Peregrin hat geschrieben:Diese abgehackte Sprechweise kommt mir nicht sehr überzeugend vor. Man kann wohl davon ausgehen, daß man auch Latein ein bißchen flüssiger sprechen darf.
Man muß es sogar. Aus der Sprache der Dichtung wissen wir um die sog. "Hiatmeidung" - bei Wortfugen, in denen zwei Vokale aufeinandertreffen, wurde nicht wie im Deutschen mit dem "Knacklaut" (das ist der hörbare Unterschied zwischen verreisen mit dem Zug und vereisen mit flüssiger Luft) eine Trennung markiert, sondern die Fuge verschliffen: quantoque animalia - gesprochen ~kwantokwanimalia, diversorum operum gesprochen diversoruoperum (uo ohne Knacklaut und dafür nasaliert). Das silbenschließende m und das gn im Wortinneren waren wohl stets nasaliert: bonum est wurde gesprochen bonuust (mit zugehaltener Nase beim U) agnus eher wie angnjus und keinesfalls wie aknuss. Ob schon portugalmäßig wie agnjuusch ist nicht klar.
Für die poetische Sprache gilt das alles als belegt - es gibt aber wohl Leute die sagen, daß Dichtung anders gesprochen worden wäre als die Umgangssprache. Da würde ich dann aber eher darauf tippen, daß es in der Umgangssprache noch eine Spur schluriger zuging. Es ist ja kein Zufall daß das Italienische bei Dante schon ziemlich fertig daherkommt.
Ausführliche Auskunft zur Aussprache lateinischer Dichtung gibt es hier:
Prosodie und Metrik des klassischen Latein.