Ich bin überrascht, Pit, dich endlich einmal auf meiner Seite zu sehen. Es wäre schön, wenn du künftig nun etwas besser verstündest, wenn ich erläutere, welchen relativen Wert tatsächlich nur hat, was schwarz auf weiß als Gesetz geschrieben steht.
Die von dir angesprochene Problematik steht nicht isoliert in der Landschaft. Ich habe nebenan eben erst den Paß-Chip thematisiert, samt der unerträglichen Zumutung des Régimes, die Fingerabdrücke des ganzen Volks zu erfassen.
Dazu gehört die „Online-Durchsuchung“. Dazu gehört das Abhören von Ärzten und Anwälten. Die Flugdatenerfassung und -speicherung. Die längst übliche Speicherung deiner Patientendaten auf deiner KV-Karte. (Ich war neulich selber platt – und frage mich nach der Rechtsgrundlage –: Du gehst wegen eines Unfalls in die Notaufnahme eines Krankenhauses, legst deine Karte vor – und schon weiß die Dame am Empfang, weswegen du zuletzt bei welchem Arzt warst. Gespenstisch.)
Dazu gehört auch Folter-Wolfis Ansicht, unsere Justiz müsse durch Tortur in Drittstaaten erlangte Erkenntnisse benutzen dürfen (was selbst zu schlimmsten Folterzeiten in der frühen Neuzeit niemals statthaft war). Dazu gehört ebenso Kriegsminister Jungs mordgierige Ankündigung, entführte Passagierflugzeuge samt allen unschuldigen Insassen von seiner Luftwaffe abschießen zu lassen (und kein Staatsanwalt kommt auf die Idee, den Mann sofort ins Loch zu werfen).
Dazu gehört übrigens auch, daß ich heute in Berlin eine Stunde im Stau stand, weil die Polizei plötzlich und ohne Vorankündigung im Verkehrsfunk weite Straßenzüge sperrte, um den saudischen Wüstenscheich und Pseudokönig von irgendwo aus der Innenstadt zum militärischen Teil des Tegeler Flughafens zu schleusen. Was man da aus dem Autofenster wartenderweise an Polizeiaufgebot bald in dieser, bald in jener Richtung auf der gesperrten Strecke herumjagen sehen konnte: bald einzelne Fahrzeuge, bald volle Mannschaftswagen, Motorradgeschwader, Zivilfahrzeuge mit Blaulicht und vier schwarzbebrillten Schränken drinnen, Motorräder an allen Ecken an Straßenrand, die ganze Strecke entlang, das Blaulicht drehend, des Fahrers Rechte ständig am Pistolenhalfter. Und so wartest du, wunderst dich, daß der Verkehrsfunk schon zum dritten Mal nichts meldet, und fragst dich schon, ob nun Cheney oder Bush auf Kontrollvisite da sei. Endlich scheint eine größere Kolonne anzurollen. Die Grün-Weißen vorneweg kannst du nicht mehr zählen. Endlich kommen die schwarzen Daimler. Nachdem vielleicht zwei Dutzend durch sind, rollt ein doppelt langer, überbreiter Daimler vorüber, vorn links dezent beflaggt mit jenem grünen Tuch, auf welchem weiße Lettern davon zeugen, welchem Propheten des Wagens Herr geglaubt hat. Da weiß man endlich, wessentwegen man das ganze Theater erdulden mußte. Gespenstisch, diese Szene.
Dazu gehört endlich auch die zentrale Kinderaufzucht durch den Staat und die Entmündigung der Eltern. Aber dafür haben wir auch einen gesonderten Diskussionsstrang, so daß ich’s hier nicht weiter auszuführen brauche.
Macht euch nichts vor. Der immer dreister sein Haupt erhebende Polizei- und Überwachungsstaat wird und soll am Ende vor allem die Kirche unter Kontrolle bringen. Alles andere ist Spiegelfechterei. Viele, vielleicht die meisten von uns werden das noch erleben – oder rechtzeitig die Seiten wechseln. Nicht umsonst steht der Gesinnungsparagraph 130 StGB in der Liste der „schweren Verbrechen“.
Seid wachsam. Es wird sich euch die Frage stellen, ob ihr das Zeichen des Tiers zu nehmen bereit seid.