Alles zum Thema "Ablass"

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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taddeo
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Re: Alles zum Thema "Ablass"

Beitrag von taddeo »

Bei alten Kirchen und Altären sind diese Daten oft gar nicht mehr bekannt, bei neueren in der Regel schon.
Und fast alle katholischen Kirchen haben in den letzten 50 Jahren einen neuen Zelebrationsaltar bekommen, manche sogar schon zum zweitenmal; dessen Weihedatum müßte im Pfarramt zu erfragen sein, wenn es nicht sogar im Kirchenführer steht oder (wie bei uns) in der Sakristei die entsprechende bischöfliche Weiheurkunde hängt.

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Protasius
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Re: Alles zum Thema "Ablass"

Beitrag von Protasius »

Sascha B. hat geschrieben:
Linus hat geschrieben:
Es sei nochmals auf http://www.kirchenrecht-online.de/lehrv ... laesse.pdf
33. § 1. Besuch bestimmter Kirchen mit Gebet des Vaterunser und des Credo:
6° – einer Kirche oder eines Altares am Weihetag
Wie erfährt man als Katholik wann die Kirche bzw die einzelnen Altäre geweiht wurden? Einfach im Pfarramt nachfragen? Und wie hoch ist die Chance eine Antwort zu bekommen?
Bei Domkirchen schaut man einfach in das Direktorium der Diözese, weil der Weihetag der Kathedrale ein diözesanweites Eigenhochfest ist. Bei Pfarr- und Klosterkirchen muß es wenigstens der zu dieser Kirche gehörige Klerus wissen (also mindestens der Pfarrer), weil der Kirchweihtag ein Eigenhochfest ist. Ob das Personal im Pfarramt das auch weiß, kann ich nicht sagen, aber die könnten im Zweifelsfall den Pfarrer fragen.

Es gibt allerdings auch Kirchen, bei denen der Weihetag nicht bekannt ist. Im Direktorium der entsprechenden Diözese ist i.d.R. festgelegt, an welchem Tag die Kirchen, die ihren eigenen Weihetag nicht kennen, das Kirchweihfest zu begehen haben. In der Erzdiözese Paderborn ist das z.B. der 12. November.

Bei großen alten Altären findet man manchmal auch lateinische Schrifttafeln, die angeben, wer den Altar gestiftet hat und wann er geweiht wurde (ich meine, ich hätte das bei ein paar Seitenaltären im Paderborner Dom gesehen).
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

gc-148
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Re: Alles zum Thema "Ablass"

Beitrag von gc-148 »

taddeo hat geschrieben:Und fast alle katholischen Kirchen haben in den letzten 50 Jahren einen neuen Zelebrationsaltar bekommen, manche sogar schon zum zweitenmal; dessen Weihedatum müßte im Pfarramt zu erfragen sein,
es gibt sogar diese neueren Altäre, die nie bischöflich geweiht wurden .....o Wunder!

Mary
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Re: Alles zum Thema "Ablass"

Beitrag von Mary »

taddeo hat geschrieben: Wikipedia erklärt das recht verständlich:
Taddeo, die Theorie kenne ich schon.
Ich versuche, am konkreten Beispiel "Teilablass" das Denken, das dahinter stehen könnte, zu verstehen...

Mensch konnte also nur eine teilweise Neigung gegen die Sünde "schaffen". Das heisst konkret, dass er zwar die Sünde hasst, sich aber doch das Hintertürchen offenlassen will? Mit Gott quasi feilscht, dass Er doch nicht so sein könne... man könne sich zwar nicht ganz von der Sünde lossagen, aber so ein bisschen doch, man sei ja nur ein schwacher Mensch.... und das im Moment, wo man den Ablass gewinnen will? Sollte es einem Menschen in diesem Moment nicht GANZ ernst sein mit der Abkehr? Müsste er sich nicht GANZ Gott zuwenden und unterwerfen? Wäre er dann nicht - in diesem Moment zumindest - ganz in Verbindung mit Gott und also "himmelfähig"?

Gott jedoch, da er ja seine Pappenheimer kennt, lässt sich drauf ein und lässt in sein Buch schreiben: "Sünder A meint es zwar nur halbherzig ernst mit seiner Umkehr.. aber es soll für zwei Tage weniger Fegefeuer reichen." Und denkt sich wohl dabei noch: "Kommt eh nicht draufan, der sündigt ja sowieso gleich wieder, werden schon noch ein paar Tage dazukommen... vorausgesetzt, der arme Sünder beichtet noch in der Zeit".

Sorry, aber so rechnend wirkt der Gott, der Teilablässe gewährt, von aussen gesehen. Nichts für ungut.
und gute Nacht
Mary
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gc-148
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Re: Alles zum Thema "Ablass"

Beitrag von gc-148 »

gut, dass dieses Denken im Ablass-Wesen fast ausgestorben ist ..... es ist eigentlich theologischer Humbug......

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Hubertus
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Re: Alles zum Thema "Ablass"

Beitrag von Hubertus »

Mary hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben: Wikipedia erklärt das recht verständlich:
Taddeo, die Theorie kenne ich schon.
Ich versuche, am konkreten Beispiel "Teilablass" das Denken, das dahinter stehen könnte, zu verstehen...
Der Mensch muß eben mit der Gnade mitwirken. Je vollkommener er das tut, desto mehr kann auch die Gnade an ihm wirken.
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

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taddeo
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Re: Alles zum Thema "Ablass"

Beitrag von taddeo »

gc-148 hat geschrieben:gut, dass dieses Denken im Ablass-Wesen fast ausgestorben ist ..... es ist eigentlich theologischer Humbug......
Ganz im Gegenteil.
Es ist nicht nur theologisch durchaus begründet (man sollte freilich immer die Herkunft des Ablasses aus dem altkirchlichen Bußwesen berücksichtigen), sondern auch durch die moderne Psychologie bestätigt, daß Sünden nicht nur im "Jenseits" Auswirkungen haben werden, sondern schon im zeitlichen Leben Folgen haben, die der Sünder selbst gar nicht alle abschätzen und willentlich beeinflussen kann. Auf die vor allem zielt der Ablaß, die werden durch den Ablaß gemindert.

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Clemens
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Re: Alles zum Thema "Ablass"

Beitrag von Clemens »

Ich hatte bisher in der Erinnerung, dass die Bedingung für den vollkommenen Ablass das Freisein von Anhänglichkeit an die Sünde ist, kann das jetzt aber nicht spontan beweisen.

Unter Anhänglichkeit verstehe ich das absichtliche Festhalten an etwas, was man eigentlich als falsch erkannt hat.
Von der bloßen Neigung zur Sünde freizuwerden, scheint mir dagegen kaum "machbar".
Schon das Unterworfensein unter die Erbsünde bringt diese Neigung mit sich.

Verstehe ich das falsch?

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taddeo
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Re: Alles zum Thema "Ablass"

Beitrag von taddeo »

Clemens hat geschrieben:Ich hatte bisher in der Erinnerung, dass die Bedingung für den vollkommenen Ablass das Freisein von Anhänglichkeit an die Sünde ist, kann das jetzt aber nicht spontan beweisen.
Das ist genau richtig, die Apostolische Pönitentiarie schreibt etwa in ihrem Dekret zum Ablaß des Jubiläumsjahres 2000, daß der Gläubige für die Erlangung eines vollkommenen Ablasses "die innere Disposition des Freiseins von jeglicher Anhänglichkeit an die Sünde, auch die läßliche" haben müsse.

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Hubertus
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Re: Alles zum Thema "Ablass"

Beitrag von Hubertus »

Clemens hat geschrieben:Ich hatte bisher in der Erinnerung, dass die Bedingung für den vollkommenen Ablass das Freisein von Anhänglichkeit an die Sünde ist, kann das jetzt aber nicht spontan beweisen.

Unter Anhänglichkeit verstehe ich das absichtliche Festhalten an etwas, was man eigentlich als falsch erkannt hat.
Von der bloßen Neigung zur Sünde freizuwerden, scheint mir dagegen kaum "machbar".
Schon das Unterworfensein unter die Erbsünde bringt diese Neigung mit sich.

Verstehe ich das falsch?
In Indulgentiarum doctrina (Normae, Nr. 7) heißt es:
Requiritur insuper ut excludatur omnis affectus erga quodcumque peccatum etiam veniale.
Zu affectus:

Pons Online Wörterbuch
L. Schütz, Thomas-Lexikon: affectus (runterscollen)

In der Summa Theogiae (IIª-IIae, q. 166 a. 1 ad 2) finden wir dazu:
Hl. Thomas hat geschrieben:Ad secundum dicendum quod ex affectu hominis trahitur mens eius ad intendendum his ad quae afficitur, secundum illud Matth. VI, ubi est thesaurus tuus, ibi est et cor tuum.
Auf Grund seiner Neigung wird der Mensch zumal dahin gezogen, wonach sein Herz steht: „Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz,“ sagt der Herr. (Matth. 6.)
(Hervohebungen in den QQ. jeweils von mir.)
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Re: Alles zum Thema "Ablass"

Beitrag von Mary »

taddeo hat geschrieben:daß Sünden nicht nur im "Jenseits" Auswirkungen haben werden, sondern schon im zeitlichen Leben Folgen haben, die der Sünder selbst gar nicht alle abschätzen und willentlich beeinflussen kann. Auf die vor allem zielt der Ablaß, die werden durch den Ablaß gemindert.
Welcher Art könnten denn diese Folgen sein? Hast Du ein Beispiel?
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Re: Alles zum Thema "Ablass"

Beitrag von Mary »

Gott der Herr an alle Katholiken, heute morgen:
1 Auf, ihr Durstigen, kommt alle zum Wasser! Auch wer kein Geld hat, soll kommen. Kauft Getreide und esst, kommt und kauft ohne Geld, kauft Wein und Milch ohne Bezahlung!
2 Warum bezahlt ihr mit Geld, was euch nicht nährt, und mit dem Lohn eurer Mühen, was euch nicht satt macht? Hört auf mich, dann bekommt ihr das Beste zu essen und könnt euch laben an fetten Speisen.
3 Neigt euer Ohr mir zu und kommt zu mir, hört, dann werdet ihr leben. Ich will einen ewigen Bund mit euch schließen gemäß der beständigen Huld, die ich David erwies.
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taddeo
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Re: Alles zum Thema "Ablass"

Beitrag von taddeo »

Mary hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:daß Sünden nicht nur im "Jenseits" Auswirkungen haben werden, sondern schon im zeitlichen Leben Folgen haben, die der Sünder selbst gar nicht alle abschätzen und willentlich beeinflussen kann. Auf die vor allem zielt der Ablaß, die werden durch den Ablaß gemindert.
Welcher Art könnten denn diese Folgen sein? Hast Du ein Beispiel?
Nimm einfach die Wechselwirkungen, die das eigene sündhafte Handeln zum Beispiel in einer Beziehung oder Familie hat. Ein psychologisch allgemein anerkanntes Beispiel ist etwa die Auswirkung von Pornografiekonsum auf die Beziehung, auch wenn der Partner durch diese Sünde zunächst gar nicht unmittelbar betroffen zu sein scheint. Die Schuld kann in der Beichte vergeben werden; aber durch psychologische Auswirkungen auf seine Ehe kann der Sünder ganz weltlich "gestraft" sein, ohne selber noch was daran ändern zu können. Oder Steuerunehrlichkeit: Die Sünde begeht der einzelne, er schadet damit aber nicht nur seinem eigenen geistlichen Heil, sondern auch ganz weltlich vielen anderen Menschen, von denen er konkret nichts weiß, und die weltlichen Folgen können als Strafe auf ihn zurückfallen, indem er etwa anderweitig an seinem Besitz geschädigt wird (und sei es nur durch höhere Steuern).
Die Kirche sagt nun, daß für solche "zeitlichen" = "weltlichen" Folgen der Sünde der Sünder ebenfalls mitverantwortlich ist, und zwar auch schon im irdischen Leben. Auf die Minderung dieser weltlichen Strafen für die Sünden zielt der Ablaß vor allem. So, wie die alte Kirche den Büßern ihre Bußzeit (= die zeitliche Konsequenz ihrer Sünde) verkürzen durfte, so darf die Kirche auch heute dem Sünder eine Minderung seiner zeitlichen Sündenstrafen zusprechen.

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Re: Alles zum Thema "Ablass"

Beitrag von Mary »

taddeo hat geschrieben: Ein psychologisch allgemein anerkanntes Beispiel ist etwa die Auswirkung von Pornografiekonsum auf die Beziehung, auch wenn der Partner durch diese Sünde zunächst gar nicht unmittelbar betroffen zu sein scheint. Die Schuld kann in der Beichte vergeben werden; aber durch psychologische Auswirkungen auf seine Ehe kann der Sünder ganz weltlich "gestraft" sein, ohne selber noch was daran ändern zu können.
Schon richtig.
Mir ist nur nicht ganz klar, wie diese Situation durch einen Ablass oder Fegefeuerstrafen verbessert werden könnte.
taddeo hat geschrieben: Oder Steuerunehrlichkeit: Die Sünde begeht der einzelne, er schadet damit aber nicht nur seinem eigenen geistlichen Heil, sondern auch ganz weltlich vielen anderen Menschen, von denen er konkret nichts weiß, und die weltlichen Folgen können als Strafe auf ihn zurückfallen, indem er etwa anderweitig an seinem Besitz geschädigt wird (und sei es nur durch höhere Steuern).
Es ist ja wohl zu hoffen, dass ein Beichtvater von einem solchen Sünder verlangt, via Selbstanzeige diese Sache in Ordnung zu bringen... nicht wirklich etwas für die himmlische Gerechtigkeit, meine ich.
taddeo hat geschrieben: Auf die Minderung dieser weltlichen Strafen für die Sünden zielt der Ablaß vor allem.
Sorry, aber siehe meinen Kommentar zu deinen Beispielen: Für mich ergibt das keinen Sinn.
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taddeo
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Re: Alles zum Thema "Ablass"

Beitrag von taddeo »

Man muß es natürlich auch verstehen wollen.
Mir ist völlig klar, daß man das von einem Nicht(mehr)katholiken nicht ohne weiteres erwarten kann,
denn u. a. dieses Thema spielt ja bei der bewußten Abkehr vom katholischen Glauben oft auch eine Rolle.

Wichtig scheint mir, darauf hinzuweisen, daß der Ablaß ein Heilsangebot Gottes durch die Kirche an den sündigen Menschen ist, aber keine Verpflichtung. Daß die Kirche das Recht hat, Ablässe zu erteilen, und daß diese für die Gläubigen nützlich und heilsam sind, ist freilich de fide dogmatisiert.

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Hubertus
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Re: Alles zum Thema "Ablass"

Beitrag von Hubertus »

Mary hat geschrieben:Sorry, aber siehe meinen Kommentar zu deinen Beispielen: Für mich ergibt das keinen Sinn.
Soweit ich das überblicke, ist der Ablaß nicht unvereinbar mit der orthodoxen Lehre, waren bei den Griechen sogar Ablaßbriefe üblich:
Constantinople Council of 1722, ''The Confession of the Faith'', 13th clause hat geschrieben:"The power of the forgiveness of sins, which is termed by the Eastern Church of Christ “Absolution Certificates” when given in writing, but by the Latins “Indulgences,” is given to the Holy Church by Christ. These Absolution Certificates are issued in the whole Catholic Church by the Four most holy Patriarchs: Constantinople, Alexandria, Antioch, and Jerusalem."
[...]
In their polemic with Latinity, the Greeks didn't cast doubts so much on the phenomenon of indulgences, but rather on the Roman Popes ascribing exclusively to themselves this right to forgive sins[.] [...]
The existence of indulgences per se, once again, is not met with a needed theological evaluation by a Council. [...] That this practice was popularly rooted is shown by the fact that “Absolution Certificates” lasted in Greece until the middle of the twentieth century.
(Hervorhebung von mir.)
Und:
http://orthodoxwiki.org/Absolution_Certificates hat geschrieben:Even a theologian and expert on the canonical tradition of the Church as Venerable Nicodemus of the Holy Mountain not only did not oppose, but participated in the practice of indulgences. In his letter, dated April 1806, to Paisius, Bishop of Stagonas, who at that time was living in Constantinople, he asks him to obtain an Absolution Certificate at the Patriarchate for a living monastic, also named Nicodemus, and send it to him.
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Sascha B.
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Re: Alles zum Thema "Ablass"

Beitrag von Sascha B. »

taddeo hat geschrieben:Man muß es natürlich auch verstehen wollen.
Mir ist völlig klar, daß man das von einem Nicht(mehr)katholiken nicht ohne weiteres erwarten kann,
denn u. a. dieses Thema spielt ja bei der bewußten Abkehr vom katholischen Glauben oft auch eine Rolle.

Wichtig scheint mir, darauf hinzuweisen, daß der Ablaß ein Heilsangebot Gottes durch die Kirche an den sündigen Menschen ist, aber keine Verpflichtung. Daß die Kirche das Recht hat, Ablässe zu erteilen, und daß diese für die Gläubigen nützlich und heilsam sind, ist freilich de fide dogmatisiert.
Die RKK erklärt ihre Gläubigen ja nie was. Ich wüsste keine einzige Predigt über dieses Thema oder einen Vortrag in einer Pfarrei. Und so verliert man recht schnell den Glauben daran. Und nicht jeder liest im Kreuzgang :D

Aber so wie hier erklärt klingt das ganze weniger Wirr als man es oft von Leuten erklärt bekommt.
Der Kreuzgang ist doch total am Ende.

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taddeo
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Re: Alles zum Thema "Ablass"

Beitrag von taddeo »

Mary hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben: Ein psychologisch allgemein anerkanntes Beispiel ist etwa die Auswirkung von Pornografiekonsum auf die Beziehung, auch wenn der Partner durch diese Sünde zunächst gar nicht unmittelbar betroffen zu sein scheint. Die Schuld kann in der Beichte vergeben werden; aber durch psychologische Auswirkungen auf seine Ehe kann der Sünder ganz weltlich "gestraft" sein, ohne selber noch was daran ändern zu können.
Schon richtig.
Mir ist nur nicht ganz klar, wie diese Situation durch einen Ablass oder Fegefeuerstrafen verbessert werden könnte.
Ich will versuchen, nochmal auf Deine Fragen einzugehen.

Daß die Situation eines Menschen schon im irdischen Leben durch Konsequenzen seiner Sünden (= "zeitliche Sündenstrafen") beeinflußt bzw. beeinträchtigt sein kann, scheint Dir noch verständlich zu sein. Durch den Ablaß erwirkt die Kirche dem Betroffenen nun eine Minderung dieser Konsequenzen, indem sie ihm aus dem von Christus ihr zur Verwaltung anvertrauten "Gnadenkonto" (um es mal salopp zu formulieren) eine "Auszahlung" macht. Es ist wie beim Beichten: Die Gnade kommt einzig und allein von Gott selbst; aber Christus hat seiner Kirche die Vollmacht gegeben, diese Gnade dem Menschen verbindlich zu vermitteln, so daß auch er sich daran gebunden weiß ("was Du auf Erden lösen wirst, das wird auch im Himmel gelöst sein"). - Was bis zum Tod an solchen "zeitlichen Sündenstrafen" nicht durch eigene Buße oder eben auch durch Ablässe getilgt ist, das muß nach dem Tod im "Fegefeuer" noch abgebüßt werden.
taddeo hat geschrieben: Oder Steuerunehrlichkeit: Die Sünde begeht der einzelne, er schadet damit aber nicht nur seinem eigenen geistlichen Heil, sondern auch ganz weltlich vielen anderen Menschen, von denen er konkret nichts weiß, und die weltlichen Folgen können als Strafe auf ihn zurückfallen, indem er etwa anderweitig an seinem Besitz geschädigt wird (und sei es nur durch höhere Steuern).
Es ist ja wohl zu hoffen, dass ein Beichtvater von einem solchen Sünder verlangt, via Selbstanzeige diese Sache in Ordnung zu bringen... nicht wirklich etwas für die himmlische Gerechtigkeit, meine ich.
Das geht aber nicht immer, das weißt Du. Nicht jeder ist ein Uli Hoeneß. Wer ein bißchen bei der Steuererklärung schummelt oder seine Putzfrau schwarz beschäftigt, für den kommt nicht grundsätzlich eine "Selbstanzeige" in Frage, weil deren Folgen nicht immer in einem angemessenen Verhältnis zum Vergehen stünden. Und selbst die Bereinigung der weltlichen Straftatbestände würde nicht automatisch zu einer Beseitigung der "zeitlichen Sündenstrafen" für dieses Vergehen führen. Vor allem kann der Mensch gar nicht alle Konsequenzen überblicken, die sein Tun hat (das gute wie das sündhafte), und daher gar nicht alles selber in Ordnung bringen.
taddeo hat geschrieben: Auf die Minderung dieser weltlichen Strafen für die Sünden zielt der Ablaß vor allem.
Sorry, aber siehe meinen Kommentar zu deinen Beispielen: Für mich ergibt das keinen Sinn.
Du kennst vielleicht den Begriff vom Schmetterlingseffekt. So ist es auch mit unserem Tun. Alles hat seine Wirkungen, das gute wie das böse. Wir können die Folgen unserer guten Werke nicht alle begreifen, und auch nicht die Folgen der schlechten. Aber es gibt diese Folgen, die nur Gott selbst überblickt. Wenn nun ein Mensch sich dessen bewußt wird, welch unabsehbare Konsequenzen seine Sünden haben, dann wird er zutiefst zerknirscht sein und Gott um Vergebung bitten, die ihm in der Beichte auch zuverlässig gewährt wird. Aber er wird weiter darunter leiden, daß er nicht imstande ist, alle Konsequenzen seiner Sünde wieder gutzumachen, weil er sie gar nicht alle kennt, und weil das immer seine Möglichkeiten weit übersteigen würde. Ja, man kann es sogar als Zeichen wirklicher Reue und Bußgesinnung betrachten, daß der Mensch nicht nur seine persönliche Schuld "loswerden" möchte, sondern auch deren unbekannte Folgen. Die Kirche sagt nun: So wie Gott den Sünder nicht mit seiner Schuld allein läßt (sondern sie in der Beichte durch den Dienst der Kirche vergibt), so läßt er ihn auch nicht mit den Konsequenzen seiner Sünden allein, sondern gibt ihm durch den Dienst der Kirche die Chance, schon im irdischen Leben zur Minderung dieser Sündenfolgen beizutragen und so die Welt für sich und die Mitmenschen wieder ein wenig von den Auswirkungen der Sünden zu befreien. Und eine Form dieses Beitrags ist eben der Ablaß.

Niemand ist verpflichtet, sich um einen Ablaß zu bemühen. Aber es ist ein überaus tröstlicher Glaubenssatz, daß Gott in seiner Barmherzigkeit und Menschenliebe nicht erst im Jenseits für Vergebung und Wiedergutmachung von Unrecht sorgen wird, sondern uns schon hier die Chance gibt, daran aktiv mitzuwirken, wenn wir wollen - und zwar weit über unsere irdisch-menschlichen Möglichkeiten hinaus, eben ganz aus seiner Gnade.

Mary
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Re: Alles zum Thema "Ablass"

Beitrag von Mary »

Hubertus hat geschrieben: Soweit ich das überblicke, ist der Ablaß nicht unvereinbar mit der orthodoxen Lehre,
Netter Versuch, Hubertus.

Fair wäre allerdings, wenn Du den Schluss des Artikels auch mit zitiert hättest, der da lautet:
Indulgences as a means of enrichment were condemned at the Council of Constantinople in the year 1838. That Council, like the Council of the year 1727, was devoted to the extermination of Latin dogmas and usages.
Die Seite pravoslavie.ru, die zum Thema zitiert wird und von wo wohl auch die Infos für den orthowiki Artikel stammen, will ja gerade aufzeigen, dass diese Ablässe, obwohl unter Einfluss des römischen Westens eingeführt, eine von Florovsky bedauerte und mit der Orthodoxie NICHT vereinbare Praxis waren.
aus dem Artikel von pravoslavie.ru:
In the 16th—18th centuries the Greek Church, even though limited in its contacts with the outer world to the borders of the Ottoman Empire, came under a great influence of Western Christianity—greater than did the Russian Church. Here Catholic propaganda worked more effectively, especially with the foundation in 1622 of the Sacred Congregation of the Propaganda of the Faith, for both Greek scholars and theologians had increasing contacts with the West and most of them studied there. These and other factors led to the Greek Church in great part undergoing a Western metamorphosis, according to the expression of Father George Florowsky.
Du willst ja wohl nicht behaupten, dass ein Irrweg, der unterdessen verdammt und verlassen wurde, dadurch, dass er eine Zeitlang beschritten wurde von der griechischen Kirche, nun "orthodoxe Lehre" geworden wäre oder?

Oder soll ich behaupten, dass Kreuzzüge eigentlich nicht unvereinbar mit der römischen Lehre seien?
Zuletzt geändert von Mary am Sonntag 3. August 2014, 16:40, insgesamt 1-mal geändert.
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Salmantizenser
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Re: Alles zum Thema "Ablass"

Beitrag von Salmantizenser »

Hm, Ablässe als Mittel zur Bereicherung zu verurteilen ist doch etwas anderes, als sie an sich zu verurteilen?

Mary
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Re: Alles zum Thema "Ablass"

Beitrag von Mary »

taddeo hat geschrieben: Ich will versuchen, nochmal auf Deine Fragen einzugehen.
Ich lese deine Erklärung mit offenem Herzen.
taddeo hat geschrieben:"Gnadenkonto"
"Auszahlung"
"zeitlichen Sündenstrafen" nicht durch eigene Buße oder eben auch durch Ablässe getilgt ist, das muß nach dem Tod im "Fegefeuer" noch abgebüßt werden.
Also ist es doch ein noch ausstehendes Abbüssen von Schuld gegenüber Gott, was da stattfindet.... ob jetzt in Fegefeuer oder Ablass.
taddeo hat geschrieben:Das geht aber nicht immer, das weißt Du. Nicht jeder ist ein Uli Hoeneß. Wer ein bißchen bei der Steuererklärung schummelt oder seine Putzfrau schwarz beschäftigt, für den kommt nicht grundsätzlich eine "Selbstanzeige" in Frage, weil deren Folgen nicht immer in einem angemessenen Verhältnis zum Vergehen stünden.

Nun, ich hab von einem gelesen, der seine Betrogenen vierfach entschädigt hat und dazu die Hälfte seines Vermögens den Armen gab.... Lk 19,8
taddeo hat geschrieben:Und selbst die Bereinigung der weltlichen Straftatbestände würde nicht automatisch zu einer Beseitigung der "zeitlichen Sündenstrafen" für dieses Vergehen führen.
Dann ist aber deine Erklärung vorhin nicht richtig gewesen. Zu den "weltlichen" Folgen kommt doch auch noch die Tatsache, dass Gott noch nicht ganz zufriedengestellt wurde, so lese ich die "zeitlichen Sündenstrafen".
taddeo hat geschrieben:Wir können die Folgen unserer guten Werke nicht alle begreifen, und auch nicht die Folgen der schlechten. Aber es gibt diese Folgen, die nur Gott selbst überblickt. Wenn nun ein Mensch sich dessen bewußt wird, welch unabsehbare Konsequenzen seine Sünden haben, dann wird er zutiefst zerknirscht sein und Gott um Vergebung bitten, die ihm in der Beichte auch zuverlässig gewährt wird.
Ja, und das ist, was zählt.
Und wer kann, wird auch nach Kräften wiedergutmachen... siehe Zachäus.
taddeo hat geschrieben:Aber er wird weiter darunter leiden, daß er nicht imstande ist, alle Konsequenzen seiner Sünde wieder gutzumachen,
Möglich. Leiden und Reue sind ja gut.
taddeo hat geschrieben: Die Kirche sagt nun: So wie Gott den Sünder nicht mit seiner Schuld allein läßt (sondern sie in der Beichte durch den Dienst der Kirche vergibt), so läßt er ihn auch nicht mit den Konsequenzen seiner Sünden allein, sondern gibt ihm durch den Dienst der Kirche die Chance, schon im irdischen Leben zur Minderung dieser Sündenfolgen beizutragen und so die Welt für sich und die Mitmenschen wieder ein wenig von den Auswirkungen der Sünden zu befreien. Und eine Form dieses Beitrags ist eben der Ablaß.
Also geht es doch um ein Aufrechnen.
Und mir will immer nicht einleuchten, dass eine Heilige Messe die Beziehung zu meinen Mitarbeitern, meinem Mann verändern soll?
Da ist mir mein Priester lieber, der ganz konkret verlangt, wenn ich zum Beispiel einen Streit beichte... dass ich der betreffenden Person Blumen schenken soll und das Gespräch suchen.

lg Mary
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Mary
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Re: Alles zum Thema "Ablass"

Beitrag von Mary »

Salmantizenser hat geschrieben:Hm, Ablässe als Mittel zur Bereicherung zu verurteilen ist doch etwas anderes, als sie an sich zu verurteilen?
Richtig.

Wenn Du den Artikel bei orthowiki verlinkten Artikel ganz gelesen hast, wird es Dir klarer sein.

Zusammengefasst:

- nur die griechische Kirche hat Ablässe praktiziert und ist inzwischen davon wieder abgerückt.
- die griechische Kirche tat dies unter dem Einfluss westlicher (römischer) Ideen.
- der Verfasser des Artikels bei pravoslavie.ru beanstandet diese Praxis als "Western metamorphosis", die abzulehnen ist.
- deshalb ist die dort beschriebene Ablasspraxis in der griechischen Kirche eben NICHT orthodox, sondern ein Irrweg gewesen.

Fazit: Der Artikel ist nicht wie von Hubertus impliziert ein Beweis, dass Ablässe mit Orthodoxie kompatibel wären, sondern im Gegenteil ist das Beispiel Ablass dort als ein besonders eindrücklicher Irrweg geschildert.

Alles klar?
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Hubertus
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Re: Alles zum Thema "Ablass"

Beitrag von Hubertus »

Mary hat geschrieben:
Hubertus hat geschrieben: Soweit ich das überblicke, ist der Ablaß nicht unvereinbar mit der orthodoxen Lehre,
Netter Versuch, Hubertus.

Fair wäre allerdings, wenn Du den Schluss des Artikels auch mit zitiert hättest, der da lautet:
Indulgences as a means of enrichment were condemned at the Council of Constantinople in the year 1838. That Council, like the Council of the year 1727, was devoted to the extermination of Latin dogmas and usages.
Ich denke, Du überliest das entscheidende - ich habe es genau so verstanden wie Salmatizenser. Man müßte m.E. hervorheben (i.F. Hervorhebung durch mich):
Indulgences as a means of enrichment were condemned at the Council of Constantinople in the year 1838.
Hier geht es also ausdrücklich darum, daß "Bereicherung" keine legitime Form des Ablaßwesens sein darf.

Das deckt sich auch mit dem von mir zitierten Fazit (erneut Hervorhebung von mir):
The existence of indulgences per se, once again, is not met with a needed theological evaluation by a Council.
Sprich: Zu einer grundsätzlichen Beurteilung ist es auf einem (orthodoxen) Konzil noch gar nicht gekommen. Dir wird nicht entgangen sein, daß ich nicht behauptet habe, der Ablaß sei Bestandteil orthodoxer Lehre; ich habe lediglich gemutmaßt ("Soweit ich das überblicke"), daß der Ablaß "nicht unvereinbar" ist: Er ist eben nicht grundsätzlich verurteilt, was zumindest bei uns Lateinern bedeutet, daß man sich legitimerweise so oder so zu dieser Fragestellung positionieren darf.

Im übrigen habe ich gar nichts "versucht", denn, wenn ich ganz ehrlich sein soll, der Frage nach der Beurteilung des Ablasses durch die Orthodoxie stehe ich rel. emotionslos gegenüber. Ich hatte halt angesichts des Diskussionsverlaufes mal nachgeschaut und das Ergebnis, so wie es sich mir darstellt, kurz zusammengefaßt.
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

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Re: Alles zum Thema "Ablass"

Beitrag von taddeo »

Mary hat geschrieben:Also ist es doch ein noch ausstehendes Abbüssen von Schuld gegenüber Gott, was da stattfindet.... ob jetzt in Fegefeuer oder Ablass.
Nein, es geht nicht mehr um Schuld, sondern um die konkreten Auswirkungen der (schon vergebenen) Schuld. Das sind zwei paar Stiefel.
Nun, ich hab von einem gelesen, der seine Betrogenen vierfach entschädigt hat und dazu die Hälfte seines Vermögens den Armen gab.... Lk 19,8
Ja, das ist das Ideal - aber selbst Zachäus hätte so nicht verhindern können, wenn zB einer der von ihm Betrogenen inzwischen verhungert wäre, weil er nicht mehr genug für sich selber hatte.
Zu den "weltlichen" Folgen kommt doch auch noch die Tatsache, dass Gott noch nicht ganz zufriedengestellt wurde, so lese ich die "zeitlichen Sündenstrafen".
Nein, die Mitmenschen sind noch nicht ganz zufriedengestellt, aber WAS ihnen noch fehlt, das weiß nur Gott.
Und wer kann, wird auch nach Kräften wiedergutmachen... siehe Zachäus.
Die menschliche Wiedergutmachung wird nie reichen, um den tatsächlichen Schaden zu sühnen.
Und mir will immer nicht einleuchten, dass eine Heilige Messe die Beziehung zu meinen Mitarbeitern, meinem Mann verändern soll?
Da ist mir mein Priester lieber, der ganz konkret verlangt, wenn ich zum Beispiel einen Streit beichte... dass ich der betreffenden Person Blumen schenken soll und das Gespräch suchen.
Dann schenk die Blumen und suche das Gespräch - was, wenn das beim Gegenüber nicht die gewünschte Wirkung hat, weil seine Verletzung durch Dich zu tief ging? Dann fühlt er sich womöglich verarscht und Du auch, weil er Deinen Versöhnungsversuch ablehnt. Und dann stehst Du da und hast keine Möglichkeit mehr, das irgendwie wieder auszubügeln, was Du mit Deinem Streit anscheinend angerichtet hast. Gebeichtet hast Du ihn, die Schuld ist Dir vergeben, aber er steht nach wie vor zwischen Dir und der Person. Was machst Du dann - zumal, wenn es nicht um Lappalien geht, sondern um Wichtiges? Und dann mußt Dir der Priester sagen "tja, da kannst Du jetzt nix mehr machen als auf die Ewigkeit zu warten, der liebe Gott wird das dann schon richten"? So einen Glauben möcht ICH nicht haben müssen.

Und wenn zB eine Göttliche Liturgie nicht auch Deine Beziehung zu Deinen Mitmenschen verändern könnte - was wäre sie dann wert, warum gingst Du dann eigentlich hin? Was sagen Dir denn die Lesungen und Gebete, gerade die Troparien, anderes als daß Du Deine Beziehungen zu Gott und den Menschen täglich neu am Glauben ausrichten und dadurch verändern sollst?

Mary
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Re: Alles zum Thema "Ablass"

Beitrag von Mary »

Hubertus hat geschrieben: Ich denke, Du überliest das entscheidende - ich habe es genau so verstanden wie Salmatizenser. Man müßte m.E. hervorheben (i.F. Hervorhebung durch mich):
Indulgences as a means of enrichment were condemned at the Council of Constantinople in the year 1838.
Hier geht es also ausdrücklich darum, daß "Bereicherung" keine legitime Form des Ablaßwesens sein darf.
So weit ich den Artikel verstehe, war dies auch die einzige Form des Ablasses: er konnte, ohne irgendeinen Bezug zum Gottesdienst, gekauft werden.
Hubertus hat geschrieben:Das deckt sich auch mit dem von mir zitierten Fazit (erneut Hervorhebung von mir):
The existence of indulgences per se, once again, is not met with a needed theological evaluation by a Council.
Dies ist ein Faktum, das der zitierte Artikel ja gerade anprangert.

Ausserdem hattens die Griechen ja offensichtlich gar nicht richtig gerafft, denn sie glaubten, ein Ablass könnte Sünden vergeben
These certificates were real indulgences that anyone could obtain which absolved them from sin.
Ich kann versichern, dass Ablass nicht orthodoxe Lehre ist... wozu auch, Fegefeuer haben wir ja auch nicht.

Ich kam ja auch nur her, um zu verstehen, wenn möglich... oder jedenfalls zu verstehen, wie man Ablass glauben kann... und meine Aussensicht anzubringen.
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Mary
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Re: Alles zum Thema "Ablass"

Beitrag von Mary »

taddeo hat geschrieben: Dann schenk die Blumen und suche das Gespräch - was, wenn das beim Gegenüber nicht die gewünschte Wirkung hat, weil seine Verletzung durch Dich zu tief ging? Dann fühlt er sich womöglich verarscht und Du auch, weil er Deinen Versöhnungsversuch ablehnt. Und dann stehst Du da und hast keine Möglichkeit mehr, das irgendwie wieder auszubügeln, was Du mit Deinem Streit anscheinend angerichtet hast. Gebeichtet hast Du ihn, die Schuld ist Dir vergeben, aber er steht nach wie vor zwischen Dir und der Person. Was machst Du dann - zumal, wenn es nicht um Lappalien geht, sondern um Wichtiges? Und dann mußt Dir der Priester sagen "tja, da kannst Du jetzt nix mehr machen als auf die Ewigkeit zu warten, der liebe Gott wird das dann schon richten"? So einen Glauben möcht ICH nicht haben müssen.
Warum?
ICH bin mit diesem Menschen versöhnt. Wenn er seinerseits nicht verzeihen kann.... ist das seins. Da kann ich wirklich nichts machen, muss ich auch nicht. Ich werde diesen Menschen weiterlieben, weiter mich um ihn bemühen... mehr kann ich, kann man nicht tun.
Da hilft auch kein Ablass....
taddeo hat geschrieben:Und wenn zB eine Göttliche Liturgie nicht auch Deine Beziehung zu Deinen Mitmenschen verändern könnte - was wäre sie dann wert, warum gingst Du dann eigentlich hin? Was sagen Dir denn die Lesungen und Gebete, gerade die Troparien, anderes als daß Du Deine Beziehungen zu Gott und den Menschen täglich neu am Glauben ausrichten und dadurch verändern sollst?
Das ist richtig.
Es ist jedoch das, was die Liturgie mit mir macht, wie sie mich verändert, was eine Wirkung hat.
Nicht der Besuch an sich...

Ich gehe übrigens nicht in die Liturgie mit einem bestimmten Zweck. Sie MUSS mir nichts geben.
Dir schon?
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taddeo
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Re: Alles zum Thema "Ablass"

Beitrag von taddeo »

Mary hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben: Dann schenk die Blumen und suche das Gespräch - was, wenn das beim Gegenüber nicht die gewünschte Wirkung hat, weil seine Verletzung durch Dich zu tief ging? Dann fühlt er sich womöglich verarscht und Du auch, weil er Deinen Versöhnungsversuch ablehnt. Und dann stehst Du da und hast keine Möglichkeit mehr, das irgendwie wieder auszubügeln, was Du mit Deinem Streit anscheinend angerichtet hast. Gebeichtet hast Du ihn, die Schuld ist Dir vergeben, aber er steht nach wie vor zwischen Dir und der Person. Was machst Du dann - zumal, wenn es nicht um Lappalien geht, sondern um Wichtiges? Und dann mußt Dir der Priester sagen "tja, da kannst Du jetzt nix mehr machen als auf die Ewigkeit zu warten, der liebe Gott wird das dann schon richten"? So einen Glauben möcht ICH nicht haben müssen.
Warum?
ICH bin mit diesem Menschen versöhnt. Wenn er seinerseits nicht verzeihen kann.... ist das seins. Da kann ich wirklich nichts machen, muss ich auch nicht. Ich werde diesen Menschen weiterlieben, weiter mich um ihn bemühen... mehr kann ich, kann man nicht tun.
Doch, kann man. Frag mal die ostkirchlichen Heiligen, ob die das nicht genauso sehen.
taddeo hat geschrieben:Und wenn zB eine Göttliche Liturgie nicht auch Deine Beziehung zu Deinen Mitmenschen verändern könnte - was wäre sie dann wert, warum gingst Du dann eigentlich hin? Was sagen Dir denn die Lesungen und Gebete, gerade die Troparien, anderes als daß Du Deine Beziehungen zu Gott und den Menschen täglich neu am Glauben ausrichten und dadurch verändern sollst?
Das ist richtig.
Es ist jedoch das, was die Liturgie mit mir macht, wie sie mich verändert, was eine Wirkung hat.
Nicht der Besuch an sich...

Ich gehe übrigens nicht in die Liturgie mit einem bestimmten Zweck. Sie MUSS mir nichts geben.
Dir schon?
Sie MUSS mir nichts geben, tut es aber von sich aus. Und wenn es nur die Gelegenheit ist, meinen Dank und meine Sorgen dem Herrn zu Füßen zu legen. Und das nicht innerhalb meiner eigenen bescheidensten Möglichkeiten, sondern überhöht durch das Heilswirken der ganzen Kirche und hineingenommen in das Sakrament unserer Erlösung. Das ist der Zweck der Liturgie, und ich bekenne ehrlich, daß ich diesen Zweck gerne in Anspruch nehme, wenn ich hingehe.

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Hubertus
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Re: Alles zum Thema "Ablass"

Beitrag von Hubertus »

Mary hat geschrieben:Ausserdem hattens die Griechen ja offensichtlich gar nicht richtig gerafft, denn sie glaubten, ein Ablass könnte Sünden vergeben
These certificates were real indulgences that anyone could obtain which absolved them from sin.
Danke für den Hinweis, da hatte ich es nicht gerafft, bzw. genau genug hingeschaut.

Beim erneuten Durchlesen fällt dann allerdings auf, daß der Autor Sergei Govorun offenbar auch nicht genau verstanden hat, was ein Ablaß ist, wenn er schreibt:
These were real indulgences: certificates which absolved from sins, which anyone could obtain, often for a specified sum of money.
Das trifft natürlich die katholische Position nicht. Vor diesem Hintergrund ist ein Zurückdrängen einer solchen Praxis natürlich nachvollziehbar, ja geboten.

Das heißt allerdings auch: Zum tatsächlichen Konzept des Ablasses gibt es orthodoxerseits überhaupt keine Beurteilung durch ein Konzil.
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

Mary
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Re: Alles zum Thema "Ablass"

Beitrag von Mary »

taddeo hat geschrieben:
Mary hat geschrieben:... mehr kann ich, kann man nicht tun.
Doch, kann man. Frag mal die ostkirchlichen Heiligen, ob die das nicht genauso sehen.
Meine Aussage meint: Ich kann einen Menschen nicht zur Versöhnung zwingen.
Reue und Busse sind MEIN Weg... und der muss natürlich gegangen werden. Hab ich ja auch geschrieben.
taddeo hat geschrieben:Sie MUSS mir nichts geben, tut es aber von sich aus.
Ja! Der Herr sei gepriesen dafür.
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Mary
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Re: Alles zum Thema "Ablass"

Beitrag von Mary »

Hubertus hat geschrieben:
Das heißt allerdings auch: Zum tatsächlichen Konzept des Ablasses gibt es orthodoxerseits überhaupt keine Beurteilung durch ein Konzil.
Genau.
Es ist allerdings auch kaum eine Beurteilung zu erwarten.... denn es ist orthodoxerseits kein Thema.
(Da hammer schon andere Baustellen, die Agenda für 2016 dürfte schon voll sein.... ;D )

lg Mary
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TillSchilling

Re: Alles zum Thema "Ablass"

Beitrag von TillSchilling »

taddeo hat geschrieben:
Mary hat geschrieben:Also ist es doch ein noch ausstehendes Abbüssen von Schuld gegenüber Gott, was da stattfindet.... ob jetzt in Fegefeuer oder Ablass.
Nein, es geht nicht mehr um Schuld, sondern um die konkreten Auswirkungen der (schon vergebenen) Schuld. Das sind zwei paar Stiefel.

Dazu schrieb Papst Gregor der Grosse:
Aus diesen Stellen geht hervor, daß jeder im Gerichte so erscheint, wie er von der Erde scheidet. Man muß jedoch glauben, daß es vor dem Gerichte noch für gewisse leichte Sünden ein Reinigungsfeuer gibt, weil die ewige Wahrheit sagt, daß, wenn jemand wider den Heiligen Geist lästert, ihm weder in dieser noch in der zukünftigen Welt vergeben wird.6 Aus diesem Ausspruch geht hervor, daß einige [S. 246] Sünden in dieser, andere in jener Welt nachgelassen werden können. Denn, was von einer Sünde ausdrücklich verneint wird, wird nach folgerichtiger Auffassung von den übrigen zugestanden. Jedoch muß man, wie bemerkt, glauben, daß dies nur bei geringen, ja ganz kleinen Sünden stattfinde, wie häufiges unnützes Gerede, unmäßiges Gelächter oder eine Sünde in der Leitung des Hauses, die kaum bei denen ohne Sünde abgeht, welche wissen, wie man der Sünde vorbeugen kann; dasselbe gilt von einem Fehler aus Unkenntnis in einer nicht bedeutenden Sache. Alles dies belastet die Seele noch nach dem Tode, wenn keine Nachlassung in diesem Leben erfolgte. Denn an der Stelle, wo Paulus sagt, Christus sei der Grundstein, fügt er hinzu: „Wenn jemand auf diesen Grund bauet Gold, Silber, Edelsteine, Holz, Heu, Stoppeln, so wird das Feuer erproben, wie das Werk eines jeden sei: wenn jemands Werk, welches er darauf gebaut hat, besteht, so wird er Lohn empfangen. Brennt aber jemands Werk, so wird er Schaden leiden, er selbst aber wird selig werden, jedoch so wie durch Feuer.”7 Obwohl dies auch von dem Feuer der Trübsal, das uns in diesem Leben prüft, verstanden werden kann, so muß man doch, wenn man es auf das zukünftige Fegfeuer anwenden will, wohl darauf achten, daß sich die Rettung, von der die Rede ist, nicht auf jenen bezieht, der auf diesem Grundstein Eisen, Erz oder Blei errichtet, das heißt größere und insofern härtere Sünden, die im Fegfeuer überhaupt nicht nachgelassen werden können, sondern auf einen solchen, der Gebäude aus Holz, Heu oder Stoppeln errichtet, d. h, ganz leichte und geringe Sünden, welche das Feuer leicht tilgen kann. Auch dies muß man wissen, daß dort niemand, selbst nicht für die geringsten Sünden, Reinigung erlangen wird, der sich dies nicht hier durch gute Werke zum voraus verdient hat.
http://www.unifr.ch/bkv/kapitel3224-38.htm

Das klingt aber schon nach Vergebung von Schuld und nicht Minderung der Auswirkungen von Sünde.

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Gamaliel
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Re: Alles zum Thema "Ablass"

Beitrag von Gamaliel »

TillSchilling hat geschrieben:Das klingt aber schon nach Vergebung von Schuld und nicht Minderung der Auswirkungen von Sünde.
Ablaß und Fegefeuer sind zwei verschiedene Dinge. Hier im Thread geht es um den Ablaß und dieser dient dem Nachlaß zeitlicher Sündenstrafen. Im Fegefeuer dagegen kann auch die mit läßlichen Sünden verbundene Schuld nachgelassen werden.

So lehrt z.B. der hl. Thomas:
Quaestiones disputatae de malo, Q. 7, Art. 11, a11 hat geschrieben:Quibus manifestum est quod in hac vita peccata venialia non dimittuntur, et tamen propterea non impediuntur perpetuo a vita aeterna, ad quam nullo modo perveniunt, nisi omnino immunes ab omni culpa effecti. Et ideo oportet dicere, quod venialia remittuntur eis post hanc vitam etiam quantum ad culpam, eo modo quo remittuntur in hac vita; scilicet per actum caritatis in Deum, repugnantem venialibus in hac vita commissis.

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