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Europa war nie christlich

Verfasst: Donnerstag 11. August 2011, 09:50
von cantus planus
Die abwegigen Aussagen der "Theologin" Saskia Wendel, Köln, sind hier ja im Attentats-Strang schon thematisiert worden. Jetzt habe ich erstmals das komplette Interview in der "ZEIT" gelesen, und bin doch einigermaßen überrascht über folgende Aussage:
DIE ZEIT: Sie selbst gehören zu den Modernisierern innerhalb Ihrer Kirche und haben 2011 das Reformpapier der deutschen katholischen Theologen mit initiiert. Der Attentäter inszeniert sich als Gralshüter eines rein christlichen Europa. Hat es je existiert?

Wendel: Nur als Mythos. Breivik braucht für seine aggressive Identitätspolitik eine große europäische Metaerzählung. Um die zu entlarven, muss man nur an das von ihm in Anspruch genommene Mittelalter erinnern: Die Scholastik wäre undenkbar ohne islamische Philosophen und Theologen, die den vergessenen Aristoteles zurück in den Westen brachten. Oder das Wissen der Mauren, das sich von Andalusien aus verbreitete. Übrigens gab es im Mittelalter auch christliche »interreligiöse« Schriften, zum Beispiel von Nikolaus Cusanus und Petrus Abaelardus. Christliche Theologie war nie nur monolithisch und auf sich selbst bezogen.

DIE ZEIT: Wie wichtig ist das Christentum für Europa?

Wendel: Natürlich prägt es unsere Identität, unsere Ethik und unsere politischen Überzeugungen. Aber wir Christen müssen uns endlich damit abfinden, dass wir in einer pluralen Gesellschaft leben. Damit ist unser Glaube einer unter vielen.
Kann diese Frau ernsthaft glauben, es habe nie ein christliches Europa gegeben? Auch ihre darauf folgenden, übrigens die Frage inhaltslos ergänzende Aussagen zeugen doch von einer geschichtlichen, politischen und theologischen Ahnungslosigkeit, gepaart mit einem laizistischen Ideologismus, die mich ziemlich sprachlos zurücklassen, obwohl sie vermutlich durchaus den Standards moderner Theologie entsprechen.

Dass es ihr vor einer Gesellschaft graut, die von einem echten christlichen und kirchlichen Geist getragen ist - wie es die Kirche niemals anders gelehrt hat, ist dann ebenfalls sehr bezeichnend.

Europa ist niemals ein "christlicher Club" oder ein autoritärer Gottesstaat gewesen und soll es auch in Zukunft nicht sein. Aber dem Relativismus das Wort zu reden und jede christliche Gesellschaftspersepktive aufzugeben, ist doch vollkommen fehl am Platz.

Leider entsprechen die Wendel'schen Aussagen genau dem Vorgehen der EU und unserer Politik. :traurigtaps:

Re: Europa war nie christlich

Verfasst: Donnerstag 11. August 2011, 11:04
von Maurus
Die Aussagen von Frau Wendel richten sich nicht nach Tatsachen, sondern nach dem von ihr aus ideologischen Gründen gewünschten Ergebnis. Selbstverständlich haben die Scholastiker Averroes, Avicenna etc, auch jüdische Philosophen wie Maimonides rezipiert, aber dadurch wurde ihre Theologie ja nicht islamisch. Die Theologie war immer christlich, so wie es das Abendland war. Im ganzen Abendland bestand eine Kirche, der man verpflichtend anzuhängen hatte und die christlichen Werten und Idealen auf Basis der Hl. Schrift und der theologischen Denker verpflichtet war. Zu behaupten, dass Abendland sei nicht christlich gewesen, weil etwa Th. v. Aquin auf die Aristoteles-Rezeption des Averroes zurückgegriffen hat ist völlig absurd. Die Philosophen, auf die Wendel anspielt hatten zudem nicht selten Probleme mit der islamischen Orthodoxie, weil sie ihrerseits eher Freigeister waren. Ihr Einfluss ist im Islam wesentlich geringer, als im Christentum.

Leider aber besteht in der Gesellschaft kaum noch ein Wissen über jene Zeit. Wendel weiß das. Die Leute glauben, was in der Zeitung steht und was einigermaßen plausibel klingt. Wendel kann den Leute alles mögliche erzählen.

Re: Europa war nie christlich

Verfasst: Donnerstag 11. August 2011, 12:05
von Bernado
Maurus hat geschrieben:Zu behaupten, dass Abendland sei nicht christlich gewesen, weil etwa Th. v. Aquin auf die Aristoteles-Rezeption des Averroes zurückgegriffen hat ist völlig absurd.
Aber es ist nachgerade formvollendet pc.

Das ganze Geheimnis wissenschaftlicher Karrieren in der deutschen Theologie scheint darin zu bestehen, zu wissen, welchen säkularen Dogmen man sich zu unterwerfen und welche kirchlichen Dogmen man zu attackieren hat. Wer dazu die nötige "Sensibilität" (auch so'n Wort) aufbringt - dessen Aufstieg steht nichts mehr im Wege.

Schande über die Bischöfe, die dabei mitspielen.

Re: Europa war nie christlich

Verfasst: Donnerstag 11. August 2011, 13:42
von Juergen
Bernado hat geschrieben:Wer dazu die nötige "Sensibilität" (auch so'n Wort) aufbringt - dessen Aufstieg steht nichts mehr im Wege.
Vielleicht ist gerade das Karrieredenken ein Hauptproblem.

Es gibt allerdings auch Professoren, die solche Sachen ganz pragmatisch sehen. Hier in Paderborn haben einige Professoren ihre Wohnung in der Theologischen Fakultät. Einen der Professoren sprach ich mal darauf an, ob er Ambitionen hätte, sich wegen der Karriere woanders zu bewerben. Er meinte, er wolle aus Paderborn nicht weg, es sei die einzige Fakultät, in der er auch abends spät im Schlafanzug zum Kopierer gehen könne.
:D

Man muß eben wissen, wo die Prioritäten liegen. :D

Re: Europa war nie christlich

Verfasst: Samstag 13. August 2011, 23:39
von Nassos
cantus planus hat geschrieben:Kann diese Frau ernsthaft glauben, es habe nie ein christliches Europa gegeben?
Glaubst Du, so ein Müll wie die gute Saskia von sich gibt, ist der Diskussion wert?

Re: Europa war nie christlich

Verfasst: Sonntag 14. August 2011, 01:15
von Bernado
Nassos hat geschrieben:
cantus planus hat geschrieben:Kann diese Frau ernsthaft glauben, es habe nie ein christliches Europa gegeben?
Glaubst Du, so ein Müll wie die gute Saskia von sich gibt, ist der Diskussion wert?
Nein - der Diskussion wert ist der Dreck nicht. Aber die Tatsache, daß unsere Bischöfe solche Witzfiguren auf Lehrstühle der Theologie berufen (lassen) zwingt uns dazu, uns damit auseinanderzusetzen.

Re: Europa war nie christlich

Verfasst: Dienstag 16. August 2011, 18:47
von Nassos
Künstliche Theologie, also...