Maurus hat geschrieben:
Abgesehen davon, dass sehr zu fragen ist, inwiefern und in welcher Zahl sich solche Leute wirklich aufspielen (schließlich bekommt man nur einen gefilterten Zeitungsartikel dazu, in dem dann mit Worten wie "schaltet sich ein", "kanzelt ab" etc der Eindruck irgendeiner hochoffiziellen Aussage erzeugt wird, wo sich der entsprechende Promi vielleicht nur auf dem Weg zum Pissoir unverfänglich geäußert hat): Das ist nun kein Grund, jemanden gerne im Gefängnis zu sehen. Deine Stammtischler, deren Lob du seit Wochen singst, erzählen auch alles mögliche, von dem dann bestimmt auch mal was eintritt - das ist schon statistisch nicht zu vermeiden, aber das meiste verschwindet irgendwo im Nebel. Die müssten folglich dann auch in die Zelle.
Na ja, wie Du weißt, haben sich unsere Idole/Prominenten gerne die Rolle einer moralischen Autorität gespielt. Hoeneß sonnte sich in seinen sozialen Wohltaten, seiner Arbeit für den Verein etc. und machte sich um den deutschen Fußball verdient, indem er die Ernennung einer Person mit
früheren Kokain-Problemen zum Bundestrainer vereitelte.
Die Zockermentalität kannte niemand. Das private Darlehn eines Geschäftspartners des Fußballvereins für Zockerei hat zumindest ein "Geschmäckle" - wird aber nicht thematisiert, da hier wohl kein strafrechtlich relevantes Verhalten erkennbar ist. Zocken ist ja noch ok, aber dann bitte auch dafür die Steuern zahlen, wenn man sich schon mit einem sozialen "touch" umgibt.
Aber das war doch nicht Deine Frage. Du wolltest doch wissen, warum die Leute gerne Prominente/Idole vor dem Kadi sehen.
Wenn diese Personen den von ihnen selbst postulierten Ansprüchen und Erwartungen nicht genügen, macht sich Enttäuschung breit und man will ein exemplarisches Urteil. Egal ob es sich Hoeneß, Wulff, von Guttenberg oder irgendwelche Radprofis handelt. Auftreten wie "Graf Rotz" und selbst um keinen Deut besser sein, geht weder für Steinbrück mit seinen Honoraren noch bei Hoeneß mit seiner Steuerhinterziehung.
Nur ist nicht jedes Verhalten strafbewehrt und im Gegensatz zu Hoeneß war Steinbrück nicht so blöd, seine Honorare zu verschweigen. Steinbrück ist im übrigen ein Paradebeispiel für dieses Verhalten: Auf die Banken wettern, aber als Finanzminister - trotz Hinweisen aus dem Bankensektor - die
cum-ex-Geschäfte nicht wirksam zu unterbinden (und dem Fiskus dadurch einen Mrden-Schaden zu bescheren) oder als Finanzminister (später Ministerpräsident NRW) über die Zweckgesellschaften und ihre faulen Kredite bereits 21 informiert gewesen zu sein - das paßt nicht.
Maurus hat geschrieben:
Du leitest die Strafe für Hoeneß nichtmal von seinem Delikt (Steuerhinterziehung) ab, sondern von einem Tun, dass du für moralisch verwerflich hältst. Für den Satz "Die Gewinne gerne mitnehmen und bei Verlusten anderen die Schuld geben" fehlt noch dazu jeder Beleg. Du unterstellst einfach, dass Hoeneß sich hier auch in eigener Sache äußert. Wo steht denn, dass das so ist?
Das Interview wurde im Oktober 211 gemacht. Zu dem Zeitpunkt hoffte Herr H. noch auf das Abkommen zur Legalisierung seiner Steuerhinterziehung.
Hoeneß hat folgendes selbst zugegeben:
"In den Jahren 22 bis 26 habe ich richtig gezockt, ich habe teilweise Tag und Nacht gehandelt, das waren Summen, die für mich heute auch schwer zu begreifen sind, diese Beträge waren schon teilweise extrem. Das war der Kick, das pure Adrenalin", so Hoeneß.
Er habe jedoch schon "viel früher" angefangen, zu spekulieren: "Mal 5. Dollar, das war es. Das wurde heftiger, als alle an der Börse spielten, zur Zeit der großen Internetblase. Als diese Blase dann platzte, fuhr ich schwere Verluste ein, ich war da richtig klamm. Das war der Moment, als Louis-Dreyfus mir anbot, lass uns was zusammen machen, er würde es finanzieren. So kamen die Millionen auf das Konto, es war immer klar, das war ein Konto zum Zocken, für nichts anderes." In dem Interview schließt Hoeneß kategorisch jegliche Verbindungen dieses Kontos zum FC Bayern München aus: "Dieses Konto war ganz allein Uli Hoeneß". Auch gäbe es keine weiteren nicht erklärten Konten.
In dem Interview beschreibt der Bayern-Präsident im Detail seine Börsenaktivitäten und spricht auch über seinen "Ausstieg": "Ich habe zu viele Verluste gemacht. Ich konnte nicht mehr so viel zocken. Und dann kam 28 die Finanzkrise, und dann ging es endgültig in den Keller.
http://www.zeit.de/sport/213-5/uli-ho ... ld/seite-2
Die Jahre bis 26 dürften steuerstrafrechtlich verjährt sein (5 Jahren nach Abgabe der Erklärung). Dies kann auch erklären, daß in verschiedenen Zeitungen berichtet wird, daß die strafrechtlich relevante hinterzogene Steuer unter 1 Mio € liegt. In den folgenden Jahren dürfte er überwiegend Verluste gemacht haben.
Wie kommst Du dazu, daß ich die Strafe für ein - in meinen Augen - "moralisch verwerfliches" Handeln und nicht für Steuerhinterziehung fordere?

Ich käme niemals auf die Idee eine Gefängnisstrafe zu fordern, wenn das Gesetz diese Strafe nicht vorsieht.
Ich habe überhaupt kein Problem mit Spekulationen, egal ob Aktien, Derivate oder auch Wirtschaftsgütern - bei denen die "Spekulation" gemeinhin als unethisch abgelehnt wird.
Ich habe sehr wohl ein Problem mit der Einstellung von Herrn H: Wer spekuliert sollte wissen, daß sein Einsatz weg sein kann - ob beim Lotto oder bei Optionen, Derivaten, CFD's oder welche synthetischen "Wertpapiere" es noch geben mag. Mit diesen Dingern (und der Hoffnung auf überproportionalem [Punkt]) zu handeln und dann bei Verlusten die Schuld nicht bei sich selbst, sondern bei dem Verkäufer (= Bank) zu suchen, mag zwar der Zeitgeistwelle "Banken-bashing" geschuldet sein, von Einsicht in das eigene Fehlverhalten zeugt es aber nicht.
Maurus hat geschrieben:
Caviteño hat geschrieben:"In der Gosse" landen andere:
Arbeitnehmer, die wegen Bagatelldelikten ihren Arbeitsplatz verlieren oder der Zollbeamte, der für ein paar Naturalien beim LKW oder Container nicht so genau nachschaut.
Ist da noch die Verhältnismäßigkeit gewahrt, wenn andere "Prominente" bei einer Steuerhinterziehung im sechs- oder evtl. siebenstelligem Betrag mit einer Bewährungsstrafe "wegkommen".

Vielleicht würde eher ein Schuh draus, mehr statt weniger Gnade walten zu lassen.
Wenn das aber von den Gerichten nicht so gesehen wird, sollten sie bei den sog. "Prominenten/Idolen" nicht mit der Barmherzigkeit oder Gnade anfangen - das zerstört in der Bevölkerung den Glauben an Rechtsprechung.