Eine Risikoabwägung muß jeder selbst treffen. Allerdings gebe ich zu bedenken, daß bei einer Impfung eben nicht nur die eigene Gesundheit in der Waagschale liegt. Es geht ja bei der Impfung eben auch um die Unterbindung der Transmission in der Bevölkerung überhaupt, und dazu ist ein ausreichend hoher Immunitätsgrad nötig (ob nun natürlich oder eben durchs Impfen erreicht). Wiederum, wieviel man bereit ist für die Gemeinschaft zu riskieren muß jeder selbst entscheiden. Aber ich denke "nichts" ist hier keine statthafte Antwort, und ja, insbesondere auch nicht für einen Christen. Was nicht etwa heißt, daß Impfen Christenpflicht wäre. Aber es heißt durchaus, daß eine rein selbstbezogene Motivation für die eigene Entscheidung zuwenig ist.
Auf medizinisch-wissenschaftlicher Seite würde ich sagen, daß wir über Wirkmechanismen und den erhaltenen Schutz mehr wissen, als von Kritikern gerne behauptet. Einiges was man so an Theorien liest hat wirklich nur das Niveau von "die Erde ist flach". Andererseits ist es aber m.E. bisher noch richtig zu sagen, daß wir nicht genau wissen, welche Bandbreite an Nebenwirkungen es gibt und welche möglichen Impfschäden genau, und in welcher Verteilung unter welchen Bedingungen. Das ist ja auch letztlich kein Wunder, denn Medizin und Wissenschaft sind nicht magisch sondern beruhen auf empirischen Daten. Und egal wieviel gute Vorarbeit man leistet, ob der Komplexität menschlicher Körper und deren Gesundheit kommt es bei neuen Behandlungen immer dazu, daß man halt schauen muß wie es wirklich ausgeht wenn man es anwendet. Ja, wir sind da "Versuchskaninchen". Das ist aber nichts besonderes, sondern alles was die Medizin ist und hat beruht darauf, daß irgendwann irgendwer Dinge am Menschen eingesetzt hat. Und einige davon sind schief gegangen. Es hat z.B. ziemlich lange gedauert bis wir begriffen haben, wieviele Röntgenstrahlen ein Mensch so verträgt.
Gäbe es eine unmittelbare und ernsthafte Massengefährdung durch diese Impfstoffe, dann wüßten wir es aber inzwischen. Irgendwann fällt es schon auf, wenn sich die Särge stapeln. Kann man mehr tun um auch das Auftreten einiger Extra-Särge mitzukriegen? Sicherlich, keine Frage. Gibt es langfristige Auswirkungen? Das ist derzeit schwer zu sagen. Warum? Wegen des Wortes "langfristig" und der Abwesenheit von Magie in Medizin und Wissenschaft. Es ist interessanterweise so, daß wenn es hier Probleme geben sollte es vermutlich nicht die mRNA selbst ist. Denn mRNA ist schlicht was alle Zellen ständig zur Proteinherstellung nutzen. Es ist viel wahrscheinlicher, daß das Transportvehikel, die Verpackung die die mRNA schützt und in die Zelle schleust, zu Problemen führt.
Aber ich denke unser größtes Problem hier ist garnicht medizinisch, sondern mathematisch, statistisch um genau zu sein. Statistik ist schwierig, oft kontraintuitiv. Und wo die Datenlage begrenzt und unklar ist, ist Statistik sowohl absolut nötig als auch besonders schwierig. Worauf ich aber mal so ganz allgemein hinweisen will ist der
"selection bias". Wobei in den Diskussion oft nichtmal ein "bias" als Fehler auftritt, sondern schlicht die "selection" nicht beachtet wird (sozusagen 100% "bias"). Wenn also etwa ein Drittel an obduzierten Leichen kausal an einer Impfung gestorben sein sollten, heißt das nicht, daß ein Drittel aller Menschen an der Impfung sterben. Es heißt erstmal nur, daß bei einem Drittel der Menschen bei denen ein Verdacht besteht, daß sie an der Impfung gestorben sein könnten, sich dieser Verdacht erhärtet hat. Um zu wissen was das für das allgemeine Risiko bedeutet, an einer Impfung zu sterben, müßte man diese Zahlen eben entsprechend statistisch hochrechnen, und dazu müßte man ziemlich viel über die getroffene Auswahl wissen (wenn es überhaupt geht).
Ich möchte auch noch darauf hinweisen, daß absolut nichts besonderes dabei ist, daß sich hier Experten offenbar wild widersprechen, vielleicht mit einer großen Mehrheit die das eine sagt, aber mit starkem Gegendruck von eine Minderheit die anderer Meinung sind. Was ihr hier seht ist einfach mein stinknormaler Alltag als Wissenschaftler. So sieht das immer aus, wenn Leute an der Grenze menschlichen Wissens arbeiten. Das Problem ist schlicht, daß hier "Not am Mann" ist und von Politik und Gesellschaft Ratschläge und Entscheidungen hier und jetzt gefordert werden. Aber Wissenschaft ist nie "hier und jetzt", sondern immer "in ein paar Jahrzehnten wissen wir mehr". Und im Grunde sagt ein Wissenschaftler auch nie 100% irgendetwas, Wissenschaft ist immer unter Vorbehalt, teilweise massivem Vorbehalt. Es ist also keine Bösartigkeit wenn hier etwas Chaos herrscht, es ist nur so daß hier die Gesellschaft Resultate abgreift wo wir noch am Anfang stehen.