Liberalismus - Wolf im Schafspelz?

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Tacitus
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Liberalismus - Wolf im Schafspelz?

Beitrag von Tacitus »

Dieser Strang ist eine Abspaltung aus dem Litteratur-Café Ernst Jünger.
Die Frage ist, ob die beiden Weltkriege aus dem Liberalismus erwuchsen.
Alexander hat geschrieben:
Tacitus hat geschrieben: ...die gerade nicht aus dem Liberalismus erwuchsen.
Hm, das stimmt nicht.
Der Erste erwuchs gerade aus dem aufstrebenden Liberalismus (der Wirtschaftsliberalismus blühte und fortderte Märkte), der Zweite erwuchs aus einem Umkippen einer zügellosgewordenen Demokratie (Weimarer Republik) in eine Diktatur.
Hm, das stimmt gerade nicht, Alexander.
Der erste Weltkrieg erwuchs aus dem Nationalismus auf dem Balkan, der durch verschiedene Bündnisverpflichtungen zu einem Flächenbrand sich ausbreitete.
Der Nationalsozialismus verstand sich als dezidiert antiliberal und antidemokratisch. Er fand in der noch autoritär geprägten deutschen Gesellschaft einen fruchtbaren und furchtbaren Nährboden.
Man kann dem Liberalismus, dem Kapitalismus, der Demokratie viel vorwerfen, nicht aber, dass sie Kriege verursachen würden. Nichts ist friedlicher als die Demokratie, eine liberale Gesellschaft und der freie, kapitalistische Handel.
Wer mit Menschen handeln will, schießt nicht auf sie!

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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

Demokratien neigen dazu Kriege zu führen. Die athenische Demokratie lebte vom Kriegführen und vom Imperialismus (wie die Amis). Europäische Staaten im 18. Jahr., in denen die "öffentliche Meinung" einen bedeutenden Einfluß auf die Regierung auszuüben vermochte, die mithin "demokratischer" waren als konservativere Staaten, brachen viele Kriege vom Zaune als die "rückständigeren" Autokratien. Demokratien sind zumindest nicht friedlicher als anders verfaßte Gebilde. Demokratien sind nur verlogener. Sie geben den Kriegen andere Namen und führen Kriege verdeckter. Sie nennen sie z.b Versailler Vertrag oder EU. Die Beispiele lassen sich (fast) unendlich fortsetzen. Was Kant in dieser Frage schreibt ist ein (für ihn verzeihlich) höherer Blödsinn.

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Ewald Mrnka
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Re: Liberalismus - Wolf im Schafspelz?

Beitrag von Ewald Mrnka »

Tacitus hat geschrieben:Dieser Strang ist eine Abspaltung aus dem Litteratur-Café Ernst Jünger.
Die Frage ist, ob die beiden Weltkriege aus dem Liberalismus erwuchsen.
Alexander hat geschrieben:
Tacitus hat geschrieben: ...die gerade nicht aus dem Liberalismus erwuchsen.
Hm, das stimmt nicht.

Wer mit Menschen handeln will, schießt nicht auf sie!
Gerade Amis & Briten (Musterdemokraten) schießen sehr entschlossen auf Nationen, die nicht mit ihnen "handeln" wollen. Japan ist z.B. ein nettes und ganz einfaches Beispiel. Auch China ist recht anschaulich - selbst für gutmeinende Atlantiker. Ich vermute, daß Deutschland nach 33 auch an der Reihe war. Aber das ist recht komlplex; derlei möchte ich in diesem Rahmen nicht diskutieren.

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Alexander
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Re: Liberalismus - Wolf im Schafspelz?

Beitrag von Alexander »

Tacitus hat geschrieben:Dieser Strang ist eine Abspaltung aus dem Litteratur-Café Ernst Jünger.
Die Frage ist, ob die beiden Weltkriege aus dem Liberalismus erwuchsen.
Alexander hat geschrieben:
Tacitus hat geschrieben: ...die gerade nicht aus dem Liberalismus erwuchsen.
Hm, das stimmt nicht.
Der Erste erwuchs gerade aus dem aufstrebenden Liberalismus (der Wirtschaftsliberalismus blühte und fortderte Märkte), der Zweite erwuchs aus einem Umkippen einer zügellosgewordenen Demokratie (Weimarer Republik) in eine Diktatur.
Hm, das stimmt gerade nicht, Alexander.
Der erste Weltkrieg erwuchs aus dem Nationalismus auf dem Balkan, der durch verschiedene Bündnisverpflichtungen zu einem Flächenbrand sich ausbreitete.
Der Nationalsozialismus verstand sich als dezidiert antiliberal und antidemokratisch. Er fand in der noch autoritär geprägten deutschen Gesellschaft einen fruchtbaren und furchtbaren Nährboden.
Ewald hat schon derart trefflich drüber gesprochen, daß ich fast nichts mehr dazu zu sagen habe. Die Weimarer Republik war viel zu demokratisch und daher nicht wehrhaft. Fast alles war erlaubt. Jeder Dreck durfte ins Parlament.
Nach Aristoteles neigen Demokratien (Ochlokratien) dazu, in Diktaturen umzuschlagen. Was auch geschehen ist. Wie schon oft.

Zur politischen Position des Nationalsozialisten Hitlers siehe Ewalds Ausführungen im Jüngerthraed. Konservativ war er nicht. Aber antidemokratisch, wie alle Diktatoren, auch die auf dem demokratischen Nährboden reifenden.
Tacitus hat geschrieben:Nichts ist friedlicher als die Demokratie, eine liberale Gesellschaft und der freie, kapitalistische Handel.
Da schließe ich mich wieder mal der Meinung Ewalds an: absolut unzutreffend.
Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
Meine Sorgen wollen mich erdrücken,
ich weiß nicht ein noch aus.
Gott, sei gnädig und hilf.
Gib Kraft zu tragen, was du schickst,
laß die Furcht
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Tacitus
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Re: Liberalismus - Wolf im Schafspelz?

Beitrag von Tacitus »

Alexander hat geschrieben:Nach Aristoteles neigen Demokratien (Ochlokratien) dazu, in Diktaturen umzuschlagen. Was auch geschehen ist. Wie schon oft.
Das war die athenische Demokratie!
Grundsätzlich gebe ich Dir sogar recht, weil das Vok verführbar ist. Deswegen bedarf es wachsamer und tapferer Demokraten, die dieses verteidigen.
Aber es geht hier ja um den Liberalismus und der ist nicht nur auf den Nenner "Demokratie" zu bringen. Bismarck war auch Liberaler (temporär jedenfalls).

Liberalismus meint: Freiheit für den Einzelnen, Gewaltenteilung im Sinne Montesquieus, Recht auf Privateigentum.
Liberalismus ist tendenziell konservativ.
Ewald und Alexander, ich sehe Euch bei "Freiheit für den Einzelnen" schon die Nase rümpfen. Bedenkt bitte, dass hierzu auch die Religionsfreiheit gehört. Was wäre, wenn Euch der Protestantismus formal übergestülpt würde, hm?

Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Ewald Mrnka hat geschrieben:Demokratien neigen dazu Kriege zu führen. Die athenische Demokratie lebte vom Kriegführen und vom Imperialismus (wie die Amis).
Es geht hier nicht um die athenische Demokratie. Es geht um den Liberalismus.
Dass Demokratien dazu neigen, Kriege zu führen, ist historisch absolut nicht verifizierbar. Klassischer Satz, der immer noch gilt: Noch nie haben zwei Demokratien Krieg gegeneinander geführt.
Was ist Imperialismus? Kolonialismus? Dann müsstest Du von England und Frankreich reden. Wenn Imperialismus aber bedeutet, durch freien Handel mit der ganzen Welt verbunden zu sein: Wunderbar! Nichts ist friedlicher. Fakt ist: noch nie haben zwei Länder, in denen jeweils McDonalds-Filialen eröffnet hatten, gegeneinander Krieg geführt! Ehrlich! :mrgreen:

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Tacitus hat geschrieben: Fakt ist: noch nie haben zwei Länder, in denen jeweils McDonalds-Filialen eröffnet hatten, gegeneinander Krieg geführt! Ehrlich! :mrgreen:
Die Amis (eine liberale Demokratie) bekriegen ja auch nicht ihre Vasallen, sondern die Staaten, die noch nicht zu ihren Vasallen geworden sind.
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großes Elend ist über mich gekommen.
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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

Liberalismus ist totalitär. Sein Dogma lautet:

"Es gibt keine Wahrheit" wer an etwas anderes glaubt und es laut verkündet, der ist "Fundamentalist" , allenfalls milde belächelt-verachteter Hinterwälder. Der Liberalismus zerstört und zersetzt Glaube, Religion, Volk und Kultur. Der Liberalismus ist der reine, abstrakte, der körper- und blutleere Geist, die kalte Teufelsfaust, die alles Gewachsene, Natürliche abwürgen will. Hinter dem Liberalismus steht der Geist, der stets verneint. Übrigens begann das schon mit dem Nihilisten Sokrates, dem Schwätzer und Wortklingler.

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Ewald Mrnka hat geschrieben:Liberalismus ist totalitär. Sein Dogma lautet:

"Es gibt keine Wahrheit" wer an etwas anderes glaubt und es laut verkündet, der ist "Fundamentalist" , allenfalls milde belächelt-verachteter Hinterwälder. Der Liberalismus zerstört und zersetzt Glaube, Religion, Volk und Kultur. Der Liberalismus ist der reine, abstrakte, der körper- und blutleere Geist, die kalte Teufelsfaust, die alles Gewachsene, Natürliche abwürgen will. Hinter dem Liberalismus steht der Geist, der stets verneint. Übrigens begann das schon mit dem Nihilisten Sokrates, dem Schwätzer und Wortklingler.
Also, Ewald, Aplaus, aber nicht in puncto Sokrates. Er war für die damaligen heidnischen Verhältnisse ein ziemlicher Christ. Und ein großer Philosoph obendrein.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Tacitus hat geschrieben:Nichts ist friedlicher als die Demokratie, eine liberale Gesellschaft und der freie, kapitalistische Handel.
O si incorrupto virtualis proavi tui homonymi judicio conspiceres res!

Geld regiert die Welt.

Der Liberalismus ist eine Erfindung der Herren des Geldes, die blöde Masse nach Belieben zu manipulieren.

Was die Friedlichkeit betrifft, bloß ein paar Fragen. Kennst du die Geschichte des Opiumkrieges (samt der ganzen nachfolgenden Zerrüttung Chinas)? Wer hat Japans Krieg gegen Rußland finanziert, der zur Revolution von 1905 führte? Wer hat Lenin nach Rußland gebracht und die Bolschewiken finanziert? Ja, wer hat eigentlich Hitler finanziert?

Ach, das könnte man endllos fortsetzen. Aber lassen wir’s heut’ nacht dabei.
[/color]
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Nietenolaf
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US World Domination Tour :-P

Beitrag von Nietenolaf »

Tacitus hat geschrieben:Nichts ist friedlicher als die Demokratie, eine liberale Gesellschaft und der freie, kapitalistische Handel.
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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Tacitus hat geschrieben:...und der freie, kapitalistische Handel.
Bosse machen Bosse, bei Politik und in der Gosse.

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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

Der Liberalismus ist auch die eigentliche Religion der Freimauerer, deren fundamentale "Wahrheit" lautet: "Es gibt keine Wahrheit."
Das paßt alles gut zur westlichen Demokratie, die ihr System dem Rest der Welt aufzwingen will. Sie redet von Demokratie und meint Bodenschätze und Arbeitssklaven. Religionen und Kulturen werden da zur Disposition gestellt, "diskutiert" und beliebig gemacht. Der Geist des Liberalsmus und der Demokratie ist auch schon lange in die Kirche eingedrungen und ist dabei sie zu zersetzen.

Anmerkung im Geiste der Versöhnung für Tacitus, dem glühenden Apologeten der speziell westlich-amerikanischen Demokratie: An sich habe ich nichts gegen Demokratie. Im Kanton Appenzell hat das ganz gut funktioniert; anderswo auch, jedenfalls über Strecken. Doch an vielen Orten ist sie pure Ideologie, falscher Schein, Lüge und Kampfparole.

Ragnar
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Beitrag von Ragnar »

Gut,
soweit die Kritik.
Wie aber stellt man sich eine wirkliche Demokratie vor?
wie sollte ein wirklich freies Leben aussehen?


Oder!
Was sollte an Stelle von Demokratie und Freiheit treten?
Wie wird Handel dann über die Bühne laufen?

Ich bin sehr gespannt auf eure guten Vorschläge.

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Hm, eine christliche Monarchie könnte gewisse Vorteile bringen. So als Einwurf. Und keiner ruft hier zu einer Versklavung des Volkes auf. Der Fürst sollte doch der erste Diener des Staates sein, auf das Wohl seiner Untertanen bedacht, das hat doch schon der alte Fritz gesagt.
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Adeodatus
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Beitrag von Adeodatus »

Tja, der Liberalismus...


Per se ist das ja ein ziemlich logisches, faires System, allerdings ist es ziemlich weltfremd, weil es von falschen Voraussetzungen ausgeht. Zum einen kann man es nicht auf jedes Volk anwenden (wie die USA gerade im Irak merken..... :ikb_rifle: :ikb_osama: ), zum anderen geht es davon aus, dass jeder seine Freiheit sinnvoll nutzt.

Und das ist der entscheidende Punkt. Ich glaube, dass gerade die Bevölkerung in den westlichen Demokratien verdammt viele Schwierigkeiten mit dem Liberalismus hat, denn die meisten Menschen wissen nicht, wie sie ihre Freiheiten und Rechte gebrauchen sollen. Einen Großteil interessiert es doch nicht einmal.

Wenn ich bedenke, dass Menschen ihr Leben gaben, um Rechte zu erlangen, die heute für uns selbstverständlich sind, ist es doch eigentlich ein Unding, dass die Wahlbeteiligung nicht konstant bei 100 % liegt. Wir haben so viele Rechte und dann halten es die meisten nicht für nötig, alle Jubeljahre mal zur Wahlurne zu gehen?!?!?!?!?!?!?!?!?!?!?!?!?! :motz: :motz: :motz:


Ich sehe das ähnlich wie Ewald: Ein säkularisierter Staat bietet vielleicht materielle Freiheit, aber keinerlei tiefgründige, moralische "Leitwerte". Klar, staatsbürgerliche Tugenden werden vermittelt, aber ich denke, es braucht mehr als das, um verantwortungsvolle Bürger zu haben.

Unsere Gesellschaft ist doch im Materialismus versunken, wie in einem Sumpf. Doch leider kann sie sich nicht, wie Baron Münchhausen, an den eigenen Haaren dort herausziehen.
Ich würde (sinngemäß) Platon zustimmen, wenn er sagt, dass entweder die Philosophen Könige, oder die Könige Philosophen werden sollten. D.h., dass nur diejenigen einen Anspruch darauf haben sollten, eine Gemeinschaft zu führen, die bewiesen haben, dass sie moralisch und intellektuell vollkommen dafür geeignet sind.

Ehrlich gesagt halte ich den Großteil der Bevölkerung nicht für mündig genug, an einem Prozess der politischen Willensbildung teilzunehmen. :ikb_baby: Da ist es mir lieber, es sind einige wenige, aber kompetente Personen, die wichtige Entscheidungen treffen, als viele Unkompetente.

Womit wir dann bei einer Oligarchie wären.... :roll:

Adeodatus
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Beitrag von Adeodatus »

Kleine, wortlose Anmerkung zur Situation im Lande.... :roll:


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Adeodatus
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Beitrag von Adeodatus »

Sorry, dass ich noch eins poste. Ist zwar vollkommen OFFTOPIC, aber einfach zu lustig.

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Das Problem ist: So sehen das wahrscheinlich viele Amerikaner. Eine Episode mit Happy End....irgendwann.

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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

Adeodatus nennt unser wunderbares System, eine Oligarchie. Ich sehe das auch so. Wir sind einer Parteienoligarchie unterworfen, die sogar deutlich feudale Züge angenommen hat. Ich will die Sache nicht noch weiter komplizieren, doch es spielen in unsere Oligarchie plutokratische, xenokratische, pornokratische und kleptokratische Elemente mit hinein; das eigentlich demokratische Element spielt dagegen eine ganz untergeordnete Rolle; mit einiger Mühe ließe es sich möglicherweise in der Kommunalpolitik nachweisen.

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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

Adeodatus hat geschrieben:Sorry, dass ich noch eins poste. Ist zwar vollkommen OFFTOPIC, aber einfach zu lustig.

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Das Problem ist: So sehen das wahrscheinlich viele Amerikaner. Eine Episode mit Happy End....irgendwann.
Und so etwas beherrscht die Welt. :ikb_sniper:

Tacitus
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Re: Liberalismus - Wolf im Schafspelz?

Beitrag von Tacitus »

Es war mir klar: man muss nur auf einen Knopf drücken und schon kommt alles wieder - Demokratiefeindlichkeit, Antiamerikanismus et al. Wir haben dies aber in diversen anderen Threads bereits diskutiert usque ad nauseam.
Dass Länder, die sich auf den Liberalismus berufen, in praxi nicht immer danach handeln - Achselzucken. Kommt in den besten Familien vor. Abusus non tollit usum.

Mit Bedacht aber habe ich im Titel dieses Threads den Begriff "Liberalismus" verwendet und meine damit das theoretische System, weniger die Praxis. Was darunter genauer zu verstehen sei, habe ich weiter oben schon erwähnt:
Tacitus hat geschrieben:Liberalismus meint: Freiheit für den Einzelnen, Gewaltenteilung im Sinne Montesquieus, Recht auf Privateigentum.
Liberalismus ist tendenziell konservativ.
Vielleicht lohnt es sich auf die Liberalismusthesen von Karl R. Popper zu verweisen, die ich hier in Auszügen wiedergebe (aus: Die öffentliche Meinung im Lichte der Grundsätze des Liberalismus 1956):
Karl R. Popper hat geschrieben:1. Der Staat ist ein notwendiges Übel.

2. Der Unterschied zwischen einer Demokratie und einer Despotie besteht darin, daß man in einer Demokratie seine Regierung ohne Blutvergießen loswerden kann, in einer Despotie aber nicht.

3. Die Demokratie kann (und soll) den Bürgern keinerlei Wohltaten erweisen. ... Die Demokratie ist nichts als ein Rahmen, innerhalb dessen die Staatsbürger handeln können.

4. Nicht weil die Majorität immer Recht hat, sind wir Demokraten, sondern weil demokratische Institutionen, wenn sie in demokratischen Traditionen wurzeln, bei weitem die unschädlichsten sind, die wir kennen.

5. Bloße Insitutionen genügen nie, wenn sie nicht in Traditionen wurzeln.

6. Ein liberales "Utopia" - das heißt, ein Staat, der in rationalistischer Weise auf einer traditionslosen tabula rasa geplant ist - ist eine Unmöglichkeit.

7. Die Grundsätze des Liberalismus können als Grundsätze beschrieben werden, mit deren Hilfe die bestehenden Institutionen beurteilt und, wenn nötig, beschränkt oder geändert werden können.

8. Unter den Traditionen müssen wir jene zu den wichtigsten zählen, die den "moralischen Rahmen" (entsprechend dem institutionellen "gesetzlichen Rahmen") einer Gesellschaft bilden, und die ihren überlieferten Sinn für Gerechtigkeit und Anständigkeit verkörpern, sowie den von ihr erreichten Grad des moralischen Empfindens. ... Nichts ist gefährlicher als die Zerstörund dieses Rahmens, dieser Tradition. (Diese Zerstörung wurde vom Nazismus bewußt angestrebt.) Sie muß letzten Endes zu einem zynischen Nihilismus führen - zur Mißachtung und zur Auflösung aller menschlichen Werte.

Adeodatus
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Beitrag von Adeodatus »

Tacitus hat geschrieben:Mit Bedacht aber habe ich im Titel dieses Threads den Begriff "Liberalismus" verwendet und meine damit das theoretische System, weniger die Praxis.
Ich denke, man kann Theorie und Praxis nicht trennen. Ein System kann seinen Wert nur in der Praxis beweisen, denn selbst wenn es in der Theorie rundum gut funktioniert, ist das noch keine Gewährleistung für ein Funktionieren in der Realität. Und ein System, dass nur in der Theorie funktioniert ist nutzlos.

Ich denke, dass Problem der heutigen Demokratien liegt (wie in meinem obigen Thread ausgeführt), vor allem am Verstoß gegen folgende Regeln:
Karl R. Popper hat geschrieben: 6. Ein liberales "Utopia" - das heißt, ein Staat, der in rationalistischer Weise auf einer traditionslosen tabula rasa geplant ist - ist eine Unmöglichkeit.

[...]

8. Unter den Traditionen müssen wir jene zu den wichtigsten zählen, die den "moralischen Rahmen" (entsprechend dem institutionellen "gesetzlichen Rahmen") einer Gesellschaft bilden, und die ihren überlieferten Sinn für Gerechtigkeit und Anständigkeit verkörpern, sowie den von ihr erreichten Grad des moralischen Empfindens. ... Nichts ist gefährlicher als die Zerstörund dieses Rahmens, dieser Tradition. (Diese Zerstörung wurde vom Nazismus bewußt angestrebt.) Sie muß letzten Endes zu einem zynischen Nihilismus führen - zur Mißachtung und zur Auflösung aller menschlichen Werte.
Vor allem Punkt 8 ist sehr schwerwiegend. Man kann meine Meinung meinetwegen zu Globalisierungskritik oder Antiamerikanismus rechnen, aber in den westlichen Industrienationen herrscht zunehmend derselbe Verlust von Traditionen und die Entwicklung einer neuen (Un-)Kultur vor, vor allem bei der Jugend.

Gerade der letzte Punkt ist mir erst in den letzten Jahren bewusst geworden, da ich ja nicht allzulange aus meiner pubertären Phase raus bin. :roll: Wenn ich mir ansehe, wie viele Jugendliche reden, wie sie sich kleiden, welche Musik sie hören, welche Filme sie sehen, wie sie vor allem denken, dann denke ich, kann man eine Art uniformen Nonkonformismus erkennen. Alle sind von den gleichen Werten und Moden beeinflusst, auch diejenigen, die (auf welche Weise auch immer) meinen, sich von Moden abzugrenzen, denn auch das ist eine Mode.
Dieses Phänomen (und das müssen auch Philamerikaner anerkennen!) nahm seinen Ausgang in den USA: Die materialistische Spaßkultur ist ein Exportschlager der Vereinigten Staaten!

Es ist ja nicht so, dass Deuschland das einzige Land ist, dass darunter zu leiden hat. In nahezu jedem anderen europäischen Land, sowie auch in anderen Industrienationen zeigen sich ähnliche Strukturen.
Das Problem ist, dass diese Kultur so leicht abhängig macht: Wir sehen das ja z.Z. in China. Wenn dort jemand zu Geld kommt ist das erste, was er/ sie macht...den "American way of life" nachzuahmen.


Also kann man doch folgende Kausalkette aufstellen:

Fehlegschlagene Liberaldemokratie + materieller Reichtum --> Verdrängung kultureller Eigenheit --> Übernahme einer materialistischen Lebenseinstellung --> Verlust moralischer, sozialer, kultureller Kompetenz --> ??? (Moralischer Bankrott, faschistoide Spaßgesellschaft, wirtschaftlicher Kollaps....sucht euch was aus)

Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Ewald Mrnka hat geschrieben:Liberalismus ist totalitär. Sein Dogma lautet: "Es gibt keine Wahrheit" wer an etwas anderes glaubt und es laut verkündet, der ist "Fundamentalist" , allenfalls milde belächelt-verachteter Hinterwälder.
Das ist nicht wahr!
Es mag das Dogma mancher irrender Liberaler sein, entspricht aber nicht liberaler Theorie.
Liberales "Dogma" geht eher so: Es gibt eine Wahrheit, es ist aber nicht Aufgabe des Staates, diese Wahrheit zu formulieren, sondern Aufgabe des Einzelnen, der Philosophie, der Theologie, der Kultur meinetwegen. Würde der Staat einen Wahrheitsanspruch vertreten, müsste er diesen verbindlich für alle durchsetzen. Was, wenn der Staat sich irrte, was, wenn Du, Ewald, plötzlich protestantisch werden müsstest? Ich sehe Dich schmunzeln.

Ad fontes! John Locke meint in Ein Brief über Toleranz (1689) zur Frage, ob einem Staat die Macht zukomme, über Wahrheit und Glaube des Einzelnen zu befinden, u.a.:
John Locke hat geschrieben:Auch kann eine solche Macht nicht auf die Obrigkeit durch Zustimmung des Volkes übertragen werden, weil kein Mensch die Sorge für sein egnes Heil so weit aufgeben kann, daß er es blindlings der Wahl eines anderen, sei es Fürst oder Untertan, überließe, ihm vorzuschreiben, welchen Glauben oder Gottesdienst er annehmen solle. Denn niemand kann, selbst wenn er wollte, seinen Glauben dem Diktate anderer anpassen. ...
An zweiter Stelle kann die Sorge für die Seelen deswegen nicht der staatlichen Obrigkeit obliegen, weil deren Macht nur im äußeren Zwange liegt; aber die wahre und heilbringende Religion liegt in der inneren Gewißheit des Urteils, ohne die nichts für Gott annehmbar sein kann. Und solcherart ist die Natur des Urteilsvermögens, daß es nicht zum Glauben von etwas mit Gewalt gezwungen werden kann. Konfiskation der Güter, Kerker, Tortur, nichts von der Art kann irgendeine Wirksamkeit für die Änderung des Urteils haben, das Menschen sich über die Dinge gebildet haben.

Raphael

Beitrag von Raphael »

@ Tacitus
Tacitus hat geschrieben:
Ewald Mrnka hat geschrieben:Liberalismus ist totalitär. Sein Dogma lautet: "Es gibt keine Wahrheit" wer an etwas anderes glaubt und es laut verkündet, der ist "Fundamentalist" , allenfalls milde belächelt-verachteter Hinterwälder.
Das ist nicht wahr!
Es mag das Dogma mancher irrender Liberaler sein, entspricht aber nicht liberaler Theorie.
Liberales "Dogma" geht eher so: Es gibt eine Wahrheit, es ist aber nicht Aufgabe des Staates, diese Wahrheit zu formulieren, sondern Aufgabe des Einzelnen, der Philosophie, der Theologie, der Kultur meinetwegen. Würde der Staat einen Wahrheitsanspruch vertreten, müsste er diesen verbindlich für alle durchsetzen. Was, wenn der Staat sich irrte, was, wenn Du, Ewald, plötzlich protestantisch werden müsstest? Ich sehe Dich schmunzeln.

Ad fontes! John Locke meint in Ein Brief über Toleranz (1689) zur Frage, ob einem Staat die Macht zukomme, über Wahrheit und Glaube des Einzelnen zu befinden, u.a.:
John Locke hat geschrieben:Auch kann eine solche Macht nicht auf die Obrigkeit durch Zustimmung des Volkes übertragen werden, weil kein Mensch die Sorge für sein egnes Heil so weit aufgeben kann, daß er es blindlings der Wahl eines anderen, sei es Fürst oder Untertan, überließe, ihm vorzuschreiben, welchen Glauben oder Gottesdienst er annehmen solle. Denn niemand kann, selbst wenn er wollte, seinen Glauben dem Diktate anderer anpassen. ...
An zweiter Stelle kann die Sorge für die Seelen deswegen nicht der staatlichen Obrigkeit obliegen, weil deren Macht nur im äußeren Zwange liegt; aber die wahre und heilbringende Religion liegt in der inneren Gewißheit des Urteils, ohne die nichts für Gott annehmbar sein kann. Und solcherart ist die Natur des Urteilsvermögens, daß es nicht zum Glauben von etwas mit Gewalt gezwungen werden kann. Konfiskation der Güter, Kerker, Tortur, nichts von der Art kann irgendeine Wirksamkeit für die Änderung des Urteils haben, das Menschen sich über die Dinge gebildet haben.
Zwei Herzen schlagen in Deiner Brust! 8)

Einst hattest Du noch geschrieben:
Tacitus hat geschrieben:Ich halte die Deutschen für so verrückt, dass sie die Versager von heute wieder wählen. Die spinnen, die Germanen!

Nein, dies ist nicht mehr mein Land!
Weist Du noch, was Du (wirklich) meinst? ;)

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Raphael

Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Die höchste Tugend des Liberalen heißt: leiden!

Raphael

Beitrag von Raphael »

@ Tacitus
Tacitus hat geschrieben:Die höchste Tugend des Liberalen heißt: leiden!
Bisher sah es - Deinen Ausführungen zufolge - mehr nach "leiten" als höchster Tugend aus! :roll:
Aber Sir Karl der Popper ist nicht mein Freund und dem liberalen Masochismus war ich schon immer abhold ......

GsJC
Raphael

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Adeodatus hat geschrieben:Ehrlich gesagt halte ich den Großteil der Bevölkerung nicht für mündig genug, an einem Prozess der politischen Willensbildung teilzunehmen. :ikb_baby: Da ist es mir lieber, es sind einige wenige, aber kompetente Personen, die wichtige Entscheidungen treffen, als viele Unkompetente.

Womit wir dann bei einer Oligarchie wären.... :roll:
Nein, bei einer Aristokratie, wenn das eine Elite ist, und keine Nomenklatur. Oligarchie ist nach Aristoteles eine Karikatur auf die Aristokratie.
Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
Meine Sorgen wollen mich erdrücken,
ich weiß nicht ein noch aus.
Gott, sei gnädig und hilf.
Gib Kraft zu tragen, was du schickst,
laß die Furcht
nicht über mich herrschen.
(D. Bonhoeffer)

Raphael

Beitrag von Raphael »

Alexander hat geschrieben:
Adeodatus hat geschrieben:Ehrlich gesagt halte ich den Großteil der Bevölkerung nicht für mündig genug, an einem Prozess der politischen Willensbildung teilzunehmen. :ikb_baby: Da ist es mir lieber, es sind einige wenige, aber kompetente Personen, die wichtige Entscheidungen treffen, als viele Unkompetente.

Womit wir dann bei einer Oligarchie wären.... :roll:
Nein, bei einer Aristokratie, wenn das eine Elite ist, und keine Nomenklatur. Oligarchie ist nach Aristoteles eine Karikatur auf die Aristokratie.
Nun, das eine schließt das andere nicht aus! :shock:

Oligarchie bedeutet Herrschaft von einigen wenigen über alle anderen; bei der Aristokratie tritt noch die Abstammung aus einer edlen Familie als weiteres Merkmal hinzu.

Daß die "edle Familie" faktisch sich nicht immer edel verhält, lassen wir 'mal außen vor, es gibt schließlich nicht nur Prinzen, die auf Weltausstellungen gegen einen türkischen Pavillion pinkeln. 8)

Die Plutokratie ist ebenfalles eine Form der Oligarchie.
Hier ist das entscheidende Merkmal für die Zugehörigkeit zur herrschenden Gruppe eben die finanzielle Potenz des Oligarchen.

Die westlichen Zivilisationen steuern - allen demokratischen Beteuerungen zum Trotz - eher in die plutokratische Richtung. Diese Plutokratie läßt sich mit einem ideologisch verstandenen Liberalismus sehr gut vereinbaren.

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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Sir Karl Popper hat geschrieben:1. Der Staat ist ein notwendiges Übel.
Ja. Ich habe das hier einmal so ausgedrückt:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Die irdischen Staaten sind eine Folge der menschlichen Sünde, eine Konsequenz der Ursünde, die morsche – aber von Gott auf Zeit verordnete – Krücke der gefallenen menschlichen Natur
Sir Karl Popper hat geschrieben:2. Der Unterschied zwischen einer Demokratie und einer Despotie besteht darin, daß man in einer Demokratie seine Regierung ohne Blutvergießen loswerden kann, in einer Despotie aber nicht.
Die Demokratie – ich meine jene auf die Ideologie des Liberalismus gebaute der letzten zweihundert Jahre – ist Despotie.

Kann „man“ seine Regierung loswerden? Ich nicht. Bestenfalls bekommt die Masse der Abwechslung halber – variatio enim delectat – ein paar neue Gesichter vorgesetzt. Die Regierung bleibt dabei dieselbe. Wie ich gestern schrieb:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Der Liberalismus ist eine Erfindung der Herren des Geldes, die blöde Masse nach Belieben zu manipulieren.
Sir Karl Popper hat geschrieben:3. Die Demokratie kann (und soll) den Bürgern keinerlei Wohltaten erweisen. ... Die Demokratie ist nichts als ein Rahmen, innerhalb dessen die Staatsbürger handeln können.
In Wahrheit kannst du in diesem totalitären System, das sich liberal und demokratisch nennt, nur dann verantwortlich (jedoch wem?) an der Ausübung politischer Gewalt teilhaben, wenn du dich den Vorgaben unterwirst, welchen auch die, deren Gesichter du in den höchsten Rängen der Verantwortung siehst, sich nur unterwerfen konnten. Ohne solche Unterwerfung wirst du nichts.
Sir Karl Popper hat geschrieben:4. Nicht weil die Majorität immer Recht hat, sind wir Demokraten, sondern weil demokratische Institutionen, wenn sie in demokratischen Traditionen wurzeln, bei weitem die unschädlichsten sind, die wir kennen.
Hier müßten wir in die Kasuistik einsteigen. Ich bestreite die Aussage jedenfalls entschieden.
Sir Karl Popper hat geschrieben:5. Bloße Institutionen genügen nie, wenn sie nicht in Traditionen wurzeln.
Tja, und genau die liberale Demokratie ist eine ideologische Kopfgeburt, welche die (teils gewiß depravierten) Traditionen abgeschnitten hat.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Sir Robert Ketelhohn hat geschrieben:
In Wahrheit kannst du in diesem totalitären System, das sich liberal und demokratisch nennt, nur dann verantwortlich (jedoch wem?) an der Ausübung politischer Gewalt teilhaben, wenn du dich den Vorgaben unterwirst, welchen auch die, deren Gesichter du in den höchsten Rängen der Verantwortung siehst, sich nur unterwerfen konnten. Ohne solche Unterwerfung wirst du nichts.
Ja, Robert, Du leidest fürchterlich! Diese elende bürgerliche, liberale Diktatur: keine wirklich freien Wahlen, keine wirklich freie Presse.
Man kann sie mit der verflossenen russischen Diktatur vergleichen. Und Sir Robert Ketelhohn beginnt zu träumen wie Rosa Luxemburg einst in "Zur russischen Revolution":
Rosa Luxemburg hat geschrieben:Ohne allgemeine Wahlen, ungehemmte Presse- und Versammlungsfreiheit, freien Meinungskampf erstirbt das Leben in jeder öffentlichen Institution, wird zum Scheinleben, in der die Bürokratie allein das tätige Element bleibt. Das öffentliche Leben schläft allmählich ein. Einige Dutzend Parteiführer von unerschöpflicher Energie und grenzenlosem Idealismus dirigieren und regieren. Unter ihnen leidet die Wirklichkeit. Ein Dutzend hervorragender Köpfe und eine Elite der Arbeiterschaft wird von Zeit zu Zeit zu Versammlungen aufgeboten, um den Reden der Führer Beifall zu klatschen und vorgelegten Resolutionen einstimmig zuzustimmen. Im Grunde also eine Cliquenwirtschaft - eine Diktatur allerdings, aber nicht die Diktatur des Proletariats, sondern die Diktatur einer Handvoll Politiker, das heißt Diktatur im rein bürgerlichen Sinne.

Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Sir Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Die Demokratie – ich meine jene auf die Ideologie des Liberalismus gebaute der letzten zweihundert Jahre – ist Despotie.
Das hat der liebe Gott nicht gut gemacht. Allen Dingen hat er Grenzen gesetzt, nur der Dummheit nicht.

Adenauer, Konrad, deutscher Politiker (1876 - 1967)

Raphael

Beitrag von Raphael »

Ein Staat ohne Gerechtigkeit ist nichts anderes als eine Räuberhöhle.

Augustinus Aurelius (354 - 430), Bischof von Hippo, Kirchenvater

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