Gamaliel hat geschrieben:Was in den Worten des Sprechers versetzt die Polizisten in Schreckstarre [...] ?
Abgesehen davon, dass (wie Rutchan schon bemerkte) beide Seiten bewaffnet waren, wie im Dialog gleich zu Anfang des Filmchens lautstark geklärt wurde, gibt es mehrere ergänzende Erklärungen für das Verhalten der Polizisten:
1. Es handelt sich laut Aufschrift vorn am Polizeiwagen um Beamte der Verkehrspolizei, d.h. um Leute, die normalerweise die Einhaltung der Verkehrsregeln überwachen, Zettelchen hinter die Scheibenwischer von Falschparkern klemmen und Straßenverkehrsunterricht für Schulkinder durchführen. Bewaffnete Konfrontationen gehören nicht gerade zu ihren Kernkompetenzen.
2. Die Kontrolleure handelten nach eigenen Angaben sozusagen im Auftrag der Regierung. Die vorgebliche Begründung für die Kontrolle war die, dass die Werchowna Rada (das Parlament) "soeben" ein Gesetz beschlossen hatte, das den Beamten zu diesem Zeitpunkt den Aufenthalt an diesem Ort untersagte. Die Begründung der Beamten für ihren Aufenthalt an der Tankstelle (nämlich: "Tanken" und "bei dieser Gelegenheit auch noch ein Eis kaufen") wurde mit Beschimpfungen und Hohn quittiert und als billige Ausrede abqualifiziert.
Die Beamten fanden sich selbst völlig unerwartet in der Rolle als Gesetzesbrecher wieder.
3. Die Frau, die sich schützend (meine Hochachtung!) vor den Polizisten stellte, der aus dem Tankstellenladen kam, forderte die Kontrolleure auf, sich ebenfalls auszuweisen/zu legitimieren, und diese konnten -- falls ich die Szene im Film richtig interpretiere -- ihr und dem Polizisten tatsächlich etwas vorweisen.
4. Wie im Film an mehreren Stellen kurz zu sehen ist, tragen die Polizisten Pistolen in geschlossenen weißen Taschen am rechten Hosenbein. Zumindest der am Steuer sitzende Beamte muss gewusst haben, dass er wegen seiner ungünstigen Position keinerlei Chance auf effektive Gegenwehr gehabt hätte -- die Pistolentasche öffnen, die Waffe rausfingern, sie fertigladen und entsichern .... Er brauchte ja schon wirklich lange, um seinen Ausweis aus der Innentasche herauszuwühlen.
5. Für mich und vermutlich auch für die Polizisten mit Abstand
das Erschreckendste: Die Sprache und der Tonfall der Kontrolleure. Ich muss gestehen, dass ich des Ukrainischen nicht mächtig bin, aber das macht in diesem speziellen Fall fast gar nichts aus, denn die Kontrolleure waren auch nicht gerade die sprachlichen Leuchten. Um dem "Gespräch" inhaltlich zu folgen, vor allem gegen Ende des Films, reichen schon elementare Kenntnisse des Russischen und vor allem der ostslawischen Vulgärsprache (
http://de.wikipedia.org/wiki/Russischer_Mat ). So sprechen gewohnheitsmäßig, d.h. wenn es nicht beispielsweise sogenannten "künstlerischen Zwecken" zur bewussten Provokation und zur Schleifung von Tabus und Schamgrenzen dient (wie bei Pussy Riot), nur Schwerkriminelle.
Es sind vor allem die Sprache und der Tonfall, die signalisieren: Hier hat man es mit Kriminellen zu tun, die bedenkenlos über Leichen gehen, und das neuerdings sogar im offiziellen Auftrag. Das Wort "Terrorregime" liegt einem auf der Zunge.