RomanesEuntDomus hat geschrieben:Nein. Uns als Wähler geht es absolut nichts an, wie andere Staaten ihre Politik und Wirtschaft organisieren. Das geht nur die Wähler in diesen anderen Staaten etwas an.
Diese Aussage ist mit Sicherheit im Falle der EU und erst recht bei der Währungsunion falsch. Sie würde nur gelten, wenn bei den Maßnahmen eines Staates die übrigen Mitgliedsländer nicht betroffen wären. Das ist aber nicht immer der Fall, wie die folgenden zwei willkürlichen Beispiele zeigen. Es gibt mit Sicherheit noch viel, viel mehr:
1. Staatsangehörigkeits- und Aufenthaltsrecht
Die Voraussetzungen für den Erwerb der Staatsangehörigkeit bzw. eines Daueraufenthaltsrechts unterliegen keinen Unionsbestimmungen; jedes Land kann selbst entscheiden.
Dies wurde von einigen Ländern dazu genutzt, ihre Staatsangehörigkeit bzw. ein Dauerenthaltsrecht zu "verkaufen":
http://www.welt.de/politik/ausland/arti ... erger.html
Die neuen Bürger dieser Staaten haben dann als Unionsbürger das Recht, sich innerhalb der gesamten EU an einem Ort ihrer Wahl niederzulassen - Malta hat also Einfluß darauf, ob sich jemand in Frankreich, Österreich oder einem anderen EU-Land niederlassen kann.
2. Sozialgesetze vs. Bankenrettung
Ich verweise auf
diesen Beitrag von mir.
Durch Sozialgesetze (hier: Schutz vor Räumung) können Banken ihre Sicherheiten nicht verwerten; die Kredite werden notleidend und die Banken müssen dann "gerettet" werden.
Im Rahmen der EU und besonders bei einer Währungsunion sind eben auch die "inneren Angelegenheiten" eines Mitgliedslandes für die anderen Mitgliedsstaaten von Bedeutung und gehen sie auch etwas an.
RomanesEuntDomus hat geschrieben:
Hingegen hätte es uns als Wähler freigestanden, rechtzeitig darüber nachzudenken und zu entscheiden, ob Deutschland in Zukunft gegebenenfalls wirklich für die Schulden anderer Staaten aufkommen will.
Auch dieser Aussage ist zu widersprechen.
Die GR-Krise fing erst wenige Monate nach der Bundestagswahl 29 ein. Die entscheidenden Verhandlungen über die Hilfsprogramme wurden im Mai 21 geführt - im Zeitpunkt der Wahl (September 29) war nichts von den Defiziten im gr. Staatshaushalt bekannt.
Der EFSF und der ESM wurden während der vergangenen Legislaturperiode beschlossen und waren bei der Bundestagswahl 213 bereits in Kraft. Die Politik hat - gegen ihre eigenen Zusicherungen bei der Euro-Einführung und über die Köpfe der Betroffenen hinweg - die Haftung beschlossen.
Wie soll der Wähler denn über Sachverhalte entscheiden, die überhaupt nicht bekannt sind - vor allem, wenn im Wahlzeitpunkt und vorher immer von der Politik behauptet wurde, ein Mithaftung für andere Schulden würde es nicht geben?
Natürlich hätte man eine Volksabstimmung machen können, wie das auch - entgegen der immer wieder aufkommenden Behauptungen - im Grundgesetz
(Art. 2 Abs. 2 GG) steht.
Die dafür notwendigen Gesetze hätte man verabschieden können, denn "Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg." Aber es ist natürlich bequemer, das Volk - wie bei der Euro-Einführung - nicht zu fragen und selbstherrlich zu entscheiden.