Wie kommt man zum Glauben?

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Enterich
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Wie kommt man zum Glauben?

Beitrag von Enterich »

Hallo alle miteinander,

mir als Ungläubigem stellt sich die Frage, wie es gelingen könnte, zum Glauben bzw. zu "einem" Glauben zu gelangen. Zum einen stellt sich mir die Welt als ein Mysterium dar und ich bin weit entfernt davon, Materialist zu sein, der meint, die empirisch gegebene Welt sei die letzte Wirklichkeit; aber genausowenig können mich die Glaubensaussagen des Christentums überzeugen, da ich in der Welt, wie sie in meinem Bewusstsein erscheint, und eine andere ist mir trotz allem ja nicht gegeben, keinerlei Anzeichen darauf erkennen kann, dass ein personaler Gott existiert und selbst wenn es so wäre, so wüsste ich keinen Grund, warum dieser gerade die Eigenschaften aufweisen sollte, die man ihm in der Bibel zuschreibt. Darauf, dass die Geschichte von Sündenfall und Erlösung(sbedürftigkeit) den Tatsachen entspricht, finde ich auch keinerlei Hinweise. Vielmehr kommt mir das Ganze, um es ehrlich auszusprechen, an vielen Stellen eher absurd vor.
Meine Frage ist nun ganz allgemein, ob Ihr der Ansicht seid, dass zum Glauben tatsächlich "Gnade" gehört, dass man nicht bewusst durch Denken dahingelangen kann, sondern bloß durch eine "Erleuchtung" bzw. durch ein spontanes Überzeugtwerden (oder, wenn man so will, durch Eingebung Gottes), oder meint Ihr, dass man durch Aufmerken auf die gegebene Welt und das Nachdenken über dieselbe zu dem Schluss kommen kann, dass der (christliche) Gott wirklich ist?

Gruß,

Enterich

P.S.: Ich hoffe, dass solche Fragen hier in Ordnung sind.

Baerchen
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Beitrag von Baerchen »

Hallo Enterich,

ich kann nur vor meinem "Erfahrungs"horizont sprechen:

Für mich war es reine Gnade, dass der Heilige Geist in mir so gewirkt hat, dass ich den Weg zu Jesus Christus gefunden habe.
Viele Jahre des Studierens und Spekulierens, der selbstquälerischen Grübeleien haben letztendlich dazu geführt, dass ich mich ganz bedingungslos in die Arme Jesu Christi habe fallen lassen dürfen.

Liebe Grüße
B.

P. S. Hoffentlich sind solche statements hier in Ordnung. ;D

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Edi
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Re: Wie kommt man zum Glauben?

Beitrag von Edi »

Enterich hat geschrieben: Darauf, dass die Geschichte von Sündenfall und Erlösung(sbedürftigkeit) den Tatsachen entspricht, finde ich auch keinerlei Hinweise.
Solche Fragen können durchaus gestellt werden, warum auch nicht.

Lassen wir das mal mit dem Sündenfall beiseite.

Ist denn die Welt und das menschliche Handeln seit wir die Geschichte kennen so ganz in der Ordnung, dass man nicht an einen Begriff wie Erlösungbedüftigkeit des Menschen denken könnte?

Natürlich gehört zum Glauben die Gnade, aber die muss man sich erbitten. Jemand hat mal sinngemäss gesagt: In den Büchern und beim Nachdenken suchen manche Gott, aber im Gebet finden wir ihn.
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

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Robert Ketelhohn
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Re: Wie kommt man zum Glauben?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Enterich hat geschrieben:Hallo alle miteinander,

mir als Ungläubigem stellt sich die Frage, wie es gelingen könnte, zum Glauben bzw. zu "einem" Glauben zu gelangen. Zum einen stellt sich mir die Welt als ein Mysterium dar und ich bin weit entfernt davon, Materialist zu sein, der meint, die empirisch gegebene Welt sei die letzte Wirklichkeit; aber genausowenig können mich die Glaubensaussagen des Christentums überzeugen, da ich in der Welt, wie sie in meinem Bewusstsein erscheint, und eine andere ist mir trotz allem ja nicht gegeben, keinerlei Anzeichen darauf erkennen kann, dass ein personaler Gott existiert und selbst wenn es so wäre, so wüsste ich keinen Grund, warum dieser gerade die Eigenschaften aufweisen sollte, die man ihm in der Bibel zuschreibt. Darauf, dass die Geschichte von Sündenfall und Erlösung(sbedürftigkeit) den Tatsachen entspricht, finde ich auch keinerlei Hinweise. Vielmehr kommt mir das Ganze, um es ehrlich auszusprechen, an vielen Stellen eher absurd vor.
Meine Frage ist nun ganz allgemein, ob Ihr der Ansicht seid, dass zum Glauben tatsächlich "Gnade" gehört, dass man nicht bewusst durch Denken dahingelangen kann, sondern bloß durch eine "Erleuchtung" bzw. durch ein spontanes Überzeugtwerden (oder, wenn man so will, durch Eingebung Gottes), oder meint Ihr, dass man durch Aufmerken auf die gegebene Welt und das Nachdenken über dieselbe zu dem Schluss kommen kann, dass der (christliche) Gott wirklich ist?

Gruß,

Enterich

P.S.: Ich hoffe, dass solche Fragen hier in Ordnung sind.
Ich frage zurück: Willst du denn glauben? – Wenn ja, dann tritt ein ins Katechumenat. Die Kirche fragt dich: Was begehrst du von der Kirche Gottes? Und du antwortest: Den Glauben.

So geht das von Anfang an in der Kirche. Du beginnst, mit der Kirche und in der Kirche zu leben, die Liturgie und die Feste teilweise mitzufeiern. Dein Leben beginnt, indes du regelmäßig unterwiesen wirst, sich zu ändern. Stück um Stück lernst du christliches Leben kennen, die Schrift und apostolische Tradition, die Glaubenslehre und schließlich – mit deiner Aufnahme in die Kirche durch die Taufe – die Geheimnisse des Heils.
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rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Enterich
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Re: Wie kommt man zum Glauben?

Beitrag von Enterich »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Ich frage zurück: Willst du denn glauben?
Ich weiß nicht, ob man das überhaupt so ausdrücken kann bzw. ich kann die Formulierung so nicht recht nachvollziehen. Unter 'glauben' verstehe ich das Anerkennen von Inhalten, ohne Gewissheit zu haben. Glauben wollte ich das, was mir plausibel erscheint. Wobei ich jetzt eben noch gar nicht sagen könnte, was dies sei (bezogen auf die "letzten Fragen"). Wenn sich dergleichen gar nicht finden lässt, wollte ich lieber nichts glauben (das heißt, ich würde mich der Festlegung enthalten). Nicht wollte ich etwas glauben, was mir vielleicht Halt gibt, was ich aber auf der anderen Seite inhaltlich nicht nachvollziehen könnte. So kommt mir im Augenblick die christliche Botschaft vor, die zwar auf der einen Seite ein Geheimnis sein und die Vernunft gewissermaßen übersteigen soll und auf der anderen Seite doch mit konkreten Sätzen aufwartet, also einen sprachlich formulierten Inhalt anbietet, der sich prinzipiell durch die Vernunft prüfen lässt.
Persönlich geht es mir darum, dass ich mich zum einen frage, was "hinter" den Dingen steckt und eine Antwort darauf gibt ja die Offenbarung. Wenn ich nun jedoch von dem ausgehe, was mir in meiner "Wirklichkeit" gegeben ist, und diese nehme ich als Ausgangspunkt, dann sehe ich nicht, warum ausgerechnet diese, wenn überhaupt eine, es sein sollte, welcher ich Glauben schenken sollte (ich könnte ja z.B. auch auf die Offenbarungen Mohammeds zurückgreifen oder auf die Upanishaden vertrauen, oder was eben so gibt). Vor dem Schritt, mich einem bestimmten Inhalt anzuvertrauen, muss ja zumindest ein Funkte Glaube schon da sein, da ich sonst letztlich willkürlich wählen würde.
Da nun aber auf der anderen Seite durchaus intelligente Leute an die christliche Offenbarung glauben, stellt sich mir die Frage, wie es dazu kommt. Bzw. ob tatsächlich das gewissermaßen "Unglaubliche", was mir da entgegentritt, unter Umständen für mich glaublich werden könnte.
Wäre dem so, so würde ich natürlich entsprechend handeln. Augenblicklich jedoch nicht, da ich, wie gesagt, eben nicht sehe, dass hinter den Glaubensinhalten tatsächlich Realität steckt. Das müsste sich mir erst eröffnen.
Daher die Frage. Ist es so, dass "der Christ" letztlich ganz einfach das annimmt, was im naheliegt (weil er in der entsprechenden Umgebung aufgewachsen ist) und seine Wünsche erfüllt, oder hat es doch tiefergehende Gründe, warum er gerade diesen Weg gewählt hat und geht?

Enterich
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Re: Wie kommt man zum Glauben?

Beitrag von Enterich »

Edi hat geschrieben:Ist denn die Welt und das menschliche Handeln seit wir die Geschichte kennen so ganz in der Ordnung, dass man nicht an einen Begriff wie Erlösungbedüftigkeit des Menschen denken könnte?
Doch, das könnte man, da muss ich dir recht geben. (Wobei ich spontan ergänzen muss, dass, wenn man sich dir Welt anschaut, zumindest auch die Tiere in diesem Falle noch erlösungsbedürftig wären, da diese ja auch leiden.)

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taddeo
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Re: Wie kommt man zum Glauben?

Beitrag von taddeo »

Enterich hat geschrieben:Da nun aber auf der anderen Seite durchaus intelligente Leute an die christliche Offenbarung glauben, stellt sich mir die Frage, wie es dazu kommt. Bzw. ob tatsächlich das gewissermaßen "Unglaubliche", was mir da entgegentritt, unter Umständen für mich glaublich werden könnte.
Daher die Frage. Ist es so, dass "der Christ" letztlich ganz einfach das annimmt, was im naheliegt (weil er in der entsprechenden Umgebung aufgewachsen ist) und seine Wünsche erfüllt, oder hat es doch tiefergehende Gründe, warum er gerade diesen Weg gewählt hat und geht?
Deine Fragen zeigen, daß Du schon auf dem besten Weg bist, die Antworten darauf zu finden.
Papst Benedikt - den ich mal zu den von Dir zitierten "intelligenten Leuten" rechnen möchte - hat bei seiner Predigt in Regensburg gesagt: "Die Sache mit der Welt und dem Menschen geht nicht auf ohne Gott." Bei Benedikt kommen die von Dir angesprochenen Faktoren zusammen: Er ist in der christlichen Umgebung aufgewachsen, er konnte zunächst einfach annehmen, was er vorgefunden hat; aber aus seinem ganzen Denken und Handeln wird deutlich, daß er durch seine Vernunft gelernt hat, an den Gott zu glauben, den die Kirche verkündigt. Und schließlich - oder war das zuerst? - fühlte er sich von Gott persönlich angesprochen und gerufen. Denn das ist es, was man Gnade nennt: Der Gott, an den wir glauben, ist keine abstrakte Idee, sondern ein DU, das uns anspricht und uns hilft, zum Glauben an ihn zu finden. Schon Deine Fragestellungen würde ich als eine vorsichtige Antwort auf einen Anruf Gottes an Dich empfinden.
Wie der Mensch dann dem Ruf Gottes antwortet, wird immer verschieden sein, denn "es gibt soviele Wege zu Gott, wie es Menschen gibt" - auch ein Zitat von Josef Ratzinger.
Ich würde Dir empfehlen, mal das Buch "Gott und die Welt" von Ratzinger/Seewald zu lesen. Seewald hat auch erst nach langem Suchen zur Kirche (zurück)gefunden und stellte Ratzinger in dem Interview all die grundsätzlichen Fragen, die auch Dich zu bewegen scheinen. Kann gut sein, daß Du dort auch für Dich einige Antworten findest.
Gottes Segen für Deine Suche!

Enterich
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Beitrag von Enterich »

Danke für den Buchtipp. Werde ich auf jeden Fall lesen.

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Edi
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Re: Wie kommt man zum Glauben?

Beitrag von Edi »

Enterich hat geschrieben:
Edi hat geschrieben:Ist denn die Welt und das menschliche Handeln seit wir die Geschichte kennen so ganz in der Ordnung, dass man nicht an einen Begriff wie Erlösungbedüftigkeit des Menschen denken könnte?
Doch, das könnte man, da muss ich dir recht geben. (Wobei ich spontan ergänzen muss, dass, wenn man sich dir Welt anschaut, zumindest auch die Tiere in diesem Falle noch erlösungsbedürftig wären, da diese ja auch leiden.)
Zu diesem Thema schreibt Paulus in Röm. 8,19 ff:
"Denn das ängstliche Harren der Kreatur wartet darauf, daß die Kinder Gottes offenbar werden. Die Schöpfung ist ja unterworfen der Vergänglichkeit - ohne ihren Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat -, doch auf Hoffnung; denn auch die Schöpfung wird frei werden von der Knechtschaft der Vergänglichkeit zu der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes. Denn wir wissen, daß die ganze Schöpfung bis zu diesem Augenblick mit uns seufzt und sich ängstigt."
Zuletzt geändert von Edi am Sonntag 29. April 2007, 23:52, insgesamt 1-mal geändert.
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Leguan
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Re: Wie kommt man zum Glauben?

Beitrag von Leguan »

Enterich hat geschrieben:Meine Frage ist nun ganz allgemein, ob Ihr der Ansicht seid, dass zum Glauben tatsächlich "Gnade" gehört, dass man nicht bewusst durch Denken dahingelangen kann, sondern bloß durch eine "Erleuchtung" bzw. durch ein spontanes Überzeugtwerden (oder, wenn man so will, durch Eingebung Gottes), oder meint Ihr, dass man durch Aufmerken auf die gegebene Welt und das Nachdenken über dieselbe zu dem Schluss kommen kann, dass der (christliche) Gott wirklich ist?
Nun, ich denke, die Klammer macht hier einen großen Unterschied. Der Glaube an (einen) Gott war eine Grundkonstante in meinem Leben. Ich kann nicht im Frühling durch den Wald gehen, oder auf einen Berg steigen, ohne Gott zu sehen, ich denke also schon, daß man durch Beobachtung der Welt zum Glauben an Gott finden kann.
Aber zum glauben an den christlichen Gott? An die Story von der Erlösung von den Sünden durch den Tod Christi am Kreuz? Ich denke nein. Das Christentum ist ja nicht ohne Grund eine Offenbarungsreligion.
Ich denke aber auch, daß Gott jedem eine faire Chance gibt. "Wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, so will ich mich von euch finden lassen" (Jeremia 29,13, um mal wegen seiner unbestrittenen sprachlichen Fähigkeiten Luther zu verwenden).
Ich denke, wenn man sich nicht von vornherein festlegt, wie Gott (nicht) zu sein hat, dann wird er sich auch zu erkennen geben.
Und zu dieser Erkenntnis gehört dann auch das Verständnis. Daß man versteht, was einem vorher ziemlich schräg vorgekommen ist. Das war zumindest bei mir so. Plötzlich hat alles zusammengepaßt, alles (in jeder Hinsicht) einen Sinn ergeben. Aber das ist der Teil, zu dem ich von mir aus nie gekommen wäre. Das war dann die Gnade, die man geschenkt bekommt.

ad_hoc
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Beitrag von ad_hoc »

Die Antwort Robert Ketelhohns auf die Frage von Enterich ist zumindest recht pragmatisch und ich denke, man muß sich schon ziemlich sicher sein, den katholischen Glauben annehmen zu wollen, um diesen Weg zu beschreiten.

Folgende Geschichte, auch wenn diese im ersten Moment scheinbar am Thema vorbeigeht:
Ich war sehr oft in Fátima gewesen. oft über mehrere Wochen hinweg. Damals kannte ich den Pater Paul vom Seminário Verbo Divino der Steyler Missionare, der viele Jahre in Fátima tätig war.
Pater Paul war jemand, der trotz seines tiefen Glaubens mit beiden Füßen auf der Erde stand, dem nichts fremd war und der jede Situation sofort erfaßte und Antworten bzw. Beurteilungen abgab, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig ließen.
Auf eine entsprechende Frage meinerseits antwortete er in etwa: "Mit Atheisten kann man über den Glauben nicht diskutieren." Auf meine Frage, wie er denn reagiere, wenn ein Atheist trotzdem mit ihm diskutieren wolle, antwortete er: "Ich würde ihm sagen, er solle zunächst in aller möglichen Aufmerksamkeit 30 Tage hintereinander täglich drei Ave Maria beten. Sollte er dies durchhalten und dann immer noch mit mir über den Glauben diskutieren wollen, würde ich mit ihm darüber sprechen".

Vielleicht überzeugt man weniger mit Glaubenswissen und glänzender Rhetorik, vielleicht liegt die größere Überzeugung in der Einfachheit des Wesentlichen. Ich habe mich seither immer wieder gefragt, ob dies der einzig gangbare Weg sein könnte, den Interessierten gewissermaßen die notwendige Vorarbeit leisten zu lassen, und sei es auch nur in der Förderung der Einstellung bzw. der Öffnung zu Glaubensdingen. Hält also ein sogenannter Atheist diese 30 Tage mit den täglichen drei Ave Maria durch, kann ich mir schon vorstellen, dass allein durch die Beständigkeit eine besondere Gnade zu wirken beginnt, nämlich die Öffnung gegenüber den Glaubenswahrheiten und deren Akzeptanz.

Wäre dem so, dann könnten diese täglichen drei Ave Maria vermutlich in vielen Bereichen zum Tragen und zur Wirkung gelangen.

Enterichs Beiträge haben mich unwillkürlich an den Hl. Augustinus erinnert:
"Fecisti nos ad te et inquietum est cor nostrum, donec requiescat in te!
Du hast uns zu dir hin geschaffen, und unruhig ist unser Herz, bis es ruht in dir!"


Gruß, ad_hoc
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)

Andreas01
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Re: Wie kommt man zum Glauben?

Beitrag von Andreas01 »

Enterich hat geschrieben:Hallo alle miteinander,

mir als Ungläubigem stellt sich die Frage, wie es gelingen könnte, zum Glauben bzw. zu "einem" Glauben zu gelangen. Zum einen stellt sich mir die Welt als ein Mysterium dar und ich bin weit entfernt davon, Materialist zu sein, der meint, die empirisch gegebene Welt sei die letzte Wirklichkeit; aber genausowenig können mich die Glaubensaussagen des Christentums überzeugen, da ich in der Welt, wie sie in meinem Bewusstsein erscheint, und eine andere ist mir trotz allem ja nicht gegeben, keinerlei Anzeichen darauf erkennen kann, dass ein personaler Gott existiert und selbst wenn es so wäre, so wüsste ich keinen Grund, warum dieser gerade die Eigenschaften aufweisen sollte, die man ihm in der Bibel zuschreibt. Darauf, dass die Geschichte von Sündenfall und Erlösung(sbedürftigkeit) den Tatsachen entspricht, finde ich auch keinerlei Hinweise. Vielmehr kommt mir das Ganze, um es ehrlich auszusprechen, an vielen Stellen eher absurd vor.
Meine Frage ist nun ganz allgemein, ob Ihr der Ansicht seid, dass zum Glauben tatsächlich "Gnade" gehört, dass man nicht bewusst durch Denken dahingelangen kann, sondern bloß durch eine "Erleuchtung" bzw. durch ein spontanes Überzeugtwerden (oder, wenn man so will, durch Eingebung Gottes), oder meint Ihr, dass man durch Aufmerken auf die gegebene Welt und das Nachdenken über dieselbe zu dem Schluss kommen kann, dass der (christliche) Gott wirklich ist?

Gruß,

Enterich

P.S.: Ich hoffe, dass solche Fragen hier in Ordnung sind.
Lieber Enterich,

danke für die berechtigten Freagen;


wie kann man zum Glauben kommen;
ich denke in Schritten, und durch Nachdenken, durch Logik!!

wie sagte Einstein (oder wars ein anderer?): Durch Denken kommt man weg vom Glauben, durch Weiterdenken wieder zurück (oder so ähnlich)

und das war auch mein persönlicher Weg;


und die entscheidenden Anstöße gibt Gott, und das ist die Gnade; nur du musst bereit sein, diese Anstöße kritisch zu prüfen, das ja, aber ehrlich und rechtschaffen Folgerungen zu akzeptieren;

und genau das lese ich aus deinen Ausführungen heraus, dass du dazu bereit bist.

Vielleicht können wir dir einige wesentliche Anstöße in diesem Thread geben.


1. Tatsache ist: Atheismus ist logisch widerlegbar ([Punkt])

einfaches Beispiel: Die DNS des Menschen mit 3 Milliarden Buchstaben (vier) zufällig entstehen lassen zu wollen, würde bedeuten, eine Wahrscheinlichkeit von 1: 10 hoch 1 Milliarde auszuprobieren; die jeweils schwächere Variante durch Selektion auszuschließen, ist in 3 Milliarden Jahren (10 hoch 9 - man beachte 10 hoch 1 Mrd. Möglichkeiten) nicht denkbar:

Diese kleine logische Überlegung allein, ist ein fundierter und nicht widerlegbarer [Punkt]

2. Im gleichen Satz nach dem christlichen Gottesbild zu fragen, wäre schlichtweg unfair, eine übermenschliche ordnende Instanz kann mit dieser Überlegung allein nicht weiter charakterisiert werden.

zugegeben, da beginnt (erst hier!) der Glaube (im Sinne von logisch nicht beweisbarer Annahme), welches Gottesbild das richtige sein dürfte.


3. Da müssen wir die verschiedenen Religionen mit ihren Gottesbildern betrachten und das Kriterium der Plausibilität anwenden, nicht mehr, wie beim generellen Gottesbeweis, die blanke Logik.

4. Pantheismus: Gott wäre in allem, hieße, Schöpfer und Schöpfung wären identisch, nicht wirklich plausibel.

5. Buddhismus: kein persönlicher Gott, aber ein anonymes Prinzip, was die Reinkarnation ordnet, ist Pantheismus, siehe oben, nicht wirklich plausibel

6. Natureligionen, meist mit viel Angst vor Geistern der Verstorbenen verbunden; ein Schöpfer, der die Welt so komplex und wunderbar geschaffen hat, soll zulassen, dass ihm Geister verstorbener Menschen "ins Handwerk pfuschen", nicht wirklich plausibel

7. Hinduismus: 300.00 Götter, die alle womöglich an der Schöpfung mitgebastelt haben, viele Köche ...; nicht wirklich plausibel; eine ordnende übermenschliche Intelligenz (Monotheismus) macht mehr Sinn.

8. Islam: Ein ferner unnnahbarer Gott, der Befolgung einiger einfacher Regeln fordert und am Ende nach seinem Belieben richtet, aber ins Leben der Menschen nicht oder kaum eingreift; ist das wirklich plausibel ?

Werksgerechtigkeit mit unsicherem Ausgang


9. Demgegenüber steht die christliche Frohbotschaft:

Gott ist ein persönlicher, mit dem man reden kann, wie mit einem Freund;

gab uns freien Willen, sich auch gegen ihn zu entscheiden
verzeiht immer wieder, wenn wir mit unseren Fehlern und Schwächen zu ihm zurückkommen;

Gott liebt uns, weil er uns geschaffen hat, ist uns wie ein Vater

Das ist plausibel und deshalb glauben wir, dass die christliche Meinung eine frohe und glaubenswerte Botschaft ist.


Liebe Grüße Andreas
Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben. Joh 10,10

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Enterich hat geschrieben:meint Ihr, daß man durch Aufmerken auf die gegebene Welt und das Nachdenken über dieselbe zu dem Schluß kommen kann, daß der (christliche) Gott wirklich ist?
Durch Aufmerken auf die gegebene Welt und das Nachdenken über dieselbe kann man – ja, muß man, wenn man seiner Vernunft keine Fesseln anlegen läßt – zu dem Schluß kommen, daß es einen allmächtigen Gott gibt, den »Schöpfer des Himmels und der Erde«.

Daß dieser Gott dreifaltig ist, Vater, Sohn und Heiliger Geist, daß Gott Sohn, das ewige Wort des Vaters, Mensch geworden und „eingefleischt“ ist, daß also die historische Gestalt Jesu Christi Gott selbst ist, aus übergroßer Liebe zu uns für uns am Kreuz gestorben und am dritten Tage auferstanden von den Toten: das alles erschließt sich nicht der reinen Vernunft allein.

Es beginnt mit einem historischen Faktum: der Auferstehung des Gekreuzigten. Die Christen werden dir sagen, daß sie den Berichten davon und ihrer Beglaubigung durch die Kirche von den Aposteln her bis heute vertrauen.

Fragst du weiter: »Warum?«, so wirst du vermutlich sehr unterschiedliche Antworten hören. Vor allem aber: Viele sind keine Christen, sie glauben nicht. Obgleich sie damals dasselbe erlebten wie viele andere, die zum Glauben kamen, glaubten sie nicht; so etwa die Führungsschicht der Juden und die Mehrheit, die ihnen folgte. Ebenso heute: Obgleich viele dieselben Berichte lesen und hören wie die Christen, glauben sie dennoch nicht.

An dieser Stelle müßte ich jetzt zu einen erkenntnis- und wissenschaftstheoretischen Exkurs ausholen. Leider fehlt mir dazu die Zeit. Nur so viel, daß der übliche wissenschaftliche Diskurs Übernatürliches als Erklärung natürlicher Phänomene nicht in Betracht zieht. Das Übernatürliche entzieht sich per definitionem der naturwissenschaftlichen Untersuchung ebenso wie der geschichtswissenschaftlichen.

Sind übernatürliche Erklärungen damit generell ausgeschlossen? – Viele sehen das heute tatsächlich so. Damit wäre die Auferstehung historisch nicht faßbar, sie könnte nur irgendwie ahistorisch noch eine Bedeutung haben – und viele dem Namen nach katholische Theologen behaupten das in der Tat –, doch was das sein sollte, kein keiner vernünftig darstellen und begründen. Vor allem entspräche das auch nicht dem Glauben der Kirche.

Tatsächlich ist es aber falsch anzunehmen, die gewissermaßen systemimmanente Begrenztheit einer wissenschaftlichen Methode schließe übernatürliche Erklärungen aus. Der Ausschluß der Übernatur beruht vielmehr – ebenso wie sein Gegenteil, die Voraussetzung der Übernatur – auf Vorentscheidungen jenseits und außerhalb jener wissenschaftlichen Methode.

Solch eine Vorentscheidung ist aber durchaus nicht jenseits der Vernunft angesiedelt. Sie entzieht sich auch nicht der wissenschaftlichen Untersuchung schlechthin. Philosophie und Theologie haben da ihr eigenes Instrumentarium. Die historische Wissenschaft bringt mich aber gewissermaßen nicht weiter als bis zum Faktum des leeren Grabes.

Sie bringt mich nicht automatisch zum Glauben an die Auferstehung von den Toten, nicht zum Glauben, daß Jesus Christus wahrer Gott und wahrer Mensch ist, und so weiter. Weshalb fällt jene Vorentscheidung einmal so, einmal genau andersherum aus?

Tatsächlich lehren wir Christen, daß es dazu der besonderen Gnade Gottes bedarf, im Sinne der Kirche zu glauben. Das ist aber ein sehr theoretischer, theologischer Begriff, der einem in einer konkreten Lebenssituation angesichts existenzieller Fragen wenig weiterhilft. Praktisch beginnt der Weg zum Glauben – wenn man nicht seit dem Säuglingsalter hineingewachsen ist, und das sind heute die wenigsten – mit einer Begegnung. Es entsteht eine gewisse Faszination, die einen dabeibleiben läßt, weiter fragen läßt, neugierig macht.

Zunächst wird das alles sehr diffus und gar nicht klar sein, auch noch nicht sichtbar auf ein Ziel ausgerichtet. Im Nachhinein – wenn man tatsächlich zum Glauben gekommen ist – wird man in diesen Anfängen rückblickend bereits das Wirken Gottes erkennen (also „Gnade“). Solange man aber noch in diesen Anfängen steckt, wiese man eine solche Vermutung eher weit von sich. Man sieht sich selber als den Aktiven, der nach Antworten sucht.

Um es kurz zu machen, es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder erstickt man diese Anfänge wieder, hat keine Lust und läßt es bleiben. Gründe sind viele denkbar. Oder die Faszination wächst, man begibt sich auf einen Weg und gelangt an den Punkt, an welchem man sich dann auch selber eingestehen muß, daß eine Entscheidung ansteht. Da hast du dann wieder zwei Möglichkeiten. Du kannst kneifen und dich davonmachen, oder du gehst bewußt den Weg weiter.

Der Glaube beginnt da erst allmählich anzufangen. Diese bewußte Entscheidung könnte z. B. mit dem übereinstimmen, was ich im vorigen Beitrag schrieb: »dann tritt ein in den Katechumenat«.
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Enterich
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Beitrag von Enterich »

Guten Morgen,

vielen Dank für die zahlreichen und ausführlichen Antworten. Ich werde mir diese alle erst mal in Ruhe durchlesen und darüber nachdenken.

Ein Punkt ist mir allerdings schon aufgefallen, da er häufiger erwähnt wird, und der mir selbst natürlich auch schon in den Sinn gekommen ist und mich schon eine Weile umtreibt: die Überlegung, dass die Geordnetheit der Welt darauf schließen lässt, dass ein intelligenter Schöpfer dahintersteckt. Das ist so natürlich durchaus nachvollziehbar und wird ja nicht erst seit gestern vorgebracht. Mein Zweifel dahingehend ist bloß, dass sich mir, da mir die Welt ja unmittelbar nur in meinem Bewusstsein gegeben ist, der Gedanke aufdrängt, dass es eben nicht "die Welt" ist, die tatsächlich so geordnet ist, sondern dass mein Bewusstsein es ist, welches die Welt ordnet (vgl. auch Kant oder den radikalen Konstruktivismus). Dass das perfekte Ineinandergreifen der Dinge eben nicht in den Dingen begründet ist, sondern in mir, der es so "sieht" (warum auch immer, siehe unten). Und weiter, dass ich den Gedanken, dass eine menschenähnliche Intelligenz hinter dem Ganzen steckt, die einen Willen hat, "Handlungen" durchführt (erschafft) nur deshalb entwickle, weil ich meine eigenen, menschlichen Vorstellungen auf die Dinge anwenden muss, da mein Bewusstsein in menschlichen Begriffen denkt.
Trotzdem bleibt natürlich die Frage offen, warum überhaupt etwas ist, und sei es nur mein Bewusstsein in der Form, wie es sich darstellt. Da kommt dann natürlich die "Übernatur" ins Spiel, die dahinter steckt. Dass ich diesen Gedanken nicht ablehne, habe ich ja schon zu Beginn geschrieben. Ich meine nicht, dass sich "alles" mit der wissenschaftlichen Methode erklären lässt.
Das Problem ist nur, dass eine Welt außerhalb des Bewusstseins mit der immanenten meiner Ansicht nach prinzipiell nichts gemein haben muss. Weder müssen Zeit und Raum existieren, noch das Prinzip der Kausalität, was einen Anfang, mithin eine Erschaffung, in dem Sinne, wie ich sie mir vorstellen kann, unnötig machen würde (die Welt könnte immer sein, oder "garnicht", die Ewigkeit könnte "jetzt" sein - dergleichen Begriffe sind für die Beschreibung der Welt an sich nicht zu gebrauchen). Übrig bleibt nur das Rätsel.
Ich kann mir vorstellen, da dergleichen Überlegungen ja nun auch nicht unbedingt originell sind, dass Ihr hierauf Eure Antworten habt.

Grüße,

Enterich

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Linus
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Beitrag von Linus »

Lieber Enterich,

viel zu blöd als daß ich dir antworten könnte mag ich dir dennoch G.K Chestertons "Orthodoxie - eine Handreichung für die Ungläubigen" anempfehlen, worin er sich mit den Fragen befasst, mit denen du dich ebenso zu befassen scheinst.
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
"Black holes are where God divided by zero. - Einstein

ad_hoc
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Beitrag von ad_hoc »

Ich sehe mit großem Interesse das Bemühen von Enterich, den Glauben zu erfassen.
Ich frage mich allerdings, ob es genügt, rein intellektuell sich dem Glauben nähern zu wollen. Beeindruckt hat mich hierzu der Satz im letzten Beitrag von Robert Ketzelhohn: Das Übernatürliche entzieht sich per definitionem der naturwissenschaftlichen Untersuchung ebenso wie der geschichtswissenschaftlichen.
Das Entscheidende dürfte sein, dass die intuitive Erkenntnis einer Glaubenswahrheit letztlich auf die göttliche Gnade zurückzuführen ist, mit der die entsprechenden Bemühungen belohnt werden.
Das genannte Buch von Chesterton ist übrigens gut.

Gruß, ad_hoc
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)

Enterich
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Beitrag von Enterich »

ad_hoc hat geschrieben:Das Entscheidende dürfte sein, dass die intuitive Erkenntnis einer Glaubenswahrheit letztlich auf die göttliche Gnade zurückzuführen ist, mit der die entsprechenden Bemühungen belohnt werden.
Das war ja auch mein Gedanke im Ausgangsbeitrag. Im Grunde würde ich sogar sagen, dass ich gewissermaßen einen "Gott" annehme, nur eben keinen persönlichen (wobei sich hier natürlich die Frage stellt, ob man dabei sinnvollerweise von einer Gottesvorstellung sprechen kann). Ich gehe zumindest davon aus, dass "irgendetwas" "hinter" der erscheinenden Welt steckt. Nur sehe ich eben nicht, dass sich darüber etwas sagen lässt (schon der Ausdruck "hinter" der Welt ist im Grunde sinnlos, weist aber, denke ich, darauf hin, was ich meine bzw. zu ahnen meine).
Den von Robert Ketelhohn geäußerten Gedanken, dass der Ausschluss übernatürlicher Eingriffe auf Vorannahmen beruht, teile ich und gerade aus diesem Grund ist mir die reine Wissenschaft, wenn sie für sich den Anspruch erhebt, die Welt als solche erklären zu können, suspekt. Ich denke, dass sich letztlich nur die Phänomene, wie sie empirisch gegeben sind, und die Prinzipien ihres Gegebenseins wissenschaftlich untersuchen lassen. Da sich das aber nur auf den "innerweltlichen" Bereich bezieht, lässt sich, meine ich, auf diese Weise nicht das Bestehen der Welt selbst erklären.
Einen unmittelbaren "Eingriff" der Transzendenz in "meine" Welt würde ich konsequenterweise nicht ausschließen, was letztlich wohl dem, was "Gnade" genannt wird, entsprechen würde. Aber, wie gesagt, im Augenblick kann ich mir nicht vorstellen, wie dies sich darstellte, was also genau mich überhaupt von einem persönlichen transzendenten Prinzip überzeugen könnte. Zumal ich davon ausgehe, dass die Klugheitsregel, gerade dort besonders skeptisch zu sein, wo man einen "Vorteil" sieht, auch in diesem Fall angewandt werden sollte. Sprich, ich denke, dass man auch leicht der "Versuchung" erliegen könnte, "ungerechtfertigterweise" davon auszugehen, dass man in der Welt von einem gütigen und mächtigen Prinzip geleitet wird, was letztlich eine angenehmere Vorstellung ist als die, dass alles ungewiss ist.
Das genannte Buch von Chesterton ist übrigens gut.
Auch das werde ich mir einmal zu Gemüte führen. Danke auch für den Tipp.

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Linus
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Beitrag von Linus »

und hernach vomselben Autor: "Ketzer"
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
"Black holes are where God divided by zero. - Einstein

ad_hoc
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Beitrag von ad_hoc »

....und zuguterletzt ist auch die Biographie über Chesterton lesenswert.

Gruß, ad_hoc
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)

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Esperanto
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Re: Wie kommt man zum Glauben?

Beitrag von Esperanto »

Enterich hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Ich frage zurück: Willst du denn glauben?
Ich weiß nicht, ob man das überhaupt so ausdrücken kann bzw. ich kann die Formulierung so nicht recht nachvollziehen. Unter 'glauben' verstehe ich das Anerkennen von Inhalten, ohne Gewissheit zu haben. Glauben wollte ich das, was mir plausibel erscheint. Wobei ich jetzt eben noch gar nicht sagen könnte, was dies sei (bezogen auf die "letzten Fragen"). Wenn sich dergleichen gar nicht finden lässt, wollte ich lieber nichts glauben (das heißt, ich würde mich der Festlegung enthalten). Nicht wollte ich etwas glauben, was mir vielleicht Halt gibt, was ich aber auf der anderen Seite inhaltlich nicht nachvollziehen könnte. So kommt mir im Augenblick die christliche Botschaft vor, die zwar auf der einen Seite ein Geheimnis sein und die Vernunft gewissermaßen übersteigen soll und auf der anderen Seite doch mit konkreten Sätzen aufwartet, also einen sprachlich formulierten Inhalt anbietet, der sich prinzipiell durch die Vernunft prüfen lässt.
Persönlich geht es mir darum, dass ich mich zum einen frage, was "hinter" den Dingen steckt und eine Antwort darauf gibt ja die Offenbarung. Wenn ich nun jedoch von dem ausgehe, was mir in meiner "Wirklichkeit" gegeben ist, und diese nehme ich als Ausgangspunkt, dann sehe ich nicht, warum ausgerechnet diese, wenn überhaupt eine, es sein sollte, welcher ich Glauben schenken sollte (ich könnte ja z.B. auch auf die Offenbarungen Mohammeds zurückgreifen oder auf die Upanishaden vertrauen, oder was eben so gibt). Vor dem Schritt, mich einem bestimmten Inhalt anzuvertrauen, muss ja zumindest ein Funkte Glaube schon da sein, da ich sonst letztlich willkürlich wählen würde.
Da nun aber auf der anderen Seite durchaus intelligente Leute an die christliche Offenbarung glauben, stellt sich mir die Frage, wie es dazu kommt. Bzw. ob tatsächlich das gewissermaßen "Unglaubliche", was mir da entgegentritt, unter Umständen für mich glaublich werden könnte.
Wäre dem so, so würde ich natürlich entsprechend handeln. Augenblicklich jedoch nicht, da ich, wie gesagt, eben nicht sehe, dass hinter den Glaubensinhalten tatsächlich Realität steckt. Das müsste sich mir erst eröffnen.
Daher die Frage. Ist es so, dass "der Christ" letztlich ganz einfach das annimmt, was im naheliegt (weil er in der entsprechenden Umgebung aufgewachsen ist) und seine Wünsche erfüllt, oder hat es doch tiefergehende Gründe, warum er gerade diesen Weg gewählt hat und geht?

Wenn ich in deiner Lage wäre, kämen aus allen Religionen nur die christliche und die buddhistische in die nähere Auswahl, denn nur in diesen Glaubenssystemen ist Rache verboten. Und es sind auch diese beide Glaubensrichtungen, die die radikalsten Anforderungen stellen. Also sind sie richtig, denn die Wahrheit ist meistens unangenehm für einen selber. Da der Buddhismus sogar aber auch gute Regungen abtöten will, entscheide ich mich für das Christentum. Bestätigen lassen ich mir den Glauben durch kirchlich anerkannte Wunder wie Fátima oder Pater Pio. Es gibt hier im Forum viele, die keine Wunder mögen, sondern lieber so auf die Überlieferung der Apostel / der Kirche vertrauen. Ich könnte das nicht, aber es ist sogar besser, denn "selig, die nicht schauen und doch glauben!".

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Esperanto
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Beitrag von Esperanto »

Enterich hat geschrieben:
ad_hoc hat geschrieben:Das Entscheidende dürfte sein, dass die intuitive Erkenntnis einer Glaubenswahrheit letztlich auf die göttliche Gnade zurückzuführen ist, mit der die entsprechenden Bemühungen belohnt werden.
Das war ja auch mein Gedanke im Ausgangsbeitrag. Im Grunde würde ich sogar sagen, dass ich gewissermaßen einen "Gott" annehme, nur eben keinen persönlichen (wobei sich hier natürlich die Frage stellt, ob man dabei sinnvollerweise von einer Gottesvorstellung sprechen kann). Ich gehe zumindest davon aus, dass "irgendetwas" "hinter" der erscheinenden Welt steckt. Nur sehe ich eben nicht, dass sich darüber etwas sagen lässt (schon der Ausdruck "hinter" der Welt ist im Grunde sinnlos, weist aber, denke ich, darauf hin, was ich meine bzw. zu ahnen meine).
Den von Robert Ketelhohn geäußerten Gedanken, dass der Ausschluss übernatürlicher Eingriffe auf Vorannahmen beruht, teile ich und gerade aus diesem Grund ist mir die reine Wissenschaft, wenn sie für sich den Anspruch erhebt, die Welt als solche erklären zu können, suspekt. Ich denke, dass sich letztlich nur die Phänomene, wie sie empirisch gegeben sind, und die Prinzipien ihres Gegebenseins wissenschaftlich untersuchen lassen. Da sich das aber nur auf den "innerweltlichen" Bereich bezieht, lässt sich, meine ich, auf diese Weise nicht das Bestehen der Welt selbst erklären.
Einen unmittelbaren "Eingriff" der Transzendenz in "meine" Welt würde ich konsequenterweise nicht ausschließen, was letztlich wohl dem, was "Gnade" genannt wird, entsprechen würde. Aber, wie gesagt, im Augenblick kann ich mir nicht vorstellen, wie dies sich darstellte, was also genau mich überhaupt von einem persönlichen transzendenten Prinzip überzeugen könnte. Zumal ich davon ausgehe, dass die Klugheitsregel, gerade dort besonders skeptisch zu sein, wo man einen "Vorteil" sieht, auch in diesem Fall angewandt werden sollte. Sprich, ich denke, dass man auch leicht der "Versuchung" erliegen könnte, "ungerechtfertigterweise" davon auszugehen, dass man in der Welt von einem gütigen und mächtigen Prinzip geleitet wird, was letztlich eine angenehmere Vorstellung ist als die, dass alles ungewiss ist.
Das genannte Buch von Chesterton ist übrigens gut.
Auch das werde ich mir einmal zu Gemüte führen. Danke auch für den Tipp.


Du darfst aber trotzdem ruhig Gott bitten, dir ein Zeichen seiner Existenz zu geben. Es wäre nicht das erste Mal, dass eine solche Bitte erhört worden wäre.

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Esperanto
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Re: Wie kommt man zum Glauben?

Beitrag von Esperanto »

Leguan hat geschrieben:
Enterich hat geschrieben:Meine Frage ist nun ganz allgemein, ob Ihr der Ansicht seid, dass zum Glauben tatsächlich "Gnade" gehört, dass man nicht bewusst durch Denken dahingelangen kann, sondern bloß durch eine "Erleuchtung" bzw. durch ein spontanes Überzeugtwerden (oder, wenn man so will, durch Eingebung Gottes), oder meint Ihr, dass man durch Aufmerken auf die gegebene Welt und das Nachdenken über dieselbe zu dem Schluss kommen kann, dass der (christliche) Gott wirklich ist?
Nun, ich denke, die Klammer macht hier einen großen Unterschied. Der Glaube an (einen) Gott war eine Grundkonstante in meinem Leben. Ich kann nicht im Frühling durch den Wald gehen, oder auf einen Berg steigen, ohne Gott zu sehen, ich denke also schon, daß man durch Beobachtung der Welt zum Glauben an Gott finden kann.
Aber zum glauben an den christlichen Gott? An die Story von der Erlösung von den Sünden durch den Tod Christi am Kreuz? Ich denke nein. Das Christentum ist ja nicht ohne Grund eine Offenbarungsreligion.
Ich denke aber auch, daß Gott jedem eine faire Chance gibt. "Wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, so will ich mich von euch finden lassen" (Jeremia 29,13, um mal wegen seiner unbestrittenen sprachlichen Fähigkeiten Luther zu verwenden).
Ich denke, wenn man sich nicht von vornherein festlegt, wie Gott (nicht) zu sein hat, dann wird er sich auch zu erkennen geben.
Und zu dieser Erkenntnis gehört dann auch das Verständnis. Daß man versteht, was einem vorher ziemlich schräg vorgekommen ist. Das war zumindest bei mir so. Plötzlich hat alles zusammengepaßt, alles (in jeder Hinsicht) einen Sinn ergeben. Aber das ist der Teil, zu dem ich von mir aus nie gekommen wäre. Das war dann die Gnade, die man geschenkt bekommt.


An Jesus hat mich schon immer sein radikales Eintreten für die Wahrheit fasziniert.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Er ist die Wahrheit.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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