Gallus hat geschrieben:
Leider, leider sehr treffend.
Eine Reflexion der Demokratie in ihrer “extremsten Erscheinungsform” aus Nikolai Berdjajews "
Das neue Mittelalter" (Darmstadt 1927), zu finden im Kapitel “Demokratie, Sozialismus und Theokratie” (S. 106-107):
Ihrem Charakter nach ist die Demokratie formal, sie kennt ihren Inhalt nicht, ja, sie hat innerhalb der Grenzen des von ihr behaupteten Prinzips überhaupt keinen Inhalt. Die Demokratie will nicht wissen, in wessen Namen der Volkswille sich äußert und will den Volkswillen nicht einem höheren Ziel unterordnen. In dem Augenblick, da die Demokratie sich des Zieles, das der Volkswille erstrebt, bewußt wird, da sie für das eigene Wollen einen würdigen Gegenstand und einen positiven Gehalt findet, wird sie dieses Ziel, diesen Gegenstand und den Gehalt über das formale Prinzip der Willensäußerung selbst stellen und der Gesellschaftsordnung zugrunde legen müssen. Aber die Demokratie kennt nur ein formales Prinzip der Willensäußerung, das sie über alles schätzt und keinem anderen unterordnen will. Die Demokratie kümmert sich nicht um die Richtung und den Gegenstand des Volkswillens, und sie besitzt keine Kriterien zur Unterscheidung der Echtheit und Unechtheit der Bewegung, durch die sich der Volkswille äußert, zur Bestimmung der Qualität dieses Willens. Die Volksherrschaft ist gegenstandslos, auf kein Objekt gerichtet. Die Demokratie bleibt gleichgültig gegen Gut und Böse. Sie ist tolerant, weil sie indifferent ist, weil sie den Glauben an die Wahrheit verloren hat und nicht imstande ist, sich für die Wahrheit zu entscheiden. Die Demokratie ist skeptisch, sie entsteht in einer Zeit des Skeptizismus, des Unglaubens, wenn die Völker die festen Wahrheitskriterien eingebüßt haben und unfähig sind, sich zu irgendeiner absoluten Wahrheit zu bekennen. Demokratie ist extremster Relativismus, die Verneinung alles Absoluten. Die Demokratie kennt die Wahrheit nicht, deshalb läßt sie der Stimmenmehrheit zu entscheiden, was Wahrheit ist. Die Anerkennung der Macht der Quantität, die Anbetung des allgemeinen Stimmrechts ist nur möglich, wenn an die Wahrheit nicht geglaubt wird, wenn um die Wahrheit nicht gewußt wird. Wer an die Wahrheit glaubt und sie kennt, der überantwortet sie nicht auf Gnade und Ungnade der quantitativen Übermacht. Die Demokratie hat weltlichen Charakter, sie ist jeder sakralen Gemeinschaft entgegengesetzt, denn sie ist formal inhaltslos und skeptisch. Die Wahrheit ist sakral, und eine Gemeinschaft, die auf der Wahrheit gegründet ist, kann nicht ausschließlich weltlich sein. Die weltliche Demokratie bedeutet ein Abfallen von den ontologischen Grundlagen der Gesellschaft, ein Abfallen von der Wahrheit. Sie will die menschliche Gesellschaft politisch so aufbauen, als ob es keine Wahrheit gäbe. Dies ist die Grundvoraussetzung der reinen Demokratie, darin beruht der entscheidende Irrtum der demokratischen Idee. Sie wurzelt in der humanistischen Selbstbehauptung des Menschen. Der Wille des Menschen soll für die menschliche Gesellschaft entscheidend sein, und alles ist zu beseitigen, was sich der Äußerung dieses Menschenwillens, was sich seiner endgültigen Herrschaft in den Weg stellt. Damit werden die geistigen Grundlagen der Gesellschaft, die tiefer liegen als die formale Willensäußerung, verneint und die ganze hierarchische Ordnung umgeworfen. Die Demokratie ist ein Psychologismus, der allem Ontologismus zutiefst widerspricht.
Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel. (Mt. 5, 37)
Denn die Waffen unsres Kampfes sind nicht fleischlich, sondern mächtig im Dienste Gottes, Festungen zu zerstören. (2. Kor. 10,4)