
Derzeit ziemlich aktuell: Die Beitrittsverhandlungen bzgl. Türkei.
Hier ein Artikel aus der neuesten Nummer der Linzer Kirchenzeitung:
Türkei: Religionsfreiheit in den Blick nehmen
Vor Beitrittsverhandlungen die Menschenrechtsfragen ernsthaft lösen
Religionsfreiheit gilt als einer der Schlüssel in der Frage, ob die EU mit der Türkei über den Beitritt verhandeln soll.
Soll die Europäische Union über einen Beitritt mit der Türkei verhandeln? Diese Frage aus Sicht der katholischen Kirche zu beantworten, „das ist nicht einfach“, sagt Michael Kuhn. Dennoch will der Vertreter der österreichischen Bischofskonferenz in Brüssel zwei grundsätzliche Positionen festhalten: „Ein Hindernis religiöser Art, dass ein Land mit überwiegend muslimischer Bevölkerung Mitglied der EU wird, kann es nicht geben“, zitiert Dr. Kuhn eine Presseerklärung der Bischöfe des EU-Raumes. Und es sei notwendig, „dass auf jeden Fall die Türkei die Grundrechte respektiert. Dazu zählt auch die Religionsfreiheit.“
Doch die Religionsfreiheit wird in der Türkei seit Jahrzehnten verletzt. Auch jüngste Fälle zeigen das: Eric Edelman, US-Botschafter in Ankara, hatte in seiner Einladung zu einem Abendessen am 2. Dezember für mehr als hundert prominente griechisch-orthodoxe US-Bürger Bartholomaios I. als „Ökumenischen Patriarchen“ bezeichnet. Ministerpräsident Tayyib Erdogan untersagte daraufhin schriftlich allen offiziellen türkischen Repräsentanten die Teilnahme an dem Empfang. Weiters erklärte Erdogan im Fernsehen: er werde nicht zulassen, dass ein ausländischer Diplomat einem türkischen Bürger diesen Titel zubillige. Das widerspreche den „nationalen Interessen“. Und nur vier Tage später, am 6. Dezember, wurde in der Nikolaus-Basilika in Myra der traditionelle Gottesdienst zum Festtag des Heiligen nicht erlaubt – erstmals seit 22 Jahren. Der negative Bescheid des Gouverneurs der Provinz Antalya erfolgte ohne Begründung. „Das alles ist der EU-Kommission bekannt“, sagt Dr. Otmar Oehring. 2001 und 2004 hat er Studien über die Christen in der Türkei veröffentlicht. „Ihre Probleme werden auch im EU-Fortschrittsbericht 2004 angeführt“ (linke Spalte). Und Oehring weiter: „EU-Politiker aller Parteien haben mir gegenüber immer wieder betont, wie wichtig ihnen die Frage der Religionsfreiheit sei.“
Nicht nur bei der Religionsfreiheit, so Oehring, auch in anderen Menschenrechtsfragen lässt der Bericht den Schluss zu, „dass die Türkei die Beitrittskriterien noch nicht erfüllt.“ Wenn der EU-Gipfel am 16./17. Dezember aber doch grünes Licht gibt? Dann hofft der Menschenrechtsexperte, dass die Verhandlungen spät beginnen, vielleicht gar erst 2007: „Bis dahin müssen die kritischen Menschenrechtsfragen gelöst und der Nachweis darüber erbracht werden, dass es ernsthafte Lösungen sind.“
Gleichzeitig erwartet Oehring, dass die Diskussion um Religionsfreiheit ernsthaft geführt wird – von beiden Seiten. Denn er sieht, dass die Frage auch „zum Joker“ geworden ist. Vielleicht wollen manche „so lange an der Schraube drehen, dass am Ende doch ein Nein zum EU-Beitritt der Türkei herauskommt.“
Berichte zum Downloaden: www. missio-aachen.de/menschenrechte
Walter Achleitner
Quelle: http://www.kirchenzeitung.at
Wie seht ihr das Thema?
junia