Sempre hat geschrieben:Caviteño hat geschrieben:Die von Dir [Torsten] favorisierte Alternative der Eigenversorgung stößt dagegen innerhalb weniger Jahre aufgrund des Familienwachstums an ihre Grenze.
Dieses Argument verstehe ich nicht. Es sei denn, es gebe kein Familienwachstum, weil die Unternehmer nicht nur die Familien ernähren sondern auch den Nachwuchs derselben erfolgreich verhindern/dezimieren/vernichten. Oder glaubst Du, die Entwicklung der Unternehmen laufe darauf hinaus, dass immer mehr Arbeitnehmer gebraucht werden? Wenn ja, warum?
Torsten geht davon aus, das es ausreicht, das Land der Großgrundbesitzer auf die landlosen Arbeiter bzw. Tagelöhner zu verteilen, damit diese dann auf den paar ha Land, das ihnen gehört,
ihre Versorgung sicherstellen. Ich habe immer darauf hingewiesen, das eine Landreform nicht so einfach ist und in dieser Art der Durchführung scheitern würde.
Wenn der Landarbeiter mit dem auf ihn übereigneten xha Land seine yköpfige Familie mehr schlecht als recht ernähren kann, führt jeder Familienzuwachs zu einer Verringerung der Nahrungsmittelmenge pro Kopf, denn die Fläche des bearbeiteten Landes ändert sich nicht. Verbesserte Anbaumethoden lasse ich hierbei ebenso außer Betracht wie Mißernten.
Nach einigen Jahren bzw. wenigen Jahrzehnten hat sich der "Erfolg" der Landreform (= die bessere bzw. eigene Ernährung der früher landlosen Arbeiter) damit verflüchtigt, weil das Land für die gestiegene Kinderzahl nicht reicht.
Etwas anderes wäre es natürlich, wenn der Neubauer Produkte anbaut, für die er auf dem Markt höhere Preise erzielen kann. Dann arbeitet er aber nicht, wie bisher angenommen, um durch den Anbau von Mais, Bohnen und anderem Gemüse seine Familie
direkt zu ernähren. Er arbeitet, um Produkte zu erzeugen, sie anschließend auf dem Markt zu verkaufen und mit dem Erlös die Nahrungsmittel für die Familie einzukaufen.
Es ist mE ein Unterschied, ob man durch eine Landreform das Ziel verfolgt, den bisher Landlosen die
Selbsternährung auf eigener Scholle zu ermöglichen (wie es Torsten wohl vorschwebt) oder sie zu neuen Marktteilnehmern machen will (was sinnvoll, aber mit vielen anderen Voraussetzungen verbunden ist).
Im ersten Fall ist eine Landreform ziemlich einfach: Man verteilt das Land, der Anbau der Grundnahrungsmittel ist den Landlosen bekannt - man muß sich nicht mehr groß kümmern und kann die Neubauern ihrem Schicksal überlassen.
Im zweiten Fall wird es komplizierter, denn die bisher Landlosen müssen unternehmerisch tätig werden. Diese Fähigkeit wurde nicht jedem in die Wiege gelegt. Vielleicht müssen ganz neue Produkte angebaut und vermarktet werden. Eine solche Landreform müßte daher mit Schulungen, Hilfen, ggfs. Gründung von Vermarktungsgesellschaften usw. verbunden sein, um überhaupt eine Erfolgschance zu haben.
Eine Landreform ist eben nicht so einfach erfolgreich durchzuführen, wie es in den sozialistischen Lehrbüchern steht.
"Wegnehmen und verteilen" macht sich zwar als politisches Programm gut, reicht aber nicht aus.
Was Deine Frage zu den Arbeitsplätzen betrifft:
Ich weiß nicht, wieviel Menschen von der jeweiligen Farm leben können. Eines ist aber wohl sicher: Es hängt davon ab, welchen Erlös die Produkte bringen, die dort angebaut werden. Erstklassige Nahrungsmittel bedeuten auch heute und künftig mehr Handarbeit (und damit mehr Beschäftigung) als - ggfs. mit hohem Mechanisierungsgrad herzustellende - Massenprodukte. Der Anbau für die Selbstversorgung mag zwar arbeitsintensiv sein, bringt aber den geringsten Erlös und ist somit die schlechteste Alternative.
Wir haben das ganze Problem doch schon mal
in diesem Strang am Beispiel der indischen Teepflückerinnen diskutiert.