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Uneheliches Kind gezeugt

Verfasst: Sonntag 29. Juli 2007, 09:24
von erbreich
Guten Tag allerseits

Ich arbeite als Sozialtherapeut in einer Christlich-therapeutischen Wohngemeinschaft für ehemalige Drogenabhängige. Seit einigen Monaten begleite ich einen dreissigjährigen Italiener (aus der Umgebung Napoli). Er ist Vater eines unehelichen Kindes und lebt nicht mit der Mutter des Kindes zusammen. Vor ein paar Jahren ging er in seiner Heimatstadt zur Beichte, wo er sich Absolution für die Zeugung seines unehelichen Kindes erhoffte. Diese wurde ihm aber vom Priester verweigert mit der Antwort, dies sei eine Todsünde, die ihm nicht vergeben werden könne. Unter wüsten Verwünschungen des Priesters und der Kirche sei er dort aus der Kirche gegangen und seither nie mehr in einer Beichte gewesen.

Ich bin selber nicht Katholik, und ich frage mich nun, ob dieses Vergehen tatsächlich vom Priester nicht vergeben werden kann, oder ob das ein eigenmächtiges Verhalten des Priesters war.

Falls es von der Kirche her möglich wäre, Absolution für diese Sünde zu erteilen, so denke ich, würde dies das Gewissen und die Seele meines Klienten sehr erleichtern.

Vielleicht kann mir hier jemand schlüssige Antwort geben?

Liebe Grüsse, erbreich

Verfasst: Sonntag 29. Juli 2007, 10:33
von Edi
Für jede Sünde gibt es bei entsprechender Disposition des Betreffenden Vergebung und Absolution. Dafür bürgt Jesus Christus. Ob die richtige Disposition in dem Falle vorlag, kann man von hier aus natürlich nicht beurteilen.
Ist aber für den Priester klar, dass sie vorliegt, dann muss er auch absolutieren, denn Gott, den er vertritt, vergibt immer.
Allerdings wird der uneheliche Vater für sein Kind auch mitverantwortlich sein, auch finanziell gesehen. Da kann sich keiner aus der Verantwortung stehlen. Wie schon gesagt, kennen wir ja die Einzelheiten in dem Falle nicht.

Verfasst: Sonntag 29. Juli 2007, 11:01
von erbreich
Hallo Edi und danke für Deine Infos!
Edi hat geschrieben:Für jede Sünde gibt es bei entsprechender Disposition des Betreffenden Vergebung und Absolution. Dafür bürgt Jesus Christus.
Meinst Du mit 'Disposition' die Reue?
Ja, das sehe ich auch so.
Ob die richtige Disposition in dem Falle vorlag, kann man von hier aus natürlich nicht beurteilen.
Wer beurteilt das?
Ich denke, das liegt im Ermessen des Priesters?
Ist aber für den Priester klar, dass sie vorliegt, dann muss er auch absolutieren, denn Gott, den er vertritt, vergibt immer.
Dann wäre ein angemessenes Verhalten des Priesters also gewesen, den Mann allenfalls auf die seines Erachtens 'mangelnde Disposition' aufmerksam zu machen und ihn auf dem Weg zur 'richtigen Disposition' zu beraten und zu begleiten. Bis dorthin, wo er ihm dann Absolution erteilen kann. Sehe ich das in etwa richtig?
Allerdings wird der uneheliche Vater für sein Kind auch mitverantwortlich sein, auch finanziell gesehen. Da kann sich keinER aus der Verantwortung stehlen.
Das ist natürlich klar. Das sieht er auch selber ein und es ist ein massgeblicher Motivator seiner Therapie (die er freiwillig und von sich aus angegangen ist).

Also, wenn ich richtig verstehe, ist es jedenfalls nicht so, dass für die Sünde der Zeugung eines unehelichen Kindes von der Seite der katholischen Kirche her grundsätzlich keine Absolution zu haben ist?

Es wäre meinem Klienten also zu raten, sich mit einem Priester zusammenzusetzen und über das Thema und sein Anliegen zu sprechen. Und wenn die Disposition klar und richtig ist, dann ist der Priester sogar verpflichtet, Absolution zu erteilen? Sehe ich das richtig?

Gruss, erbreich

Verfasst: Sonntag 29. Juli 2007, 11:20
von Robert Ketelhohn
Ja, du siehst das richtig. – Wenn jener Napoletaner Priester sich tatsächlich so verhalten hat wie beschrieben, dann hat er sich sogar schwer versündigt. Dein Italiener sollte auf jeden Fall erneut zur Beichte gehen.

(Übrigens weiß man natürlich nicht genau, wie es damals wirklich gewesen ist. Ich vermute, der Priester hätte den Vorfall ganz anders geschildert. Zeugen sind fast immer einseitig, und dies um so mehr, wenn sie psychisch labil und auch noch emotional stark involviert sind. Aber für deinen Schützling ist das derzeit vermutlich nicht so wichtig, da steht die subjektive Wahrnehmung im Vordergrund.)

Verfasst: Sonntag 29. Juli 2007, 11:25
von Nueva
JA, das siehst du genau richtig.
Ich habe einige Freunde, die ein uneheliches Kind haben.
Sollte der Vater sich aber nicht zu seinem Kind bekennen und für es sorgen wollen, sieht die Sache wieder anders aus.
vielleicht ist es für deinen Patienten möglich, noch einmal das Gespräch mit einem anderen Priester zu suchen. Wäre das eine Möglichkeit?

Verfasst: Sonntag 29. Juli 2007, 11:42
von erbreich
Robert Ketelhohn hat geschrieben: (Übrigens weiß man natürlich nicht genau, wie es damals wirklich gewesen ist. Ich vermute, der Priester hätte den Vorfall ganz anders geschildert. Zeugen sind fast immer einseitig, und dies um so mehr, wenn sie psychisch labil und auch noch emotional stark involviert sind. Aber für deinen Schützling ist das derzeit vermutlich nicht so wichtig, da steht die subjektive Wahrnehmung im Vordergrund.)
Ja, das sehe ich auch so. Für sein Seelenheil ist die Verarbeitung und Bewältigung seines Erlebens wesentlich. Und nicht zuletzt die Wiederherstellung seines Vertrauens in seine Kirche und die Gemeinschaft. Dies ist für ihn wohl sogar noch wichtiger als er selber sich eingestehen kann. Er ist wirklich Italiener...

Verfasst: Sonntag 29. Juli 2007, 11:54
von erbreich
Nueva hat geschrieben:vielleicht ist es für deinen Patienten möglich, noch einmal das Gespräch mit einem anderen Priester zu suchen. Wäre das eine Möglichkeit?
Das ist es, woran ich denke. Er lebt seit längerem in der Schweiz (spricht auch perfekt schweizerdeutsch) und der Glaube wird immer mehr auch zu einem zentralen Thema in unseren therapeutischen Gesprächen. Sein Verhältnis zur Kirche ist sehr ambivalent. Dennoch glaube ich herauszufühlen, dass ihm die Zugehörigkeit zur römisch-katholischen Kirche viel bedeutet. Unser Therapiehaus wird von prot. Freikirchenchristen geführt, das macht es für ihn auch nicht leichter... Ich will ihn aber keinesfalls von seiner Ursprungskirche distanzieren, vielmehr sehe ich es für ihn als wichtig, dass er sein persönliches Verhältnis zu seiner Kirche klären kann.

Denkst Du, es wäre ein guter Weg, wenn er hier in der Schweiz zu einem andern Priester gehen und ihn um die Absolution bitten würde? Ist es dann nicht auch etwas 'billig' einfach woandershin zu gehen? Wie wichtig wäre die Klärung gerade auch mit dem Priester seines Heimatortes? (Ich weiss allerdings gar nicht, ob der noch dort ist und noch lebt...)

Grundsätzlich denke ich, es könnte wertvoll für ihn sein, wenn er hier das Gespräch mit einem Priester und damit auch den Kontakt zu seiner Kirche wieder aufnehmen könnte.

Verfasst: Sonntag 29. Juli 2007, 12:22
von Nueva
Das hört sich jetzt schon vielschichtiger an als in deinem Eingangsposting.
Zuerst wäre es zu überlegen, ob der Priester die Situation deines Patienten richtig eingeschätzt hat, also vielleicht dachte dieser Priester, er hätte da jemanden vor sich, der fest im katholischen Glauben verwurzelt ist und nicht jemanden, der ambivalent zu der Sache steht und wieder in touch mit seiner Kirche kommen möchte Somit würde es sich ja um ein Misverständnis handeln.
Das würde ich auf jeden Fall versuchen zu klären. Daraufhin kann er sich ja dann entscheiden, ob er das nochmals mit diesem Priester klärt,
oder ob er sich einen speziell geschulten Priester sucht.
Vielleicht können dich bei der Suche die Schweizer hier im Forum unterstützen.
Verstehe schon , was du mit 'billig' meinst. Nein , ich denke nicht, dass es 'billig' ist, da sich dein Patient ja nochmals intensiv mit sich selber, seinen Sünden und seiner Beziehung zur katholischen Kirche auseinander setzen muss. Ob er zu dem Priester an seinem Heimatort zurückgehen soll, würde ich von dem Verhältnis, die er dazu hatte Abhängigmachen. Gibt es da noch was aufzuarbeiten oder möchte er da weitermachen, wo er aufgehört hat....nicht so einfach, ne ich glaube, es wäre besser, wenn er mit einem Priester, der bekannt als guter und güter Beichtvater ist sprechen würe.
Gott möge ihn euch schicken
Gruß Nueva

Verfasst: Sonntag 29. Juli 2007, 13:40
von Robert Ketelhohn
Auf keinen Fall jetzt zu dem Heimatpriester. Jetzt geht es darum, mit Gott und der Kirche ins Reine zu kommen, und dazu soll er dort zur Beichte gehen, wo er jetzt lebt. (Ungebeichtet soll man überhaupt nicht auf Reisen gehen.)

Mit jenem Priester aus Neapel hat er ein ganz anderes Problem. Das hat aber Zeit, möglicherweise Jahre oder Jahrzehnte. Er verurteilt diesen Priester nämlich. Das wird er jetzt noch nicht einmal verstehen. Wenn er soweit ist, das zu verstehen, sollte er auch das beichten (einem andern Priester natürlich). Und wenn er, vielleicht wieder Jahre später, soweit ist, dem Neapolitaner Priester zu vergeben, dann soll er es tun. Jedenfalls im Herzen; wenn er die Möglichkeit hat, kann er auch hinfahren, um es ihm selber zu sagen und den Priester um Vergebung für sein Urteil gegen ihn zu bitten (ob er ihn dann noch trifft, liegt bei Gott; ich kenne Fälle, wo solche Versöhnung tatsächlich Jahrzehnte gebraucht hat; in einem Fall war die besuchte Person zwei Wochen vor dem Besuch verstorben; das ist dann auch Gottes Wille).

Verfasst: Sonntag 29. Juli 2007, 21:02
von erbreich
Danke Nueva und Robert!
Robert Ketelhohn hat geschrieben: Jetzt geht es darum, mit Gott und der Kirche ins Reine zu kommen, und dazu soll er dort zur Beichte gehen, wo er jetzt lebt.
Ja, ich denke auch, dass dies der richtige Weg ist. Zwar gibt es dort, wo er jetzt lebt, keine katholische Kirche (er muss also wohl oder übel 'ungebeichtet' ein Stück Reise machen... ;) ), aber es ist machbar, sofern er selber das wirklich will.

Ihr habt mir geholfen, danke!

Liebe Grüsse und Gottes Segen!
erbreich

Verfasst: Dienstag 31. Juli 2007, 11:26
von taddeo
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Auf keinen Fall jetzt zu dem Heimatpriester. Jetzt geht es darum, mit Gott und der Kirche ins Reine zu kommen, und dazu soll er dort zur Beichte gehen, wo er jetzt lebt.
Das ist doch gerade das Einzigartige und Schöne am Katholischsein, daß man nicht nur Teil einer Ortsgemeinde ist, der man durch Zufall angehört, weil man dort lebt, sondern man ist Glied einer weltumspannenden Gemeinschaft, in der man überall die gleichen Rechte hat. Wo man Gott um Vergebung bittet und diese in der Beichte erfährt, ist für einen Katholiken völlig unerheblich - wichtig ist, daß man sie erhält, und das geht bei jedem katholischen Priester, der Beichtvollmacht hat.

Abgesehen davon: nicht einmal im 19. Jahrhundert wäre ein Priester auf die Idee gekommen, wegen eines unehelichen Kindes die Absolution zu verweigern, wenn einer dies gebeichtet hat - ansonsten hätte wohl halb Bayern im Stand der Todsünde zubringen müssen. Es gibt keine bereute Sünde, die man nicht beichten und von der man nicht absolviert werden könnte (außer der Sünde wider den Heiligen Geist, bei der aus sich heraus die "Disposition" bzw. die Reue fehlt).

Verfasst: Mittwoch 1. August 2007, 00:29
von incarnata
Sollte Dein Patient eine psychosomatische Rehamaßnahme benötigen
ist die Adula-Klinik in Oberstdorf zu empfehlen wegen ihres Chefarztes
Dr.Godehard Stadtmüller.Der ist ein tiefgläubiger,sehr besonnener und
differenzierter Katholik;hält hervorragende Vorträge/meditationen über
wichtige Worte der Wüstenväter auf Radio Horeb und kennt sicher etliche
gute,auch psychologisch geschulte Priester und Beichtväter. Einen Schweizer
Staatbürger zur Reha nach Deutschland zu bringen ist vermutlich leichter
als einen Deutschen in die Schweiz,weil D.ist doch ein bisschen billiger !