Ukraine

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Bloß ganz kurz zu den Fragen. – Martin, ich meinte nicht unbedingt
unmittelbare Drohung mit physischer Gewalt gegenüber dem Wähler.
Solches gab es zwar im Vorfeld der 2004er Wahlen, namentlich in der
Westukraine, im Osten kaum, aber das meinte ich nicht.

Es ging mir vielmehr um die psychologische Seite. Kennst du die Er-
fahrung, angesichts von Demonstrationen politische Sitzungen abzu-
halten? Bei besetzter Uni? Zum von der Polizei geschützten Saal spieß-
rutenzulaufen und von beiden Seiten von johlenden und pfeifenden
Demonstranten – na, mit nichts wirklich Schlimmem, aber immerhin
mit Schneebällen beworfen zu werden?

Ich schon. Und vor allem kenne die Erfahrung, wie da gestandene
Männer ebenso wie aalglatte Politiker mir nichts, dir nichts umkippen
und ihre Meinung ändern.

Ich will nur sagen: Die Macht der großen Menschenmenge ist enorm.
Die Kunst ist, diese Menge erstens zusammenzubringen und zweitens
in die gewünschte Richtung zu navigieren. Dafür braucht man viel
Geld und eine ausgefeilte Logistik. So macht man Revolutionen. Dann
kann man getrost auch „frei“ wählen lassen.

In der Ukraine 2004 wurde die „kritische Masse“ von Demonstranten
durch zig Zugladungen aus dem nationalistischen Westen nach Kiew
gebracht. (Zwischenbemerkung: Es gab keinerlei Versuch Kutschmas,
das zu verhindern, was vielleicht durchaus erfolgreich hätte sein kön-
nen. Kutschma hat Janukowitsch damals also gerade nicht unterstützt,
sondern die Sache ihren Lauf nehmen lassen.)

Erst diese „kritische Masse“ hat dann auch die vielen mit der wirtschaft-
lichen Misere und mit der Korruption Unzufriedenen in Kiew und in der
ganzen Nord- und Zentralukraine in großer Zahl als weitere Verstär-
kung mobilisieren können. (Weitere Zwischenbemerkung: In Weißruß-
land ist derselbe Versuch gescheitert, weil erstens das nationalistische
Potential fehlt und zweitens auch keine vergleichbare Unzufriedenheit
herrscht; vielmehr lebt die große Mehrheit der Weißrussen in dem Be-
wußtsein, daß es ihnen deutlich besser geht als den Nachbarvölkern.)

Die psychologische Wirkung der Kiewer Demonstrationen nun war
dort, wo sie wirkte, beträchtlich. Das war nicht in den Gegenden, wo
eine Seite bereits übermächtig war. (Genauer gesagt: dort war die
jeweilige kleine Minderheitsgruppe ohnehin schon längst eingeschüch-
tert, im Osten gewiß nicht anders als im Westen.) Auch wo Januko-
witsch zwar keine überwältigende, aber doch eine Mehrheit hatte,
änderte sich nichts.

Dort aber, wo klare Juschtschenko-Mehrheiten gegen mehr oder we-
niger starke Janukowitsch-Minderheiten standen, da tat sich was. Und
nicht erst bei der nächsten Wahlrunde. Nein, überall in den größeren
und in vielen kleinen Städten füllten sich die Rathausplätze, teils die
Rathäuser selber, nicht selten wurden prompt als „régimetreu“ ver-
schriene Amtsleiter hinausgeworfen. Das heißt, in diesen Gebieten
hatten die eher russophilen Minderheiten ständig die Kiewer Fernseh-
bilder ebenso wie den Aufruhr in der eigenen Stadt vor Augen. Das
ist es, was ich am Dienstag mit der Einschüchterungskulisse meinte.

(’tschuldigung, ist doch etwas länger geworden. Nun noch Nummer 2: )

Roman, erst mal kann man eine Präsidenten-Stichwahl mit zwei Kan-
didaten schwer mit einer Parlamentswahl mit 45 Parteien sowie zahl-
reichen weiteren lokalen Gruppierungen und Einzelkandidaten ver-
gleichen.

Tatsächlich wird man oft örtliche Gegebenheiten berücksichtigen müs-
sen, die wir hier freilich nicht kennen. Ein Beispiel. Vergleiche mal die
Ergebnisse der Wahlkreise 46 und 47 (Makejewka, Donjezker Oblast,
83,6 bzw. 78,2 % für die Partei der Regionen) mit denen der benach-
barten Wahlkreise 48 und 49 (Mariupol, nur 52,9 bzw. 58,4 % Partei
der Regionen). Was finden wir? – In Makejewka ist die „Sozialistische“
Partei von Alexander Moros praktisch nicht existent, in Mariupol da-
gegen liegt sie bei 22,6 bzw. 16 %. Offensichtlich ein persönlicher Er-
folg ihres dortigen Kandidaten Wladimir Bojko, des Vorstandsvorsit-
zenden des Mariupolitaner Metallurgischen Kombinats.

Solche lokalen Besonderheiten mußt du prinzipiell immer einkalkulie-
ren. Dann kommt hinzu, daß Julia Timoschenko und Juschtschenkos
Partei getrennt, ja sogar zerstritten marschierten (auch wenn sie nun
doch wieder koalieren wollen, samt Moros). Dann der Gasstreit mit
Rußland. Da hat die Timoschenko wiederum gegen Juschtschenko
punkten können.

Kurz, Einzelergebisse zu analysieren würde äußerst schwierig. Das
Gesamtbild allerdings ist unverändert: Die Ukraine ist ist zwei annä-
hernd gleichstarke Teile gespalten: den Westen und Norden, der sich
eher an Westeuropa und Amerika orientiert und dessen politische
Führer meist aus der Finanzelite kommen, und den Osten und Sü-
den, der mehr auf Rußland schaut und seine politischen Führungs-
figuren eher aus der Industrie nimmt. Die Zentralukraine gehört da-
bei überwiegend zum west-nördlichen Teil, mit Zonen des Übergangs
zur „anderen Ukraine“.
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Walter
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Beitrag von Walter »

Das nennst Du "ganz kurz"? :D
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Es ist ziemliche Zeit vergangen seit den Wahlen zur Werchowna Rada,
dem „Obersten Rat“, wie das ukrainische Parlament heißt. Zeit nachzu-
schauen, wie es weiterging.

Kurz gesagt: bis vor kurzem gar nicht. Man stritt sich monatelang um
die Regierungsbildung. Grundsätzlich hatten der den Präsidenten Ju-
schtschenko stützende Block »Nascha Ukrajina« (»Unsere Ukraine«),
der »Block Julia Timoschenko« und die »Sozialisten« von Alexander
Moros eine gemeinsame Regierung vereinbart. Nur über die Einzelhei-
ten der Machtverteilung wurde man sich nicht einig.

Vor knapp drei Wochen endlich – die auf der Krim zwecks gemeinsa-
mer Manöver gelandeten US-Marines waren gerade durch anhaltende
Proteste des Volks vertrieben worden, die Manöver abgeblasen – hieß
es, nun sei die Koalition unter Dach und Fach, die Posten verteilt, Julia
Timoschenko werde wieder Ministerpräsidentin, der Nato-Beitritt an-
gestrebt.

Ein Mann Juschtschenkos sollte dafür das Amt des Präsidenten erhal-
ten. Als kurz darauf die Wahl in der Rada anstand, wurde – nicht er,
sondern Alexander Moros gewählt, mit den Stimmen der stärksten
Partei, Viktor Janukowitschs »Partei der Regionen«, und der Kommu-
nisten. Mit anderen Worten: Die Apfelsinenkoalition war geplatzt, die
Sozialisten zur andern, rußlandfreundlichen Seite übergewechselt.

Inzwischen steht diese neue Koalition, die Rada schlägt bereits zum
zweiten Mal Janukowitsch als Ministerpräsidenten vor. Präsident
Juschtschenko muß ihn laut Verfassung binnen fünfzehn Tagen der
Rada offiziell als Kandidaten benennen.

Juschtschenko zaudert allerdings und erwägt eine Auflösung des Par-
laments und die Ansetzung von Neuwahlen. Abgesehen von der mehr
als fraglichen Verfassungsgemäßheit eines solchen Vorgehens wäre er
dabei aber wohl der gelackmeierte, denn er müßte damit rechnen, daß
seine »Nascha Ukrajina« – ohnehin nur drittstärkste Kraft – weiter
Stimmen an den Timoschenko-Block abgeben müßte, vermutlich aber
auch an Janukowitschs voraussichtlich weiter erstarkende Partei.

Wer die Neuwahlen vehement fordert, ist – wie nicht anders zu erwar-
ten – Julia Timoschenko. Sie erklärt die neue Mehrheitsbildung in der
Rada für einen »politischen Putsch«, »weil diese Mehrheit politisch un-
zweckmäßig und nicht legitim« sei. In der Rada selbst unterstrichen
die Abgeordneten des Timoschenko-Blocks diese Auffassung nach-
drücklich, indem sie auf die Gegenseite und namentlich die vermeint-
lich verräterischen Sozialisten losgingen und handfeste Schlägereien
inszenierten. Zugleich werden erneut Zelte auf dem Majdan aufge-
schlagen und Camper aus dem Westen herangekarrt.

Allerdings sind solche Aktionen offenbar nicht gut koordiniert, man
war auf den Umschwung nicht vorbereitet, und die Stimmung im
Volk sieht nicht danach aus, als würden viele bei einem neuen Apfel-
sinenputsch mitziehen.
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Uwe Schmidt
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Beitrag von Uwe Schmidt »

Ja, es sieht halt ganz danach aus, als ob Putin gegen Washington/Soros gewonnen hätte. Moskau brauchte nur kurz damit zu drohen, die Energieversorgung zu unterbrechen - und schon fügen sich die Kleinrussen....zumal sie sehen, wieviel besser es den gelehrigen Weißrussen geht!

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ich müßte hier mal allmählich was nachtragen. – Heute aber bloß aus aktuellem Anlaß eine Kurzmeldung: Die Lage in Kiew spitzt sich gefährlich zu. Präsident Juschtschenko verschärft seine Maßnahmen zur Gleichschaltung des Staatsapparats und Errichtung einer Diktatur. Regierung und Parlament beschränken sich zwar weiterhin darauf, auf Aktionen des Präsidenten zu reagieren, doch die Reaktionen werden schärfer. Der Ausbruch offener Kämpfe kann derzeit nicht mehr ausgeschlossen werden.
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Willy
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Beitrag von Willy »

nun, die offenen Kämpfe gab es schon...
Ich habe nicht nur einmal im Fernsehen gesehen, wie sich die Politiker in der Rada geprügelt haben...
Ab und zu sehen wir russischsprachige Nachrichten und meine Frau übersetzt mir dann was da los ist...
Demokratie ist das nicht.
Wenn ich da z.B. daran denke, dass man die russische Sprache mit Gewalt verbieten will usw... auf der Krim, Sevastopol z.B. sprechen die meisten Leute russisch... sind auch beim russischen Militär angestellt usw...
Da will man eben mit Gewalt gen Westen driften und mit Gewalt gegen Russland, so stellte es sich die "orangene Revolution" jedenfalls vor...

Es gibt dort noch so viele Ungereimtheiten...
Die Schuld würde ich nicht gleich bei Putin suchen, das ist wohl zu einfach. Im Gegenteil. Ich persönlich habe da einen ganz anderen Eindruck.

Aber, genug von der Politik. Der weltliche Ruhm ist vergänglich, auch der der Politiker...

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Walter
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Beitrag von Walter »

<table width=100% hight=100% bgcolor=orange><td>Bild

Wie's jetzt aussieht, wird die Ukraine zukünfig wohl wieder »orange« regiert werden:

»Die gespaltenen Kräfte der Orangen Revolution um Timoschenko und Juschtschenko, die sich kurz vor der Wahl auf eine Erneuerung ihres Reformbündnisses verständigten, kämen somit gemeinsam auf rund 45 Prozent, Janukowitschs ›Partei der Regionen‹ mit den verbündeten Kommunisten auf rund 40 Prozent.«
Quelle: APA
[/color][/size][/font]</td></table>

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Esperanto
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Beitrag von Esperanto »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Ich müßte hier mal allmählich was nachtragen. – Heute aber bloß aus aktuellem Anlaß eine Kurzmeldung: Die Lage in Kiew spitzt sich gefährlich zu. Präsident Juschtschenko verschärft seine Maßnahmen zur Gleichschaltung des Staatsapparats und Errichtung einer Diktatur. Regierung und Parlament beschränken sich zwar weiterhin darauf, auf Aktionen des Präsidenten zu reagieren, doch die Reaktionen werden schärfer. Der Ausbruch offener Kämpfe kann derzeit nicht mehr ausgeschlossen werden.

Die Ukrainer haben eben gemerkt, dass Russland am längeren Hebel sitzt und den Erdgashahn jederzeit zudrehen kann. Ganz fanatische Ukrainer sind da bestimmt zu jeder Verzweiflungstat in der Lage! Aber eigentlich müsste ihnen natürlich klar sein, dass auch ein bewaffneter Aufstand gegen Russland nichts bringen kann - es sei denn, es kommt Unterstützung aus dem Westen.

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Esperanto
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Beitrag von Esperanto »

Willy hat geschrieben:nun, die offenen Kämpfe gab es schon...
Ich habe nicht nur einmal im Fernsehen gesehen, wie sich die Politiker in der Rada geprügelt haben...
Ab und zu sehen wir russischsprachige Nachrichten und meine Frau übersetzt mir dann was da los ist...
Demokratie ist das nicht.
Wenn ich da z.B. daran denke, dass man die russische Sprache mit Gewalt verbieten will usw... auf der Krim, Sevastopol z.B. sprechen die meisten Leute russisch... sind auch beim russischen Militär angestellt usw...
Da will man eben mit Gewalt gen Westen driften und mit Gewalt gegen Russland, so stellte es sich die "orangene Revolution" jedenfalls vor...

Es gibt dort noch so viele Ungereimtheiten...
Die Schuld würde ich nicht gleich bei Putin suchen, das ist wohl zu einfach. Im Gegenteil. Ich persönlich habe da einen ganz anderen Eindruck.

Aber, genug von der Politik. Der weltliche Ruhm ist vergänglich, auch der der Politiker...

Konflikte entstehen eigentlich immer aus Ungleichgewichten: hier ist es das übermächtige Russland und das klar unterlegene Kleinrussland/Ukraine. Im Jugoslawien-Konflikt haben die 6 Mio Kroaten gegen die 10 Mio Serben aufbegehrt.

maliems
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Beitrag von maliems »

@esperanto und Robert

Aus eigener Anschauung bei mehreren längeren PKW-Reisen durch die Ukraine und durch familiäre Kontakte dorthin kann ich nur kurz 2 Dinge klarstellen:

- es gibt keine fanatischen Ukrainer. z zt der orangenen Revolution gab es wohl eine Begeisterung für die neue Sache. aber ohne fanatismus.

- der zug "diktatur" ist lange abgefahren. zwar ist janukowitsch russlandfreundlich, aber die freie presse ist nicht mehr rückgängig zu machen. (aber entschuldige, wenn ich das jetzt nach 4 Monaten schreibe. ich war im mai noch nicht im kreuzgang.)

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Was Fanatismus ist, weiß ich nicht; ich kann mit dem Begriff nichts
anfangen. Wohl aber gibt es in der West- und Nordwestukraine
(also namentlich in Galizien und Wolhynien) verbreitet extremen
Nationalismus, der zugleich alles Russische abgrundtief haßt und
verachtet, eingeschlossen bereits die als nicht richtig ukrainisch
empfundenen Ukrainer des Zentrums und Südens, vom Osten gar
nicht zu reden. Dieser verblendete Nationalismus ist nur zu willig,
sich von ausländischen Mächten vor den antirussischen Karren
spannen zu lassen, ja gar deren Militär von Übersee ins eigene
Land zu holen.

Das ist nämlich der strategische Hintergrund: Kleinrußland, die
sogenannte Ukraine, in die Nato zu kriegen. Doch amerikanische
Panzer in Kiew und amerikanische Raketen im Donbas wären der
casus belli.
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maliems
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Beitrag von maliems »

Ach so, das war gemeint. also etwa das selbe wie Polen.

(Es ist im übrigen köstlich mit den Ukrainiern selbst über dieses Thema zu sprechen. Ist aber zu lange her, als dass ich mich noch genauer erinnern könnte.)

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Walter
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Beitrag von Walter »

Den aktuellen Stand der Auszählung kann man auch online mitverfolgen:
http://www.cvk.gov.ua/vnd2007/w6p001e.html

Viel hängt wohl davon ab, ob die Sozialisten die 3%-Hürde schaffen oder nicht.
Momentan sieht es nicht so aus:


<table bgcolor=white><tr><td>Uhrzeit:</td><td align=center>06:37</td></tr><tr><td>Ausgezählte Stimmen:</td><td align=right>94,02%</td></tr><tr><td></td><td>100%</td></tr><tr><td>Verteilung der gültigen Stimmen</td><td></td></tr><tr bgcolor=lightblue><td>Blau:</td><td align=right>43,54%</td></tr><tr bgcolor=orange><td>Orange:</td><td align=right>45,07%</td></tr><tr><td>Unter der 3%-Hürde:</td><td align=right >11,39%</td></tr><tr><td>- davon die Sozialisten:</td><td align=right>2,94%</td></tr></table>
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maliems
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Beitrag von maliems »

Jetzt ist Litvin drin.

Aber es wird wohl ein juristisches Nachspiel haben. Ausgerechnet im Süden Osten haben die Auszählungen eweig gedauert und ausgerechnet da waren Wahlkreise mit 95% Janukowitsch bei. Ein Schelm, der sich was Böses denkt.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Das war ein lächerliches Spiel Juschtschenkos. In einigen regionalen Wahlkommissionen im Osten und Süden verweigerten die Vertreter der Wahlblocks von Juschtschenko und Julia Timoschenko immer wieder die Annahme der Ergebnisse aus ausgezählten Stimmbezirken, während zugleich Juschtschenko sich in Kiew hinstellte, düstere Verdächtigungen wegen angeblicher Verzögerungen im Osten und Süden streute und die Staatsanwaltschaft mit einer Untersuchung beauftragte (wozu er überhaupt nicht befugt ist).

Da geht es nur darum – wie schon bei den vorletzten Präsidentenwahlen – eine entsprechende Kulisse aufzubauen, vor deren Hintergrund man im Falle eines Niederlage wieder die Fälschungstour reiten kann.

Abgesehen von jenen kleinen Verzögerungen örtlicher Wahlkommissionsmitglieder dauert die Auszählung aber ohnedies in Ballungsgebieten länger, weil die Stimmbezirke dort hinsichtlich der Zahl der Wahlberechtigten teils um ein Vielfaches größer sind als in ländlichen oder Regionen oder kleinen Landstädten. Diese Ballungszentren liegen nun aber vorwiegend in den industriellen Zentren des Ostens und Südens (die im übrigen auch nahezu das ganze Bruttosozialprodukt der Ukraine verdienen). Außer Kiew. Kiew liegt mitten drin, mit Apfelsinenmehrheit. Und siehe da: In Kiew ist die Auszählung ebenso „verzögert“.

Im übrigen wird das Ergebnis hauchdünn. Die letzten fünf Prozent der Wahlkreisresultate trudeln nur sehr schleppend ein. Eine leichte Verschiebung zugunsten Janukowitschs ist noch zu erwarten, aber nichts Gewaltiges mehr. Morosens Sozialisten sind draußen, sonst wäre jetzt schon klar, daß das Apfelsinenlager die Mehrheit verfehlt hat. Allerdings hat der Alexander Moros selbst, der Chef der Sozialisten, seinen Wahlkreis mit gut 50 % der Stimmen gewonnen. Kennt jemand die Feinheiten des ukrainischen Wahlrechts? Kommt er als Einzelkandidat in die Rada, oder bleibt er auch draußen?

Interessant wird noch die Frage, für welche Seiten sich der frühere Präsident der Rada Litwin entscheiden wird – falls die Apfelsinen ihn zur Mehrheit brauchen werden. Das wird hauchdünn. Und daß Litwin in eine Apfelsinenkoalition unter Frau Timoschenko eintritt, ist sowohl programmatisch wir persönlich schwer vorstellbar. Andererseits ist in der Ukraine alles vorstellbar …

Na, warten wir erst mal das Endergebnis ab.

P.S.: Maliems, gestern aber klagte meine Frau spontan und ohne Kenntnis unserer Diskussion, wie »fanatisch« die Sapadenzi seien. Und das bestimmt ein halbes Dutzend mal binnen einer Minute. ;D
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Walter
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Litwin

Beitrag von Walter »

maliems hat geschrieben:Jetzt ist Litvin drin.
Litwin war schon von Anfang an klar über der 3%-Hürde (ich hatte ihn mit zu Blau gerechnet). Wackelkandidat war die Partei der Sozialisten (Соціалістична партія України): als 80% der Stimmen ausgezählt waren, lag die mit 3,11% noch gut drüber, ist nun aber wieder deutlich unter die 3%-Grenze gefallen. Hier die aktuellen Zahlen (ich habe die Tabelle ein wenig erweitert):

<table bgcolor=white><tr><td>Uhrzeit:</td><td align=center>15:37</td></tr><tr><td>Ausgezählte Stimmen:</td><td align=right>99,99%</td></tr><tr><td></td><td>100,00%</td><td>100,00%</td></tr><tr><td>Verteilung der gültigen Stimmen</td><td></td><td align=center>∑</td><td>Sitze</td><td align=center>∑</td></tr><tr bgcolor=lightblue><td>Janukowitsch</td><td align=right>34,36%</td><td align=right>43,71%</td><td align=right>175</td><td align=right>222</td></tr><tr bgcolor=orange><td>Timoschenko</td><td align=right>30,72%</td><td align=right>44,87%</td><td align=right>156</td><td align=right>228</td></tr><tr bgcolor=orange><td>Juschtschenko</td><td align=right>14,15%</td><td bgcolor=white></td><td align=right>72</td></tr><tr bgcolor=lightblue><td>Kommunisten</td><td align=right>5,39%</td><td bgcolor=white></td><td align=right>27</td></tr><tr bgcolor=lightblue><td>Litwin</td><td align=right>3,96%</td><td bgcolor=white><td align=right>20</td></td></tr><tr><td>Unter der 3%-Hürde:</td><td align=right></td><td align=right >11,42%</td></tr><tr><td>- davon die Sozialisten:</td><td align=right>2,86%</td></tr></table>
Hochrechnungen zufolge (Stand: 13:26 Uhr; 99,98%) werden die Parteien von Timoschenko und Juschtschenko am Ende nur sechs Sitze Vorsprung behalten (nach dem Stand der Auszählung kann sich der auch nicht mehr verändern). Für eine wirklich sichere Mehrheit müssten sich die »Orangen« also Litwin besser mit ins Boot ziehen. Für Janukowitsch wird es aber auf jeden Fall schwer werden, wieder eine Regierung bilden zu können (außer es gelingt ihm ein Bündnis mit Juschtschenkos Partei; das wäre m.E. überhaupt die beste Lösung für das Land).

Update: Stand der Auszählung immer wieder aktualisiert (Uhrzeiten nun jeweils vom 5. Okt. 2007).

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Walter
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Endlich ausgezählt ...

Beitrag von Walter »

So, die letzen 8000 Stimmen von der Krim, die auszuzählen anscheinend über 24 Stunden Zeit in Anspruch nahm, obwohl sie am Ergebnis sowieso nichts mehr ändern konnten, sind nun auch dabei:

<table bgcolor=white><tr><td>Uhrzeit:</td><td align=center>18:31</td></tr><tr><td>Ausgezählte Stimmen:</td><td align=right>100,00%</td></tr><tr><td></td><td>100,00%</td><td>100,00%</td></tr><tr><td>Verteilung der gültigen Stimmen</td><td></td><td align=center>∑</td><td>Sitze</td><td align=center>∑</td></tr><tr bgcolor=lightblue><td>Janukowitsch</td><td align=right>34,37%</td><td align=right>43,72%</td><td align=right>175</td><td align=right>222</td></tr><tr bgcolor=orange><td>Timoschenko</td><td align=right>30,72%</td><td align=right>44,87%</td><td align=right>156</td><td align=right>228</td></tr><tr bgcolor=orange><td>Juschtschenko</td><td align=right>14,15%</td><td bgcolor=white></td><td align=right>72</td></tr><tr bgcolor=lightblue><td>Kommunisten</td><td align=right>5,39%</td><td bgcolor=white></td><td align=right>27</td></tr><tr bgcolor=lightblue><td>Litwin</td><td align=right>3,96%</td><td bgcolor=white><td align=right>20</td></td></tr><tr><td>Unter der 3%-Hürde:</td><td align=right></td><td align=right >11,41%</td></tr><tr><td>- davon die Sozialisten:</td><td align=right>2,86%</td></tr></table>
Es bleibt also bei der schon vor über vier Tagen vorausgesagten Sitzverteilung mit sechs Sitzen Vorsprung für »Orange«. Sollte Alexander Moroz tatsächlich wegen des herausragenden Sieges im eigenen Wahlkreis einen Einzelsitz bekommen (davon habe ich aber bislang nirgends etwas lesen können, daher gilt wohl die 3%-Sperrklausel auch für die Vergabe der 225 Direktmandate), ginge der zulasten der Janukowitsch-Partei und würde somit die Kräfteverhältnisse nicht ändern.

Während Julia Timoschenko bislang jegliche Koalition mit Janukowitsch kategorisch ablehnt (weil der ihr wohl kaum das Amt der Premierministerin überlassen wird), hat Juschtschenko vorgestern Abend einen orange-blauen runden Tisch der drei führenden Parteien vorgeschlagen. Die »Koaltionsverhandlungen« mit Litwin, die Janukowitsch als ersten Schritt zu seiner Regierungsbildung ankündigte, machen indes gar keinen Sinn. Sie dienen wohl eher dem Nichteingeständnis der Tatsache, dass nun sein alter Konkurrent Juschtschenko de facto aussuchen kann, mit wem er eine Regierung eingeht: mit Timoschenko? mit Janukowitsch? oder am Ende doch mit beiden zusammen?
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maliems
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Beitrag von maliems »

hallo Robert, ich sehe erst jetzt dein letztes posting.

kommt denn deine Frau aus der Ukraine? (ohne indiskret sein zu wollen: woher denn?)

meine Schwägerin hat ihre Verwandtschaft im tiefsten Galizien. Auch wenn ich immer noch sage "die sind nicht fanatisch", so ist doch ganz klar, wo sie ihr häkchen machen. und väterlicherseits ist sie polnischstämmig. Die Polen machen ihr Kreuz zwar auch an der oben gemeinten Stelle, aber mit etwas weniger Enthusiasmus.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Meine Frau kommt aus Odessa.
(Womit auch zumindest klar ist,
wo sie ihr Kreuzchen nicht macht …)
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maliems
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Beitrag von maliems »

ja, wenn von dort gebürtig.

Odessa ist ja inzwischen ein Sammelbecken. Auf dem Markt arbeiten auch Verwandte von mir.

Eine (ostdeutsche) Kollegin arbeitete vor kurzem für 3 Jahre an einer (russischen) Schule. Als Deutsche konnte sie natürlich nicht wählen, sie war als Westeuropäerin natürlich für die orangenen. Ich werde sie mal fragen, wie die Stimmung im ortsansässigen Kollegium war.

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Peregrin
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Beitrag von Peregrin »

Wie stark unterscheidet sich eigentlich Ukrainisch von Russisch? Können die miteinander reden oder brauchen die einen Dolmetscher?
Ich bin der Kaiser und ich will Knödel.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Wenn Westukrainer ihre Mundart reden (die sie fürs allein gültige Ukrainisch ansehen), dann hat ein Russe große Schwierigkeiten, aber auch ein Ukrainer aus den zentralen oder südlichen Gebieten wird manches nicht verstehen (und darum von oben herab behandelt werden).

Umgekehrt reden und verstehen alle Westukrainer russisch, selbst wenn sie mal so tun, sie könnten’s nicht. Allenfalls die westukrainischen Kinder, die jetzt vielleicht maximal zehn Jahre alt sind, die könnten Schwierigkeiten mit dem Russischen haben.

Wenn man sich politisch dauerhaft entscheidet, Puschkin und Gogol aus der eigenen Nationallitteratur auszusondern und statt dessen auf Schewtschenko und Franko setzt, könnte sich dieser Trend im ukrainischen Westen verfestigen. Man wird dann dort kulturell aber auf absehbare Zeit kaum über das Niveau z. B. einer „letzebergischen“ „Kultur“ hinauskommen.

Im übrigen ist das Verhältnis von Russisch und Ukrainisch für Leute deutscher Zunge vielleicht am ehesten mit dem Verhältnis des Hochdeutschen zum Schwyzerdütschen vergleichbar.
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maliems
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Beitrag von maliems »

viele Vokabeln sind völlig anders.

rot: russ: krassno (richtig? kann ich nicht so gut)
ukrainisch: tscherbóne

danke russ: spasibo, ukr: djákuju

gut: russ: choroscho, ukr. dóbre.

kaffe: russ: kofe, ukr: kawa

schön russ: krassinij, ukr: horno


bei den vokabeln, die sich unterscheiden, gibt es im ukrainischen, wie ich finde, oft einen hang zum polnischen.

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Linus
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Beitrag von Linus »

Mit meinen Fünf tschechischstunden kann ich sagen: die angeführten Vokabel des Ukrainischen klingen durchaus auch böhmisch. :kiss:
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
"Black holes are where God divided by zero. - Einstein

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Walter
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Beitrag von Walter »

Linus hat geschrieben:Mit meinen Fünf tschechischstunden kann ich sagen: die angeführten Vokabel des Ukrainischen klingen durchaus auch böhmisch. :kiss:
Ja, auch ein wenig bulgarisch, soweit ich das noch im Ohr habe.
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Walter
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Beitrag von Walter »

Aber zurück zur Politik:
Die dpa hat geschrieben:06.10.2007, 12:58 Uhr

Juschtschenko für Einbindung des politischen Gegners

Der ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko hat sich nach dem knappen Wahlsieg seiner prowestlichen Kräfte für eine Regierungsbeteiligung des politischen Gegners ausgesprochen. Für das politische gespaltene Land sei es am besten, wenn Julia Timoschenko neue Regierungschefin werde


und die Partei der Regionen von Viktor Janukowitsch mit einigen Posten im Kabinett sowie im Parlament eingebunden werde. Das sagte Juschtschenko in einem Interview mit der Pariser Zeitung "Le Figaro", aus dem die Agentur Interfax am Samstag zitierte. Nach vorläufigem Endergebnis können die prowestlichen Kräfte aus eigener Kraft eine Regierung mit der knappen Mehrheit von 228 der insgesamt 450 Parlamentssitze bilden.

Die Oppositionsführerin Timoschenko, die bereits 2005 Regierungschefin unter Juschtschenko war, hat sich bislang deutlich gegen eine Beteiligung der Partei Janukowitschs ausgesprochen. [... weiter]

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Unterdessen drohen Abgeordnete der Partei der Regionen für den Fall, daß diese nicht an der Regierung beteiligt wird, mit der Niederlegung der Mandate – zum Zweck der Auflösung der Rada, in Umkehrung des Spielchens, mit welchem Juschtschenko diese Neuwahlen erzwungen hatte.

Tatsächlich ist die Apfelsinenmehrheit ja überaus knapp und überhaupt nur dem Umstand verdankt, daß die Sozialisten hauchdünn den Einzug in die Rada verfehlt haben. Fraktionswechsel sind in Kiew auch ein beliebter Sport, Eine Koalition der Blöcke von Julia Timoschenko und Viktor Juschtschenko könnte darum sehr instabil sein. Erst recht, wenn man deren interne Differenzen bedenkt.

Andererseits ist eine Koalition unter einer Ministerpräsidentin Timoschenko mit Janukowitsch als Juniorpartner schwer vorstellbar. Nicht nur, weil Janukowitschens Partei der Regionen die stärkere Fraktion stellt, sondern wegen des zum Ausgleich unfähigen Naturells der Dame.

Wenn es Juschtschenko tatsächlich um Ausgleich und Einbindung aller relevanten Kräfte geht, dann sollte er Wladimir Litwin mit der Regierungsbildung beauftragen.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Petur
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Beitrag von Petur »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Wenn es Juschtschenko tatsächlich um Ausgleich und Einbindung aller relevanten Kräfte geht, dann sollte er Wladimir Litwin mit der Regierungsbildung beauftragen.[/color]
Irrealer Wunsch, lieber Robert. Aber das weisst Du auch .

maliems
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Beitrag von maliems »

hallo, ferien sind vorbei, in den nächsten wochen werde ich wesentlich seltener hier auftauchen, trotzdem weiter diskutiert:

juschtschenkos konzept: radikale liberalisierung der märkte

timoschenkos konzept: radikale enteignung derer, die vor 10 jahren von der privatisierung zu milliardären geworden sind.

janukowitschs konzept: ???

kann mich jemand korrigieren bzw. ergänzen?

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Walter
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Beitrag von Walter »

RIA Novosti hat geschrieben: KIEW, 08. Oktober (RIA Novosti). Der ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko hat die Chefs der ins Parlament eingezogenen Parteien und Blöcke aufgefordert, im Laufe von fünf Tagen ihre Vorschläge für die künftige Koalition und den Premier einzubringen.

„Ich schlage den politischen Kräften vor, die Gespräche zu beginnen und in den nächsten fünf Tagen Vorschläge einzubringen, sowohl bezüglich des Formats der Koalition als auch des Kandidaten des Premierministers“, sagte Juschtschenko zum Auftakt seines Treffens mit den Leitern der Parteien und Blöcke.

Am heutigen Montag besprach er mit den Vertretern der Partei der Regionen, des Blocks von Julia Timoschenko (BJuT), des Blocks „Unsere Ukraine - Selbstverteidigung des Volkes“ und des Litwin-Blocks die Bildung der Mehrheitskoalition und das festzulegende Format der Beziehungen zwischen der Regierung und der Opposition. Obwohl die Kommunistische Partei dazu nicht eingeladen wurde, kam ihr Chef ins Präsidentenamt, wo das Treffen stattfand.

Laut Angaben der Zentralen Wahlkommission kamen fünf politische Kräfte in die Oberste Rada (Parlament). Wahlsieger war die Partei der Regionen mit 34,32 Prozent. Auf dem zweiten Platz rangiert BJuT (30,71 Prozent) und den dritten Platz belegt „Unsere Ukraine - Selbstverteidigung des Volkes“ (14,15 Prozent). Auch die Kommunisten und der Litwin-Block schafften es mit 5,39 beziehungsweise 3,96 Prozent ins Parlament.

Keine der Parteien oder Blöcke kann selbständig eine Parlamentsmehrheit und eine Regierung bilden.

Juschtschenko rief die Partei der Regionen, BJuT und „Unsere Ukraine - Selbstverteidigung des Volkes“ auf, Konsultationen über die Bildung einer Koalition durchzuführen.

BJuT und ein Teil von „Selbstverteidigung des Volkes“ aus dem Bündnis mit „Unsere Ukraine“ äußerten, dass sie unter keinen Umständen einer Koalition mit der Partei der Regionen zustimmen würden.
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Walter
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Beitrag von Walter »

APA/dpa hat geschrieben:<img align=left hspace=10 src=http://img.rian.ru/images/8257/44/82574424.jpg> Präsident nominiert Timoschenko als Regierungschefin

Moskau/Kiew - Der ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko hat die prowestliche Politikerin Julia Timoschenko am Donnerstag offiziell als Regierungschefin nominiert. Das meldete die ukrainische Agentur Interfax unter Berufung auf einen Brief des Präsidenten an das Parlament in Kiew. Zuvor hatte der neue Parlamentspräsident Arseni Jazenjuk dem Präsidenten die Kandidatur vorgeschlagen.

Die Koalition Timoschenkos und des Bündnisses Unsere Ukraine von Juschtschenko sicherte sich bei der vorgezogenen Parlamentswahl Ende September eine knappe Mehrheit von 228 der 450 Abgeordneten. Das Bündnis gilt allerdings als zerbrechlich und muss bei der Wahl der Regierungschefin um die Stimmen einzelner Abgeordneter fürchten.

Die Wahl von Jazenjuk in dieser Woche galt als erster Stimmungstest für die Abstimmung über Timoschenko. Der frühere Außenminister hatte 227 Stimmen erhalten. Der bisherige Regierungschef Viktor Janukowitsch äußerte angesichts der knappen Mehrheit Zweifel, dass die neue orangene Regierungskoalition "effektiv arbeiten" werde. Timoschenko hatte bereits nach der Orangenen Revolution 2004 vorübergehend die Regierung geführt. (APA/dpa)
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Raphael

Beitrag von Raphael »

Ausweislich ihres Lebenslaufes, den sie auf ihrer "privaten" Hompaitsch veröffentlicht hat (Quelle), wurde Julia Timoschenko im Jahre 1998 A.D. von der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche der St.-Barbara-Orden verliehen.
Was hat es mit diesem Orden auf sich?

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