Origenes: Apokatastasislehre et al.

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Benutzeravatar
spectator
Beiträge: 1187
Registriert: Dienstag 2. März 2004, 09:25

Origenes: Apokatastasislehre et al.

Beitrag von spectator »

Thema ist abgetrennt worden. Spectator hat es nicht eröffnet. MfG Petra.

Ursprungsthema

Ralf hat geschrieben:Voraussetzen dürfen wir aber gar nichts.
wir nicht.
Gott setzt aber den Glauben voraus.
Wenn nicht geglaubt wird, dann gute Nacht.
Ralf hat geschrieben:Es gibt keinen gottleeren Raum.
o doch, es gibt ihn – die Abkehr von Ihm.

Lucia

Beitrag von Lucia »

spectator hat geschrieben:
Ralf hat geschrieben:Es gibt keinen gottleeren Raum.
o doch, es gibt ihn – die Abkehr von Ihm.
Nein - auch bei denen, die sich abkehren, ist ER und gibt immer wieder die Möglichkeit zur Umkehr.

Benutzeravatar
spectator
Beiträge: 1187
Registriert: Dienstag 2. März 2004, 09:25

Beitrag von spectator »

Lucia Hünermann hat geschrieben:Nein - auch bei denen, die sich abkehren, ist ER und gibt immer wieder die Möglichkeit zur Umkehr.
Das Paradies auf Erden. Hurra.
...und SEINE Gegenwart heiligt und garantiert die Erlösung.

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Eine Idee weniger Sarkasmus und Bitternis wäre mitunter hilfreich und dem gegenseitigen Verständnis förderlich, edler Herre Aramis. :)
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Benutzeravatar
Erich_D
Beiträge: 1098
Registriert: Mittwoch 1. Oktober 2003, 21:58
Wohnort: Salzbayern
Kontaktdaten:

Beitrag von Erich_D »

Lucia Hünermann hat geschrieben:
spectator hat geschrieben:
Ralf hat geschrieben:Es gibt keinen gottleeren Raum.
o doch, es gibt ihn – die Abkehr von Ihm.
Nein - auch bei denen, die sich abkehren, ist ER und gibt immer wieder die Möglichkeit zur Umkehr.
R. Schwager, Jesus im Heilsdrama
H.U.v.Balthasar*, der schon seit seiner Studienzeit durch den theologischen Gegensatz zwischen der östlichen (Origenes) und westlichen Tradition (Augustinus) beunruhigt wurde, hat die große Erwählungslehre Barths ins Katholische integriert und ihr durch seine "Theodramatik" zugleich eine neue Ausrichtung gegeben. Die Güte, die Gerechtigkeit und der Zorn Gottes stehen bei ihm im Rahmen jenes heilsgeschichtlichen Prozesses, der sich im Spannungsfeld zwischen ungeschaffener und geschaffener Freiheit abspielt. Zwar wird auch in der Erlösungslehre Balthasars Christus mit der ganzen Weltsünde (und insofern mit dem Zorn Gottes) beladen, aber der Mensch erhält doch wegen seiner Wahlfreiheit als Bundespartner im göttlichen Heilsdrama einen eindeutigeren Stellenwert. Der Zorn ist nach Balthasar eine Reaktion Gottes auf das Versagen der geschöpflichen Freiheit, wobei diese - im Unterschied zu Irenäus - dennoch nicht hilflos dem Gericht ausgeliefert wird. Weil der Sohn Gottes im Liebesgehorsam die totale Verlassenheit und Gottferne der Sünder ausgekostet hat, konnte er die in ihrer Sünde verfangene geschöpfliche Freiheit gleichsam unterwandern. Selbst der verstockteste Sünder ist deshalb in seiner Gottferne nie allein, sondern Christus ist ihm durch seinen Gang ans Kreuz und in die Unterwelt nahe gekommen. Die christliche Erlösungsbotschaft enthält folglich, ohne daß die geschöpfliche Freiheit überspielt wird, die voll begründete Hoffnung, daß der Gekreuzigte letztlich alle Menschen erreichen kann und daß keiner verloren geht.
* Balthasar, H.U.v., Theodramatik, 4, 223-293
"Spiel nicht mit den Schmuddelkindern sing nicht ihre Lieder. Geh doch in die Oberstadt mach´s wie deine Brüder", so sprach die Mutter, sprach der Vater, lehrte der Pastor."

Benutzeravatar
Juergen
Beiträge: 26999
Registriert: Mittwoch 1. Oktober 2003, 21:43

Beitrag von Juergen »

Erich Dumfarth hat geschrieben:...Die christliche Erlösungsbotschaft enthält folglich, ohne daß die geschöpfliche Freiheit überspielt wird, die voll begründete Hoffnung, daß der Gekreuzigte letztlich alle Menschen erreichen kann und daß keiner verloren geht.
Apokatastasislehre ich hör dich leise trappsen.
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
- Offline -

Benutzeravatar
Erich_D
Beiträge: 1098
Registriert: Mittwoch 1. Oktober 2003, 21:58
Wohnort: Salzbayern
Kontaktdaten:

Beitrag von Erich_D »

Juergen hat geschrieben:
Erich Dumfarth hat geschrieben:...Die christliche Erlösungsbotschaft enthält folglich, ohne daß die geschöpfliche Freiheit überspielt wird, die voll begründete Hoffnung, daß der Gekreuzigte letztlich alle Menschen erreichen kann und daß keiner verloren geht.
Apokatastasislehre ich hör dich leise trappsen.
Dein Gegenvorschlag? Hoffen darauf, dass einige verloren gehen? Hoffen dürfen wir immer.
"Spiel nicht mit den Schmuddelkindern sing nicht ihre Lieder. Geh doch in die Oberstadt mach´s wie deine Brüder", so sprach die Mutter, sprach der Vater, lehrte der Pastor."

Ralf

Beitrag von Ralf »

Juergen hat geschrieben: Apokatastasislehre....
Jetzt noch einmal für nicht so theologisch Versierte.... :kratz: :motz:

Benutzeravatar
Juergen
Beiträge: 26999
Registriert: Mittwoch 1. Oktober 2003, 21:43

Beitrag von Juergen »

Ralf hat geschrieben:
Juergen hat geschrieben:Apokatastasislehre....
Jetzt noch einmal für nicht so theologisch Versierte.... :kratz: :motz:
Eine Lehre des Origenes, der unter Berufung auf Apg 3,21 meint: "Wir kommen, alle, alle, alle in den Himmel...."

Lucia

Beitrag von Lucia »

und - ist diese Lehre als häretisch verworfen? Oder nur bestimmte Interpretationen? Oder gar nicht?

Benutzeravatar
Erich_D
Beiträge: 1098
Registriert: Mittwoch 1. Oktober 2003, 21:58
Wohnort: Salzbayern
Kontaktdaten:

Beitrag von Erich_D »

Ralf hat geschrieben:
Juergen hat geschrieben: Apokatastasislehre....
Jetzt noch einmal für nicht so theologisch Versierte.... :kratz: :motz:
Allversöhnungslehre. Sie wurde durch ein Edikt Kaiser Justinians und durch das dritte Konzil von Konstantinopel verurteilt.

Schwager weist allerdings in dem von mir zitierten Dokument darauf hin, dass diese auch von anderen griechischen Vätern, etwa dem in der Ostkirche besonders verehrten Gregor von Nyssa, vertreten und erwogen wurde, ohne dass diese je kirchlich verdächtigt wurden, und dass aus diesem Grunde diese in der Ostkirche immer eine gewisse Rolle spielte.
"Spiel nicht mit den Schmuddelkindern sing nicht ihre Lieder. Geh doch in die Oberstadt mach´s wie deine Brüder", so sprach die Mutter, sprach der Vater, lehrte der Pastor."

Benutzeravatar
Juergen
Beiträge: 26999
Registriert: Mittwoch 1. Oktober 2003, 21:43

Beitrag von Juergen »

Erich Dumfarth hat geschrieben:
Juergen hat geschrieben:
Erich Dumfarth hat geschrieben:...Die christliche Erlösungsbotschaft enthält folglich, ohne daß die geschöpfliche Freiheit überspielt wird, die voll begründete Hoffnung, daß der Gekreuzigte letztlich alle Menschen erreichen kann und daß keiner verloren geht.
Apokatastasislehre ich hör dich leise trappsen.
Dein Gegenvorschlag? Hoffen darauf, dass einige verloren gehen? Hoffen dürfen wir immer.
Ja,
solange von "Hoffnung" und "....erreichen kann" gesprochen wird, ist es ja OK; daher höre ich es auch nur "leise! trappsen" und nicht "laut poltern".
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
- Offline -

Benutzeravatar
cathol01
Beiträge: 1562
Registriert: Mittwoch 17. Dezember 2003, 14:38
Wohnort: Archidioecesis Luxemburgensis
Kontaktdaten:

Beitrag von cathol01 »

Apokatastasis ist im Laufe der Geschichte zu dem Fachbegriff für die Idee einer endzeitlichen endgültigen Versöhnung aller Wesen in der vollendeten Schöpfung geworden, mit dem Akzent darauf, dass auch die "Verlorenen" und "Verdammten" (manchmal einschliesslich der "Dämonen") ebenfalls "wiedergebracht" werden. Der Gebrauch dieses Begriffs ist in der Bibel begründet.

Die Lehre von der Apokatastasis wurde vor allem von Origines vertreten, der verurteilt wurde, wodurch der Blick für seine positiven Ansätze weitestgehend verloren ging. In dieselbe Richtung dachten die Kappadokier (Gregorius von Nyssa, Gregorius von Nazianz) sowie viele Vertreter der alexandrinischen und der antiochenischen Schule - ohne verurteilt zu werden, wohlverstanden.

Gegenentwurf ist Augustins Lehre vom doppelten Ausgang des Gerichts (es gibt Erlöste und endgülti Verdammte) - eine Lehre, die danach fast unisono aufgenommen worden ist, wobei diese Gewissheit dann vor allem wiederum von Seiten der Mystik kritisiert worden ist. Der Gedanke der Apokatastasis, d.h. der Rettung aller wird von de Pietisten, von Schleiermacher, Troeltsch und in gewisser Hinsicht auch Barth, wieder aufgenommen.

Gegenwärtig wird in dieser Frage eine Neurorientierung aufgrund der Hl. Schrift angestrebt: Die Möglichkeit, sich definitiv gegen Gott zu entscheiden und auch vor dem letzten Gericht zu dieser Entscheidung zu stehen, wird als reale Möglichkeit festgehalten, allerdings wird betont, dass uns von keinem Menschen offenbart ist, dass er in der Tat entgültig verloren ist. Es wird also eine legitime Hoffnung auf die Rettung aller durch Gott, der will, dass alle selig werden, propagiert.
"Das Wahre ist nicht sicherer als das Wahrscheinliche."
(Diogenes Laërcius)

Benutzeravatar
Juergen
Beiträge: 26999
Registriert: Mittwoch 1. Oktober 2003, 21:43

Beitrag von Juergen »

Erich Dumfarth hat geschrieben:Allversöhnungslehre. Sie wurde durch ein Edikt Kaiser Justinians und durch das dritte Konzil von Konstantinopel verurteilt.
:kratz:
Das dritte Konzil v. Konstantinopel war 680/681.
Kaiser Justinian ist aber schon 575 gestorben.

Es war der sog. Dreikapitelstreit 544 (etwa 10 Jahre vor dem II. Konzil v. Konstantinopel 553).

Genauer gesagt war es aber eine Verurteilung einiger Lehren des Origines in der Interpretation einiger Mönche von Jerusalem. Origines selbst hat es das natürlich nicht mehr erlebt, da er zu dem Zeitpunkt schon 300 Jahre tot war.
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
- Offline -

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Erich Dumfarth hat geschrieben:
Dein Gegenvorschlag? Hoffen darauf, dass einige verloren gehen? Hoffen dürfen wir immer.
Natürlich dürfen wir. Wir sollen und müssen es sogar, wenn wir menschlich bleiben wollen. Die Möglichkeit einer ewigen Verdammnis ist dermaßen schrecklich und grauenvoll, dass kein Mensch sich je wagen sollte, dies für einen anderen Menschen in Betracht zu ziehen.

Ich weiß jetzt nicht, ob das bei Kierkegaard stand, aber der einzige Mensch, bei dem wir befürchten dürfen und müssen, dass er des ewigen Lebens verloren gehen könnte, sind wir selbst.

Geronimo

Benutzeravatar
Erich_D
Beiträge: 1098
Registriert: Mittwoch 1. Oktober 2003, 21:58
Wohnort: Salzbayern
Kontaktdaten:

Beitrag von Erich_D »

Juergen hat geschrieben:
Erich Dumfarth hat geschrieben:Allversöhnungslehre. Sie wurde durch ein Edikt Kaiser Justinians und durch das dritte Konzil von Konstantinopel verurteilt.
:kratz:
Das dritte Konzil v. Konstantinopel war 680/681.
Kaiser Justinian ist aber schon 575 gestorben.

Es war der sog. Dreikapitelstreit 544 (etwa 10 Jahre vor dem II. Konzil v. Konstantinopel 553).

Genauer gesagt war es aber eine Verurteilung einiger Lehren des Origines in der Interpretation einiger Mönche von Jerusalem. Origines selbst hat es das natürlich nicht mehr erlebt, da er zu dem Zeitpunkt schon 300 Jahre tot war.
Du hast recht, es war das Zweite Konzil von Konstantinopel (553 n.Chr.).
"Spiel nicht mit den Schmuddelkindern sing nicht ihre Lieder. Geh doch in die Oberstadt mach´s wie deine Brüder", so sprach die Mutter, sprach der Vater, lehrte der Pastor."

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Juergen hat geschrieben: daher höre ich es auch nur "leise! trappsen" und nicht "laut poltern".
Ja ... und wie es seit Origines' Zeit trappst. Irgendwie nicht totzukriegen, dieser Gedanke. Im Grund ist er seit seiner Entstehung nie wieder aus der Kirche verschwunden.
Irgendwo in einem anderen Thread hatte ich schon mal erwähnt, dass Origines auch in kirchlichen Veröfffentlichungen ganz schön Fuß gefasst hat - so im Kleinen Stundenbuch. Ganz schönes Comeback für einen Ketzer ... ;)

Geronimo

Benutzeravatar
Juergen
Beiträge: 26999
Registriert: Mittwoch 1. Oktober 2003, 21:43

Beitrag von Juergen »

Geronimo hat geschrieben:...Irgendwo in einem anderen Thread hatte ich schon mal erwähnt, dass Origines auch in kirchlichen Veröfffentlichungen ganz schön Fuß gefasst hat - so im Kleinen Stundenbuch. Ganz schönes Comeback für einen Ketzer ... ;)
Ich denke Origines kann man nicht generall und nicht in allen seinen Schriften als Ketzer bezeichnen.
So sagt das "Decretum Gelasianum" etwa:
...Ebenso nehmen wir manche Werke des Origines, die der selige Hieronymus nicht verwirft, als lesbar auf...
(DH 353)
Anders freilich das II. Konzil v. Konstantinopel:
... Wer ... Origines mitsamt ihren gottlosen Schriften nicht mit dem Anathema belegt, und (ebenso) alle anderen Häretiker ..., der sei mit dem Anathema belegt.
(DH 433)
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
- Offline -

Benutzeravatar
Erich_D
Beiträge: 1098
Registriert: Mittwoch 1. Oktober 2003, 21:58
Wohnort: Salzbayern
Kontaktdaten:

Beitrag von Erich_D »

Ist es denn überhaupt korrekt Origenes als Häretiker zu bezeichnen? Die Feststellung bzw. Entscheidung, dass Teile seiner Theologie irrig - häretisch - seien, wurde ja erst lange nach seinem Tod getroffen. Insofern scheint es mir nicht ganz richtig, ihn als Häretiker zu bezeichnen, ungeachtet des Urteils über Teile seiner Schriften.

Wie ich gerade sehe, sieht dies auch das Lexikon der christlichen Moral so:

Der Begriff der H. trifft nicht eigentl. auf den gutgläubigen Irrtum zu (materiale H.; die Kirche spricht jetzt lieber von "getrennten Brüdern", vgl. 2. Vat. Konz., UR 3 4), sondern auf die Verweigerung der Glaubenszustimmung trotz Einsicht (formale H.). Ihre Möglichkeit hat Jesus Christus vorausgesagt (Mk 13,6). Die Kirche hat unter häretischen Absonderungen von Anfang an gelitten ("Auch aus eurer Mitte werden sich Männer erheben u. mit verkehrten Reden die Jünger auf ihre Seite zu ziehen suchen", Apg 20,30; vgl. Kol 2,18 ). Der eigentl. Häretiker weist den offenbarenden Gott u. die von ihm zur Lehrerin bestellte Kirche zurück. Er verfällt der Kirchenstrafe der Exkommunikation (CICc. 2314), durch die ja nur die Trennung festgestellt wird, in die er sich selbst begeben hat (vgl. Pius XII., Enz. "Mystici corporis", D 3803). Auf die Heilsgefahr für die formalen Häretiker verweist das Konz. v. Florenz (D 1351).
Zuletzt geändert von Erich_D am Sonntag 7. März 2004, 13:22, insgesamt 1-mal geändert.
"Spiel nicht mit den Schmuddelkindern sing nicht ihre Lieder. Geh doch in die Oberstadt mach´s wie deine Brüder", so sprach die Mutter, sprach der Vater, lehrte der Pastor."

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Es gibt diesen hübschen Ausspruch:

"Lieber mit Origines irren als mit anderen recht haben." (Vinzenz von Lerin).

Geronimo

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Geronimo hat geschrieben:»Natürlich dürfen wir. Wir sollen und müssen es sogar, wenn wir menschlich bleiben wollen. Die Möglichkeit einer ewigen Verdammnis ist dermaßen schrecklich und grauenvoll, daß kein Mensch je wagen sollte, dies für einen anderen Menschen in Betracht zu ziehen.«
Nicht zu erhoffen, aber »in Betracht zu ziehen« selbstverständlich – weshalb sonst verkünden wir das Evangelium? Vor allen aber sollten wir das für uns selber »in Betracht ziehen«.
Geronimo hat geschrieben:»Ich weiß jetzt nicht, ob das bei Kierkegaard stand, aber der einzige Mensch, bei dem wir befürchten dürfen und müssen, daß er des ewigen Lebens verloren gehen könnte, sind wir selbst.«
Fast. Nicht der einzige, aber der erste.
Geronimo hat geschrieben:»Irgendwo in einem anderen Thread hatte ich schon mal erwähnt, daß Origines auch in kirchlichen Veröfffentlichungen ganz schön Fuß gefaßt hat – so im Kleinen Stundenbuch. Ganz schönes Comeback für einen Ketzer ...«
Auch im großen. Irgendwo in den Anhängen wird er auch noch zum Märtyrer hochgelogen.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Benutzeravatar
Erich_D
Beiträge: 1098
Registriert: Mittwoch 1. Oktober 2003, 21:58
Wohnort: Salzbayern
Kontaktdaten:

Beitrag von Erich_D »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Auch im großen. Irgendwo in den Anhängen wird er auch noch zum Märtyrer hochgelogen
Etwas mehr Vorsicht mit so Ausdrücken wie "hochgelogen". Aus der Catholic Encyclopedia (Origenes):

The persecution of Decius (250) prevented him from continuing these works. Origen was imprisoned and barbarously tortured, but his courage was unshaken and from his prison he wrote letters breathing the spirit of the martyrs (Eusebius, "Hist. eccl.", VI, xxxix). He was still alive on the death of Decius (251), but only lingering on, and he died, probably, from the results of the sufferings endured during the persecution (253 or 254), at the age of sixty-nine (Eusebius, "Hist. eccl.", VII, i).


Die "These" eines Martyriums des Origenes unter Decius ist also mitnichten "hochgelogen" in heutiger Zeit.
"Spiel nicht mit den Schmuddelkindern sing nicht ihre Lieder. Geh doch in die Oberstadt mach´s wie deine Brüder", so sprach die Mutter, sprach der Vater, lehrte der Pastor."

Matti
Beiträge: 51
Registriert: Sonntag 5. Oktober 2003, 10:36

Beitrag von Matti »

tja. gestern häretiker und heute rehabilitiert als kirchenvater

wer von wem welche zuschreibung erhält - ist halt eine frage zeitgeschichtlich (kirchen/machtpolitisch) gebundenen interesses...

Benutzeravatar
Erich_D
Beiträge: 1098
Registriert: Mittwoch 1. Oktober 2003, 21:58
Wohnort: Salzbayern
Kontaktdaten:

Beitrag von Erich_D »

Matti hat geschrieben:tja. gestern häretiker und heute rehabilitiert als kirchenvater

wer von wem welche zuschreibung erhält - ist halt eine frage zeitgeschichtlich (kirchen/machtpolitisch) gebundenen interesses...
Das ist so auch nicht richtig. Die Hinzuzählung des Origines zu den Kirchenvätern ist kein Ding unserer Zeit. So ist Origenes mit seinen Werken selbstverständlich in den 61 Bänden der "Bibliothek der Kirchenväter" enthalten (in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts herausgegeben).
"Spiel nicht mit den Schmuddelkindern sing nicht ihre Lieder. Geh doch in die Oberstadt mach´s wie deine Brüder", so sprach die Mutter, sprach der Vater, lehrte der Pastor."

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Beitrag von Robert Ketelhohn »

cathol01 hat geschrieben:»Apokatastasis ist im Laufe der Geschichte zu dem Fachbegriff für die Idee einer endzeitlichen endgültigen Versöhnung aller Wesen in der vollendeten Schöpfung geworden, mit dem Akzent darauf, daß auch die "Verlorenen" und "Verdammten" (manchmal einschließlich der "Dämonen") ebenfalls "wiedergebracht" werden. Der Gebrauch dieses Begriffs ist in der Bibel begründet.«
Der Begriff wird in der Tat von Lucas verwendet (Act 3,21); nach der ganzen Tradition der Kirche und den ausdrücklichen Lehrentscheidungen jedoch nicht im Sinne der origeneischen Apocatastasis.
cathol01 hat geschrieben:»Die Lehre von der Apokatastasis wurde vor allem von Origines vertreten, der verurteilt wurde, wodurch der Blick für seine positiven Ansätze weitestgehend verloren ging. In dieselbe Richtung dachten die Kappadokier (Gregorius von Nyssa, Gregorius von Nazianz) sowie viele Vertreter der alexandrinischen und der antiochenischen Schule – ohne verurteilt zu werden, wohlverstanden. Gegenentwurf ist Augustins Lehre vom doppelten Ausgang des Gerichts (es gibt Erlöste und endgültig Verdammte) – eine Lehre, die danach fast unisono aufgenommen worden ist …«
Diese Darstellung ist nicht korrekt. Zunächst handelt es sich bei der kirchlichen Lehre, daß es das ewige Heil ebenso gibt wie die ewige Verdammnis, nicht um eine Erfindung Augustins. Sie liegt vielmehr bereits im Alten Bund vor, namentlich bei den Propheten (cf. Is 66,24) oder in der Weisheitslitteratur (cf. Ps 1).

Das war freilich unter den Juden zur Zeit Jesu keineswegs einhellige Meinung. Jesus selbst hat aber nachdrücklich daran erinnert, man denke insbesondere an seine Reden vom unauslöschlichen Feuer (Mc 9,42-48; cf. Mt 25,41) und an das Gleichnis vom armen Lazarus (Lc 16,19-31). Johannes der Täufer hat dasselbe vorausverkündigt (Mt 3,12), nicht minder alsdann die Apostel (cf. Hbr 10,26-31; II Pt 3,7; Apc 20).

Die ewige Verdammnis als schreckliche Realität ist daher schon in den Schriften der apostolischen Väter klar und deutlich benannt, und zwar praktisch durchgängig: von Ignatius Antiochenus über das Polycarp-Martyrium, den Diognetbrief, den zweiten Clemensbrief, Justin den Märtyrer und Theophil von Antiochien bis zu Irenæus von Lyon; weiterhin bei Minucius Felix und Hippolyt von Rom, Tertullian, Cyprian und Lactanz, ja sogar bei Clemens von Alexandrien, und schließlich – zu Beginn der Väterzeit – ungebrochen im Osten wie im Westen, so bei Ephræm dem Syrer und Hilarius von Poitiers.

Unterdessen freilich – in der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts – hatte Origenes in seiner privaten chirstlich-platonischen Mischschule zu Cæsarea dezidiert anderes gelehrt: nämlich die Aufhebung des nur scheinbar „ewigen“ oder bloß allegorisch so bezeichneten Feuers in jener von ihm erstmals in den christlichen Bereich eingeführten Allversöhnung, auf die er die oben erwähnte Stelle der Apostelgeschichte deutet. Dieser Gedanke war der Kirche bis dahin fremd, und recht verständlich wird er nur, wenn man die platonische Seelenlehre, auf deren Grund Origenes steht, einigermaßen kennt.

Nur wird heute gemeinhin behauptet, „die Cappadocier“ – also Basilius der Große, Gregor von Nazianz und Gregor von Nyssa – hätten unter dem Einfluß des Origenes dieselbe Lehre vertreten. Ist das wahr? – Ich finde schnell eine Stelle bei Gregor von Nyssa, die so interpretiert wird: or. catech. 26. Ich lese dort freilich nichts von einem Ausschluß der Möglichkeit endgültiger Verwerfung. Spontan kommt mir ein anderer Gedanke: nämlich was Gregor dort vom reinigenden Feuer und der endlichen Wiederherstellung schreibt, auf die – später im Westen theologisch weiter ausgearbeitete – Lehre vom Purgatorium zu lesen.

Ist solche Deutung zulässig? – Eindeutig: ja. Basilius der Große bestätigt das klar und deutlich, indem die (origeneische ) Lehre, es gebe kein endgültig-ewiges Feuer, zurückweist und Ewigkeit der Strafe und Ewigkeit des Heils als gleichermaßen notwendig einander gegenüberstellt (reg. brev. tract. 267, unter Berufung auf Mt 25,41.46; Mc 9,45; Is 66,24).

Suchen wir nun weiter bei Gregor von Nazianz, so finden wir das auch bei ihm gesagt, ja sogar ausdrücklich genau so, wie oben vermutet: Er unterscheidet nämlich ein reinigendes (endliches) und ein strafendes (ewiges) Feuer (or. 40,36). Und Gregor von Nyssa? Nun, sein Stil ist ein wenig anders, weniger klar festzulegen. Doch von ewigen Strafen redet auch er, so etwa in einem Traktat »adversus eos qui castigationes ægre ferunt«.

Die „Cappadocier“ sind hier also keineswegs origenistisch. Ebenso stehen die späteren Väter, wie Augustin und Johannes Chrysostomus, weiterhin ganz in der Tradition. Eine origenistische Untergrundströmung bestand noch lange fort, namentlich in Teilen des östlichen Mönchtums – und ist neuerdings wieder erwacht –, doch hat die Kirche deren Lehren eindeutig zurückgewiesen.

Soviel zu den historischen Fakten. Dazu gehört freilich immer – auch nach der Tradition –, daß ich mich zu hüten habe, über irgend jemanden ein Urteil zu fällen. Aber über die reale Möglichkeit, endgültig verloren zu gehen, sollte ich mir klar sein – oder wieder klar werden. Gut, ab und zu daran erinnert zu werden.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Benutzeravatar
Erich_D
Beiträge: 1098
Registriert: Mittwoch 1. Oktober 2003, 21:58
Wohnort: Salzbayern
Kontaktdaten:

Beitrag von Erich_D »

zur "Allversöhnungslehre" einige sehr bedenkenswerte Abschnitte aus Raymund Schwagers Eschatologie:

456 8.3.1Origenes und östliche Theologen

457 Origenes (152) stützte sich auf paulinische Aussagen vom universalen Heilswillen Gottes und entwarf den Gedanken, mit der ewigen Höllenstrafe sei nur eine sehr lange Zeit gemeint. Durch einen inneren Prozeß würden sich alle Wesen mit der Zeit reinigen, und schließlich würden alle Verdammten (auch der Teufel) gerettet werden (Apokatastasis). In ähnlicher Weise lehrte Gregor v. Nyssa, das Böse sei aus sich heraus begrenzt, deshalb müßten die ins Böse Eingeschlossenen eines Tages ans Ende ihres bösen Tuns kommen (vgl auch: Gregor von Nazianz, Didymus der Blinde, Evagrius Ponticus, Theodor von Mopsuestia, Maximus Confessor) (153).

458 Bei der Verurteilung der Origenisten durch das II. Konzil von Konstantinopel (543) wurde als neunter von neun Gründen die Lehre von der Apokatastasis und von der Zeitlichkeit der Höllenstrafe genannt (NR 891). Andere Vertreter der gleichen Lehre wurden bei dieser Verurteilung aber nicht erwähnt, und sie blieben sogar höchste theologische Autoritäten (Gregor v.Nyssa, Gregor v.Nazianz etc.). Dies legt die Vermutung nahe, daß dieser Grund nicht zentral war.

459 Im Westen gab es nur einige Randströmungen innerhalb der Reformation, die die Allversöhnungslehre vertreten haben. (154)


Ich überspringe die Ausführungen zu Augustinus sowie jene zu Barth, sie können ja bei Schwager nachgelesen werden.

467 8.3.4 H.U.v. Balthasar

468 Im katholischen Raum findet sich eine Sicht, die mit der K.Barths verwandt ist, zunächst in spirituellen und dichterischen Erfahrungen (vgl. Theresia v. Lisieux, Charles Péguy, Bernanos, Gertrud v. Le Fort). Auf theologischer Ebene begegnen wir ähnlichen Gedanken bei E. Przywara (Deus semper maior), vor allem aber in der Theologie von H.U.v. Balthasar, der von K. Barth stark beeinflußt wurde.

469 In einem wichtigen Punkt unterscheidet sich v. Balthasar von Barth. Der protestantische Theologie denkt ganz von der Erwählung Gottes her, wobei die menschliche Freiheit von einer großen dialektischen Bewegung zwischen Erwählung und Verwerfung überrollt zu werden droht. Balthasar hingegen nimmt die menschliche Freiheit ernster, so ernst wie Augustinus bezüglich der Sünde Adams. Er spricht deshalb auch sehr direkt vom Zorn Gottes, der alle Sünder trifft. Zugleich folgt v.Balthasar aber jener universalen Heilshoffnung, wie sie sich bei Origenes und K.Barth findet.

470 Christus hat am Kreuz den Zorn Gottes und die Hölle erfahren, ja er war der einzige, der im vollen Sinn diese Erfahrung machen konnte. Weil er als Sohn ganz mit dem Vater in Liebe eins ist, konnte er wie keiner sonst erfahren, was Gottverlassenheit bedeutet. Er ging im Auftrag des himmlischen Vaters und aus solidarischer Liebe zu den Menschen in diese Verlassenheit und ins Zornesgericht am Kreuz. Dabei identifizierte er sich mit allen Sündern, und konnte so die Hölle "unterwandern". - Wenn ein Sünder sich von Gott abwendet und sich in seine stolze Einsamkeit einschließen und verstocken will, dann muß er spätestens in seiner Todesstunde entdecken, daß sich einer aus Liebe zu ihm in seiner Todesstunde noch einsamer gemacht hat, als er selber ist. Gerade in der Abkehr von Gott stößt er auf jenen menschgewordenen Sohn, der in seinem Sterben an den Ort der totalen Gottferne hinabgestiegen ist und der durchgekostet hat, was Hölle und Zornesgericht in Wahrheit bedeuten. (156)

471 Damit ergibt sich für den Christen eine Doppelhaltung: Im Blick auf jenen Sohn Gottes, der den Sündern bis in die extreme Einsamkeit nachgeht, dürfen wir hoffen, daß alle Menschen gerettet werden, und daß der universale Heilswille Gottes sich auch tatsächlich durchsetzt (157)

472 (vgl.1 Joh3,19f; 4,11-18 ). - Im Blick auf die eigene Verantwortung bleibt aber bestehen, daß es kein Heil gibt, ohne daß wir frei zustimmen. v. Balthasar vertritt damit eine universale Heilshoffnung (158), aber keine Heilssicherheit.

473 Trotz der universalen Hoffnung nimmt v. Balthasar die reale Existenz einer Hölle an. Sie hat nach ihm aber eine ganz andere Gestalt. Sie ist jener ('imaginäre') Ort, an dem sich alle Sünden zusammenballen, die durch das Kreuz und das Gericht von den Sündern losgetrennt werden. Diese Hölle bleibt in alle Ewigkeit das Zeichen und Symbol, um welchen Preis Gott die Menschen erlöst hat. (159) .

474 8.3.5 vorherrschende theologische Ansicht

475 Die Lehre v. Balthasars bezüglich der universalen Heilshoffnung wird heute von vielen Theologen geteilt (z.B. K. Rahner, W. Kasper, Greshake, Ratzinger, J. Brantschen etc). Sie kann in der akademischen Theologie fast als 'sententia communis' gelten. Sie wird allerdings nirgends so ausführlich begründet wie bei Balthasar. Viele Autoren scheinen sie eher aufzugreifen, weil sie 'im Zug der Zeit' liegt.
"Spiel nicht mit den Schmuddelkindern sing nicht ihre Lieder. Geh doch in die Oberstadt mach´s wie deine Brüder", so sprach die Mutter, sprach der Vater, lehrte der Pastor."

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Erich D. hat geschrieben:Etwas mehr Vorsicht mit so Ausdrücken wie "hochgelogen". Aus der Catholic Encyclopedia (Origenes):
The persecution of Decius (250) prevented him from continuing these works. Origen was imprisoned and barbarously tortured, but his courage was unshaken and from his prison he wrote letters breathing the spirit of the martyrs (Eusebius, "Hist. eccl.", VI, xxxix). He was still alive on the death of Decius (251), but only lingering on, and he died, probably, from the results of the sufferings endured during the persecution (253 or 254), at the age of sixty-nine (Eusebius, "Hist. eccl.", VII, i).«
Die "These" eines Martyriums des Origenes unter Decius ist also mitnichten "hochgelogen" in heutiger Zeit.
Lieber Erich, du weißt doch recht gut, welcher spezifische Bedeutung der Begriff „Märtyrer“ in der Kirche hat. Mit keinem Wort redet der Artikel der Catholic Encyclopedia davon, den du zitierst. Allerdings ist der Artikel dennoch nicht korrekt. Die Briefe, von denen Euseb redet, schrieb Origenes nach seiner Gefangenschaft.

Der „Märtyrergeist“, von welchem der Artikel redet, ist Interpretation des Verfassers. Das – von tatsächlichem Martyrium ganz zu schweigen – behauptet nicht einmal Euseb, der sonst dem Origenes in mitunter schwer erträglicher Weise lobhudelt. Daß des Origenes Tod mehrere Jahre nach der Gefangenschaft mit dort erlittenen Mißhandlungen zusammenhänge, ist ebenfalls reine Vermutung, und obendrein bei einem fast Siebzigjährigen – nun ja, etwas gewagt. Konkrete Anhaltspunkte gibt es dafür nicht.

Man könnte sogar böswillig den Verdacht in die Welt setzen, der Umstand, daß Origenes nicht – wie viele andere – in der Gefangenschaft umkam, sondern freigelassen wurde, liege daran, daß er – vermutlich unter der Folter – abgeschworen habe. Eusebs auffällige Behauptung, der Richter habe sich eifrigst bemüht, Origenes trotz Folter nicht sterben zu lassen, wäre dann sozusagen der Versuch einer Rechtfertigung oder vorsorglichen Reinwaschung. Wohl gemerkt: Man könnte solch einen Verdacht aufbringen. Ich will dies aber nicht tun, denn er wäre ebenso wenig zu belegen wie die Behauptung eines Martyriums.

Sicher ist dagegen, daß niemals irgendjemand in der Kirche bis in die neueste Zeit Origenes als Märtyrer, also als Heiligen verehrt hat. Anhänger haben ihn als Lehrer verehrt, die Kirche hat ihn verurteilt. Punkt.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

M.E. muss man sich in dem Zusammenhang mit dem Begriff der Ewigkeit auseinandersetzen. Gleichgültig, wie sehr wir Menschen unser armes Hirn martern und unsere Vorstellung bemühen, ist Ewigkeit kein für uns faßbarer Begriff, sondern immer begrenzt auf eine magere Vorstellung (auch wenn wir uns noch so sehr bemühen, diese Vorstellung wertfrei zu halten). Ewigkeit ist sicher keine Zeitabfolge, sondern ein Zustand. Wenn man diese Allerlösungsvorstellungen durchforstet, sieht man, dass es keinesfalls um ein Abstreiten von Strafe oder Hölle geht, sondern um einen Gott, dem man mehr zutraut, als sich in Ewigkeit mit einer Trennung zwischen Himmel und Hölle zufrieden zu geben.
Ich denke, Gott hat alle Zeit der Welt und es gibt keinen Grund für ihn, dieser Trennung zuzustimmen. Warum sollte er nicht auf den verstocktesten Sünder warten? Es gibt sicher nichts Schlimmeres für diese bösen Gesellen als das Gefühl, immer noch von Jesus geliebt zu werden und dass er neben einem steht und die Hand ausstreckt. Und wartet. Wo sollten sie dann hin? Überall ist Gott, sie werden ihm nicht entrinnen. Was für eine Hölle für diese Menschen ... Mir gefällt der Gedanke, dass Jesus sie durch Liebe besiegt.

Davon abgesehen - ich kann und will mich nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass ich glückselig sein soll, während andere leiden (egal ob diese das selbst wollen und verschuldet haben).
Meines Erachtens stellt der Gedanke an eine für ewig in Gut und Böse unterteilte Schöpfung sogar Gottes Allmacht infrage ... und gibt dem Teufel viel zu viel Spielraum.
Im Prinzip geht es also um zwei Ewigkeiten - eine irgendwie doch begrenzte (wenn auch für uns schon unbegreifbare) und eine wahre, wo dann alles versöhnt ist.

Naja, man wird ja drüber nachdenken dürfen ... ;)

Benutzeravatar
spectator
Beiträge: 1187
Registriert: Dienstag 2. März 2004, 09:25

Beitrag von spectator »

Frage an die Moderatoren:
Wie kam ich dazu, der „Autor“ dieses Thema zu sein?

Benutzeravatar
Juergen
Beiträge: 26999
Registriert: Mittwoch 1. Oktober 2003, 21:43

Beitrag von Juergen »

spectator hat geschrieben:Frage an die Moderatoren:
Wie kam ich dazu, der „Autor“ dieses Thema zu sein?
Der Thread wurde aus einem anderen Thread abgesplittet. Der Schreiber des ersten Beitrags wird automatisch der "Autor".
Ein Hinweis steht dazu im ersten Beitrag dieses Threads.
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
- Offline -

Benutzeravatar
Julia Wolf
Beiträge: 357
Registriert: Dienstag 18. November 2003, 11:23
Wohnort: München

Beitrag von Julia Wolf »

Geronimo hat geschrieben:Davon abgesehen - ich kann und will mich nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass ich glückselig sein soll, während andere leiden (egal ob diese das selbst wollen und verschuldet haben).
Meines Erachtens stellt der Gedanke an eine für ewig in Gut und Böse unterteilte Schöpfung sogar Gottes Allmacht infrage ... und gibt dem Teufel viel zu viel Spielraum.
Im Prinzip geht es also um zwei Ewigkeiten - eine irgendwie doch begrenzte (wenn auch für uns schon unbegreifbare) und eine wahre, wo dann alles versöhnt ist.

Naja, man wird ja drüber nachdenken dürfen ... ;)

Ich stimme Dir zu. Ich glaube, wer es ertragen kann, ohne selbst darunter zu leiden, dass irgend jemand auf ewig in der Hölle sein wird, der nimmt den Gedanken der Hölle nicht ernst - oder ist selbst zutiefst böswillig.
Auch ich finde, eine ewige Hölle gibt dem Teufel eine Macht die der Gottes gleichkommt. Das würde heißen, es gibt zwei gleichberechtigte Reiche. Aber das ist meine laienhafte Empfindung.


Ich denke, der Gedanke an Höllenstrafen kann außerdem eine gefährliche Versuchung sein (was nicht heißt, dass es deswegen die Hölle nicht gibt). Es ist die Versuchung, einem Menschen Höllenqualen zu wünschen. Da ja das Christentum fordert, den Feind zu lieben, kann sich hier sehr leicht eine Scheinheiligkeit einschleichen: ich bin dem anderen freundlich ins Gesicht, aber reibe mir insgeheim die Hände, weil ich überzeugt bin, dass ihn das göttliche Gericht schon noch ereilen wird.
Jonas war einer, der auf Gottes Strafe baute. Er wäre schließlich lieber gestorben, als zuzusehen, wie Gott Ninive verzeiht. Darauf hat ihm Gott, der auch Jonas liebte, mit Hilfe des schattenspendenden Baumes eine Lehre erteilt.

Ich vermute, diese scheinheiligen Rachegefühle haben in den letzten Jahrhunderten ungeheueren Schaden angerichtet und haben letzten Endes das Klima in der Kirche vergiftet. Die Folgen tragen wir heute.
Nur der Schwache wappnet sich mit Härte.
Wahre Stärke kann sich Toleranz, Verständnis und Güte leisten.
T. Boesche-Zacharow

Ralf

Beitrag von Ralf »

Ich glaube und denke, dass die Existenz einer "Hölle" vielmehr die Freiheit des Menschen bis in die letzte Konsequenz ernst nimmt.

Antworten Vorheriges ThemaNächstes Thema