Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Aber ganz allgemein will ich mal was zum Thema anmerken. Mir fällt bei der
verbreiteten Ablehnung im Volk gegen diese Finanztransktionen ein starker
antigriechischer Affekt auf. Davor warne ich. Bei dieser Aktion werden die an-
geblich zu rettenden Griechen ebenso übers Ohr gehauen und ausgeplündert
wie wir.
Das Geld wird in die Kassen der internationalen Großfinanz gespült und nir-
gendwo anders hin.
Das kann man mit gutem Grund auch anders sehen.
Griechenland - um bei diesem Beispiel zu bleiben, obwohl es in Portugal und Irland nicht anders aussieht - kann z. Zt. am Kapitalmarkt kein Geld mehr erhalten, weil niemand bereit ist, dem Land einen Kredit zu geben. Der gesamte Geldbedarf wird z. Zt. durch die Eurostaaten und den IWF gedeckt. Dieser Geldbedarf umfaßt nicht nur die durch Steuern nicht gedeckten Ausgaben sondern auch die zur Rückzahlung anstehenden Kredite, die bisher ja bedient, d.h. durch neue Kredite ersetzt, wurden.
Bei bisher fälligen Anleihen ist also kein Verlust für die Anleihegläubiger eingetreten, mutige "Spekulanten" (und nicht nur die intern. Großfinanz) konnten daran verdienen. Hier ein Bericht eines Bürgers, der sich seinen Anteil an den "Rettungskosten" auf diesem Wege bereits zurückgeholt hat:
http://www.handelsblatt.com/politik/deu ... 68416.html
Außerdem wurden von Banken und anderen Großanlegern die Anleihen der gefährdeten Staaten bei der EZB abgeladen, die bisher ca. 16 Mrden € an Anleihen aus den Krisenstaaten aufgekauft und damit den bisherigen Gläubigern das Kreditrisiko abgenommen hat. Sie hat sich praktisch von der EZB zur EBB (= European Bad Bank) entwickelt.
Soweit dieser Bereich betroffen ist, kann man also von einer Übernahme des Kreditrisikos durch den Steuerzahler sprechen.
Anders sieht es jedoch aus, soweit die Zahlungen der Eurostaaten und des IWF direkt zur Deckung des lfden Staatsdefizits verwendet werden. Hier werden die Gläubigergelder direkt zur Zahlung von Beamtengehältern, Renten usw. verwandt. Die Schätzungen hinsichtlich der Höhe des Staatsdefizits schwanken zwischen 1 - 15% - in dieser Höhe kommt das Geld also direkt den Griechen als Gehalts- oder Rentenempfänger oder bei sonstigen Leistungen, die vom Staat bezuschußt werden, zugute. Ohne eine Deckung des Fehlbetrages durch die Kredite anderer Staaten müßten diese Leistungen entsprechend gekürzt werden.
Noch eine Bemerkung zu den angeblichen "Profiteuren" der Schuldenkrise.
Richtig ist, daß Banken, Pensionsfonds und andere Großanleger in erheblichem Umfang Staatsanleihen halten und von einem bail-out durch die Eurostaaten profitieren, da sie ihre - relativ - wertlosen Papiere zum Nennwert verkaufen oder ersetzt bekommen.
Andererseits kann niemand gezwungen werden, einem Staat Kredite zu geben. Würde Griechenland eine Rückzahlung verweigern, ohne daß eine Einigung mit den Gläubigern erfolgt, wäre - wie 21/2 in Argentinien - mit zwei Folgen zu rechnen:
1. Auf Jahr(zehnt)e könnte das Land am internationalen Kapitalmarkt keine Kredite mehr aufnehmen. Es müßte versuchen, seine Ausgaben den Einnahmen anzupassen oder weiterhin am Tropf der Eurostaaten zu hängen.
2. Die Gläubiger könnten versuchen, ihre ausstehenden Gelder im Wege der Zwangsvollstreckung beizutreiben (Schröder mußte den arg. Präsidenten Kirchner in London treffen, weil dessen Flugzeug in D. gepfändet worden wäre oder Papandreou könnte nur mit Lufthansa nach Brüssel fliegen....)
Einen Schuldenschnitt gegen den Willen der Gläubiger durchzuführen, ist daher eine zweischneidige Sache oder wie ich bereits vorher schon geschrieben habe: Ab einer bestimmten Schuldenhöhe bestimmt der Gläubiger, was der Schuldner tun und lassen darf. Ob er seine Steuern erhöhen und/oder welche Sozialleistungen gekürzt werden ist dann nicht mehr Sache des Parlaments, sondern hängt von den Verhandlungen (dem Diktat) mit den Gläubigern ab.
Man sollte auch berücksichtigen, daß z.B. der deutsche Staat seine Banken geradezu ermuntert, Staatsanleihen zu kaufen, denn dafür brauchen sie kein Kapital vorzuhalten (im Gegensatz zu anderen Krediten), weil Staatsanleihen als sicher und nicht ausfallgefährdet gelten.
Man kann hier von einer indirekten Subventionierung sprechen, weil die Staaten natürlich - wie Herionabhängige - auf den Zufluß neuen "Stoffs" (Geld bzw. Rauschgift) angewiesen sind.
Leider hat die Bundesregierung schon im Mai letzten Jahres versäumt, auf die eindeutige Vertragslage (no-bail-out) hinzuweisen, Darlehn an Griechenland und Verhandlungen darüber kategorisch auszuschließen und den Griechen zu empfehlen, entsprechende Gespräche zur Neustrukturierung ihrer Verbindlichkeiten mit dem Pariser Club aufzunehmen. Dann hätten die Gläubiger entsprechende Verhandlungen mit Griechenland führen müssen, ohne auf die Schatulle des Bundesfinanzministers schielen zu können. Mit den bisher für Griechenland und andere Staaten gemachten Garantien hätte man die Sparguthaben bei evtl. gefährdeten deutschen Banken sichern können.
Hier liegt der Fehler - und nicht bei den Gläubigern, die die ihnen gebotene Chance natürlich genutzt haben.