Caviteño hat geschrieben: ↑Freitag 28. Juni 2019, 10:42Daß der Bundestag sich nicht mehr an seine eigenen Regeln hält, ist ja inzwischen bekannt (Wahl eines AfD-Mitglieds zum Vizepräsidenten). Eine so dreiste Regelverletzung wie heute morgen ist allerdings bisher einmalig.
Angesichts leerer Bänke beantragte die AfD eine Überprüfung der Beschlußfähigkeit. Die amtierende Vizepräsidentin Roth kam zu dem Ergebnis, daß diese gegeben sei, d.h. mehr als die Hälfte der Abgeordneten sei anwesend.
https://twitter.com/Alice_Weidel/status ... 1140797440
Selbst jemand mit ausgeprägter Sehschwäche wird zustimmen, daß dies eindeutig nicht der Fall war. Die Anzahl der anwesenden Mitgliedern wurde auf ca. 100 (von über 700) geschätzt.


(Quelle)
Ja. Und wohl sogar "rechtens":
(Hervorhebung von mir.)Deutscher Bundestag hat geschrieben:Der Bundestag ist beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte seiner Mitglieder im Sitzungssaal anwesend ist. Vor Beginn der Abstimmung kann die Beschlussfähigkeit von einer Fraktion oder von anwesenden fünf Prozent der Abgeordneten angezweifelt werden. Wird sie auch vom Sitzungsvorstand nicht einmütig bejaht, ist in Verbindung mit der Abstimmung die Beschlussfähigkeit durch Zählen der Stimmen festzustellen. Stimmenthaltungen und ungültige Stimmen zählen dabei mit.
Mit anderen Worten: solange niemand daran zweifelt, wird automatisch davon ausgegangen, daß der BTag beschlußfähig ist.
Kommen dem Sitzungsvorstand - nach Anzweifelung der Beschlußfähigkeit (die eben allein nicht genügt, dies zu erwingen) - Zweifel bzw. ist er uneins, muß ein Hammelsprung stattfinden.
Dies ist aber nicht geschehen. Das heißt, obwohl es für einen Blinden sichtbar ist, daß nicht die Hälfte der Parlamentarier anwesend ist - solange nicht offiziell festgestellt, wird weiterhin Beschlußfähigkeit vermutet.
Leider hat das BVerfG diese Praxis grundsätzlich gebilligt:
"https://www.juracademy.de/rechtsprechun ... lussfaehig"
Hieraus:
Aus dem Urteil:Die Regelung über die Beschlussfähigkeit sei nur eine Norm von vielen, die die Parlamentsarbeit näher regeln würden. Im Ergebnis sei entscheidend, dass zum einen jeder Abgeordnete an den Entscheidungen im Plenum mitwirken kann, wenn er will und, dass die Möglichkeit besteht, die Möglichkeit der Beschlussunfähigkeit feststellen zu lassen.
(Hervorhebung von mir.)Quelle hat geschrieben:Dieses Gefüge von Regelungen und faktischen Zwängen, in das § 49 GO eingebettet ist, erweist sich damit als geeignet, im Rahmen des Möglichen und Vertretbaren die Mitwirkung aller Abgeordneten bei parlamentarischen Entscheidungen sicherzustellen. Es rechtfertigt die Annahme, daß im Regelfall jeder Abgeordnete mit jedem parlamentarischen Vorhaben befaßt wird, und gewährleistet, daß auch die Auffassungen der einer Schlußabstimmung im Plenum ferngebliebenen Mitglieder in die parlamentarische Willensbildung einfließen können. Die vorhandene Regelung trägt damit dem Prinzip der repräsentativen Demokratie hinreichend Rechnung. Sie bietet die Gewähr dafür, daß das Volk als Träger der Staatsgewalt beim Zustandekommen parlamentarischer Entscheidungen in der Regel auch dann angemessen repräsentiert ist, wenn bei der Schlußabstimmung im Plenum nur wenige Abgeordnete zugegen sind. Für eine ausreichende Repräsentation spricht in solchen Fällen eine Vermutung.
Mit anderen Worten: die Zustimmung im "Plenum" ist dann noch eine gewissermaßen "nur formale Frage" (*hust, hust*). Ich muß sagen, da sträuben sich mir schon die Nackenhaare.


Interessant dabei ist aber doch: Wird ein solches Prozedere von den ach so unabhängigen Medien kritisch hinterfragt? Mitnichten! Stattdessen wird der Spieß umgedreht und das ganze (mal wieder) als Mißerfolg der AfD hingestellt:
"AfD scheitert mit nächtlichem Hammelsprung im Bundestag"
Beispielhaft auch ein Kommentar auf den ursprünglichen Twitter-Beitrag von Beatrix von Storch:
Also nicht das Faktum, daß lediglich ein paar Hanseln genügen, um in Deutschland Gesetze durchzuwinken ist das Skandalon, sondern daß sich überhaupt jemand daran stört. In einem solch autistisch-eingehausten Politikbetrieb stört freilich jede "Einmischung von außerhalb".Gesunder Menschenverstand hat geschrieben: Nicht festgestellt ist nicht festgestellt! Das Präsidium hat rechtmäßig gehandelt. Muss nicht jedem Antrag entsprechen! Opferrolle AfD wie immer! Stampf, Stampf, liebe Alice