Im Gegensatz zu früheren Wahlen hat das Europäische Parlament (EP) diesmal größere Mitwirkungsmöglichkeiten und kann bei der Stellenbesetzung der Kommission mitwirken. Die WELT schreibt dazu:
Die Auswirkungen für die deutsche(n) Politik(er) und auch die jetzigen Koalitionsverhandlungen könnten beträchtlich sein. Der gegenwärtige Präsident des EP seinen Hut in den Ring geworfen hat und gerne Kommissionspräsident werden möchte, obwohl seine Chancen nicht groß sind:Bei der nächsten Europawahl betritt Europa Neuland. Zum ersten Mal sollen nicht allein die Staats- und Regierungschefs auskungeln, wer die einflussreichsten Posten in Europa bekommt. Das Parlament, so schreibt es der neue EU-Vertrag vor, kann jetzt mitmischen. Die Abgeordneten wollen die alte Machtbalance durcheinanderwirbeln, sie wollen die "Chefs" aus den Hauptstädten richtig unter Druck setzen – und ein großes Stück vom Kuchen abbekommen.
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Allen ist klar: Es geht dabei nicht um irgendwelche Pöstchen im fernen Brüssel, sondern es geht um die Macht über die Gesetzgebung in Europa, um das, was künftig an neuen Regeln gelten soll in jedem einzelnen Mitgliedsland.
Im Fokus der Begierden steht vor allem ein Amt: der Posten des Präsidenten der Europäischen Kommission. Von außen betrachtet mag er erscheinen, wie ihn die Politiker in Berlin und anderswo gern sehen: als relativ schwache, bisweilen nervige Figur aus dem Raumschiff Brüssel. Aber das ist er nicht. Die Kommission hat das Initiativrecht für europäische Gesetze. Und mindestens 6 Prozent dessen, was in den Vorschlägen der EU-Kommission steht, wird am Ende umgesetzt. Sitzt da jemand, der Europa zum Vorreiter des Klimaschutzes machen will, oder einer, der die Belange der Industrie ebenfalls im Auge hat? Prägt jemand die Gesetzgebung, der sich als Reformer der europäischen Wirtschaft versteht, oder jemand, der von einem sozialeren, solidarischen und regulatorischen Europa träumt, in dem auch noch der richtige Gebrauch von Glühbirnen oder Ölkännchen angeordnet werden muss?
Aber nicht nur in "Europa" wird um Posten gefeilscht, auch bei der NATO wird ein Posten frei und der könnte an den glücklosen Verteidungsminister de Mazière gehen:"Wenn eine Mehrheit der sozialdemokratischen Parteien mir das Vertrauen schenkt, werde ich mich um das Amt des Kommissionspräsidenten bemühen", sagte Martin Schulz (SPD), der zu den engsten Vertrauten von SPD-Parteichef Sigmar Gabriel gehört.
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Trotzdem hat Schulz gute Chancen, in die Schaltzentrale der europäischen Gesetzgebungsmaschinerie an der Brüsseler Rue de la Loi einzuziehen. Das schwant auch deutschen Unionspolitikern. "Wenn es in Berlin zu einer großen Koalition kommt", sagt ein hochrangiger Strippenzieher aus der CDU, "dann wird Schulz als deutscher Kommissar nicht zu verhindern sein." Und genau daran arbeitet Schulz offenbar mit der Unterstützung seines Freundes Gabriel.
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Im Hintergrund lauert übrigens noch Ursula von der Leyen (CDU). Die ausscheidende Arbeitsministerin ist schon seit geraumer Zeit dabei, sich neu zu erfinden: als Außen- und Europapolitikerin. Sie will gern deutsche Kommissarin werden, aber ihre Chancen sind gering, auch wenn sie viele Parteifreunde in Berlin gern möglichst weit weg sehen würden.
http://www.welt.de/politik/ausland/arti ... uropa.html214 wird das Jahr des Postenschachers in Europa. Und weil das so ist und die Regierungschefs schon mal zusammensitzen, werden sie im Frühsommer auch das Amt des neuen Nato-Chefs "mitverhandeln", wie es im Diplomatenjargon heißt. Die Amtszeit von Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen, einem Liberalen, endet Mitte 214. Sein Nachfolger wird wohl aus dem Kreis der amtierenden Nato-Verteidigungsminister kommen.
Beste Chancen haben Pieter De Crem, seit 27 belgischer Verteidigungsminister und Mitglied der Konservativen, und der Deutsche Thomas de Maizière. Im vorigen Sommer hatte de Maizière beim Abendessen im Kollegenkreis mit sonorer Stimme ein paar Denkanstöße zur künftigen Zusammenarbeit präsentiert. Er nannte es damals das "Konzept der Rahmennation". Aus dem Denkanstoß ist mittlerweile ein offizielles Nato-Papier geworden – viele sehen darin de Maizières Nato-Abitur, das neue Chancen nach oben eröffnet. Vieles hängt jetzt daran, was er selbst will und was die Kanzlerin noch mit ihm vorhat. Wenn er antritt, wäre das auch ein Signal an die Alliierten: Deutschland ist bereit, mehr Verantwortung zu übernehmen.
Die Europa-Wahl wird auch gern als "Denkzettel-" oder Protestwahl genutzt. Die für die Wahl in 214 geltende 3%-Hürde in D. könnte dazu führen, daß einige Splitterparteien, die es bei der letzten Bundestagswahl nicht geschafft haben, z.B. FDP, AfD und Piraten, diesmal den Sprung in das EP schaffen. Der AfD-Vorsitzende, Prof. Lucke, hat sich jedenfalls zur Kandidatur entschlossen:
http://www.welt.de/politik/deutschland/ ... -214.html
In Brüssel macht man sich daher Sorgen, daß die Parteien, die das EP eigentlich abschaffen wollen, bei der nächsten Wahl auf 2% der Sitze kommen könnten:
http://www.tagesschau.de/ausland/europa ... en1.htmlMehr als 3 Prozent für rechte Parteien, die offen ihre Abneigung gegen Euro und Europa propagieren: Damit setzt Österreich einen neuen Maßstab in der EU. Aber auch in vielen anderen Ländern sind Rechtspopulisten und Rechtsradikale auf dem Vormarsch.
Graham Watson, der die Allianz der Europäischen Liberalen Parteien anführt, zählt auf: "Das gibt es in fast jedem Land Europas. Die UKIP in Großbritannien hat bei den Kommunalwahlen 26 Prozent erreicht, der Front National in Frankreich 22 bis 25 Prozent."
Man könnte die Liste fortsetzen. Von den Wahren Finnen über die Partei der Freiheit von Geert Wilders in den Niederlanden, dem Vlaams Belang in Belgien, bis hin zur Lega Nord und der Fünf-Sterne-Bewegung in Italien. Ganz zu schweigen von den Parteien faschistischer Couleur wie der Morgenröte in Griechenland oder Jobbik in Ungarn.
Wie sieht es hier aus - werdet Ihr "wählen gehen", sind die Wahlen zum EP für Euch wichtig und welche Auswirkungen könnten sich ergeben?
Wünscht Ihr ein immer enger werdendes Europa oder sollten, wie die Briten es wollen, einige Bereiche (welche?) renationalisiert werden?