''An unserem Wesen...'' (Stammtischgespräche Teil 2)

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Raimund J.
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''An unserem Wesen...'' (Stammtischgespräche Teil 2)

Beitrag von Raimund J. »

[Dieser Strang ist ein Split aus dem Thema "Georgien". Raimund Josef H. hat ihn weder eröffnet noch so benannt. Das war der Moderator. -N.]

Russland mag alles mögliche sein, aber wirklich "böse" ist es im Kern ganz und gar nicht. Die EU sollte Russland ganz einfach ernst und partnerschaftlich als strategisch wichtigen und nahen Partner betrachten. Dann klappt das auch weiterhin mit dem "Weltfrieden" (auf die Grossmächte bezogen) und ist eine sog. win-win Situation für beide Seiten. Die USA müssen sich jetzt erst mal um sich selbst kümmern.
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ar26
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Beitrag von ar26 »

Also Kurt, hier werden mal ein paar Dinge ganz wild durcheinander
gehauen. Ich schrieb vor ein paar Tagen hier, daß Russland als Ordnungsfaktor in seiner Peripherie aus meiner Sicht nicht so schlecht sei. Zur Peripherie Russlands zähle ich die Staaten, die von der byzantinischen Kultur beeinflusst sind, da gehört Georgien sicher dazu. Keineswegs gehören aber hierzu Regionen, die eindeutig zum lat. Kulturkreis gehören (Polen, Böhmen, Baltikum usw.). Hier hat Russland aber auch gar nichts zu melden. Russland sollte seine geographisch-kulturellen Grenzen kennen und sich in ihnen entfalten.

Ich kann mir nicht so richtig nicht vorstellen, daß es in Russland noch ernsthafte Romantiker bolschewistischer Prägung gibt, die glauben, ihr Land hätte westlich des Bug etwas zu melden. Wenn doch, müsste man seitens des Westens wohl anders reagieren, als es wegen Georgien der Fall ist. Eine schöne Geste des heutigen Russland wäre es etwa, die Region um Königsberg in Ostpreußen zu räumen und die eigenen Staatsangehörigen von dort nach Russland zurückzusiedeln, damit diese Region ihre historische Zugehörigkeit zurückerhält. Im Falle einer solchen Geste wäre die Glaubwürdigkeit Russlands in meinen Augen sichtlich erhöht.

maliems
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Beitrag von maliems »

ar26 hat geschrieben:Nur weil der Westen den Drogenhändlerstaat auf dem Balkan anerkannt hat (was falsch und contra legem war), heißt das noch lange nicht, daß das Völkerrecht jetzt umgeschrieben wurde.
Ich kenne mich mit dem Völkerrecjt nicht aus. Wie sonst hätte den der (das) Kosovo, das ja vor allem von Nichtserben bewohnt wird, aus dem Serbischen Staat ausscheren können?

maliems
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Beitrag von maliems »

Kurt hat geschrieben:Die letzte Bundesregierung und der gegenwärtige Außenminister erweckten bzw. erwecken jedoch durch ihre Distanz gegenüber den USA und ihre betonte Nähe zu Russland jedoch den Eindruck, dass sie Deutschland eher in einem Bündnis mit Russland sehen. Die Aufgabe der bewährten Westbindung Deutschlands in einem Bündnis freier Staaten zugunsten einer Rolle als Juniorpartner eines unberechenbaren Russlands erscheint jedoch nicht als wünschenswert.
2 anmerkungen: ich habe Deutschland immer als Juniorpartner der USA gesehen und nicht als gleichberechtigt. im kalten Krieg hatte das seine berechtigung. Heute nicht mehr. #

Die Sowjetunion ist nicht mehr die gleiche wie unter Stalin. Was ist daran unberechenbar, dass eine militärische Großmacht ihre Interessen gegen eine andere Großmacht vertritt?

maliems
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Beitrag von maliems »

ar26 hat geschrieben:Eine schöne Geste des heutigen Russland wäre es etwa, die Region um Königsberg in Ostpreußen zu räumen und die eigenen Staatsangehörigen von dort nach Russland zurückzusiedeln, damit diese Region ihre historische Zugehörigkeit zurückerhält. Im Falle einer solchen Geste wäre die Glaubwürdigkeit Russlands in meinen Augen sichtlich erhöht.
Ich war im Juli im heute russischen Ostpreußen. Die haben zwar alle russische Pässe, es gibt aber auch viele deutsstämmige (teils Wolgadeutsche, die unter Stalin umgesiedelt wurden, aber auch viele gebürtige Ostpreußen und Memeldeutsche).

Ein Völkergemisch mit russ. Pass, Rubel und russ. Geschäftssprache. Von Umsiedelung halte ich nichts. Wer sollte dahin siedeln? Ich selbst würde es durchaus und gerne tun, aber es werden keine Millionen kommen. Wer dort geblieben ist, ist halbwegs zufrieden mit/unter diesem Staat, sónst wäre er schon längst im Westen.

Sinnvoller als eine Zwangsumsiedlung wäre heute eine kulturelle und wirtschaftliche Öffnung im Hinblick auf die deutsche, polnische und litauische Minderheit.

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holzi
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Beitrag von holzi »

ar26 hat geschrieben:Nur weil der Westen den Drogenhändlerstaat auf dem Balkan anerkannt hat (was falsch und contra legem war), heißt das noch lange nicht, daß das Völkerrecht jetzt umgeschrieben wurde.
Doch: damit hat war der Präzedenzfall geschaffen. Das Fass ist offen!

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ar26
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Beitrag von ar26 »

Naja, ich geh mal davon aus, daß viele Russen freiwillig gehen würden. So rosig ist es ja dort auch nicht. Wichtiger als Bevölkerungsfragen wäre vielleicht noch die Entmilitarisierung des Gebietes. Interessant ist, wie ich zumindest dem Wikiblödia-Artikel entnehmen konnte, daß es unter den Einheimischen dort auch Seperatismus gibt. So was könnte man ja nutzen 8) Ich denke persönlich schon, daß man eine solche Region unter anderen politischen Vorzeichen (EU-Assozierung usw.) wirtschaftlich entwickeln könnte, eine spannende Aufgabe allemal.

Was das Völkerrecht angeht, wäre Beispiel einer korrekten Separation etwa die Auflösung der Tschechoslowakei 1993, der durch beide beteiligte Seiten zugestimmt wurde.

Holzi, ein Fall von Rechtsbeugung schafft kein neues Recht.

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holzi
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Beitrag von holzi »

ar26 hat geschrieben:Holzi, ein Fall von Rechtsbeugung schafft kein neues Recht.
Im Völkerrecht schon - zumindest de facto ist das Prinzip der "Territorialen Integrität" tot, die Tatsachen und die Regeln wurden schon immer von den Großmächten geschaffen. Ob das jetzt formaljuristisch richtig sein mag oder nicht. Und gerade die Amis, die jetzt so betroffen tun, die haben sich doch um solche völkerrechtliche Prizipen einen feuchten Dreck geschert, wenn es nicht in deren Konzept passte. Oh Sch....e - ich schreib schon wie der Ewald. Wo ist mein Ritalin? ;)

Kurt
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Beitrag von Kurt »

ar26 hat geschrieben:Eine schöne Geste des heutigen Russland wäre es etwa, die Region um Königsberg in Ostpreußen zu räumen und die eigenen Staatsangehörigen von dort nach Russland zurückzusiedeln, damit diese Region ihre historische Zugehörigkeit zurückerhält. Im Falle einer solchen Geste wäre die Glaubwürdigkeit Russlands in meinen Augen sichtlich erhöht.
Das ist ein Ansatz der letztlich die Ergebnisse des 2. WK revidieren möchte. Ich kann mir nicht vorstellen, daß Rußland damit ein unlösbares Problem hätte; sehr wohl aber Polen, denn es würden sofort weitere Ansprüche entstehen.

Ich habe schon einmal überlegt, ob man nicht einen synthetischen Staat gründen sollte mit einer vernünftigen Verfassung (wie auch immer diese aussehen mag) und einer vernünftigen Administration und allem was dazu gehört (Präsident, Gerichtsbarkeit, militärischen Strukturen, wirtschaftl. Rahmenbedingungen).
Nennen wir diesen Staat einfach mal Bundesrepublik Europa. In diesen zunächst synthetischen Staat könnte man alle strittigen Gebiete überführen, die heute Konfliktherde darstellen oder die aus geschichtlichen Gründen problematisch sind; darüber hinaus kann sich jeder heutige Staat in Europa selbst auflösen, und Gebiet wie Bevölkerung in den synthetischen Staat überführen.
Aktuell würde ich hier Kosovo, Belgien und Ostpreußen reintun, später auch Nordirland, das Baskenland und Moldawien. Damit verschwinden die Problemregionen aus ihrer nicht funktionierenden Vergangenheitsbewältigung. Künftige Separationsbewegungen wüssten dann auch, wo sie mal landen.

Das Problem ist wohl eher die Frage, wer die Strukturen legitimiert und wie sie anfangs kontrolliert werden. Vielleicht die UN?

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Leguan
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Beitrag von Leguan »

ar26 hat geschrieben:Was das Völkerrecht angeht, wäre Beispiel einer korrekten Separation etwa die Auflösung der Tschechoslowakei 1993, der durch beide beteiligte Seiten zugestimmt wurde.
Ich weiß nicht, was solche Spekulationen bringen sollen. Rußland wird niemals freiwillig seinen einzigen eisfreien Ostseehafen aufgeben, da bricht vorher der dritte Weltkrieg aus.

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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

Mit "Völkerrecht" zu argumentieren wirkt schon sehr komisch-blauäugig-deutsch.

Wie "Recht" ("Völkerrecht" :D ) ausgedeutet (und exekutiert) wird, bestimmt schließlich der Stärkere, der Sieger.

Im Kosovo konnten sich die Russen nicht durchsetzen, in Georgien wird U$rael den kürzeren ziehen.

Und das ist gut so.
Wer die wirklichen Herrschenden identifizieren will, braucht sich nur zwei Fragen zu stellen:
WEN und WAS darfst Du NICHT kritisieren?
WESSEN INTERESSEN verfolgt das System?

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ar26
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Beitrag von ar26 »

Nö Ewald.

Es soll dazu dienen, zu ermitteln, wer im Unrecht ist. Russland ist es hier. Genauso wie die Amis anderswo. Wer hier jetzt übermäßig russophil wird, zeigt nur, daß er den einen Schurken dem anderen vorzieht, um politisch inkorrekt zu sein.

Da bleib ich lieber deutsch und halte eine gesunde deutsche Äquidistanz zu beiden Blöcken. :mrgreen:

@leguan
Da magst Du recht haben. Das zeigt aber auch, daß das heutige russische Selbstverständnis sich wohl immer noch ein Stück weit vom Imperialismus der Stalin-Ära und des kalten Krieges speist. In Washington hab ich noch nie Siegesparaden zum 8. Mai gesehen. Russische Truppen stehen heut immer noch auf Territorien, auf denen sie historisch nichts verloren haben. Ich hab es schon mehrmals geschrieben, wenn Russland auf eine vernünftige Art und Weise seinen Hinterhof (Kaukasus) in Ordnung halten will, hab ich damit kein Problem. Eine Einkreisung Russlands seitens des Westens ist ebenso unzulässig und gefährlich. Aber was Mitteleuropa angeht, hat sich der russische Bär im 20. Jhdt. zu sehr aus seiner Höhle gewagt. Hier sind Kurskorrekturen von Nöten.

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ar26
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Beitrag von ar26 »

Ja genau Ewald. Das Orientieren an einem Staat, der im Besten Fall eine religiöse Wiedergeburt durch seine schismatische Nationalkirche erlebt, bringt einen in die Höh. Da halte ich mich lieber an die geistig-religiöse Grundlage des Sacrum Imperium, auch wenn dieses heute nur noch ideell existiert.

Wenn Du zudem meinst, daß Recht und Unrecht beliebige weltliche Kategorien sind, dann bist Du wohl Kryptoprotestant. Die haben da auch so eine gesetzesfeindliche Haltung. Die Kirche hingegen hat das Gesetz Christi (im Gegensatz zum jüdischen Gesetz) immer anerkannt.

ad_hoc
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Beitrag von ad_hoc »

Ich habe mir lange überlegt, ob ich hierzu meine Auffassung mitteilen soll. Ich sehe die Gewaltbereitschaft Amerikas genau so, wie ich auch die russische Gewaltbereitschaft sehe und deren brachiale Durchsetzung, notfalls bis zum Exzeß gehend, wie ich heute auf Phoenix verfolgen konnte.

Ich schließe mich jedenfalls der Auffassung von ar26 an, der seine Gedanken hierzu sehr friedlich und vor allen Dingen logisch darstellt.

So nutze ich diese Gelegenheit, ar26 mal grundsätzlich für seine sachlichen und gut durchdachten Beiträge zu danken, die ich immer sehr gerne zur Kenntnis nehme.

Gruß, ad_hoc
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)

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holzi
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Beitrag von holzi »

Inabikari hat geschrieben:Russland hat 90 % der südossetischen Bevölkerung (georgischen Staatsbürgern also) einen russischen Pass ausgestellt. Was wäre wohl in Europa los, wenn Deutschland 90 % der elsässischen Bevölkerung deutsche Pässe ausstellen würde?
Wenn die Elsässer denn lieber deutsche als französische Pässe haben wollten - was ist daran verkehrt? Immerhin sagen ja alle, wir wären demokratische Staaten, wo das Volk bestimmt. Wobei es sich die Elsässer und mehr noch die Südtiroler in ihrer Minderheitensituation mittlerweile sehr komfortabel eingerichtet haben.

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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

holzi hat geschrieben:
Inabikari hat geschrieben:Russland hat 90 % der südossetischen Bevölkerung (georgischen Staatsbürgern also) einen russischen Pass ausgestellt. Was wäre wohl in Europa los, wenn Deutschland 90 % der elsässischen Bevölkerung deutsche Pässe ausstellen würde?
Wenn die Elsässer denn lieber deutsche als französische Pässe haben wollten - was ist daran verkehrt? Immerhin sagen ja alle, wir wären demokratische Staaten, wo das Volk bestimmt. Wobei es sich die Elsässer und mehr noch die Südtiroler in ihrer Minderheitensituation mittlerweile sehr komfortabel eingerichtet haben.
Da haben die Letten aber Glück, dass die Sowjets knapp daran gescheitert sind, eine russische Bevölkerungsmehrheit in Lettland zu schaffen.

P.S.: Was ist für Dich ein Volk? Darf Bayern sich selbständig machen? Oder Sindelfingen incl. Daimler-Werk?
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ar26
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Beitrag von ar26 »

@ ad_hoc

Danke für die Blumen. Ich gestehe auch, oft Deiner Linie hier im Forum folgen zu können :)

@ Inabikari

Jetzt muss ich mal die Lanze für Russland brechen. Dein Vergleich der Staatsangehörigkeitsproblematik taugt hier überhaupt nicht. Dazu muss man aber die Historie noch mal aufrollen. (Die Experten mögen meine nachfolgenden Ausführungen korrigieren, falls falsch).

Bis 1991 war jeder Ossete, Georgier, Russe usw. Staatsbürger der UdSSR. Nach deren Untergang bildeten sich neue Staaten. Nun ist natürlich die Frage, wie die neuen Staaten zur ihren Staatsbürgern kamen. Man hätte wohl sagen können, man bekommt die Staatsangehörigkeit des Staates in dem man am 31.12.1991 seinen Wohnsitz hat. Aus naheliegenden Gründen hat man eine derartige Regelung natürlich nicht treffen können. Insbesondere weil Wohnsitz und Volkszugehörigkeit nun mal nicht zwingend übereinstimmen. Somit hat sich eher eine Regelung gefunden, nach der sich praktisch jeder SU-Bürger seinen Nachfolgestaat aussuchen konnte. Was sich die Osseten ausgesucht haben, kannst Du Dir jetzt selber denken. Es handelt sich bei diesen juristisch exakt um Einwohner Georgiens russischer Staatszugehörigkeit und ossetischer Nationalität.

Zu bedenken sei hier auch noch, daß vormals autonome Territorien ja nun nicht zwingend Teil dieser oder jener SSR sein mussten. In einem Land (SU) war das ja eigentlich auch egal. Gevatter Zufall hat demnach auch mitgemischt.

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

ar26 hat geschrieben:Das zeigt aber auch, daß das heutige russische Selbstverständnis sich wohl immer noch ein Stück weit vom Imperialismus der Stalin-Ära und des kalten Krieges speist. In Washington hab ich noch nie Siegesparaden zum 8. Mai gesehen.
In Moskau gab's am 8. Mai übrigens auch noch nie eine Siegesparade. Du hast wahrscheinlich auch nicht gesehen, daß bei den Amis zu Sendeschluß die Nationalhymne erklingt. Das findest Du sicher auch komisch. Den Russen die Parade so übelzunehmen, heißt, keinen Sinn für Land und Leute zu haben: die Amis hissen im Vorgarten ihre Fahnen, die Deutschen besaufen sich im Biergarten. Jeder, wie er es eben kann, je nachdem, wie sehr er sein Land liebt. Die Parade hat nichts mit "Stalin-Ära" zu tun, sondern man gedenkt des Sieges über den deutschen Faschismus, einer Maschinerie, welche die Völker der Räteunion so viel Leben und Kraft gekostet hat wie kaum etwas anderes in der gesamten Geschichte dieser Völker. Kann schon sein, daß Du das mit gemischten Gefühlen siehst. Mein Großvater ist im Krieg auch im Kaukasus herumgerobbt. Was soll's!
ar26 hat geschrieben:Russische Truppen stehen heut immer noch auf Territorien, auf denen sie historisch nichts verloren haben.
Die Zeiten ändern sich. Dafür stehen ebendiese Truppen nicht da, wo sie historisch durchaus etwas verloren hätten: zwischen Weichsel und Bug ("Polen") zum Beispiel oder im westlichen Teil Kareliens, resp. Finnland. Oder in Kleinrußland. Oder in Georgien. Oder kurz vor Konstantinopel. So ist das Leben!

Eure entsprechenden Gedankengänge hier, gepaart mit Überlegungen, die Russen könnten ja mal Königsberg räumen, damit ihr sie cool findet, lassen mich bei euch einen leichten bis mittleren Rauschzustand vermuten. Wenn wir schon Revisionismus betreiben, dann bitte richtig! "Sackrum Imperium", na, da kommst Du der Sache gedanklich wahrscheinlich schon näher als mit dem Spruch über die Stalin-Ära; der Vorteil bei dem, was Romäer und Russen historisch dahingehend unternommen haben ist, daß im Unterschied zum Vatikanischen Papststaat eben nicht prinzipiell der Klerus nach dem weltlichen Szepter griff, sondern das Imperium wurde Imperium sein gelassen und die entsprechenden Aufgaben wurden der Staatsmacht überantwortet. So geistig-religiös, wie die die Orthodoxe Kirche sich verhielt, kannst Du mit Deinen imperialen Grundlagen gar nicht werden. Aber Schwamm drüber! Man kann eben nicht aus seiner Haut.

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Lutheraner hat geschrieben:Da haben die Letten aber Glück, dass die Sowjets knapp daran gescheitert sind, eine russische Bevölkerungsmehrheit in Lettland zu schaffen.
Echt, ja, haben sie das versucht? Die Letten hatten aber auch unsägliches Glück, daß die Sowjets ihre gesamte Elektronikherstellung dahin verlegten. Die Letten waren übrigens auch mal stolze "Sowjets". Ihr denkt völlig verkehrt. Ihr wiß nicht, was ein Imperium ist, was ein Imperium ausmacht. Ein Imperium besteht aus vielen Völkern, aber keines seiner Völker macht im Hinblick auf das Imperium qualitative Unterschiede zwischen sich und einem anderen Volk. Sobald das passiert, geht das Imperium seinem Ende entgegen. Byzanz fing an zu bröckeln, als die Griechen so langsam in Nationalismus verfielen. Die Sowjetunion wurde genau auf diese Weise "geknackt"; es wäre falsch zu behaupten, in der Sowjetunion hätten "Russen" irgendwie dominiert; wenn ihr die russische Kultur als "Leitkultur" der Sowjetunion vermutet, so hat das damit zu tun, daß die Russen vielen nomadisierenden Völkern überhaupt erst einmal Seßhaftigkeit, Schriftsprache, Kultur, Religion gebracht haben. Das passierte aber zu einem guten Teil schon vor Gründung der Sowjetunion.

Also bitte, der deutsche und europäische Kleingeist kann nicht Maß für diese Dinge sein, die sind euch zu groß.
8)

Inabikari
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Beitrag von Inabikari »

@ar26:

Mein Frage ist noch offen: Warum durften die Tschetschenen sich nicht von Russland trennen, wenn sich die Abchasen und Südosseten von Georgien trennen dürfen?

@Nietenolaf:

Ich kenne eine Reihe von Letten, und keiner von denen fühlte sich zu SU-Zeiten als "stolzer Sowjet". Sie fühlten sich alle unterdrückt und sahen sich der Gefahr der Russifizierung ausgesetzt.

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FioreGraz
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Beitrag von FioreGraz »

Einen Vorteil hat aber das wiedergefundene Sebstvertrauen der Russen, es beginnt wieder sicherer zu werden.

Kaum waren die Russen unten sind die Amis durchgeknallt und überall hats dann auch geknallt.

Da wieder ein Gegengewicht da ist, es zu reiberein kommt ist ganz logisch, aber das ganze stimmt mich komischerweise zuversichtlich das endlich wieder Friede einkehrt.

LG
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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Nietenolaf hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben:Da haben die Letten aber Glück, dass die Sowjets knapp daran gescheitert sind, eine russische Bevölkerungsmehrheit in Lettland zu schaffen.
Echt, ja, haben sie das versucht? Die Letten hatten aber auch unsägliches Glück, daß die Sowjets ihre gesamte Elektronikherstellung dahin verlegten. Die Letten waren übrigens auch mal stolze "Sowjets". Ihr denkt völlig verkehrt. Ihr wiß nicht, was ein Imperium ist, was ein Imperium ausmacht. Ein Imperium besteht aus vielen Völkern, aber keines seiner Völker macht im Hinblick auf das Imperium qualitative Unterschiede zwischen sich und einem anderen Volk. Sobald das passiert, geht das Imperium seinem Ende entgegen. Byzanz fing an zu bröckeln, als die Griechen so langsam in Nationalismus verfielen. Die Sowjetunion wurde genau auf diese Weise "geknackt"; es wäre falsch zu behaupten, in der Sowjetunion hätten "Russen" irgendwie dominiert; wenn ihr die russische Kultur als "Leitkultur" der Sowjetunion vermutet, so hat das damit zu tun, daß die Russen vielen nomadisierenden Völkern überhaupt erst einmal Seßhaftigkeit, Schriftsprache, Kultur, Religion gebracht haben. Das passierte aber zu einem guten Teil schon vor Gründung der Sowjetunion.

Also bitte, der deutsche und europäische Kleingeist kann nicht Maß für diese Dinge sein, die sind euch zu groß.
8)
Die Letten waren bestimmt keine "nomadisierenden Völker", denen die Russen irgendeine Kultur bringen mussten. Die Russen, die in Lettland leb(t)en, konnten mehrheitlich überhaupt nicht lettisch und interessierten sich auch nicht für die Letten. Welches andere Interesse sollte die SU gehabt haben, dort Russen verstärkt anzusiedeln, als den russischen Bevölkerungsanteil zu erhöhen?
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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Lutheraner hat geschrieben:Die Letten waren bestimmt keine "nomadisierenden Völker", denen die Russen irgendeine Kultur bringen mussten.
Echt nicht? Ich dachte! Aber wenn ich nochmal gucke, was ich schrieb, stelle ich fest, daß ich das gar nicht behauptet habe. Es ging um die Sowjetunion und die Stellen, wo russische Kultur dort "Leitkultur" geworden ist. Das war sicher nicht in Lettland oder Litauen oder Estland der Fall. Bitte, Lutheraner, selbst zu Sowjetzeiten war dort die Amtssprache Lettisch, Estnisch usw., Russisch nur als Zweite! Also rede keinen Unsinn. Russen siedelten dort im Zusammenhang mit der geographischen Lokalisierung ganzer Industriezweige. Oder willst Du mir vielleicht erstmal nachweisen, daß "die SU" "dort Russen verstärkt angesiedelt" hat? Was hat eigentlich die Türkei damit angestrebt, als sie massenhaft Türken in Westdeutschland ansiedelte? Es ist relativ mühselig, mit Leuten zu diskutieren, die nicht wissen, was die Sowjetunion war und was die Russische Föderation ist, die aber eine ganze Menge eigenartiger kleinstaaterischer Meinungen dazu gefaßt haben. Siehe oben!

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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Auf dem Wikipedia-Artikel zu Estland lese ich:

"In der Zeit von 1945 bis 1990 wurde durch gezielte Ansiedlung nichtestnischer Einwohner, insbesondere von Russen, die Zusammensetzung der Bevölkerung nach Nationalitäten wesentlich zu Ungunsten der einheimischen estnischen Bevölkerung verändert."

(Quelle)

Dort ist die Situation ja nicht anders als in Lettland. Das hier geschilderte war auch immer mein Wissensstand. Aber wahrscheinlich hat den Artikel auch so ein unwissender, kleinstaatlerischer Westler wie ich geschrieben.
Davon abgesehen: Ich kannte selbst mal Russen, die in Lettland lebten. Die konnten kein Wort lettisch.
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ar26
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Beitrag von ar26 »

@Inabikari
Ich glaub nicht, daß ich der richtige Adressat dieser Frage bin. Wenn doch, so habe ich meinen Standpunkt zum Völkerrecht bereits hinreichend dargelegt.

@ Nietenolaf,
War doch klar, daß Du wieder abgehst wie ein Zäpfchen 8) .
Nietenolaf hat geschrieben:
In Moskau gab's am 8. Mai übrigens auch noch nie eine Siegesparade. Du hast wahrscheinlich auch nicht gesehen, daß bei den Amis zu Sendeschluß die Nationalhymne erklingt. Das findest Du sicher auch komisch. Den Russen die Parade so übelzunehmen, heißt, keinen Sinn für Land und Leute zu haben: die Amis hissen im Vorgarten ihre Fahnen, die Deutschen besaufen sich im Biergarten. Jeder, wie er es eben kann, je nachdem, wie sehr er sein Land liebt. Die Parade hat nichts mit "Stalin-Ära" zu tun, sondern man gedenkt des Sieges über den deutschen Faschismus, einer Maschinerie, welche die Völker der Räteunion so viel Leben und Kraft gekostet hat wie kaum etwas anderes in der gesamten Geschichte dieser Völker. Kann schon sein, daß Du das mit gemischten Gefühlen siehst. Mein Großvater ist im Krieg auch im Kaukasus herumgerobbt. Was soll's!
Sehe da persönlich nichts mit gemischten Gefühlen, die beiden WK liegen für mich gefühlt soweit zurück wie die Punischen Kriege.
Einzig und allein, die Tatsache, daß die ahistorischen Veränderungen, die das Ergebnis dieser Kriege waren, nicht revidiert wurden, halte ich für erörterungsbedürftig. Ansonsten stört mich der Patriotismus anderer wenig. Meine Überlegungen gehen nur der Frage nach, wieweit der Sieg über das Dritte Reich das russische Selbstverständnis bis heute prägen. Interessant wäre hier auch ein Vergleich mit anderen Nachfolgestaaten der SU.

Hier in D ist der Patriotismus eher dumpf oder langweilig. Da sitz auch ich lieber im Biergarten. Der für Russland relevante Termin des Kriegsendes ist mir ansonsten auch bekannt.
Nietenolaf hat geschrieben: Die Zeiten ändern sich. Dafür stehen ebendiese Truppen nicht da, wo sie historisch durchaus etwas verloren hätten: zwischen Weichsel und Bug ("Polen") zum Beispiel oder im westlichen Teil Kareliens, resp. Finnland. Oder in Kleinrußland. Oder in Georgien. Oder kurz vor Konstantinopel. So ist das Leben!
1. Polen: Haha und misslungene Provokation. Dass dort russische Besatzungstruppen mal standen, hat doch die Hure auf dem Zarenthron (ich weiß, war ne Deutsche) verschuldet, die mit dem Potsdamer Freimaurer gemeinsame Sache machte.

2. Karelien: Scheint komplexer, ziemliches Völkergemisch, womöglich heut ausgeglichene Lösung gefunden

3. Kleinrussland: Kiew bitte gern. Lemberg nicht!

4. Georgien: Da stehen wohl wieder welche :D

5. Konstantinopel: Nur zu und mit meinem Segen.
Nietenolaf hat geschrieben:Eure entsprechenden Gedankengänge hier, gepaart mit Überlegungen, die Russen könnten ja mal Königsberg räumen, damit ihr sie cool findet, lassen mich bei euch einen leichten bis mittleren Rauschzustand vermuten. Wenn wir schon Revisionismus betreiben, dann bitte richtig! "Sackrum Imperium", na, da kommst Du der Sache gedanklich wahrscheinlich schon näher als mit dem Spruch über die Stalin-Ära; der Vorteil bei dem, was Romäer und Russen historisch dahingehend unternommen haben ist, daß im Unterschied zum Vatikanischen Papststaat eben nicht prinzipiell der Klerus nach dem weltlichen Szepter griff, sondern das Imperium wurde Imperium sein gelassen und die entsprechenden Aufgaben wurden der Staatsmacht überantwortet. So geistig-religiös, wie die die Orthodoxe Kirche sich verhielt, kannst Du mit Deinen imperialen Grundlagen gar nicht werden. Aber Schwamm drüber! Man kann eben nicht aus seiner Haut.
Ich geh davon aus, daß Du den Unterschied zwischen dem Hl. röm. Reich und dem Vatikanstaat gerade noch schaffst. Ansonsten scheint Deine Kenntnis der äußerst facettenreichen mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Geschichte des Abendlandes nicht besonders zu sein, so daß sich ein näheres Eingehen auch nicht lohnt. Deine Anspielung auf Reichtum Macht und Kirche bewegt sich auf dem Niveau meiner früheren postsozialistischen Lehrer, mit dem Unterschied, daß diese nicht an Glaubenssätzen festhalten, die auf von römischen Kaisern einberufenen Konzilien gefasst wurden.

Interessant ist jedenfalls folgender Aspekt. Während einige Nutzer hier die Legitimität des hist. Russland respektieren und gar als heute noch prägend erachten, versuchst Du in einem Anfall von Superiorität Abendländisches als per se illegitim darzustellen.

PS: Offensichtlich war der dt. und europäische Kleingeist interessant genug für zaristische Offiziere um sich temporibus illis in Königsberg Kants Vorlesungen zu geben.

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Leguan
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Beitrag von Leguan »

Nietenolaf hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben:Die Letten waren bestimmt keine "nomadisierenden Völker", denen die Russen irgendeine Kultur bringen mussten.
Echt nicht? Ich dachte! Aber wenn ich nochmal gucke, was ich schrieb, stelle ich fest, daß ich das gar nicht behauptet habe. Es ging um die Sowjetunion und die Stellen, wo russische Kultur dort "Leitkultur" geworden ist. Das war sicher nicht in Lettland oder Litauen oder Estland der Fall. Bitte, Lutheraner, selbst zu Sowjetzeiten war dort die Amtssprache Lettisch, Estnisch usw., Russisch nur als Zweite! Also rede keinen Unsinn.
Aua, aua, aua.
Ich kann's ja verstehen, wenn man Rußland, teils gerechtfertigt, teils ungerechtfertigt in Schutz nimmt. Daß Du dann allerdings auch noch dümmliche Sowjetpropaganda verbreiten mußt...
Hast Du einmal mit einem Esten geredet? Selbst wenn eine Sprache auf dem Papier gleichberechtigt ist, heißt das gar nichts, wenn man einen neuen Paß braucht, aber der Beamte nur russisch spricht.
Warum fiel der Anteil der Estnischsprachigen in der Bevölkerung Estlands von 97% im Jahr 45 auf 61% im Jahr 89?

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

ar26 hat geschrieben:Deine Anspielung auf Reichtum Macht und Kirche bewegt sich auf dem Niveau meiner früheren postsozialistischen Lehrer, mit dem Unterschied, (erzähl... - N.)
Teurer Freund, ich freue mich, daß meine Truppenverteilungsvorschläge größtenteils Deine Zustimmung finden. Laß uns doch auf immerwährenden Frieden an der deutsch-russischen Grenze trinken! Was meine Anspielung betrifft, so bist Du da der Provokateur auf genau dieser Ebene, und das weißt Du auch ganz genau. Ich ging davon aus, daß es genehm ist, wenn ich auf genau dieser Ebene zurückpflaume. Also bitteschön! Mittlerweile haben wir diese schöne Serie an Beiträgen auch genau da, wo sie hingehört.

An alle Schattenboxer: ja, ich kenne Esten, Letten, Litauer, und zwar wahrscheinlich mehr als ihr alle zusammen, und zwar seit einer Zeit, als ihr alle noch mit der Trommel um den Weihnachtsbaum gerannt seid.

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ar26
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Beitrag von ar26 »

Nix Provokation. Daß wir uns gegenseitig und prinzipiell erstmal für heterodox und schismatisch halten, ist gerade hier so abgelutscht, daß es kaum als Provokation dienen kann. Meine Replik bezog sich darauf, daß ich den Eindruck hatte, daß Du das Sacrum Imperium zum illegitimen Ordnungsfaktor deklarieren wolltest.

Zudem wollte ich nur Ewald ins Gewissen reden, der hier einen eher eigenartigen theolog. Kurs fährt. Lateinische Abweichler auf Kurs bringen eben.

PS: Eine deutsch-russische Grenze wäre ja gerade historischer Unsinn.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Leguan hat geschrieben:Warum fiel der Anteil der Estnischsprachigen in der
Bevölkerung Estlands von 97% im Jahr 45 auf 61% im Jahr 89?

Komisch. In einem Lexikon von 1934 habe ich eben gelesen: 88 %
Esten, 8 % Russen, 2 % Deutsche, 2 % sonstige. Wo sind die 12 %
Nicht-Esten bis 1945 hingekommen?

Aber abgesehen davon sind die Zwangsumsiedlungen „verdächti-
ger“ Volksangehöriger durch Stalin ja bekannt: Deutsche, Ukrainer,
Polen, Letten, Litauer und neben weiteren eben auch Esten. Dafür
wurden dann Angehörige anderer Nationalitäten angesiedelt.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Kurt
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Beitrag von Kurt »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Leguan hat geschrieben:Warum fiel der Anteil der Estnischsprachigen in der
Bevölkerung Estlands von 97% im Jahr 45 auf 61% im Jahr 89?

Komisch. In einem Lexikon von 1934 habe ich eben gelesen: 88 %
Esten, 8 % Russen, 2 % Deutsche, 2 % sonstige. Wo sind die 12 %
Nicht-Esten bis 1945 hingekommen?
So wie deutschsprachige Belgier nicht immer Deutsche sind, sind Estnischsprachige nicht zwingend Esten.

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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

ar26 hat geschrieben:Nix Provokation. Daß wir uns gegenseitig und prinzipiell erstmal für heterodox und schismatisch halten, ist gerade hier so abgelutscht, daß es kaum als Provokation dienen kann. Meine Replik bezog sich darauf, daß ich den Eindruck hatte, daß Du das Sacrum Imperium zum illegitimen Ordnungsfaktor deklarieren wolltest.

Zudem wollte ich nur Ewald ins Gewissen reden, der hier einen eher eigenartigen theolog. Kurs fährt. Lateinische Abweichler auf Kurs bringen eben.

PS: Eine deutsch-russische Grenze wäre ja gerade historischer Unsinn.
@ar 26
ich theologisiere nicht, das liegt mir fern und ich bin auch kein "lateinischer Abweichler". Ich habe lediglich zu begründen versucht, weshalb ich von juristischen Argumentationen in Bezug auf die Krise in Georgien nichts halte.
Wer die wirklichen Herrschenden identifizieren will, braucht sich nur zwei Fragen zu stellen:
WEN und WAS darfst Du NICHT kritisieren?
WESSEN INTERESSEN verfolgt das System?

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Leguan
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Beitrag von Leguan »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Leguan hat geschrieben:Warum fiel der Anteil der Estnischsprachigen in der
Bevölkerung Estlands von 97% im Jahr 45 auf 61% im Jahr 89?

Komisch. In einem Lexikon von 1934 habe ich eben gelesen: 88 %
Esten, 8 % Russen, 2 % Deutsche, 2 % sonstige. Wo sind die 12 %
Nicht-Esten bis 1945 hingekommen?
Zwischen 41 und 44 war Estland von Deutschland besetzt. Da werden viele Russen erschossen worden und noch mehr geflüchtet sein. Dann rückte die Rote Armee ein. Da werden viele Deutsche erschossen worden und noch mehr geflüchtet sein.

Also gerade zwischen 34 und 45 waren die Verschiebungen in anderen Gebieten in der Gegend noch weit gravierender.

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