Kreuzgang

Linus hat geschrieben:Er kommt aus Mainz.

Ach je. Er hat ’nen Sprachfehler?

Ich sags mal so: Guttenberg wird, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, der nächste Kanzlerkandidat aus dem Hause CDU/CSU werden. Er wird in letzter Zeit auch förmlich dazu aufgebaut. Negative Publicity braucht der gute Herr aus irgendeinem Grund praktisch nicht zu fürchten und so wundert es nicht, dass auch seine Umfragewerte sehr gut sind. Er ist einer der wenigen Poltitiker dem laut öffentlichen Tonus sehr große Kompetenz eingeräumt wird - ob er diese hat wird sich ja noch zeigen.

Fraglich ist für mich nur noch, wenn die SPD da als möglichen Gegenkandidaten auftreiben möchte. Vielleicht greift ja die SPD beim nächsten mal zum Frauenbonus. Dass Siegmar Gabriel nur eine mittelprächtige Zwischenlösung ist merkt man sogar als Politik-Uninteressierter sehr schnell. Der Mann ist einfach kein Kanzler-Typ.

Robert Ketelhohn hat geschrieben:

Linus hat geschrieben:Er kommt aus Mainz.

Ach je. Er hat ’nen Sprachfehler?

Wär mir nicht aufgefallen. Gut der Mann gibt sich persönlich sehr einsilbig.

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Die SPD hätte nur die Chance, Schröder zu reaktivieren. Aber das
darf sie nicht.

Nee? kenne den Paragrafen nicht. ich würde es ihr erlauben. Vielleicht würde ich ihn auch wählen. wer weiß

Edi hat geschrieben:

cantus planus hat geschrieben:Glaube ich nicht. Die Opposition ist froh, mal von eigenen Problemen ablenken zu können. Objektiv gesehen gibt es keinen vernünftigen Grund, warum zu Guttenberg zurücktreten sollte.

Wenn er die beiden Herren zu Unrecht geschasst hat, dann schon.

Finde ich nicht, denn das ist sein Recht: http://norm.bverwg.de/jur.php?bbg,54 (s. auch § 59)

Nr. 1 betrifft den Staatssekretär, Nr. 2 den Generalinspekteur (Besoldungsgruppe B 1Z)

Im übrigen ist die ganze "Affäre" ohnehin nur das ewige politische Schauspiel, dass den Oppositionsparteien einen Grund zum Aufspielen gibt und der Presse Auflage generiert. Die reinen Fakten sind langweilig: Guttenberg hat eine Stellungnahme abgegeben, die er später korrigiert hat, unter verständigen Menschen ist spätestens dann die Angelegenheit erledigt. Die Stellungnahme hatte auch keinerlei rechtliche oder sonstige Relevanz. Es wurden durch sie also keine Folgen ausgelöst, die nur mit einer Rücknahme der Einschätzung nicht wieder rückgängig gemacht werden könnten.

Danach feuerte Guttenberg noch seinen Staatssekretär und den Generalinspekteur, weil er sich von ihnen schlecht informiert fühlte. Dass Guttenberg nicht alle Berichte vorgelegen haben, wird von Schneiderhan gar nicht bestritten - dieser wehrt sich nur gegen die Einschätzung Guttenbergs, dass dieses eine Unterschlagung gewesen sein. Es geht also bloß um eine - rechtlich wieder völlig unerhebliche - Einschätzung. (Im übrigen haben fast alle Zeitungen und Magazine in Artikeln abseits der Titelseite durchaus angemerkt, dass Staatssekretär und Generalinspekteur in letzter Zeit die wirklichen Herren im Haus gewesen sind und von Guttenbergs Detailinteresse überrascht wurden.) Damit wird jetzt seit drei Wochen oder so ein riesiges Mediengewitter inszeniert, während in Afghanistan die Katastrophe fortschreitet.

Die unzufriedene CSU will offenbar wegen der mangelnder Führungsqualitäten der Kanzlerin Merkel ihr einen Administrator zur Seite stellen.

CSU wirft Merkel mangelnde Führung vor
http://www.spiegel.de/politik/deutschla ... 49,.html

daraus:

Aus Sicht von Uhl käme für das Amt eines CSU-Vizekanzlers zum Beispiel Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg in Frage: Guttenberg würde "in diesem Amt eine hervorragende Figur machen und den bundespolitischen Anspruch der CSU überzeugend verkörpern". Die CSU-Landtagsabgeordnete Christa Matschl und der CSU-Bundestagsabgeordnete Norbert Geis schlossen sich der Forderung laut "Bild" an. Guttenberg sei für dieses Amt ein "sehr geeigneter Mann", sagte Geis.

civilisation hat geschrieben:Die unzufriedene CSU will offenbar wegen der mangelnder Führungsqualitäten der Kanzlerin Merkel ihr einen Administrator zur Seite stellen.

CSU wirft Merkel mangelnde Führung vor
http://www.spiegel.de/politik/deutschla ... 49,.html

daraus:

Aus Sicht von Uhl käme für das Amt eines CSU-Vizekanzlers zum Beispiel Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg in Frage: Guttenberg würde "in diesem Amt eine hervorragende Figur machen und den bundespolitischen Anspruch der CSU überzeugend verkörpern". Die CSU-Landtagsabgeordnete Christa Matschl und der CSU-Bundestagsabgeordnete Norbert Geis schlossen sich der Forderung laut "Bild" an. Guttenberg sei für dieses Amt ein "sehr geeigneter Mann", sagte Geis.

Vielleicht sollten sie vor dem nächsten dämlichen Vorschlag mal in die Verfassung blicken.

civilisation hat geschrieben:Die unzufriedene CSU will offenbar wegen der mangelnder Führungsqualitäten der Kanzlerin Merkel ihr einen Administrator zur Seite stellen.

Ein Koadjutor mit Nachfolgerecht wäre in diesem Fall bestimmt nicht die schlechteste aller denkbaren Lösungen...
(Leider sieht das GG so etwas nicht vor...)

Die FAS macht heute mit dem Titel Geht Guttenberg? auf. In ihrem Online-Angebot findet sich dazu folgender Artikel:
http://www.faz.net/s/Rub594835B672714A1 ... ntent.html

Daraus:

Mit einer Kette gegenseitiger Drohungen hat sich die schwarz-gelbe Regierungskoalition in Berlin ihre Krise noch weiter verschärft. So ist neben dem Dauerstreit der Union mit der FDP nun der Konflikt zwischen CDU und CSU eskaliert bis hin zu Rücktrittsüberlegungen. Zum endlosen Hickhack über Steuern und Sparhaushalte tritt die Auseinandersetzung um den richtigen Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten, um die Wehrpflicht sowie persönliche Zerwürfnisse zwischen einzelnen Ministern der Union. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) scheint zunehmend die Kontrolle über die Koalition zu verlieren.

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) äußerte wiederholt Erwägungen, sein Amt niederzulegen.

Anlaß dafür soll ein Gutachten zur Vernehmung zu Guttenbergs aus dem Innenministerium sein, über das der Bundesverteidigungsministerium nicht informiert war. Auch wenn der Verteidigungsminister einen bevorstehenden Rücktritt mittlerweile dementieren läßt (http://www.spiegel.de/politik/deutschla ... 71,.html), spricht doch viel für eine "gezielte Indiskretion", um auf den Zustand der Koalition aufmerksam zu machen. Wie die "FAS" weiter berichtet, geht

In der FDP [...] die Sorge angesichts des gewaltigen Ansehensverlusts so weit, dass offen mit dem Bruch der Koalition gedroht wird. Der hessische FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn sagte der F.A.S.: „Entweder wir kriegen in Berlin die Kurve oder es ist bald Schluss mit der Koalition“. Hahn kritisierte die Bundeskanzlerin heftig. Die CDU-Vorsitzende sei offensichtlich entweder nicht fähig oder aber nicht willig, die Koalition mit der FDP ernst zu nehmen. „Sie spielt noch mit dem Joker einer großen Koalition. Sie muss sich entscheiden, ob sie jetzt endlich die Kanzlerin einer bürgerlichen Regierung werden will“

.

Vor diesem Hintergrund könnte bereits die Bundespräsidentenwahl zur "Schicksalsstunde" der Regierungskoalition werden, einer Koalition, die fortzusetzen, so hat es augenblicklich den Anschein, keine der vier Parteien, die daran beteiligt sind, ganzen Herzens bereit ist.


Viele Grüße,
Hubertus

Der Kandidat Gauck hat offenbar auch gemerkt, wem die Stunde geschlagen hat:
Gauck will nicht Merkels Stolperdraht sein

In der Koalition brennt es lichterloh - http://www.rp-online.de/politik/deutsch ... 68618.html

Ich erwarte....

... daß die Koalition nicht bis zum Ende halten wird und wir vorgezogene Neuwahlen bekommen
... daß wir auch in NRW Neuwahlen bekommen werden

Kein Widerspruch.

Niels hat geschrieben:Kein Widerspruch.

Schön, daß Du das genauso so sieht,
Mist, daß die Wahl(en) am Ende möglicherweise genau SO ausgehen,
daß wieder keine stabile Regierung zustandekommt.

Man sollte aber auch die Neuwahlen nicht unterschätzen. Denn wie man die Politiker kennt und ihre Verlogenheit, wird es dann evtl. im Vorfeld heißen: Was interessiert uns das Geschwätz von gestern.

Die Karten werden neu gemischt werden. Und evtl. ist dann auch das Schreckgespenst "Dunkelrot" da und drängt in eine Koalition. Und aus der Kraft wird u.U. eine Art von Yps.

Ich bin aber kein Freund davon, die Bürger so lange und so oft wählen zu lassen, bis das Ergebnis den Politikern genehm ist.

Auch das fördert Politik(er)verdrossenheit.

Juergen hat geschrieben:Ich bin aber kein Freund davon, die Bürger so lange und so oft wählen zu lassen, bis das Ergebnis den Politikern genehm ist.

Auch das fördert Politik(er)verdrossenheit.

Das stimmt schon. Von "so lange und so oft wählen zu lassen" habe ich aber nicht gesprochen oder besser gesagt geschrieben. - Aber was soll denn geschehen, wenn es zu einer permanenten Regierungsunfähigkeit kommen wird? - Die Kraft redete gestern so selbstbewußt von den eigenen Gesetzesentwürfen ihrer Partei, die sie in das Landesparlament einbringen wird.

Ob das "Schwarz-Gelb" auf Deuer durchhalten wird? - Ich vermute mal, es wird noch bis Ende des Jahres zu Neuwahlen in NRW kommen.

Aber wir schreiben im falschen Strang.

Um die "gespannte Haushaltslage" nicht über Gebühr zu strapazieren, sollte man dann die Neuwahlen des Bundestags und des NRW-Landtags auf einen Termin legen.

civilisation hat geschrieben:Und aus der Kraft wird u.U. eine Art von Yps.

Mit Gimmick?

Aber mal im Ernst: Das Zerbrechen einer Koalition ist doch per se noch kein Grund für Neuwahlen. In einer funktionierenden Demokratie muß doch auch mal ein Wechsel der Regierungskoalition drin sein, wenn sich eine bestehende als nicht funktionierend erweist.*)
Ich halte nichts davon, die Bürger so lange wählen zu lassen, bis es ein den Herren Politikern genehmes Ergebnis gibt.

Viele Grüße,
Hubertus

*) Was nicht heißt, daß ich eine andere mögliche Koalition für besser halten würde.

Ich würde mich nicht wundern, wenn aus schwarz/gelb schwarz/rot wird. Wie ich schon in einem anderem Strang schrieb alle möglichen Umfragen geben kein anderes Ergebnis her und das weiß auch die Politik.

Gruß,

Christian

Zunehmende Gewalt: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/ ... paket.html

Ich sehe die Zukunft zwar einerseits mit Besorgnis, aber zugleich freuen mich die Ermüdungserscheinungen der Regierung der ehemaligen Bundesrepublik.

Die Anzeichen mehren sich, dass der mit dem Lissabondiktat zusammengeschweißte EU-Pakt bald Geschichte ist. Die Demokratie hat sich mit der Überdemokratie selbst zugrunde gerichtet.

Ich denke, wir haben das Theater bald überstanden. Nach der vorübergehenden Anarchie, die allerdings sehr ungemütlich wird, können wir dann wieder von vorne beginnen.

Am meisten irritiert mich derzeit das Festhalten an diesem vollkommen korrumpierten System. Die Bundesrepublik ist mit 6 Jahren ihres Bestehens ein Fliegenschiss in der Geschichte. Und alle glauben kurioserweise, ohne Bundesrepublik ginge es nicht.

cantus planus hat geschrieben: Am meisten irritiert mich derzeit das Festhalten an diesem vollkommen korrumpierten System. Die Bundesrepublik ist mit 60 Jahren ihres Bestehens ein Fliegenschiss in der Geschichte. Und alle glauben kurioserweise, ohne Bundesrepublik ginge es nicht.

Ich sehne mich an die Gemütlichkeit der 80er Jahre zurück. Das System Bundesrepublik hat ganz gut funktioniert Wohlstand, sichere Arbeitsplätze, Altervorsorge und eine lange Zeit ohne Krieg leider scheint es jetzt damit vorbei zu sein. Seit ca. 10 Jahren ist dieses System am kollabieren. Schade drum, denn auf Aufregung und Anarchie kann ich gerne verzichten.

Gruß,

Christian

Die Katastrophe ging in den 80ern längst los. Die Schuldenuhr galoppiert seit Anfang der 80er Jahre immer schneller. Schon damals funktionierten große Teile des Systems nur noch auf Pump und durch Zahlen- und Statistikkosmetik (übrigens damals von Franz Josef Strauß nachgerade visionär beschrieben und kritisiert).

cantus planus hat geschrieben:Die Katastrophe ging in den 80ern längst los. Die Schuldenuhr galoppiert seit Anfang der 80er Jahre immer schneller. Schon damals funktionierten große Teile des Systems nur noch auf Pump und durch Zahlen- und Statistikkosmetik (übrigens damals von Franz Josef Strauß nachgerade visionär beschrieben und kritisiert).

Zweifelsfrei, jedoch empfand ich die Zeit weniger hektisch und bedeutend streßfreier. Die Leute waren weniger depressiv und hatten Visionen. Am meisten fehlt mir mein Atari Atari 800XL

Christian hat geschrieben:Zweifelsfrei, jedoch empfand ich die Zeit weniger hektisch und bedeutend streßfreier.

Das ist ganz eindeutig richtig.

Rein subjektiv empfand ich die 60/70ger Jahre als angenehm mit mässigem Wohlstand, relativ sicher und ohne Angst vor dem ganz grossen Absturz. Bei den Achtzigern hatte ich schon das Gefühl, dass die Ansprüche im Konsumbereich zwar stiegen, aber keine echte Verbesserung der Lebensqualität dabei herauskam. Und ab dann ging es eh' bergab.

ganz geschickt:

um ein konservatives Mäntelchen bemüht schickt die Merkel jetzt
Gattin Guttenberg vor.

Oder kommt es direkt aus dem Hause Guttenberg ohne Merkels Wissen? Das wäre dann noch geschickter. Aber gefährlich für die große Angela, wie will sie da mithalten?

http://www.bild.de/BILD/ratgeber/kind-f ... inder.html

Die hat vermutlich sogar ganz gute Politiker-gene,stammt sie doch aus dem Hause v. Bismarck.
Kennt sich erstaunlich gut mit Pop-Sängern aus.Die ständige Überreizung mit Sex in den Medien führt
bekanntlich dazu dass die Menschen dessen überdrüssig werden bzw. unfähig zu einer gesunden
Entwicklung ihrer imdividuellen Sexualität.

Guttenberg hat völlig recht. Ich glaube nicht, daß es Merkels Auftrag war. Ihr Mann hat ja sogar vor Merkel, und geschickter als sie, noch eine geschmeidige Absetzbewegung vom Sarrazindesaster vollführt. Vielleicht sieht er ja seine Stunde dämmern.

Peregrin hat geschrieben:Guttenberg hat völlig recht ... Vielleicht sieht er ja seine Stunde dämmern.

Die Frage dieses Threads wurde am 13. Juni gestellt - Guttenberg aber ist noch immer im Amt; er wird die Wehrpflicht mitsamt der Musterung kippen und nebenbei noch den Zivildienst abschaffen!

Eine reife Leistung - die ihn vermutlich mittelfristig auch für noch höhere Ämter empfiehlt; ich denke wir werden noch von ihm hören!

Lutherbeck