Tritonus hat geschrieben:Caviteno hat geschrieben: ... Tarnen? ...
Der Eindruck des "Tarnens" entsteht doch gerade durch das Verhalten der deutschen Medien. Wenn alles vertraglich geregelt, moralisch einwandfrei und politisch klug ist, warum erklärt man dann nicht von Anfang an den Fernsehzuschauern/Zeitungslesern, dass es aufgrund dieser oder jener Verträge völlig korrekt und legal ist, dass sich mal wieder deutsche Soldaten rund 3 km vor Stalin-/Wolgograd aufhalten, und das rein zufällig exakt in einer Gegend, in der momentan täglich Gefechte stattfinden, und das auch noch in Begleitung von Mitgliedern eines Generalstabs, der von den Bewohnern der Region als Arm einer "faschistischen Junta" bezeichnet wird? Warum also, wenn nicht zu Tarnung, bindet man der deutschen Öffentlichkeit den Bären mit der OSZE-Beobachtermission auf?
Glaubst Du ernsthaft, man könnte in wenigen Sätzen (mehr Zeit steht im Fernsehen oder auch in den Tageszeitungen meist nicht zur Verfügung) die vertragliche Konstruktion der OSZE erklären? Und selbst wenn - solange man nicht den Originaltext selbst liest und den Sachverhalt subsumiert, wird man immer - je nach eigener Präferenz - von "richtig" bis "Feindpropaganda" urteilen.
Die Vermischung von "vertraglich geregelt" und "moralisch einwandfrei und politisch klug" ist allerdings nicht zulässig. Hier geht es um den Rechtsbruch des Bürgermeisters einer ost-ukrainischen Stadt - die politische Bewertung der Maßnahme, eine Beobachterdelegation nach den Bestimmungen der OSZE einzusetzen, mag - je nach politischer Einstellung - anders ausfallen. Die rechtliche Beurteilung dürfte dagegen eindeutig sein. Sogar "Die Linke" spricht von OSZE-Beobachtern, also nicht - wie es hier teilweise angedeutet wurde - von "Spionen":
OSZE-Beobachter sollten, obwohl dies nicht vertraglich abgesichert ist, einen Status von Diplomaten erhalten. Ihre Festsetzung und die Bezeichnung als Kriegsgefangene ist nicht akzeptabel.
Es müssen alle Möglichkeiten und Kontakte genutzt werden, für die Freilassung der OSZE-Beobachter aktiv zu werden. Auf keinen Fall aber darf deren Festsetzung benutzt werden, den Konflikt weiter anzuheizen.
http://www.linksfraktion.de/pressemitte ... chter/?rss
Tritonus hat geschrieben:
(Nebenbei: Ich lese auch die Leserkommentare ukrainischer Zeitungen. Nicht nur zahlreiche russischsprachige Ukrainer, sondern sprichwörtlich "Hinz und Kunz" in der Ukraine fragen sich, was denn ausgerechnet deutsches Militär im Land zu suchen hat. Zahlreiche Kommentare bestehen nur aus einem Wort: "Erschießen!" Wenn Du Dir mal einen Moment vorstellen könntest, wie deutsche Militärbeobachter wohl von der Bevölkerung in Israel aufgenommen würden, dann kannst Du Dir auch ungefähr ausmalen, wie willkommen deutsche Soldaten in der Ukraine sind.)
Sehr gutes Beispiel!
Weil man die betreffenden Vereinbarungen nicht kennt, stellt man derartige Fragen - also aus reiner Unkenntnis. Es ist ja schon sehr schwierig in D. der Bevölkerung die Bindung durch internationale Verträge nahezubringen. Anders wäre der Aufschrei nicht zu verstehen, als Schäuble - zu Recht - erklärte, D. sei nicht souverän. Jeder([Punkt]) internationale Vertrag, der vom zuständigen Parlament ratifiziert wurde, schränkt die Souveränität des eigenen Landes ein, egal ob es sich um Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, ein multilaterales Abkommen zur Abschaffung der Grenzkontrollen (Schengen) oder eben um den OSZE-Vertrag handelt. Aber solange lieber Bundesliga und Olympia im Fernsehen gebracht werden, muß man sich über diese Unkenntnis nicht wundern - ob in D. oder in der Ukraine.
Was Israel betrifft - es ist nicht Mitglieder OSZE. Vertragspartner dort sind (in alphabetischer Reihenfolge, ich habe mich auf die entsprechenden Anfangsbuchstaben beschränkt):
... der Heilige Stuhl, Irland, Island, Italien, Kanada, ....
http://www.auswaertiges-amt.de/cae/serv ... 211-D.pdf
Ob deutsche Soldaten und/oder deutsches Geld in der Ukraine beliebt oder unbeliebt sind, ist bei Maßnahmen, die aufgrund vertraglicher Vereinbarungen([Punkt]) durchgeführt werden, unbeachtlich. Oder hatte die Ukraine die Vereinbarung gekündigt?
Tritonus hat geschrieben:
Caviteno hat geschrieben: ... die Äußerung eines nicht demokratisch legitimierten ...
Genau um die Legitimierung geht es doch. Sind die Machthaber in Kiew irgendwie "legitimierter" als die Machthaber der "Republik Donezk" oder der "Republik Lugansk" oder der "Republik Karpatskaja Rus" oder wer auch immer?
Sicher kann man darüber diskutieren, nur vermisse ich dann die Diskussion über die Legitimität einer Okkupation und Annexion der Krim. Denn wer die dortige Volksabstimmung als gültig ansieht, müßte gleiches auch bei der Wahl der Übergangsregierung gelten lassen. Beides entsprach wohl kaum den völkerrechtlichen Normen. Wenn wir schon völker- oder verfassungsrechtliche Grundlagen zum Beurteilungsmaßstab machen, dann bitte konsequent (auch z.B. bei einem Referendum der Katalanen).
Die Frage ist allerdings, ob der - angebliche - Bürgermeister das Recht hätte, Verträge, die eine Vorgängerregierung geschlossen hat, nach eigenem Gutdünken zu mißachten? Wohl kaum.
Im übrigen verweise ich erneut auf die oben verlinkte Erklärung der Linken, denen man als Oppositionspartei nun wahrlich keine besondere Freundschaft zu Bundesregierung, Bundeswehr oder BND nachsagen kann. Wenn selbst diese Partei von einer legitimen Beobachtermission ausgeht, sollte das einem doch zu denken geben.