürlich, daß man ohne einen Bischof (persönlich oder durch einen Presbyter vertreten) gar kein liturgisches Opfer feiern kann.
Luther hatte keine deutschen Bischöfe auf seiner Seite... Und legte daher einfach fest, man komme auch ohne sie aus. So blieb er und die Seinigen ohne Blut und Leib Christi.
Hl. Ignatius, Bischof von Antiochien (wilden Tieren vorgeworfen 110 a.D.) an die Magnesier: Wie nun der Herr, da er mit ihm eins ist, ohne den Vater nichts getan hat, weder durch sich selbst noch durch die Apostel, so sollt auch ihr ohne den Bischof und die Presbyter nichts tun; auch sollt ihr nicht versuchen, etwas auf eigene Faust als richtig erscheinen zu lassen, sondern bei eurer Versammlung sei ein Gebet, eine Bitte, ein Sinn, eine Hoffnung in Liebe, in untadeliger Freude, das ist Jesus Christus, im Vergleich zu dem es gar nichts Besseres gibt. Kommet alle zusammen wie in einen Tempel Gottes, wie zu einem Altare, zu dem einen Jesus Christus, welcher von einem Vater ausging und bei dem einen blieb und zu ihm zurückgekehrt ist.
Der hl. Ignatius von Antiochien an die Smyrnäer: Alle sollt ihr dem Bischof gehorchen wie Jesus Christus dem Vater, und auch dem Presbyterium wie den Aposteln; die Diakonen aber ehret wie Gottes Anordnung. Keiner tue ohne den Bischof etwas, das die Kirche angeht. Nur jene Eucharistie gelte als die gesetzmäßige, die unter dem Bischof vollzogen wird oder durch den von ihm Beauftragten. Wo immer der Bischof sich zeigt, da sei auch das Volk, so wie da, wo Jesus Christus ist, auch die katholische Kirche ist. Ohne den Bischof darf man nicht taufen noch das Liebesmal feiern; aber was immer er für gut findet, das ist auch Gott wohlgefällig, auf daß alles, was geschieht, sicher sei und gesetzmäßig.
Man könnte jetzt andere Zitate anderer früher und später Väter anführen, Konzilbeschlüsse... Auch ohne all das ist es nun mal eine historische Tatsache, daß in allen alten Kirchen nur die Bischöfe und ihre Priester die eucharistische Feier leiten konnten und können.
Zuletzt geändert von Alexander am Mittwoch 13. Juli 2005, 13:25, insgesamt 1-mal geändert.
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