Re: Weltkrieg: Wer war schuld?
Verfasst: Freitag 30. Juli 2021, 19:51
Oha, Mist. Zugangsbeschränkt. Na, dann meinen Beitrag von dort:Robert Ketelhohn hat geschrieben: ↑Freitag 30. Juli 2021, 19:48Auf Facebook gibt es dazu eine kleine Folgediskussion:
Ich habe die Diskussion nicht verfolgt und auch keine Zeit, das nachzuholen. Dennoch meinen Senf dazu in sechs Punkten:
1. Das Präventionsmotiv spielt subjektiv auf deutscher Seite zweifellos eine wichtige Rolle (cf. e.g. Nolte). Wie stark und bei wem in der Staats- und Militärführung, ist insgesamt schwer zu beurteilen und vielleicht nicht aufklärbar.
2. Faktisch-militärisch spricht wenig dafür, daß ein solches Präventionsmotiv berechtigt war, wo denn vorhanden. (Gegen „Suworow“ spricht zu viel.)
3. Rußlands Abwehrkampf war trotz viel ideologischer Rhetorik und der üblen Rolle mancher Politkommissare bei der Truppe viel mehr eben Abwehrkampf als „bolschewistischer Eroberungsfeldzug“.
4. Der Sieg ist für Rußland heute ein klassischer nationaler Geschichtsmythus (was für die Identität eines Volks notwendig ist, ganz unabhängig von Faktizität; dieser russische Mythus ist aber sicher realitätsnäher als etwa jener der Französischen Revolution).
5. Daß den Deutschen die Besatzer solche Geschichtsmythen abtrainiert und ausgebrochen haben (etwa Bismarcks Groß-Preußen als „2. Reich“ in Fortsetzung des „Alten“ oder Heiligen Römischen Reichs und selbsternannte Preußen-„Kaiser“ als ebenbürtige Nachfolger der römisch-fränkischen Kaiser), ist die tiefere Ursache, weshalb das deutsche Volk heute nahezu wehrlos unterzugehen scheint.
6. Hinsichtlich der Kriegsursachenforschung scheint mir wichtiger, (a) beide Weltkriege als zwei Etappen eines einzigen zu begreifen und (b) sich dem angelsächsischen Interesse am Zusammenprall der Deutschen und der Russen zuzuwenden. Interessant könnte dabei auch sein, welche Rolle es spielte, daß in Rußland nicht Bronstein, der Mann der Wallstreet (und damit der City of London), Lenins Nachfolge antrat, sondern Stalin, dessen Paranoia vielleicht auch nicht ganz ohne Anhalt in der Realität war.