Ur-Anaphora ohne Einsetzungsworte?

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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Anaphora des Addai und Mari - Wandlung ohne Wandlungsworte?

Beitrag von Administrator »

DoctorAngelicus, 26.09.2003 11:36

Im Jahre 2001 wurde vom Vaikan die Gültigkeit der bei den nicht-unierten Assyrern gebrauchten "Anaphora des Addai und Mari", die keine expliziten Wandlungsworte enthält, anerkannt (allerdings wurde die Einfügung der Wandlungsworte ausdrücklich empfohlen).

Daraufhin ist eine theologische Kontroverse zwischen Befürwortern und Gegenern dieser Entscheidung entbrannt (Una Voce Korrespondenz contra Kirchliche Umschau), die noch immer andauert.

Wie seht ihr die Sache? Kann ohne explizite Wandlungsworte eine Wandlung überhaupt zustande kommen?

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Cicero, 26.09.2003 13:37

Wenn man zu dem Stichwort googelt,

kommen diese beiden Verweise:

Das Lebenskreuz In ihrem ersten Buch
... Eine der drei von den Assyrern verwendeten liturgischen Texte, die sogenannte Anaphora
des Addai und Mari, enthält nämlich keine Einsetzungs- und damit auch ...
http://www.arbeitskreis-katholischer-gl ... sworte.htm

Werner Löser SJ
Dateiformat: Rich Text Format - HTML-Version
... Oktober 2001 Kenntnis gegeben. Die Anaphora des Addai und Mari ist seit vielen
Jahrhunderten in der Assyrischen Kirche des Ostens in Gebrauch. ...
http://www.ikvu.de/abendmahl/loeser-euc ... schaft.rtf

Allein schon diese beiden Quellen zeigen auf, das die Diskussion nicht einfach sein wird.

Ich kenne diese Liturgie nicht hinreichend, um etwas dazu sagen zu können, aber unproblematisch ist das sicher nicht.

Gruß
Cicero
Zuletzt geändert von Juergen am Freitag 14. November 2003, 13:12, insgesamt 1-mal geändert.

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Ketelhohn, 27.09.2003 11:40

Noch ein paar Hinweise zum Thema. P. Martin Lugmayr FSSP (Petrusbruderschaft) hat sich in zwei Artikeln geäußert, die man bei Sankt Josef findet:

»Die "Anaphora von Addai und Mari" und die Dogmatik« (aus der Una-Voce-Korrespondenz);
»„Eine Anaphora mit Wandlungsworten – aber in anderer Form.“ Historische, liturgische und dogmatis...« (aus der Kirchlichen Umschau).

Bei Trad.info (Pius-Briderschaft) findet man eine Stellungnahme von Sebastian Hochfelder:

»Addai und Mari im Kriegsgebiet. Die „Anaphora von Addai und Mari“ im Widerstreit der Meinungen un...«

Ein dritter, gewichtiger Beitrag stammt von Heinz-Lothar Barth, ursprünglich ebenfalls in der Kirchlichen Umschau (Nr. 11/2001) erschienen; ich habe vor einiger Zeit den Nachdruck in den Mitteilungen der Priesterbruderschaft Pius X. im Internet gefunden und abgespeichert. Da Dr. Barths Text inzwischen leider weder da noch dort zugänglich ist, rechne ich auf sein Einverständnis, ihn hier wiederzugeben (auf Anforderung wird er aber selbstverständlich sofort entfernt):

Gravierendes Problem

von Dr. Heinz-Lothar Barth

Der Vatikan hat für bestimmte Fälle, z.B. bei weiter Entfernung einer eigenen Kirche, die eucharistische Gemeinschaft der romtreuen Chaldäer mit den vom Hl. Stuhl getrennten Assyrern beschlossen. Schon eine solche „Communicatio in sacris“ – wohlbemerkt nicht nur für Fälle von Lebensgefahr – hat kein wirkliches Vorbild in der Tradition der Katholischen Kirche. Freilich war „eine gewisse Gottesdienstgemeinschaft“ mit den schismatischen Orientalen schon im II. Vatikanum empfohlen worden (UR 15), sie wurde dann im neuen Kirchenrecht (Can. 844 Nr. 2 CIC/1983) konstituiert und im neuen „Katechismus der Katholischen Kirche“ (Nr. 1399) ausdrücklich auch auf die Eucharistie bezogen.

Von dieser Frage abgesehen, ergibt sich ein noch weit gravierenderes Problem, das z.B. die „Tagespost“ in ihrem Bericht vom 27.10.2001 nicht ausdrücklich erwähnt hat. Das von den Assyrern verwendete Hochgebet, die sog. Anaphora des Addai und Mari, enthält keinen Einsetzungsbericht und damit keine Konsekrationsworte. Diese gehören aber wesenhaft zur gültigen Setzung des Sakramentes hinzu. Die entsprechende Lehre ist mindestens „theologisch sicher“ („theologice certum“), wenn nicht sogar „nahe einem verbindlichen Glaubenssatz“ („fidei proximum“).

Indirekt geht die katholische Position schon aus dem Schreiben Papst Benedikts XII. von 1341 an die Armenier hervor (DH 1017). Das Unionskonzil von Florenz entschied entsprechend im Armenierdekret von 1439: „Die Form dieses Sakramentes sind die Worte des Erlösers, mit denen er dieses Sakrament vollzog; der Priester vollzieht dieses Sakrament nämlich, indem er in der Person Christi spricht. Denn kraft der Worte selbst (ipsorum verborum virtute) wird die Substanz des Brotes in den Leib Christi und die Substanz des Weines in das Blut verwandelt...“ (DH 1321).

Das Trienter Konzil lehrte: „Stets war dieser Glaube in der Kirche Gottes, daß sogleich nach der Konsekration der wahre Leib unseres Herrn und sein wahres Blut unter der Gestalt des Brotes und des Weines zusammen mit seiner Seele und Gottheit da sei: und zwar der Leib unter der Gestalt des Brotes und das Blut unter der Gestalt des Weines kraft der Worte (ex vi verborum)...“ (DH 1640). Noch der neue „Katechismus der Katholischen Kirche“ bekennt sich insofern zur Tradition, als lt. Nr. 1353 die Gegenwart Christi unter den Gestalten von Brot und Wein im Einsetzungsbericht zustandekommt.

Mit Bezug auf zwei Stellen aus den Kirchenvätern (St. Johannes Chrysostomus aus dem Osten und St. Ambrosius aus dem Westen) wird hierfür konkret – neben dem „Walten des Hl. Geistes“ – das „Wort Christi“ als „wirkkräftig“ benannt (Nr. 1375). Mit erstaunlicher Übereinstimmung im Wesentlichen überliefern uns die biblischen Texte, was Jesus bei der Stiftung des Altarsakramentes sagte. Lukas (22,19) und Paulus (1 Kor 11,24-26) berichten uns, daß Christus den Auftrag gab, dasselbe zu tun, was er im Abendmahlssaal getan hatte. Also darf man annehmen, daß das, was sie anführen, zum Vollzug der Eucharistie unabdingbar erforderlich ist (siehe M. Premm, Kath. Glaubenskunde, III 1, Wien 1960, 280).

Auch bei einer Reihe früher Kirchenväter läßt sich, wofür auch der KKK eben zwei Beispiele zitiert, der Nachweis erbringen, daß die Worte „Das ist mein Leib“ – „Das ist mein Blut“ in dieser oder ähnlicher Form als konstitutiv für das Zustandekommen der Eucharistie betrachtet wurden (Premm 281). Gelehrte, die in jüngerer Zeit persönlich für die Gültigkeit der „Anaphora des Addai und Mari“ plädierten, mußten zugeben, daß andere ernstzunehmende Theologen große Bedenken geäußert hatten, ob hier überhaupt in dieser Form ein altes, vollständiges Hochgebet vorliegt (H. B. Meyer, Handbuch d. Liturgiewissenschaft 4/1989, 98). Man darf eben nicht verkennen, daß durch die prinzipielle Trennung vom römischen Lehramt, das den katholisch-apostolischen Glauben verkündet, die Gefahr besteht, in die Irre zu gehen: einerseits, indem man Angestammtes aufgibt oder verfälscht, andererseits, indem man harmonische, legitime Entwicklungen nicht mitvollzieht.

So vertreten die Assyrer, die der nestorianischen Tradition entstammen, eine falsche Christologie, ihr Glaube an die Erbsünde ist uneinheitlich und unbestimmt und ihre Eschatologie (Lehre von den letzten Dingen) problematisch. Zu den häresieverdächtigen Elementen gehört auch eine Anschauung über die Eucharistie, nach der zwar eine Realpräsenz bekannt wird, aber – ähnlich wie bei Luther – keine echte Wesensverwandlung
(Transsubstantiation) stattfindet, sondern Brot und Wein bleiben.

Ferner ist die Lehre von den sieben Sakramenten defizitär: Ein echtes Bußsakrament existiert überhaupt nicht mehr, und statt der Letzten Ölung wird den Kranken ein aus Öl, Wasser und dem Staub von Gräbern der Heiligen gemischtes Getränk als sog. „Gnade“ gespendet (K. Algermissen, Konfessionskunde, 8. Aufl., Paderborn 1969, 90-100).

Jedenfalls hatte die Katholische Kirche im 16. Jh. für diejenigen Teile der genannten Orientalen, die sich Rom angeschlossen hatten, aber ihre Liturgie behalten wollten, die Einfügung des Einsetzungsberichtes verlangt, sofern der umstrittene Kanon gewählt wurde. Ähnliches geschah noch einmal im Jahre 1962 (Meyer 143). Immerhin scheint sich der Vatikan auch jetzt seiner Sache nicht ganz sicher zu sein. Warum wird nämlich, wie die offizielle Verlautbarung erwähnt, wenn unierte Chaldäer an der assyrischen Liturgie teilnehmen, der „assyrische Priester warmherzig eingeladen, die Institutionsworte in die Anaphora des Addai und Mari einzufügen, wie es von der Hl. Synode der Assyrischen Kirche des Ostens erlaubt ist“?

Entweder ist die Eucharistie eben gültig oder sie ist ungültig. Hier besteht erheblicher Erklärungsbedarf, wenn man nicht das Risiko eingehen will, die mit Rom unierten Chaldäer der Frucht des Gottesdienstes verlustig gehen zu lassen.

Eine abschließende Bewertung will und kann ich nicht vornehmen, nur einige Gedanken dazu. P. Lugmayrs Argumentation scheint mir allzu sehr auf die Vollmacht des Lehramtes zu setzen; man muß berücksichtigen, daß auch das höchste Lehramt der Kirche ja immer nur den bereits geoffenbarten Glauben bewahren und auslegen kann. Dies scheint mir zugunsten einer überspitzten Primatsinterpretation zu kurz zu kommen.

Hochfelders Artikel dagegen ist überaus aggressiv und schießt meines Erachtens nicht nur im Stil, sondern auch in inhaltlichen Glaubensfragen übers Ziel deutlich hinaus. Leider ist man das von Trad.info schon gewohnt – im Gegensatz zu den meist ausgewogeneren »Mitteilungen« der Pius-Bruderschaft.

Heinz-Lothar Barths Darstellung der Problematik ist meines Erachtens die sachlich fundierteste und ausgewogenste. Darum muß man sich seinem Urteil noch nicht unbedingt anschließen – ich selber bekenne, im Zweifel zu sein –, doch kommt man kaum darum herum, sich mit ihr auseinanderzusetzen. Lugmayrs Weg will mir nicht recht tragfähig erscheinen. Jedenfalls ist das Thema noch nicht ausgestanden. Roma locuta, lis est secuta.

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Ralf, 30.09.2003 20:20

Hmm.

Da meines Wissens nach die Lehre der orthodeoxen Kirche davon ausgeht, dass die eigentliche Wandlung bei der Epiklese (Herabrufung des Hl. Geistes, heißt das so?) stattfindet, aber auch Wandlungsworte vorhanden sind - wenn wir dann deren Eucharistie als "korrekt gewandelt" anerkennen, obwohl deren Wandlungsverständnis ein anderes als das unsrige ist, warum sollen wir das dann bei den Assyrern nicht?

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

»Da meines Wissens nach die Lehre der orthodoxen Kirche davon ausgeht, daß die eigentliche Wandlung bei der Epiklese (Herabrufung des Hl. Geistes, heißt das so?) stattfindet, aber auch Wandlungsworte vorhanden sind - wenn wir dann deren Eucharistie als "korrekt gewandelt" anerkennen, obwohl deren Wandlungsverständnis ein anderes als das unsrige ist, warum sollen wir das dann bei den Assyrern nicht?« (Ralf)

Ganz so stimmt das nicht, Ralf. Nach orthodoxer Lehre ist die Epiklese ebenso nötig wie der „Einsetzungsworte“. Den Orthodoxen ist aber unsere Art kleinteiliger Distinktionen – mit der aristotelischen Schule in der Scholastik aufgekommen – eher fremd. Man versucht nicht den exakten Zeitpunkt der Wandlung zu bestimmen. Wenn das Hochgebet insgesamt vollendet ist, ist für die Orthodoxen auch die Wandlung vollzogen – das heißt, nach der Epiklese. Aber eben nicht allein auf die Epiklese kommt es an.

Die Orthodoxen wissen auch sehr wohl, daß es in den urkirchlichen Meßformularen noch keine Epiklese gab, wohl aber die Einsetzungsworte. – Ich fürchte ehrlich gesagt, daß die Orthodoxen die katholischerseits nun erlaubte communicatio in sacris mit den sogenannten oder ehemaligen Nestorianern eher als weitere Abweichung von der gemeinsamen Tradition auffassen denn als Annäherung an eigene Vorstellungen, überdies sicher als zentralistische Anmaßung des petrinischen Stuhls. (Allerdings kenne ich noch keine diesbezüglichen Äußerungen von orthodoxer Seite.)

Darum ist auch Lumayrs Argumentation verfehlt, die letztlich, wie man es auch dreht und wendet, allein in der Behauptung wurzelt, das petrinische Amt habe die Vollmacht, Dogmen zu erlassen. Das wird nicht bloß kein Orthodoxer akzeptieren, das ist meines Erachtens auch innerkatholisch eine weit überzogene Interpretation des Vaticanum I.

Hinsichtlich der Anaphora von Addai und Mari geht es also weiter um die Frage, ob sie die Einsetzungsworte nun, wie die römische Anweisung will, sinngemäß und implizit enthält oder nicht (explizit unstrittigerweise ohnehin nicht); und falls ja, ob ein solcher sinngemäßer und impliziter Einschluß den nach allgemeiner Lehre für die Gültigkeit des Sakraments unabdingbaren explizit gesprochenen Worten gleichkommt.

Da gegen die römische Entscheidung schwerwiegende und wohl begründete Kritik vorgetragen wird, ist die Diskussion des Problems mit jener Entscheidung nicht beendet, im Gegenteil: Mit ihr fängt die Diskussion erst an.

Nebenbei sei angemerkt, daß die Übereinkunft mit den Nestorianern nur deren einen Teil betrifft, der dem Katholikos Mar Dinkha IV. in Chicago folgt. Der andere nach dem innernestorianischen Schisma in den siebziger Jahren entstandene Zweig steht unter Katholikos Mar Addai II. in Bagdad. Daneben gibt es mindestens noch eine weitere, kleinere Abspaltung in Amerika, die unter Wahrung der apostolischen Sukzession ihre eigenen Wege geht – und welche die Anaphora von Addai und Mari in der Fassung mit expliziten Einsetzungsworten verwendet.

Mir scheint, weiser wäre gewesen, Rom hätte es nicht unternommen, über die Gültigkeit jener Anaphora der Nestorianer entscheiden zu wollen, sondern die communicatio in sacris für pastorale Notlagen unter der Bedingung erlaubt, daß der zelebrierende nestorianische Priester die Anaphora von Addai und Mari in der Fassung mit expliziten Einsetzungsworten verwendet.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Falk
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Beitrag von Falk »

Auch ich habe die Diskussion darüber, dass neuerdings eine Wandlung ohne Wandlungsworte möglich sein soll, mit Interesse verfolgt.

Vor kurzem ist mir das folgende Buch in die Hände gekommen:

„Katholische Dogmatik nach den Grundsätzen des heiligen Thomas,
von Dr. Franz Diekamp, Dritter Band: Die Lehre von den Sakramenten. – Die Lehre von den letzten Dingen; Münster i.W. 1920, Verlag der Aschendorffschen Verlagsbuchhandlung
Imprimatur. Monasterii, die 27. Maji 1920, Nr. 3913, Dr. Hasenkamp, Vicarius Eppi Glis.“


In diesem Buch habe ich interessante Argumente gefunden, die gegen die von P. Martin Lugmayr vorgebrachte Verteidigung der im Zusammenhang mit der "Anaphora von Addai und Mari" getroffenen römischen Entscheidung, eine Wandlung ohne Wandlungsworte anzuerkennen, sprechen.
In seinem (auch auf http://www.stjosef.at veröffentlichen) Beitrag
"Eine Anaphora mit Wandlungsworten – aber in anderer Form" - Historische, liturgische und dogmatische Anmerkungen zur Anaphora von Addai und Mari
erweckt P. M.Lugmayr nämlich den Eindruck, als habe es vor 1947 sozusagen dogmatisch festgestanden, dass - wie er das Konzil von Florenz (1439) zitierend feststellt - zur Gültigkeit des Sakramentes der Priesterweihe "die Darreichung des Kelches mit Wein und der Patene mit Brot" gehört hätte.

Um den heute offensichtlichen Traditionsbruch mit einem angeblich schon vor dem 2. Vatikanum stattgefundenen zu rechtfertigen zieht er die Parallele zur Entscheidung Pius XII. von 1947, die er so erscheinen lässt, als habe auch er eine allgemein anerkannte Lehre (als eine solche stellt er ja die Auffassung dar, dass eben die Überreichung der Instrumente zur Gültigkeit der Weihe gehören würden) abgeschafft, wenn er nunmehr nur noch die Handauflegung als unverzichtbar bestimmte.
Die Absicht Lugmayrs ist offensichtlich der Nachweis folgender Logik:
Konnte ein Papst früher das abschaffen, was nach allgemeiner Überzeugung zur Gültigkeit eines Sakraments (in diesem Falle also zur Priesterweihe) gehörte, so kann auch heute ein Papst so etwas tun (nunmehr im Falle der Eucharistie).

Ich war nun nicht schlecht überrascht, als ich in Bd. 3 der Diekamp-Dogmatik, die ja schon knapp 30 Jahre vor der Entscheidung Pius XII. mit kirchlicher Imprimatur herausgegeben wurde, las:

>>S. 19 § 4:

...Bei der Priesterweihe ist die Lösung der Schwierigkeit darin zu finden, daß die Überreichung der Instrumente wahrscheinlich überhaupt nicht zur Gültigkeit des Sakramentes gehört (vgl. § 64).

[...]

S. 315 § 64

Für diese (Ansicht) spricht:

...3. die Tatsache, daß die Griechen bis heute ohne Überreichung der Geräte bloß durch Handauflegung weihen und die römische Kirche gegen die Gültigkeit solcher Weihen kein Bedenken erhebt.

Daß die Substanz des Sakramentes aber bei den Griechen eine andere sei als bei den Lateinern, kann nicht zugegeben werden.

[...] Die Überreichung von Kelch und Patene scheint zuerst eigenmächtig von einigen Bischöfen eingeführt worden zu sein, weil dieser Ritus sehr anschaulich die wichtigste priesterliche Gewalt darstellt und weil es bei anderen Ordines (Subdiakonat und niedere Ordines) seit alters eine porrectio instrumentorum gab (can. 5-9 der sog. vierten Synode von Karthago 398). Erst nachdem die Zeremonie nach und nach allgemeine Verbreitung erhalten hatte, wurde sie in den Ritualien für die ganze Kirche vorgeschrieben. <<


Von einer allgemein anerkannten Lehre, wonach die Überreichung vor 1947 übereinstimmend als unbedingt zur Gültigkeit des Sakramentes der Priesterweihe gehörend angesehen worden wäre, kann demnach also nicht die Rede sein.

Demgegenüber heißt es bei Diekamp (ebenfalls in Bd. 3) bezüglich der Eucharistie:

>>S. 116 § 24II. Die Form der Eucharistie besteht in den Worten, mit denen Christus konsekriert hat. [...]

Christus hat durch Worte konsekriert, und zwar durch die sogenannten Einsetzungsworte: "Dies ist mein Leib", "dies ist der Kelch meines Blutes". [...]
Der Priester konsekriert nur durch die angeführten Worte Christi, nicht durch ein vorhergehendes oder nachfolgendes Gebet. <<


Die Argumentation von P. Martin Lugmayr scheint also doch nicht ganz so schlüssig zu sein, wie es auf den ersten Blick aussieht.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Hallo Falk, erst mal willkommen im Kreuzgang! – Die Diskussion um die Materie des Weihesakraments ist in der Tat sehr alt. Ich habe das auf deinen Hinweis hin eben noch mal in Franz Eggers Dogmatica specialis (5. Aufl. Brixen 1899) nachgelesen. Egger stellt zunächst die drei damals und seit langem in der Theologie vertretenen Positionen dar: (a) nur Überreichung der Instrumente als Materie, wegen des Armenierdekrets des Florentiner Konzils, (b) nur die Handauflegung, wegen des eindeutigen Zeugnisses der Schrift, der ebenso einhelligen Tradition der Gesamtkirche bis Ende des 9. Jht.s und der beständigen Anerkennung der griechischen Weihen, die nie eine Überreichung der Instrumente kannten, durch die Lateiner, und (c) beides als Materie, Instrumentenübergabe und Handauflegung.

Egger entscheidet sich für (c), und zwar mit der Begründung, daß wegen Tradition und biblischem Zeugnis die Handauflegung jedenfalls essentiell sei, aus dem Dekret des Florentiner Konzils aber geschlossen werden müsse, Christus habe das Sakrament nicht in seiner letztgültigen Gestalt der Kiche übergeben, sondern ihr vielmehr Gestaltungsspielraum gelassen, kraft dessen das Konzil von Florenz eben disponiert habe. Unabhängig von Eggers eigener Position zeigt sich hier eine lebhafte theologische Debatte. Lugmayrs Position steht, mutatis mutandis auf die Eucharistie übertragen, ungefähr in der Tradition der Eggerschen Argumentation.

Pius XII. aber hat diese Debatte beendet, indem er eindeutig entschieden hat, allein die Handauflegung sei die Materie des Sakraments. Interessant sind nun die Gründe, die der Papst nennt: Insbesondere betont er, daß die Kirche über die Substanz der von Christus eingesetzten Sakramente, wie sie in den Quellen der göttlichen Offenbarung enthalten sei, keinerlei Vollmacht habe. Pius XII. entzieht also genau dem Argument, das Egger vorträgt, den Boden – und damit auch Lugmayr. Denn Pius wollte nicht autoritativ etwas ändern und hat nichts geändert, sondern er hat eine – durch die unklare Formulierung des Konzils von Florenz entstandene – Verwirrung beendet.

Anders konnte es auch nicht sein, wenn man bedenkt, daß die römischen Päpste über die Jahrhunderte hinweg immer wieder ausdrücklich die Gültigkeit der griechischen Weihen ohne Übergabe der Instrumente betont haben (so etwa Clemens VIII. 1595, Urban VIII. 1624, Benedikt XIV. 1742, Leo XIII. 1894) und auch niemals von den unierten Byzantinern solche Übergabe beim Vollzug des Weihesakraments verlangt haben.

Das Problem liegt hier also beim Florentiner Konzil. Ist es denn nicht ein Ökumenisches und somit – da es hier unzweifelhaft um eine dogmatische Sache geht – unfehlbar? Pius antwortet: In dieser Sache hat die Kirche keine Vollmacht, also kann auch keine Ökumenische Synode disponieren. Das bedeutet, jenes Florentiner Dekret war interpretationsbedürftig, und zwar zu interpretieren im Lichte der Tradition. Es ist aber auch interpretationsfähig, indem es nämlich selber den Anhaltpunkt dazu liefert: Denn im Dekret für die Griechen wird diesen keineswegs die Überreichung der Instrumente auferlegt, implizit also die griechische Praxis der bloßen Handauflegung bestätigt.

Darum kann, zumal angesichts der Tradition, der umstrittene Passus im Dekret für die Armenier nur als – eigentlich nicht recht dahingehörende – Beschreibung der damals üblichen Praxis des lateinischen Ritus angesehen werden. Mit anderen Worten, die Konzilsväter von 1439 haben an diesem Punkt furchtbar geschlampt. Es hat 508 Jahre gedauert, bis die Kirche den daraus entstandenen Streit entschieden und die Verwirrung beseitigt hat.

Solange will unsere Ungeduld nie aushalten. Aber du weißt ja, wie das ist mit dem Tag und den tausend Jahren. Mich lehrt diese Geschichte übrigens vor allem eins: das Dogma von der Unfehlbarkeit besser zu verstehen. Und will mir Mut machen, gelassener zu bleiben.
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Falk
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Beitrag von Falk »

Lieber Robert,

erst mal vielen Dank für den Willkommensgruß im Kreuzgang und ich wünsche uns allen eine gute, niveauvolle Gesprächsentwicklung in Eurem neuen Diskussionsforum!

Du hast sehr gut dargestellt, dass es sich bei der Frage, ob denn nun zur Gültigkeit der Priesterweihe auch die Übergabe der Instrumente gehört, um etwas ganz anderes handelt als bei der Frage, ob eine Wandlung auch ohne Wandlungsworte zustande kommen kann.
Denn im ersten Falle war es eine strittige Angelegenheit, die durch das ordentliche Lehramt der Kirche klargestellt wurde;
im letzteren Fall gab es bisher keine Unklarheit, denn Du wirst sicher auch bei Eggers keine Andeutung finden, die irgendeinen Zweifel daran aufkommen lässt, ob denn nun - wie es im zitierten Diekamp heißt -
"die Form der Eucharistie in den Worten besteht, mit denen Christus konsekriert hat" oder nicht und ob wirklich "der Priester nur durch die angeführten Worte Christi konsekriert, nicht durch ein vorhergehendes oder nachfolgendes Gebet" oder ob es vielleicht doch anders ist.

Man kann also sagen:
Pius XII. hat, so wie Du es formulierst, "eine – durch die unklare Formulierung des Konzils von Florenz entstandene – Verwirrung beendet".

Die Glaubenskongregation hingegen hat bei der Entscheidung, die hier zur Debatte steht, die bereits vorhandene Klarheit beseitigt und Verwirrung geschaffen.

Ich denke die ganze Sache spiegelt das grundsätzliche, seit dem 2. Vatikanum in der Kirche bestehende Problem wieder, das Du auf die Sakramente bezogen wie folgt beschreibst:

"Insbesondere betont er (Pius XII.), daß die Kirche über die Substanz der von Christus eingesetzten Sakramente, wie sie in den Quellen der göttlichen Offenbarung enthalten sei, keinerlei Vollmacht habe. Pius XII. entzieht also genau dem Argument, das Egger vorträgt, den Boden – und damit auch Lugmayr."

Dass die Überzeugung, dass die Kirche eine solche Vollmacht nicht habe, heute nicht mehr so ohne weiteres anerkannt ist, hat sicher mit einer Erscheinung zu tun, die der auch von Dir hier schon zitierte Dr. Heinz-Lothar Barth (nachzulesen in seinem vor kurzem erschienenen Buch "Die Liebe Christi drängt uns" ) wie folgt beschrieben hat:

>>...Die endgültige Abgeschlossenheit der allgemeinen Offenbarung mit dem Tod des letzten Apostels wurde sogar in dem 1993 von der Päpstlichen Bibelkommission erarbeiten Text "Die Auslegung der Bibel in der Kirche" zwar nicht expressis verbis geleugnet, aber, vermutlich bewußt, verschwiegen.
Dadurch kann dort, wo mit Bezugnahme auf Joh 14,26 und 16,12-13 die Bedeutung der Dritten Göttlichen Person für das Verständnis der Offenbarung erwähnt wird, der Eindruck entstehen, die Einführung des Heiligen Geistes in die Wahrheit habe heute noch dieselbe Qualität wie zur Zeit der Apostel (Abschnitt III B des Dokumentes, La documentation catholique Nr. 2085 vom 2. Jan. 1994, 33). Dann wäre nämlich Tür und Tor geöffnet für neue Lehren, die nicht durch das apostolische Glaubensgut gedeckt sind, das Bekenntnis zur "Una sancta catholica et apostolica Ecclesia" verkäme zur Farce. Pius X. hatte im Dekret des Heiligen Offiziums "Lamentabili sane exitu" vom 3. Juli 1907 ein solches evolutionistisches Dogmenmodell eindeutig verworfen. ...<<



Wenn die Einführung des Hl. Geistes in die Wahrheit heute noch dieselbe Qualität hätte wie zur Zeit der Apostel, dann könnte man wohl nichts gegen die römische Entscheidung sagen, dass nunmehr (gegen den Inhalt der heiligen Schrift und der Überlieferung, sowie der bereits von dem kirchlichen Lehramt gegebenen Lehrentscheidungen) Wandlung auch ohne Wandlungsworte möglich sein soll.

Wenn sie aber "an den Inhalt der heiligen Schrift und der Überlieferung, sowie an die bereits von dem kirchlichen Lehramt gegebenen Lehrentscheidungen gebunden ist" (Neuner-Roos, 13.Aufl., Nr. 458), dann bleibt die Entscheidung sehr zweifelhaft.

Jos.Breuer
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Hochgebet ohne Wandlungsworte

Beitrag von Jos.Breuer »

In den IK-Nachrichten von Pro Sankta Ecclesia finde ich zu diesem Thema interessante und wichtige Informationen.
Ich zitiere: Klaus Gamber: schreibt, der Einsetzungsbericht habe von Anfang an bei der Feier der Eucharistie einen festen Platz innegehabt. Das lasse bereits seine knappe liturgische Formulierung im Neuen Testament vermuten. Entscheidend sei jedoch die Tatsache, daß er keinem eucharistischen Hochgebet fehle, ursprünglich auch nicht in der umstrittenen "Addai und Mari-Ananphora" Hier sei er wohl aus Gründen der Arkandisziplin, jedenfalls aber weil sein Wortlaut dem Zelebranten bekannt war, nicht eigens wiederholt worden.---------
Der Hl.Thoma v.Aquin lehrt: Die Form dieses Sakraments sind die Worte des Erlösers, mit denen er dieses Sakrament vollzogen hat. Der Priester vollzieht dieses Sakrament, indem er im Namen Christi spricht. Aus den Einsetzungsberichten ergibt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit, daß Jesus beim letzten Abendmahl die Verwandlung durch die Worte "das ist mein Leib,--das ist mein Blut" bewirkte, nicht aber durch einen bloßen Willensakt oder Segnung und Danksagung. Bei hl.Meßopfer nun handelt der Priester in der Person Christi, nicht weil der den Einsetzungsbericht wiedeholt, sondern weil er die Absicht hat, zu tun, was Christus und die Kirche tun. Diese rechte Intention bewirkt, daß die Worte nicht bloß historisch-berichtenden Charakter haben, sondern auch das bezeichnen und verursachen, was Christus und die Kirche durch sie bezeichnen und verursachen wollen."
Ich finde diesen Artikel so interessant, daß ich ihn, obwohl er so lang ist hier niederschreibe.


herzl. Grüße, Jos.Br.
Herr, Du hast mich erforscht, und Du kennst mich. Ob ich sitze oder stehe, Du weißt von mir. Von fern erkennst Du meine Gedanken........
Du umschließt mich von allen Seiten und legst Deine Hand auf mich. (Ps.139)

pierrot
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Tradition und Glaubenssinn

Beitrag von pierrot »

Lobenswert scheint mir das Unterfangen eines traditionsverbundenen Priesters wie P. Lugmayr, die "römische" Entscheidung als mit der Tradition vereinbar zu erklären. Ein Katholik sollte sich ja freuen, wenn ein glaubenstreuer Theologe ihm hilft, eine schwer nachvollziehbare Verlautbarung "Roms" zu akzeptieren. Auch ist P. Lugmayrs wissenschaftlicher Aufwand bestaunenswert.
Doch dürfte spätestens der letzte Artikel von KU-Chef Jens Mersch die Anhänger des Wigratzbader Dogmatikers verunsichert haben: Gerade die von P. Lugmayr zur Stützung seiner These angeführte Literatur scheint bei genauer Prüfung das Gegenteil zu besagen.
Wenn man sich auf die Ebene der Traditionsargumente begibt, ist wohl das wichtigste die allgemein als älteste Abendmahlsüberlieferung anerkannte Paulus-Stelle 1 Kor 11,23ff. Hier gibt der Apostel die von ihm selbst empfangene "parádosis" wieder und berichtet von der Einsetzung unter ausdrücklicher Nennung der "verba Domini". Manche Ausleger sehen in dieser Stelle nicht zu Unrecht bereits die liturgische Tradition der Urkirche formend wirksam (eine Auffassung, die auch Hochwürden Lugmayr nicht fremd sein dürfte). Ein Traditionsargument par excellence also.
Außerdem gilt es auf den "sensus fidelium" zu rekurrieren. Man bedenke die Eindringlichkeit, mit der ein Kardinal Newman auf die Bedeutung des Glaubenssinnes hingewiesen hat. Die Katholiken, die noch als "gläubig" bezeichnet werden können, teilen nun aber mit einer frappierenden Selbstverständlichkeit die Konzentration auf die Wandlungsworte und die Überzeugung davon, daß sich der Zeitpunkt der Konsekration sehr wohl "fixieren" läßt. Dieselbe Sprache sprechen übrigens auch die Anweisungen "De defectibus" jenes Missale, das P. Lugmayr täglich benutzt.
Nun zu behaupten, in der Liturgie einer häretischen Abspaltung mit vielerlei Defekten (ich weiß schon, das sehen die Dogmengeschichtler inzwischen anders...) könne das, unbeschadet der Gültigkeit, ganz anders sein, klingt aus der Feder eines "Priesters der Tradition" - gelinde gesagt - befremdlich.
Sollten die romverbundenen Anhänger des Missale 1962 nicht besser in Rom "dubia" einreichen anstatt die Entscheidung (welchen dogmatischen Grades denn eigentlich?) wortreich zu unterstützen und so "die schwächere Sache zur stärkeren zu machen" (wie Sokrates das Wirken der Sophisten umschreibt)?

Martinus
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Antwort auf Einwände

Beitrag von Martinus »

Von Mitbrüdern wurde ich auf dieses Diskussionsforum hingewiesen, das sich auch mit meinen Arbeiten zur Anaphora von Addai und Mari beschäftigt. Zum letzten Beitrag sei folgendes gesagt: es geht dabei nicht direkt um die (ostsyrische) Anaphora von Addai und Mari, sondern um westsyrische Anaphoren, die zwar einen Einsetzungsbericht aufweisen, die Stiftungsworte des Herrn aber nur indirekt und beschreibend enthalten.
Es stimmt, daß Jens Mersch in der KU 6 (10/2003) 8-9 in seinem Artikel "Pius XI. hat niemals eine ungültige Messe anerkannt" Argumente bringt, die es wert sind, beachtet zu werden. In meinen in UVK veröffentlichten Aufsatz hatte ich behauptet: "Denn auch nach der Union der Syro-Malankaren mit Rom verwendeten diese ebenfalls westsyrische Anaphoren ohne direkte Wandlungsworte und dies unter Pius XI., dem die 'Verteidiger der Tradition' sicher keinen falschen Ökumenismus unterstellen wollen." Und gegen Ende: "Die Anaphoren des Petrus, des Xystus und des Mar Dionysius Jakob Bar Salibi haben bei beiden Gestalten 'indirekte' Stiftungsworte, die des Johannes Chrysostomus nur bei einer Gestalt. Wie im vorhergehenden Abschnitt bereits dargelegt, war die Beibehaltung der überlieferten Liturgie eine Vorbedingung einer Union mit Rom, ein Verlangen, auf das Rom eingegangen ist. Weder die Kongregation für die Ostkirche noch Pius XI. haben Einschnitte in der Liturgie vorgenommen."
Ich habe niemals von einer förmlichen Anerkennung gesprochen, sondern davon, daß der Gebrauch dieser in Frage stehenden Anaphoren weder von Pius XI. noch von der Ostkirchenkongregation verboten wurden. Für ein Verbot dieser beiden Autoritäten bringt Jens Mersch in seinem Artikel keinen Beleg.
Seine Argumente sind folgende:
1) Ein Zitat von Placid J. Podipara, der im Vorwort zu: Johannes Madey/Georg Vavanikunnel: Qurbana. Die Eucharistiefeier der Thomaschristen Indiens, Paderborn/Pangada 1968, schreibt:
"Wir haben nicht viel über die Qurbana und ihr Beiwerk in der Syro-Malankara-Kirche zu sagen. Die Namen monphysitischer Heiliger wurden weggelassen, und der Name des Papstes anstelle des syrisch-orthodoxen (jakobitischen) Patriarchen oder Katholikos sowie die Erwähnung des Konzils von Chalzedon wurden in die Qurbana eingesetzt. Die Einsetzungsworte wurden in solche Anaphoras eingesetzt, die sie nicht besaßen; sie wurden aus der Anaphora genommen, die dem heiligen Apostel Jakobus zugeschrieben wird" (ebd., Seite 11).
Dazu ist zu sagen, daß dieses Zitat nicht eindeutig ist, und zwar aus folgendem Grund: es gibt nämlich in der syrischen Tradition auch acht Anaphoren, in denen gar kein Einsetzungsbericht und damit auch gar keine Einsetzungsworte vorkommen (vgl. dazu: A Raes, Les paroles de la consécration dans les anaphores syriens, OCP 3 [1937] 486-504). Podipara könnte sich auf diese beziehen. Denn die von mir besprochenen Anaphoren besitzen ja Einsetzungsworte, wenn auch in "indirekter" Formulierung.
2) Das Hauptargument von Jens Mersch ist folgende Anweisung von Mar Theophilus an seine Priester: "Proferre debetis verba consecrationis ut ministri Christi cum intentione ut transsubstantiatio locum habeat" ("Ihr sollt die Konsekrationsworte als Diener Christi mit der Intention aussprechen, daß die Transsubstantiation sich vollziehe"). In dem Artikel selbst gibt Jens Mersch keine Seitenangabe des Werkes an, dem er das Zitat entnommen hat. Auf meine Nachfrage (per e-mail) ist dies erfolgt. Es steht auf Seite 154 des Werkes Placidus a Sancto Ioseph, Fontes iuris canonici Syro-Malankarensium, Romae (Fonti, Sacra Congregazione per la Chiesa Orientale / Codificazione Canonica Orientale : Serie 2 ; 9). Dieses Werk war mir bei der Abfassung meines Artikels nicht bekannt. Da ich am Ostkirchlichen Institut in Würzburg recherchiert habe und dort die Reihe mit dem Faszikel VIII endet, habe ich keine weiteren Faszikel angenommen. Erst vor kurzem erfuhr ich, daß dieser Teil der Biblothek aus Beständen stammt, die im Zweiten Weltkrieg Schaden genommen haben. Nun scheint aber dieser Band auch in den großen deutschen Univerisitätsbiblotheken nicht vorhanden zu sein. Inzwischen ist mir jedoch ein Standort im Ausland bekannt geworden und ich hoffe, das Werk bald genauer einsehen zu können.
Doch kann auf dieses Argument bereits folgendes gesagt werden: auf meine Anfrage an Jens Mersch: "Denn Ihr Argument (Brief von Mar Theophilus) ist ohne Kenntnis des Kontexts nicht eindeutig", gab er mir die Antwort: "Absolute Zustimmung" (e-mail vom 21.10.2003). Er konnte mir auch keinen Hinweis geben, daß der Kontext von den in Frage stehenden Anaphoren handle. So kann sich dieses Zitat nicht als eindeutiges Zeugnis für das Verbot dieser Anaphoren angesehen werden. Denn von den Malankaren selbst wird die darin sich findende Form der Stiftugnsworte als dem Auftrag Christi gemäß angesehen (wie mir mehrere malankarische Theologen bestätigt haben).
3) Jens Mersch versucht, das Zitat von 1968 (von Podipara, siehe oben) als für 1930 zutreffend zu deuten, indem er auf seine Fußnote 12 verweist: "The liturgical and ritual books to be followed in Malabar are those of the Jacobites of Malabar with corrections ...", um den Eindruck zu erwecken, unter diese "corrections" falle auch die Veränderung der von mir besprochenen Anaphoren. Nun, abgesehen, daß Podipara andere Anaphoren im Auge gehabt haben könnte (siehe oben), bezieht sich die Fußnote von Jens Mersch nicht direkt auf 1930 und auch nicht auf die Zeit Pius XI. Sie bezieht sich auf ein Gespräch des Apostolischen Delegaten mit Mar Ivanios und Mar James Kalachery und Fr.Placid (Sekretär) aus dem Jahre 1941 (am 3. und 4.Februar), also nach dem Pontifikat Pius XI. (Vgl. Cyril Mar Baselios, The Syro-Malankara Church, Trivandrum 2 1997, 209, Anm.5). Und Cyril Mar Baselios führt nicht an, welche 'corrections' hier gemeint sind und warum sie vorgenommen worden sind. Somit ist der Schluß von Jens Mersch nicht zwingend.
4) Jens Mersch erweckt in seinem Artikel (Seite 8f.) den Eindruck, es habe seit 1949 bei den Malankaren nur eine Anaphora gegeben, und zwar die des Mar Xystos mit "korrekten Wandlungsworten", wie er sich ausdrückt (Seite 9). Nun, das ist sicher falsch. Die katholischen Editionen der Syro-Malankaren (Ausgaben von Tiruvalla) umfassen (neben der Ausgabe von 1934) u.a.:
1948: eine syrische Ausgabe, die folgende 7 Anaphoren enthält (Jakobus, Mar Dionysios, Mar Ivanios, Mar Mathai Royo, Mar Xystos, St.Petrus, Zwölf Apostel);
1949: eine syrische Ausgabe mit Übersetzung in Malyalam, die nur die Anaphora von Mar Xystos enthielt (diese Ausgabe wurde mehrmals neu aufgelegt, so 1957, 1961 etc.). Und darauf bezieht sich Jens Mersch!
1956: eine syrische Ausgabe mit 21 Anaphoren (kleine Anaphora von Jakobus, Anaphora vom hl.Apostel Johannes, die kleine Anaphora des hl.Petrus, die Anaphora der Zwölf Apostel, des hl.Markus, des Mar Xystos, des Mar Dionysios Bar Salibi, des Mar Yahanan Bar Susan, des Mar Ivanios, des Mar Abraham Nahsirtono, des Mar Isaac, der Lehrer, des Mar Thoma Harkoyo, des Mar Mathai Royo, des Mar Eustathios, des Mar Lazar Sabato, des Mar Kurilos, des Mar Ignatios Nurono);
1968: eine syrische Ausgabe, die nur die Anaphora des hl. Xystos enthält,
1968: eine Ausgabe in Mayalam, die sechs Anaphoren enthält;
1972: eine Ausgabe in Mayalam mit neun Anaphoren (kleine Anaphora von Jakobus, Anaphora vom hl.Apostel Johannes, die Anaphora der Zwölf Apostel, des Mar Dionysios, des Mar Ivanios, des Apostelfürsten Petrus, des Mar Xystos, des Mar Eutstathios, der Lehrer).
Vgl. P.T. Givergis Paniker, The Holy Qurbono in the Syro-Malankara Church, in: John Madey, The Eucharistic Liturgy in the Christian East, Kottayam und Paderborn 1982, 133-171, hier 167-170.
5) Bereits der Titel des Artikels von Jens Mersch birgt eine "petitio principii", d.h. das zu Beweisende wird einfach vorausgesetzt. Der Beweis dafür, daß eine Messe ohne direkte Stiftungsworte ungültig sei, wird nicht erbracht. Ekklesiologisch beschreitet Jens Mersch mit solch einer These gefährliche Pfade, da es 1984 zu einer gemeinsamen Erklärung zwischen Papst Johannes Paul II. und dem Patriarchen Moran Mar Ignatius Zakka I. Iwas, dem Haupt der Syrisch-Orthodoxen Kirche von Antiochien, kam, in der auch einer Sakramentengemeinschaft (betreffs der Sakramente der Buße, der Eucharistie und der Krankensalbung) mit der syrisch-orthodoxen Kirche in Fällen pastoraler Not zugestimmt wird. Nun verwendet die 'Syrisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien' auch drei Anaphoren, die keine direkten Stiftungsworte aufweisen, und eine, die nur zu einer Materie ein solches (direktes) Wort hat. Es gibt aber jeweils einen sogenannten Einsetzungsbericht. Zu ersten Gruppe gehören die Anaphora des hl.Petrus, die Anaphora des Xystus von Rom und die Anaphora des Dionysius Jakob Barsalibi, also genau jene, die ich bezüglich der Malankaren besprochen habe. Nach Jens Mersch würden Katholiken, die von dieser Übereinkunft Gebrauch machen, bei den orthodoxen Syrern, wenn besagte Anaphoren verwendet werden, nicht den Leib des Herrn empfangen und Götzendienst betreiben. Und der Papst selbst würde dies erlauben und anraten! Wie ist das mit dem von Christus dem Papst verheißenen Beistand des Heiligen Geistes vereinbar? Meines Erachtens endet der Weg, den Jens Mersch hier mit seinem "Lehramt" einschlägt, bei den Sedisvakantisten, d.h. solchen, die Johannes Paul II. nicht als Papst anerkennen.
6) Wenn es ein ausdrückliches Verbot, die von mir besprochenen Anaphoren in ihrer tradierten Gestalt (mit "indirektem Einsetzungsbericht") zu verwenden, gegeben hätte (den Nachweis dafür ist auch Jens Mersch m.E. schuldig geblieben), wäre es schwer verständlich, warum es innerhalb der Malankaren die Wahlmöglichkeit gibt, diese Anaphoren mit dem Einsetzungsbericht der Jakobusanaphora oder dem der jeweiligen Anaphora eigenen (und damit "indirekten") zu verwenden. Und diese Wahlmöglichkeit wird ausdrücklich mit der Rückkehr zu den Quellen, d.h. zur syrischen Tradition begründet.

Auf andere wichtige Punkte meines Artikels, nämlich daß es in Indien ein communicatio in sacris von Lateinern mit den Thomaschristen gegeben hat, die die Anaphora von Addai und Mari verwendeten, daß Bischöfe und Priester des ostsyrischen Ritus, die in Einheit mit Rom standen, ebenfalls diese Anaphora verwendeten (vor dem Ereignis von Djamper), daß es auch bei den Maroniten eine wichtige Handschrift der Anaphora Petrus III (Sharar), nämlich B. N. Paris, Fonds [244] Syr. 71 (1454) fol. 70b-71a gibt, die nur einen indirekten Einsetzungsbericht aufweist, ist Jens Mersch mit keinem Wort eingegangen.

Martinus

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Salve, Martine. Lieber P. Lugmayr, erst mal herzlich willkommen im Kreuzgang. Ich freue mich, Sie hier zu sehen! Zu Ihren verschiedenen Ausführungen, die ich mit viel Gewinn gelesen habe – wenngleich auch nicht ohne Kritik –, wäre viel zu sagen und zu fragen. Doch dafür muß ich mir etwas Zeit erbitten.

Heute bloß eine Frage: Wo steht in der »Anaphora des Addai und Mari«, wie sie die – sogenannten oder ehemaligen – Nestorianer verwenden, etwas, das man halbwegs als „Einsetzungsbericht“ mit wenigstens indirekten Wandlungsworten verstehen könnte?
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Martinus
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Einige Hinweise

Beitrag von Martinus »

Salvete!

Auch ich freue mich auf eine fruchtbare Diskussion in diesem Forum. Ketelhohn will sich Zeit lassen, um auf meine Argumente einzugehen, was ich sehr begrüße. Wenn es erwünscht ist, kann ich wichtige Literaturhinweise zu diesem Thema angeben (persönlich habe ich etwa 400 Monographien und Artikel dazu gesammelt). Da ich gerade selbst an der Abfassung eines Artikels zur Anaphora von Addai und Mari arbeite, den ich in englischer Sprache zu Papier bringen soll, möchte ich erst nach Beendigung desselben näher auf die gestellte Frage eingehen, die ja auf den Kern des Problems hinzielt und nicht in ein paar Sätzen abgehandelt werden kann. In meinen bei http://www.stjosef.at einsehbaren Artikeln habe ich bereits einige Hinweise gegeben: es geht um das Wesen der heiligen Messe selbst, die nicht ein neues, weiteres Opfer nebem dem Kreuzesopfer ist (das war ja der Hauptvorwurf Luthers), das Tun des Priesters setzt keine neue Wirklichkeit, die Messe als solche ist "memoria" und nur so kann sie "sacrificium" sein. Hervorgehoben hat dies mit treffenden Worten Leo Scheffczyk: "Das Heilswerk Christi, das in Kreuz und Auferstehung gipfelte, darf in seiner Fortführung durch das Tun der Kirche keine Wiederholung erfahren. Es muß nicht nur in seiner geschichtlichen Einmaligkeit stehen bleiben, wenn es nicht zum Mythos werden soll, in dem das, was immer ist und war, sich wiederereignet; es muß auch wegen seiner absoluten Vollkommenheit und Fülle unwiederholbar bleiben, weil es sonst durch die Menschen ergänzt werden könnte und diese dem Erlöser gleichberechtigt an die Seite träten. Daran wird deutlich, daß das Gedächtnis die einzig entsprechende Form ist, um das Heilstun Christi in seiner Einmaligkeit und Einzigkeit zu bewahren und es nicht durch ein etwaiges Wiederholen zu einem beliebigen irdischen Geschehen zu degradieren" (Leo Scheffczyk, Die Heilszeichen von Brot und Wein. Eucharistie als Mitte christlichen Lebens, München 1973, 69f.). Daher konnte er zum Konzil von Trient sagen: "Unter dogmatischem Aspekt ist es nicht gering zu achten, daß das Tridentinum die hl.Messe zunächst als 'Wiederdarstellung' (repraesentatio) des Kreuzesopfers bezeichnet, dabei aber von ihr sofort als 'Gedächtnisfeier' (memoria) spricht, wobei zu bedenken ist, daß im Grunde auch die Wiederdarstellung in der Kraft des Angedenkens und des Gedächtnisses geschieht" (ebd., 66).
Wenn es daher in der Anaphora von Addai und Mari heißt: "Und auch wir, o mein Herr, Deine armseligen, hinfälligen und elenden Diener, die wir versammelt sind und vor Dir stehen, wir haben durch Tradition das Beispiel empfangen, das von Dir kommt: jubelnd, rühmend, erhebend, gedenkend und zelebrierend dieses große und schreckenerregende Mysterium des Leidens und Sterbens und der Auferstehung Unseres Herrn Jesus Christus" und "Du, o Herr, aufgrund Deiner vielen und unaussprechlichen Erbarmungen, mache ein gutes und wohlgefälliges Gedenken von allen rechtschaffenen und gerechten Vätern, die vor Dir Wohlgefallen gefunden haben, im Gedächtnis des Leibes und Blutes Deines Christus, das wir Dir auf Deinem heiligen und reinen Altar darbringen, wie Du uns gelehrt hast", dann wird hier sowohl der Opfercharakter der hl.Messe als auch die Realpräsenz bekannt. Wir müssen nur das Mißverständnis Luthers fernhalten, daß "memoria" (Gedächtnis) nur ein mentales Erinnern meine. Das widerspricht dem biblischen und patristischen Denken! Die im Auftrag der Kirche vom geweihten Priester gefeierte Memoria läßt die Heilsereignisse selbst gegenwärtig werden ("feiern", "darbringen" bezieht sich ja offensichtlich auf die Gegenwart). In dieser memoria ist natürlich auch auf die Einsetzung Christi verwiesen (Gedächtnis des Leibes und Blutes) und damit auch auf sein Wort.
Soviel für heute: sollte ich mich mißverständlich ausgedrückt haben, bitte ich um entsprechende Hinweise und Fragen.
Allen Lesern möchte ich noch einen gesegneten Sonntag wünschen!

Falk
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Beitrag von Falk »

Hochwürdiger Herr Pater Lugmayr,

wenngleich mir die Ihnen eigenen, durch die eingehende Beschäftigung mit dem in Frage stehenden Thema erworbenen theologischen Detailkenntnisse fehlen, erlaube ich mir, Ihnen folgende 3 Fragen zu stellen.

1.) Sie haben ja in Ihren Beiträgen die bis zur Entscheidung Papst Pius XII. bestehende Ansicht, dass zur Gültigkeit der Priesterweihe die Überreichung der Instrumente gehöre, mit der bis zur Entscheidung der Glaubenskongregation über die Gültigkeit der Anaphora von Addai und Mari bestehenden Ansicht, zum Zustandekommen der Wandlung würden explizite Wandlungsworte gehören, sozusagen auf eine Ebene gestellt.

Wenn ich Sie richtig verstanden habe, wollten Sie damit zum Ausdruck bringen, dass die allgemeine Ansicht, zur Gültigkeit der Priesterweihe würde die Überreichung der Instrumente gehören, durch die gegenteilige Entscheidung des Lehramtes aufgehoben wurde,
während durch die jetzt zur Debatte stehende Entscheidung - analog zu diesem Vorfall - die Ansicht, zum Zu-Stande-Kommen einer gültigen Wandlung würden explizite Wandlungsworte gehören, aufgehoben wurde.


Wie kann man sich nun aber erklären, dass in einer Publikation mit kirchlicher Imprimatur, die bereits ca. 30 Jahre vor der Entscheidung Papst Pius XII., dass die Übergabe der Instrumente nicht zur Gültigkeit der Priesterweihe gehört, herausgegeben wurde (also in jener Zeit als Ihrer Argumentation zufolge die Gültigkeit des Sakramentes der Priesterweihe noch unter Bezugnahme auf eine entsprechende Entscheidung des Konzils von Florenz mit der Übergabe der Instrumente verknüpft gewesen ist) - nämlich der „Katholischen Dogmatik nach den Grundsätzen des heiligen Thomas,
von Dr. Franz Diekamp, Dritter Band; Imprimatur. Monasterii, die 27. Maji 1920, Nr. 3913" - , festgestellt wurde:

>>S. 19 § 4:

...Bei der Priesterweihe ist die Lösung der Schwierigkeit darin zu finden, daß die Überreichung der Instrumente wahrscheinlich überhaupt nicht zur Gültigkeit des Sakramentes gehört ...<<


während in derselben Ausgabe bezüglich des Zustandekommens einer gültigen Wandlung eindeutig erklärt wird:

>>S. 116 § 24II.

Die Form der Eucharistie besteht in den Worten, mit denen Christus konsekriert hat. [...]

Christus hat durch Worte konsekriert, und zwar durch die sogenannten Einsetzungsworte: "Dies ist mein Leib", "dies ist der Kelch meines Blutes". [...]
Der Priester konsekriert nur durch die angeführten Worte Christi, nicht durch ein vorhergehendes oder nachfolgendes Gebet. <<


2.) Sie werfen Jens Mersch vor:

"Nach Jens Mersch würden Katholiken, die von dieser Übereinkunft Gebrauch machen, bei den orthodoxen Syrern, wenn besagte Anaphoren verwendet werden, nicht den Leib des Herrn empfangen und Götzendienst betreiben. Und der Papst selbst würde dies erlauben und anraten! Wie ist das mit dem von Christus dem Papst verheißenen Beistand des Heiligen Geistes vereinbar? Meines Erachtens endet der Weg, den Jens Mersch hier mit seinem "Lehramt" einschlägt, bei den Sedisvakantisten, d.h. solchen, die Johannes Paul II. nicht als Papst anerkennen."

Wer also eine mit lehramtlichen Anspruch (jedoch nicht ausdrücklich als unfehlbar) vorgetragene Entscheidung eines Papstes nicht annehmen zu können meint, weil er sie nach ernsthafter Erwägung für falsch hält, würde demnach den Papst nicht anerkennen und den ihm verheißenen Beistand des Heiligen Geistes leugnen.

Wenn dem so wäre, müssten dann nicht auch alle, die die Bulle "Cum ex Apostolatus" von Papst Paul IV. als nicht gültig ansehen, demselben Urteil verfallen, wo doch diese Bulle immerhin die göttliche Verfassung der Kirche betrifft und mit einem Verdammungsurteil gegen alle endet, die etwas anderes sagen?

3.) Wenn Ihre Argumentation zutrifft, wonach der Papst im Prinzip über alles, was die Kirche betrifft, ein Urteil fällen kann, das vorherigen Aussagen des kirchlichen Lehramtes entgegensteht bzw. diese aufhebt, wäre es dann Ihrer Meinung nach theoretisch auch möglich, dass ein künftiger Papst feststellt, dass die Kirche vielleicht doch die Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden?

Mit freundlichem Gruß
Falk Peiler

Martinus
Beiträge: 4
Registriert: Samstag 8. November 2003, 10:31

Antworten an Falk

Beitrag von Martinus »

Sehr geehrter Herr Falk Peiler,

herzlichen Dank für Ihre Fragen, die mir zeigen, daß ich mich doch nicht so verständlich auszudrücken vermag, wie ich es gerne wünschte. Denn der Bezug auf Pius XII. und seiner Entscheidung zur Materie der Priesterweihe sollte folgendes aufzeigen: große Theologen des Mittelaters und das Konzil von Florenz waren der Ansicht, daß die Überreichung der Gefäße die "Materie" der entsprechenden Weihe ist (DS 1326). Daß 500 Jahre später Diekamp zu einer anderen Haltung kommt, setzt eine theologische Durchdringung und eine Aufarbeitung der Quellen voraus, der zur Zeit des Konzils von Florenz so nicht gegeben war. Und Pius XII. hat, wenn man es so formulieren will, Diekamp Recht gegeben, ja sogar dessen Qualifikation noch verstärkt, wobei, und darauf wollte ich auch hinweisen, Pius XII. es sogar für möglich hält, daß die Übergabe der Gefäße einmal aufgrund einer Anordnung der Kirche für die Gültigkeit der Weihe notwendig gewesen sein könnte, aber nicht aufgrund einer Anordnung Christi (sonst hätte er als Papst ja nicht die gegenteilige Lehre definitiv lehren können). Diese Art einer von der Kirche bestimmbaren Festlegung betreffs der Materie der Sakramente, die wieder aufgehoben oder verändert werden kann (was Pius XII. betont) sollte m.E. noch näher untersucht werden. Ich sehe aber keinen Grund, warum diese Unterscheidung nicht auch auf die Form angwandt werden kann. Sicher ist jedoch, daß die nähere Einsicht darüber, was nur kirchlich festgesetzt ist, in der Zeit wachsen kann, ja die nähere Auseinandersetzung mit diesen zwei Arten von Notwendigkeit oft erst durch das Aufkommen neuer Fragen in Gang gebracht wird. In jedem Fall kommt es letztlich dem Lehramt zu, diese Arten zu unterscheiden.
Warum sollte es daher nicht möglich sein, daß die Kirche in Bezug auf die Form der Wandlungsworte durch die theologische Aufarbeitung alter Traditionen zu neuen Erkenntnissen kommt? Sie werden ja selbst leicht bemerken können, daß z.B. das Konzil von Florenz in Bezug auf die Form der Konsekrationsworte einfach die Worte eines einzigen, damals im Westen am meisten verbreiteten Ritus anführt (DS 1352). Das hat zwar tatsächlich dazu geführt, daß bei Unionen mit anderen Ritusgemeinschaften diese Worte des römischen Ritus einfach eingeführt worden sind, aber niemand wird doch heute die Augen vor der Tatsache verschließen können, daß es von Beginn an verschiedene Formen gegeben hat. Und das Unrecht einer aufgenötigten "Latinisierung" bezüglich anderer Riten haben die Päpste der neueren Zeit (beginnend mit Leo XIII.) eingesehen und die Rückkehr zu den je eigenen Traditionen angemahnt.
Robert F. Taft hat in seinem im Druck erschienenen Vortrag "Mass Without Consecration? The Historic Agreement on the Eucharist between the Catholic Church and the Assyrian Church of the East promulgated 26. October 2001", Centro pro Unione Nr.63/2003, 15-27 darauf hingewiesen, daß bereits 1998 ein Dokument mit Argumenten für die Gültigkeit der Anaphora von Addai und Mari an 26 mit der Materie vertrauten Professoren gesandt worden ist. Taft selbst hat dieses Dokument nach eigener Aussage (Seite 16) mit einem Brief von Achille Kardinal Silvestrini, dem Präfekten für die Kongregation für die Ostkirchen, erhalten. Auch hat die Glaubenskongregation in drei Briefen (1994-1997) darauf hingewiesen, daß die dogmatische Seite der Frage noch eines eingehenderen Studiums bedarf. Von einer "ad hoc" Entscheidung wird man nach diesen (sicherlich überprüfbaren) Informationen nicht mehr sprechen können.

Zu Ihrer zweiten Frage möchte ich sagen, daß die Kirche normalerweise nicht betont, jeweils mit dem Anspruch der Unfehlbarkeit sprechen zu wollen, sondern das Charisma der Unfehlbarkeit sich von den Objekten her ergibt, über die entschieden wird (wobei es wichtig ist zu sehen, um was es genau geht). So hat die Glaubenskongregation z.B. bei der Taufe der Mormonen einfach gesagt, daß sie ungültig sei. Kann man jetzt diese Entscheidung (die übrigens auch nicht eine "einfache" war, da die Mormonen sowohl Wasser verwenden als die trinitarische Formel haben) ablehnen, weil die Glaubenskongregation nicht erwähnt, daß es sich um eine definitive handelt? Ich bin überzeugt, daß dies nicht möglich ist.
Nur wenn weiterhin es zu Zweifeln darüber kommt, ob bei einer Entscheidung es sich wirklich um eine definitive handle (z.B. bezüglich Priesterweihe nur für Männer), kommt es in der Form einer die früheren bekräftigenden Entscheidung zu einer Wortwahl, die keinen Zweifel offen läßt.
Wenn daher jemand meint, die Entscheidung Johannes Paul II. zur Sakramentengemeinschaft in bestimmte Fällen mit der Syrisch Orthodoxen Kirche von Antiochien, die auch Anaphoren mit "indirekten" Wandlungsworten verwendet, sei nicht mit der Theologie zu vereinbaren (wobei es keinen mir bekannten Dogmatiker gibt, der behauptet, die Verwendung von direkten Stiftungsworten sei "de fide" oder "de fide definita" - können Sie einen anführen?), dann hat er diese Zweifel in Rom aufzuzeigen (wer hat dies seit 1984 gemacht?). Sicherlich aber hat er nicht das Recht und auch nicht die Aufgabe, selbst ein "Gegenurteil" zu fällen und gegen den Papst in der Öffentlichkeit zu polemisieren!

Ihre dritte Frage ist eigentlich schon beantwortet. Dogmen und definitve Entscheidungen können nicht rückgängig gemacht werden. Sie können aber eine Vertiefung und Bereicherung erfahren, die zu einem Erkenntnisfortschritt führen. Daher gibt es ja auch eine "organische Dogmenentwicklung", in der die älteren im engen Sinn dogmatischen Formulierungen nicht abgeschafft, vielmehr aufgehoben werden (daher der Vergleich mit einem "Organismus"). Über dieses wichtige Thema könnten wir uns aber einmal sonst ausführlicher unterhalten.

Aus dem sonnigen Allgäu einen vom Herrn gesegneten Tag wünschend,
verbleibt Ihr P.Martin Lugmayr
Zuletzt geändert von Martinus am Montag 10. November 2003, 14:40, insgesamt 1-mal geändert.

Falk
Beiträge: 353
Registriert: Mittwoch 8. Oktober 2003, 21:37

Beitrag von Falk »

Hochwürdiger Herr Pater Lugmayr,

ich danke Ihnen, dass Sie sich die Mühe gemacht haben, mir so ausführlich
auf meine Fragen zu antworten.

Also dann will ich noch mal versuchen, kurz das wiederzugeben, was ich Ihren Ausführungen entnehme und hoffe, dass ich Sie diesmal richtig verstanden habe.

Die Überreichung der Gefäße könnte also nach der Ansicht Pius XII. durchaus einmal aufgrund veränderbarer kirchlicher Festlegung (nicht aber aufgrund unveränderlicher Festlegung Christi) zur Gültigkeit des Sakramentes der Priesterweihe gehört haben. Deshalb hat die Kirche (bzw. der Papst als oberster Lehrer derselben) das Recht und die Vollmacht, hier Änderungen vorzunehmen.

Bei der Wandlung - da verstehe ich Sie hoffentlich richtig - wäre das mit den Wandlungsworten analog zu sehen.

Dies würde konkret bedeuten:
Dass die Wandlungsworte vorhanden sein müssen, geht auf die Einsetzung Christi zurück und ist daher durch die Kirche nicht zu ändern, in welcher Form sie vorhanden sein müssen, wäre hingegen der Kirche überlassen, die hier im Laufe der Zeit unterschiedliche Festlegungen treffen könne und nun eben auch die "indirekte Form" für ausreichend erklären kann, wenngleich dies zuvor allgemein anders gesehen wurde.

In Ihrem Beitrag „Eine Anaphora mit Wandlungsworten – aber in anderer Form - Historische, liturgische und dogmatische Anmerkungen zur Anaphora von Addai und Mari" auf http://www.stjosef.at zitieren Sie unter Fußnote 61 den hl.Pius X., der in der Epistola „Ex quo, nono“ vom 26.12.1910 lehrt:

„Sed nec... intacta relinquitur catholica doctrina de sanctissimo Eucharistiae Sacramento, cum praefracte docetur, sententiam suscipi posse, quae tenet, apud Graecos verba consecratoria effectum non sortiri, nisi iam prolata oratione illa, quam epiclesim vocant, cum tamen compertum sit, Ecclesiae minime competere ius circa ipsam sacramentorum substantiam quidpiam innovandi“(DS 3556)

Sie fassen dies kurz mit den Worten zusammen:

>>Die Katholische Kirche hat die Ansicht abgelehnt, daß bei Vorhandensein von „Einsetzungsbericht“ und „Epiklese“ letztere die Wandlung bewirke.<<

Diekamp erläutert dementsprechend in seiner von mir zitierten Dogmatik:

>>...Christus hat durch Worte konsekriert, und zwar durch die sogenannten Einsetzungsworte: "Dies ist mein Leib", "dies ist der Kelch meines Blutes". [...]
Der Priester konsekriert nur durch die angeführten Worte Christi, nicht durch ein vorhergehendes oder nachfolgendes Gebet. <<


Wenn ich Sie nun weiterhin richtig verstehe, besteht die indirekte Form der Wandlungsworte, die in der Anaphora von Addai und Mari vorhanden sein sollen, in den Gebeten:

"Und auch wir, o mein Herr, Deine armseligen, hinfälligen und elenden Diener, die wir versammelt sind und vor Dir stehen, wir haben durch Tradition das Beispiel empfangen, das von Dir kommt: jubelnd, rühmend, erhebend, gedenkend und zelebrierend dieses große und schreckenerregende Mysterium des Leidens und Sterbens und der Auferstehung Unseres Herrn Jesus Christus"

und:

"Du, o Herr, aufgrund Deiner vielen und unaussprechlichen Erbarmungen, mache ein gutes und wohlgefälliges Gedenken von allen rechtschaffenen und gerechten Vätern, die vor Dir Wohlgefallen gefunden haben, im Gedächtnis des Leibes und Blutes Deines Christus, das wir Dir auf Deinem heiligen und reinen Altar darbringen, wie Du uns gelehrt hast".

Mal abgesehen davon, dass man hier ein erhebliches Maß an Phantasie braucht, um die Wandlungsworte in "indirekter Form" überhaupt als solche erkennen zu können (jedenfalls wird es schwierig für jemanden, der die in der Schule gelernten Kennzeichen "indirekter Rede" anwenden wollte) , würde die Behauptung, der Priester könne durch diese Gebete konsekrieren, doch entgegen der von Pius X. vorgelegten und von Diekamp wiedergegebenen Lehre bedeuten, dass der Priester eben doch "durch ein vorhergehendes oder nachfolgendes Gebet konsekriert".

Habe ich Sie soweit erst mal richtig verstanden?

Mit freundlichen Grüßen aus der wenig sonnigen Gegend um Berlin ins schöne Allgäu

Falk Peiler

Martinus
Beiträge: 4
Registriert: Samstag 8. November 2003, 10:31

Klarstellungen

Beitrag von Martinus »

Lieber Herr Falk Peiler,

ich habe in meinem letzten Beitrag geschrieben, daß es bei lehramtlichen Äußerungen wichtig ist, die Fragestellung zu beachten. Papst Pius X. hat sich nicht zur Frage der Anaphora von Addai und Mari geäußert, auch nicht zu den westsyrischen Anaphoren mit "indirektem" Einsetzungsbericht, sondern nur zur These, daß im Osten die "verba consecratoria" erst nach dem Gebet der "Epiklese" wirksam würden. Er sagt also nichts zur Frage, ob es andere Formen von "verba consecratoria" als die in direkter Rede geben könne. Daher sind auch die Folgerungen von Diekamp gar nicht für diese Frage anwendbar (denn wenn, wie bei der Anaphora von Addai und Mari, gar kein Einsetzungsbericht mit direkten Stiftungsworten vorhanden ist, hat es keinen Sinn, von einem Vorher und Nachher zu sprechen), vielmehr ist die Form der "verba consecratoria" selbst eine andere.
Es dürfte sich bei Ihnen auch um einer Verwechlung handeln: Einsetzungsbericht mit Stiftungsworten in "indirekter" Rede finden sich bei den von mir besprochenen westsyrischen Anaphoren, und auf diese lassen sich alle Regeln der in der Schule gelernten Kennzeichen indirekter Rede anwenden. Bei der ostsyrischen Anaphora von Addai und Mari hingegen finden sich weder ein Einsetzungsbericht, noch Stiftungsworte in indirekter Rede. Hier lassen sich die Schulregeln indirekter Rede nicht anwenden, wohl aber die im biblischen und patristischen Denken verankerte (und vielleicht heute nicht mehr so leicht nachvollziehbare) Vorstellung der Memoria, in der das einmal gesetzte Heilsereignis jetzt gegenwärtig wird. In meinem neuen Artikel möchte ich näher darauf eingehen. Ich bitte Sie also diesbezüglich um etwas Geduld.

Aus dem immer noch mit blauem Himmel und Sonnenschein beschenkten Allgäu
verbleibt mit herzlichem Gruß
Ihr P.Martin Lugmayr

Falk
Beiträge: 353
Registriert: Mittwoch 8. Oktober 2003, 21:37

Beitrag von Falk »

Hochwürdiger Herr Pater Lugmayr,

ich vermutete, dass die Aussage, die Wandlung würde nur durch die Wandlungsworte bewirkt und "nicht durch ein vorhergehendes oder nachfolgendes Gebet" gleichzeitig so zu verstehen wäre, dass dort, wo die Wandlungsworte fehlen und somit "vorhergehendes" und "nachfolgendes" Gebet sozusagen zu einem verschmelzen, ebenfalls keine Wandlung zustande käme.
Nun argumentieren Sie ja aber, dass die Wandlungsworte nicht fehlen, sondern nur in einer anderen Form als der direkten Rede vorhanden seien.
Da es über eine solche Form bisher keinen eindeutigen lehramtlichen Entscheid gab, müsse man nun den ersten dieser Art, welchen die Entscheidung über die Gültigkeit der Anaphora von Addai und Mari darstellt, auch als absolut (Sie sprechen sogar von unfehlbar) akzeptieren.

Im Prinzip bleibt also nur noch die Frage zu klären, ob die Wandlungsworte in der betreffenden Anaphora tatsächlich vorhanden sind, wenn auch nicht in direkter sondern lediglich in indirekter Rede.

Sicher werden Sie in Ihrem angekündigten neuen Artikel auf die damit zusammenhängende Frage eingehen, ob man tatsächlich bereits die einfache Benennung des Leibes und Blutes Christi als etwas, das "wir Dir auf Deinem heiligen und reinen Altar darbringen", als indirekte Wandlungsworte bezeichnen kann.
Denn diese Formulierung setzt zwar voraus, dass irgendwann eine Wandlung erfolgt sein muss, weil man ja sonst unter den Gestalten von Brot und Wein den Leib und das Blut Christi gar nicht auf dem Altar darbringen könnte, aber die Worte der Wandlung sind damit auch indirekt nicht gesagt.
Dies wäre nur der Fall, wenn irgendwo auch die Wandlung selbst vorkäme, vielleicht so, "dass Jesus gesagt habe, dies sei sein Leib und dies wäre sein Blut".
Durch die bloße Erwähnung des Ergebnisses der Wandlung wird zwar der Wandlungsvorgang indirekt vorausgesetzt, die Wandlungsworte selbst (die ja nun unzweifelhaft zu einer gültigen Wandlung gehören) sind in einer solchen Formulierung aber nicht enthalten, weder in direkter noch in indirekter Rede.

Ich - und mit mir alle an der Thematik Interessierten - sind also sehr gespannt auf Ihren neuen Artikel, mit dem Sie sicher auch diese Problematik behandeln werden.

Mit freundlichen Grüßen
Falk Peiler

josef
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Hochbrisant.

Beitrag von josef »

Hallo Theologen,

Lange hat's gedauert bis ich die Brisanz des vorliegenden Themas verstanden habe:

"Anaphora des Addai und Mari - Wandlung ohne Wandlungsworte?"

Endlich können die Laien die Priester komplett loswerden!
Wozu noch Priester und ihrer Wandlungsbitten wenn es auch ohne Worte geht!

Die Eliminierung der geweihten Jünger JESU durch Laien ist in modernen Gemeinden bekanntlich schon weit gediehen:

1. Das Hirtenamt des Papstes und der Bischöfe ignorieren sie bereits.
Die Devise der Laien ist bekannt:
"Wir kümmern uns nicht um das was der Papst sagt".
Der ZdK-Präsident bekräftigt:
"Wir ignorieren was der Papst sagt."

2. Das Lehramt hat die moderne Gemeinde bereits abgeschafft:
Dahergelaufene Laien lesen die Evangelien und halten die Predigt - während der Priester blöde daneben sitzt weil ihn Laien für unzuständig erklären.

3. Die Eucharistie - den LEIB und das BLUT CHRISTI - banalisieren sie, um sich Protestanten anzubiedern zum Abendmahl, einem Gedächtnismahl zum Gedenken an JESUS.

Den LEIB des HERRN bekommt der einfache Gläubige schon lange nicht mehr aus geweihter Hand gereicht.

In progressiven Gemeinden wird ein Korb - so ähnlich, wie ein Spendenkorb - mit Brotstücken herumgereicht, jeder der will, nimmt sich ein Stück heraus.


Da wäre es doch ganz prächtig wenn Theologen gar fein definieren könnten daß schon Addai und Mari die Wandlung ohne Wandlungsworte praktiziert haben.

Man käme prima ohne Priester, Bischöfe und Papst aus.

Ein Greuel ersten Ranges!

Den Laien, Prg-Räten, ZdK- Mitgliedern und was sonst noch die einfachen Gläubigen bevormunden und knebeln will, sei gesagt:

Da machen wir nicht mit!

Wer nicht bereit ist, die Weisungsvollmacht des Papstes und die Wandlungsvollmacht der Priester ohne Wenn und Aber anzuerkennen, der packe sich davon.



Gruß
josef

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Juergen
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Re: Antwort auf Einwände

Beitrag von Juergen »

Martinus hat geschrieben:....Placidus a Sancto Ioseph, Fontes iuris canonici Syro-Malankarensium, Romae (Fonti, Sacra Congregazione per la Chiesa Orientale / Codificazione Canonica Orientale : Serie 2 ; 9). Dieses Werk war mir bei der Abfassung meines Artikels nicht bekannt. Da ich am Ostkirchlichen Institut in Würzburg recherchiert habe und dort die Reihe mit dem Faszikel VIII endet, habe ich keine weiteren Faszikel angenommen. Erst vor kurzem erfuhr ich, daß dieser Teil der Biblothek aus Beständen stammt, die im Zweiten Weltkrieg Schaden genommen haben. Nun scheint aber dieser Band auch in den großen deutschen Univerisitätsbiblotheken nicht vorhanden zu sein...
Ich habe mal in einigen Verbundkatalogen gesucht, ob das Buch nicht doch irgendwo in Dtl. zu finden ist.

NRW-Verbundkatalog:
5 Bonn, ULB - Sign.: Z 4' 55/62 (2,9)

Biblotheksverbund Bayern
UB Bamberg, Sign.: 15/zxv 30 C 0178-2,9 / Akzessionsnummer: C 0178-2,9
Studienbibl. Dillingen: Sign.: D 7-2,9
UB Eichstätt - Zentralbibl. und Teilbibl. in Eichstätt: Sign.: 076/BR 2511-9 / Lokaler Schlüssel: sm
UB Passau: Sign.: 75/BR 2511-9 / Akzessionsnummer: 75/41080
UB München: Inst. Kanonistik / Sign.: 0115/F I 2/9
UB Regensburg: Phil. II/Kath. Theologie / Sign.: 75/BR 2511-9

Südwestdt. Bibliotheksverbund (bei diesem Katalog bin ich mir nicht sicher, ob ich die Angaben richtig verstanden habe):
Uni Freiburg: Sign.: TX 80/1223-9
UniFreiburg, Fakultätsbibliothek Theologie: Sign.: p Frei 156
Uni Tübingen: Sign.:Ha II 57 a.4-8/9
Uni Tübingen, Katholisch-theologisches Seminar: Sign.: p Na 14.00-2,9


Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit den Angaben weiterhelfen
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Fragen zur Übergabe der Geräte bei der Weiheliturgie bitte ich in dem neuen Thread
http://www.kreuzgang.org/viewtopic.php?t=289
zu diskutieren.

Ich habe eine Reihe von Beiträgen dorthin kopiert. Ein Auslagern der Beiträge war schlecht möglich, da es sich vielfach in einem Beitrag um beide Themen drehte.

Wer meint, daß seine Beiträge zu dem Thema "Übergabe der Geräte" hier nun fehl am Platz sind, möge sie leer editieren. Ggf. lösche ich dann die leeren Beiträge

Vielen Dank.
Gruß Jürgen

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umusungu
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Hochgebet ohne Einsetzungsbericht

Beitrag von umusungu »

Aus: "Christ in der Gegenwart"...

(neu eröffneter Thread mit dem bereits vorhandenen zusammengeführt)

Margarete


Papst Johannes Paul II. hat der in Einheit mit Rom stehenden chaldäischen Kirche des Ostens erlaubt, mit der altorientalischen Kirche der Assyrer Eucharistiegemeinschaft aufzunehmen. Das scheint zunächst nicht ungewöhnlich. Doch wurde für viele überraschend damit ein wesentlicher Teil der assyrischen Liturgie, das eucharistische Hochgebet - die Anaphora - von Addai und Mari als liturgisch gültig, als gleichrangig und als vereinbar mit dem katholischen Glaubensverständnis anerkannt. Das Besondere daran: Diese Anaphora, dieses Hochgebet, enthält keine Einsetzungsworte, die in der katholischen Überlieferung seit der Scholastik als Konsekrations- und Wandlungsworte betrachtet werden
Zum Fehlen der Einsetzungsworte heißt es »Weil die katholische Kirche die Worte der eucharistischen Einsetzung als wesentlichen und damit unerlässlichen Bestandteil der Anaphora oder des eucharistischen Hochgebets betrachtet, hat sie eine lange und eingehende Untersuchung über die Anaphora von Addai und Mari in geschichtlicher, liturgischer und theologischer Hinsicht geführt, an deren Ende, am 17. Januar 2001, die Kongregation für die Glaubenslehre zu dem Schluss gelangt ist, dass diese Anaphora als gültig betrachtet werden kann.
Die Anerkennung dieses Hochgebetes gründet auf drei Überlegungen. Zunächst ist die Anaphora von Addai und Mari eines der ältesten Hochgebete überhaupt, dessen Gültigkeit offiziell weder im christlichen Osten noch im Westen je bestritten wurde. Zur Entstehungs- zeit bedurfte dieses Gebet wie auch das Eucharistiegebet der Didache, der urkirchlichen Zwölfapostellehre, der Einsetzungsworte nicht, "da sich eucharistisches Beten vor allem durch seinen Lobpreis- und Bekenntnischarakter auszeichnete und nicht dem rituellen Nachvollzug des letzten Mahles Jesu diente. Ein Einsetzungsbericht versucht, die Distanz zwischen der Feier und dem Stiftungsgeschehen zu überbrücken, indem er dieses - das Letzte Abendmahl Jesu -ausdrücklich in Erinnerung ruft. Kurz: Ein fehlender Einsetzungsbericht weist auf ein hohes Alter des Gebets hin.

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umusungu
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Beitrag von umusungu »

ich kannte diesen thread bisher nicht .........

Gast

Beitrag von Gast »

Zuletzt geändert von Gast am Samstag 5. Februar 2005, 21:51, insgesamt 1-mal geändert.

Ralf

Beitrag von Ralf »

Auch wenn dieser Thread schon alt ist (und übrigens sehr gut!), es gibt dazu einen interessanten Bericht des englischsprachigen Newsletter von John Allens "Word From Rome", dort etwa in der Mitte. Man wird mir verzeihen, daß ich das nicht alles übersetze:
I'm forever trying to persuade people of the fallacy of believing that the Vatican has only one way of seeing most issues. Even I would concede, however, that public airing of those differences is less common in the Holy See than in most other organizations. In that light, the most recent issue of Divinitas, a theological journal published by the Vatican press, is especially noteworthy.

This special issue is devoted to an Oct. 26, 2001, decision of three Vatican offices (the Council for Christian Unity, the Congregation for Eastern Churches, and the Congregation for the Doctrine of the Faith) approving inter-communion between the Assyrian Church of the East and its parallel Eastern rite Catholic church, the Chaldean Catholic Church. In so doing, the Vatican accepted the validity of a Eucharistic prayer used by the Assyrians, called the "Anaphora of Addai and Mari," even though it does not contain an "institution narrative" citing the words of Christ at the Last Supper: "Take this, all of you, and eat it," etc.

Though this may seem a classic case of insider's baseball, the decision has two levels of wide significance. First, according to liturgical experts, it suggests a break with traditional sacramental theology that concentrates on verbal formula, towards an approach rooted more in intention and overall meaning -- a step, in other words, towards a more "modern" understanding of the essence of the sacraments. Second, by recognizing the validity of a Eucharistic prayer even though it doesn't conform to the precise norms of the Catholic church, the Vatican seemed to signal a new level of ecumenical sensitivity.

The special issue of Divinitas offers six articles more or less supporting the decision, and four questioning it.

The fact that a Vatican-published journal would run material challenging a joint decision of three dicasteries would, by itself, be remarkable. The language in a couple of the articles, however, goes beyond the polite obfuscation in which such challenges are generally posed. German scholar David Berger, for instance, suggests that the church has no power to do what it did in this case, i.e., approve a Eucharistic prayer lacking the words of Christ.

Adding to the intrigue is the fact that another strongly critical piece was written by a veteran Vatican monsignore, Fr. Brunero Gherardini, who was the postulator for the beatification of Pope Pius IX. Gherardini is the editor-in-chief of Divinitas. Further, the journal comes with an imprimatur from Cardinal Francesco Marchisano, arch-priest of St. Peter's Basilica and the pope's vicar general for Vatican City.

All this suggests that the decision of 2001 has some powerful critics inside Vatican corridors.

Berger is unequivocal: "In none of the other sacraments does such clarity prevail as here: Christ himself, according to the unanimous witness of scripture and tradition, personally and immediately decreed the matter and form of the Eucharist and Baptism. The church thus has no authority to change something in the essential rites of these sacraments which is based on a divine ordinance."

Berger, by the way, publishes in a German periodical called Una Voce Korrespondenz, put out by the German branch of a pro-Latin Mass group called "Una Voce."

Gherardini, professor of ecclesiology and ecumenism for 37 years at the Lateran University and secretary of the Pontifical Academy of Theology, lists five arguments against the anaphora:

1. "Whoever presumes to celebrate the Eucharist by silencing or modifying the words used by Christ in the moment of institution performs not an act of devotion to Christ, but rather its contrary.
2. "That Christ could have consecrated in different ways than the one which is witnessed to by the sources of the New Testament, is not in discussion; but still less can it be discussed, or placed in the shadow of doubt, the lone way in which he himself [consecrated].
3. "This same, lone way is expressed in the words of Institution; 'This is My Body,' 'This is My Blood,' the one form of the Eucharistic sacrament; if one prescinds from that, or substitutes or substantially modifies it, the sacrament does not exist.
4. "This is deduced also from the command with which Christ provides for the actualization of what he did and how he did it.
5. "It follows that the celebrant consecrates the bread and wine solely with the words used by Christ, and in no other way; and, further, that solely one who within the sacred rite pronounces precisely those words in fact consecrates."

It's by no means clear that the Divinitas issue signals a death knell for the 2001 decision. As Gherardini himself notes in another context, he once published a piece in favor of declaring Mary "co-redemptrix" in Divinitas, and to date that view has not prevailed. Moreover, a member of his own editorial committee, Carmelite Fr. Bonifacio Honings, wrote in favor of the decision in the same issue. (Honings, an emeritus professor at the Lateran and Urban universities, wrote that "when the assembly of the Assyrian Church of the East and of the Chaldean Church celebrate the Eucharist, both are convinced, not only of projecting themselves and rooting themselves immediately in the uninterrupted tradition of the Fathers, but also of obeying the command of the Lord: 'Do this in memory of me.'")

Still, the Divinitas issue suggests that reservations about the anaphora are alive and well within the Holy See, backed by influential sectors of Catholic opinion. One Roman source told me that his fear is not so much that the 2001 decision will be rolled back, but that it will become a dead letter in terms of guiding future cases.

In other words, it's a situation well worth watching.

schmitz-backes
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Beitrag von schmitz-backes »

Die unbekannten Freunde von kreuz.net haben einen neuen Artikel zu dem Thema im Netz, anscheinent wird heftig über die Frage debatiert:

http://www.kreuz.net/article.87.html

"Dadurch seien beide vor Repressalien des im Vatikan von Jahr zu Jahr mächtiger und einflußreicher werdenden links-progressiven Blocks geschützt. " :/
"Ihr seid nicht die letzte Nachhut des Mittelalters, sondern die Vorboten einer neuen Zeit!" Joachim Kardinal Meisner

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roncalli
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Beitrag von roncalli »

Der Päpstliche Rat zur Förderung der Einheit der Christen hat geschrieben:"As the Catholic Church considers the words of the Eucharistic Institution a constitutive and therefore indispensable part of the Anaphora or Eucharistic Prayer, a long and careful study was undertaken of the Anaphora of Addai and Mari, from a historical, liturgical and theological perspective, at the end of which the Congregation for the Doctrine of Faith on January 17th, 2001 concluded that this Anaphora can be considered valid. H.H. Pope John Paul II has approved this decision. "
Quelle
Argumente für die Gültigkeit der "umstrittenen" Anaphora

Anaphoren ohne „direkte“ Wandlungsworte bereits unter Pius XI. (1922-1939)

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Philipp Neri
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"Divinitas" zur Anaphora Addai und Mari

Beitrag von Philipp Neri »

Das Divinitas-Heft zu Addai und Mari ist wirklich lesenswert. Neben den Aufsätzen von Msgr. Gherardini und Dr. Berger siehe zum dogmatisch-sakramententheologischen Problem T. Marschler, "Neues und Altes zur eucharistischen Sakramentenform", sowie zum historischen Hintergrund U. M. Lang, "Eucharist Without Institution Narrative? The Anaphora of Addai and Mari Revisited".

In Deutschland zieht die Entscheidung zu Addai und Mari unaufhörlich ihre Kreise. Auf "linker" Seite hört man von „Ausnahmeregelung“ nichts mehr, und die These von den "versprengten Konsekrationsworten" wird dort nur belächelt.

Übrigens kommen in dem Divinitas-Heft auch Autoren zu Wort, die das Dokument des Einheitsrates verteidigen. Es zeigt sich nicht zuletzt, daß die römische Entscheidung zu Addai und Mari (ob man glücklich damit ist oder nicht) einer gründlichen historischen und theologischen Prüfung nicht standhält. So oder so kann dieses römische Dokument nicht das letzte Wort sein. Die Argumentation von P. Lugmayr kann ich nicht nachvollziehen.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ecce gratum et optatum vespertinum gaudium! :)
Salve, Philippe, in hoc claustro retiali.


Leider bin ich seinerzeit nicht mehr dazu gekommen, mich eingehender an der Diskussion mit P. Lugmayr zu beteiligen. Mal schauen, vielleicht schaff’ ich’s doch noch mal, das nachzuholen. Zumal er mir auch noch eine Antwort schuldet, wenn ich mich recht besinne.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Philipp Neri
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Beitrag von Philipp Neri »

Danke für die freundliche Begrüßung & Gratulation zur Website Domus Ecclesiae, die wirklich gut ist. :freude:

Übrigens haben auch die nicht mit Rom unierten Assyrer (zumindest bis vor kurzem) die Anaphora von Addai und Mari mit Einsetzungsbericht verwendet. Darauf weist William Macomber hin, der sich in der ostsyrischen Liturgie und Theologie bestens auskennt.

Im Jahre 1995 wurde von der "altkalendarischen" Assyrischen Kirche des Osten (Patriarchat von Bagdad) bei Babylon Printing in Milpitas, Kalifornien ein Missale (Taksa d'Kudascha d'Rase Kadische) gedruckt, das in der Anaphora von Addai und Mari die Einsetzungsworte nicht nur enthält, sondern sogar im Text durch andersfarbigen Hintergrund hervorhebt („Das ist mein Leib“ – „Das ist mein Blut“).

Freilich reicht das eigentliche Problem viel tiefer. Es ist der allgegenwärtige Archäologismus, wonach das Frühere immer das Bessere sein muß. Hinzu kommen ekklesiologische Vorentscheidungen, wie etwa die, daß das Östliche immer dem Westlichen vorzuziehen sei. Nun schätze ich auch das Erbe des christlichen Orients sehr, aber das ganze muß ja nicht nur als Einbahnstraße laufen. Im 14. Jahrhundert etwa war der ostsyrische Metropolit und Theologe Abdischo durchaus bereit, in einem Austausch mit westlichen Missionaren (Dominikanern und Franziskanern) auch Elemente der lateinischen Theologie aufzunehmen.

Hoffen wir, daß in die Diskussion um Addai und Mari mehr (vom göttlichen Licht erleuchtete) Vernunft einkehrt.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ich will das Thema mal von einer andern Seite angehen. Geschichte und Gegenwart der Kirchen ostsyrisch-chaldäischer Tradition sind nur schwer überschaubar, und darum will ich auch gar nicht erst versuchen, hier einen Überblick zu geben. In den letzten Jahren gab es die bekannten Versuche zur Annäherung gespaltener Teile, die in jüngster Zeit allerdings durch die politischen Ereignisse im Irak wieder gefährdet erscheinen, da die den Nordirak beherrschenden Kurden – dort sind auch die traditionellen Siedlungsgebiete der chaldäischen oder ostsyrischen Christen – aus eigenem Machtinteresse geschickt religiöse und tribale Gegensätze unter den Christen ausnutzen, um deren Spaltung zu vertiefen, während sie selbst die volle Unterstützung der amerikanischen Besatzungstruppen haben.

Nichtsdestotrotz gibt es zahlreiche verwandtschaftliche Beziehungen unter den Christen der verschiedenen kirchlichen Denominationen, „Mischehen“ kommen und kamen von jeher nicht selten vor. Was aber heißt dort „Mischehe“? – Man hüte sich, unser seit der Reformation ekklesiologisch deformiertes, konfessionalistisches Denken ohne weiteres in den Irak zu projizieren. Es gilt nämlich ganz schlicht das Prinzip, daß die Frau dem Manne folgt. Sie zieht in sein Dorf und nimmt mit ihm an der Liturgie teil.

Niemand käme auf den Gedanken – weder in der einen, noch in der andern Richtung –, daß sie damit ihres Seelenheils oder auch nur der Gnade der Sakramente verlustig ginge. Auch dann nicht, wenn man im Einzelfall durchaus begründete Zweifel an Glaubenslehre und -praxis der jeweils andern Seite hat. Mit andern Worten, auch wenn offiziell keine Sakramentengemeinschaft besteht, sieht die Praxis des Volks anders aus, die trennende Wand ist durchlässiger, als der Europäer aus der Ferne vermuten möchte.

Auf der andern Seite sind bei den mit dem Bischof von Rom nicht in Gemeinschaft stehenden Kirchen seit Jahrzehnten zunehmend deutliche Tendenzen erkennbar, Mißstände zu erkennen und allmählich zu beseitigen. So war das Schisma innerhalb der von Rom getrennten Ostsyrer von 1968 zwar einerseits von der (gregorianischen) Kalenderreform des amtierenden Katholikos Simon motiviert – die sich abspaltende Minderheit waren also „Altkalendarier“ –, zugleich aber brach diese Minderheit durch die Wahl eines Gegen-Katholikos mit dem halbtausendjährigen Mißbrauch der Erblichkeit des Katholikats in einer Familie.

Als der Mehrheits-Katholikos, mittlerweile in Amerika residierend, sich seines Amtes entledigen und heiraten wollte und schließlich 1975 ermordet wurde, kam es auch in der Mehrheitsgruppe zum Ende des erblichen Katholikats, indem nicht wieder ein Neffe, sondern 1976 der Teheraner Bischof als Mar Dincha IV. (Ch’nanja) erwählt wurde.

Auch Philipp Neris obiger Hinweis auf die (?) 1995 von der (altkalendarischen) Minderheitsgruppe herrausgegebene Taksa d-Rase mit „Einsetzungsbericht“ geht in dieselbe Richtung. Wenn nun aber auf „pastoraler“ Ebene kein Handlungsbedarf besteht und die getrennte Seite begrüßenswerte Schritte zur Abstellung von Mißständen erkennen läßt, was um Himmels willen mag dann die römischen Behörden bewogen haben, jenen Beschluß zur Gültigerklärung jener Anaphora von Addai und Mari zu fassen, welche die Wandlungswort weder direkt noch in indirekter Rede Jesu enthält?

Zwei Erklärungen vermag ich mir vorzustellen. Entweder war man zweifelsfrei überzeugt, daß erstens ein Hochgebet ohne Wandlungsworte mit Gewißheit gültig ist, sofern nur irgendwie implizit aus ihm hervorgeht, daß es die stattgehabte Wandlung voraussetzt, und daß zweitens es angebracht war, dies jetzt allen Gläubigen verpflichtend vorzulegen.

Oder man wollte gleichsam ein Exempel statuieren, um zu zeigen, daß das Lehramt jederzeit die Vollmacht habe zu definieren – auch neu zu definieren –, was Materie und Form eines Sakrament seien. Und wenn solches bei der Eucharistie möglich ist, dann wird es künftig erst recht mit jedem andern Sakrament funktionieren, als erstes vielleicht mit dem Weihesakrament, hinsichtlich dessen ja mancher Kardinal schon neue Lehren vorträgt, so etwa von der vermeintlich kollektiven Bedeutung der apostolischen Sukzession.

Die erste Erklärung scheidet aus, weil nicht nur offenkundig weiterhin erhebliche Zweifel an der Gültigkeit im Volk wie auch im Lehramt bestehen, sondern weil die lehramtliche Erklärung selbst mit ihrer Empfehlung, bei Teilnahme chaldäisch-katholischer Gläubiger an der Liturgie möglichst doch jene Anaphora mit eingefügten Wandlungsworten zu verwenden, eigene Zweifel der Verfasser erkennen läßt.

Die zweite Erklärung – und nur sie bleibt mir – bedeutet einen eklatanten Bruch mit der apostolischen Tradition, nach welcher das Lehramt nur Hüter und nicht Herr der Sakramente ist. Sie bedeutet, daß die römische Entscheidung glaubenswidrig ist und überdies die Gefahr eines vollständigen Dammbruchs heraufbeschwört.

Ich wünschte, ich fände eine bessere und beruhigendere Erklärung. So aber kann ich nur auf ihre Rücknahme drängen, selbst wenn dadurch neuer Schaden im Verhältnis zu den getrennten Ostsyrern verursacht wird. Doch solcher Schade hätte vermieden werden können und müssen, indem man darauf verzichtet hätte, überhaupt über die Gültigkeit jener Anaphora zu beschließen. Denn das sei noch einmal gesagt: Auch an der umgekehrten Aussage, die Anaphora von Addai und Mari sei ohne explizite Wandlungsworte mit Gewißheit ungültig, können durchaus berechtigte Zweifel bestehen. Keiner hat das verlangt. Nun aber hat man sich ohne Not zu einer weitreichenden Aussage hinreißen lassen, offenbar, wie oben dargelegt, von ganz anderen Beweggründen getrieben. Möge der Schade sich begrenzen lassen.
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Philipp Neri
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Beitrag von Philipp Neri »

Oder man wollte gleichsam ein Exempel statuieren, um zu zeigen, daß das Lehramt jederzeit die Vollmacht habe zu definieren – auch neu zu definieren –, was Materie und Form eines Sakrament seien. Und wenn solches bei der Eucharistie möglich ist, dann wird es künftig erst recht mit jedem andern Sakrament funktionieren, als erstes vielleicht mit dem Weihesakrament, hinsichtlich dessen ja mancher Kardinal schon neue Lehren vorträgt, so etwa von der vermeintlich kollektiven Bedeutung der apostolischen Sukzession.
Das ist der springende Punkt - fürchte ich. Aus diesem Grund ist dieses Dokument auch so beunruhigend. Damit wurde die Büchse der Pandora geöffnet, und jetzt muß man einen Weg finden, sie wieder zu schließen.

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