Wie heißt unser Gott: Jesus Christus oder Demus Craticus?

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Stefan hat geschrieben:Demokratie ist keine Person, die man anbetet, sie ist keine christliche Erfindung, sondern eine Methode zur Willensbildung einer Gesellschaft, die die zur Menschwürde gehörende Freiheit und Gleichberechtigung im Gegensatz zu allen anderen Herrschaftsformen bestmöglich berücksichtigt. Man kann sie weder gegen das Christentum auspielen noch aus ihm herleiten.
Man kann aber darüber diskutieren, ob es die bestmögliche Staatsform ist.
Oder mal gefragt: Müssen die Bürger mitentscheiden? Wenn ja warum?

Die Idee, die dahinter steckt, ist doch wohl, daß jeder (angeblich) selbst am besten weiß, was für ihn gut ist, und er daher in angemessener Form an der Staatslenkung teilnehmen soll.

1) Weiß jeder wirklich selbst am besten, was für ihn gut ist?
2) Weiß jeder wirklich, welche Mittel zur Erfüllung dieses Zwecks am besten sind?
3) Aber auch die "Berufspolitiker" wissen dies meist nicht, da sie in den wenigsten Fällen Fachleute in ihrem Bereich sind. Ein Wissenschaftsminister, der selbst Wissenschaftler ist oder ein Landwirdschaftsminister, der selbst Landwirt ist, sind eher die Ausnahmen (wenngleich wir sowas schon hatten).

Vieles, was in der Politik geschieht ist einfach eine Form der "Mittelverteilung" von begrenzten Ressourcen. Damit jeder seinen Teil vom Kuchen in gerechter Weise bekommen kann, soll auch jeder mitbestimmen, wie der Kuchen aufgeteilt wird.

Nehmen wir aber mal einen fiktiven Staat, der einen riesen Kuchen für wenige Bürger hat.....

Also: Wenn Deutschland unmengen an Ölvorkommen hätte, und das Geld in die Staatskasse fließen würde, dann bräuchen wir keine Diskussionen um Steuererhörungen, da man keine Steuern bräuchte, man müßte sich nicht um Lohnnebenkosten aufgrund von Sozialabgaben streiten, da es keine Sozialabgaben geben würde etc. etc.
(Wenn ich recht informiert bin ist es in einigen Emiraten noch heute so, daß es keine oder kaum Steuern gibt, alle Krankenkosten vom Staat übernommen werden etc.)

Herrje, das wäre ein [Punkt]
Was sollten nur die Politiker in ihr Wahlprogramm schreiben?
Streiche mal alles aus den Wahlprogrammen, was in irgendeiner Weise Geld und Staatsfinanzen betrifft. Was bleibt übrig?
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Stefan

Beitrag von Stefan »

Juergen hat geschrieben:Die Idee, die dahinter steckt, ist doch wohl, daß jeder (angeblich) selbst am besten weiß, was für ihn gut ist, und er daher in angemessener Form an der Staatslenkung teilnehmen soll.
Nein, die Idee, die dahinter steckt, ist eher die, daß es ein festgelegtes Verfahren gibt, so daß mißbräuchliche Herrschaftszustände gewaltfrei beendet werden können. Die wenigsten demokratischen Staaten haben eine Basisdemokratie, sondern eine repräsentative Demokratie. Sobald die Repräsentanten gewählt sind, kann das Volk für eine bestimmte Zeit keinen Einfluß mehr nehmen; sehr wohl aber auf Fehlentwicklungen mit friedlichen Mitteln reagieren.
Vieles, was in der Politik geschieht ist einfach eine Form der "Mittelverteilung" von begrenzten Ressourcen. Damit jeder seinen Teil vom Kuchen in gerechter Weise bekommen kann, soll auch jeder mitbestimmen, wie der Kuchen aufgeteilt wird.
Dahinter steckt ein verinnerlichtes Staatsverständnis, welches seine Aufgabe als Verteilungsgerechtigkeit definiert. In seiner extremen Form ist dies die Idee des Sozialismus. Andere Ansätze definieren den Staat umgekehrt: Der Staat gewährleistet Chancengerechtigkeit: Niemandem dürfen öffentliche Ämter, Berufe, Wohlstand etc. vorenthalten werden, aber für das Erreichen dieser Ziele ist der Einzelne verantwortlich. Der Staat hat die Aufgabe, ungleiche Chancen (z.B. durch Behinderungen) zu nivellieren.
Nehmen wir aber mal einen fiktiven Staat, der einen riesen Kuchen für wenige Bürger hat.....Was sollten nur die Politiker in ihr Wahlprogramm schreiben?
Der Staat hat auch in einer solchen Gesellschaft nicht die Aufgabe, Kuchen zu backen; er könnte aber sicherstellen, daß jedermann Zugang zu den Zutaten erhält. Wir leben aber nicht in einem solchen Staat; umso verlockender ist es aber, die Mühsal des Kuchenbackens auf die Verteilungskompetenz des Staates zu delegieren und sich auf das Kuchenessen zu beschränken. Die geistig-kulturelle Blüte verdorrt dabei zum jämmerlichen Unkraut - und die Bürger werden träge.

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Aristoteles unterscheidet in seinem Werk Politik zwischen sechs Staatsformen: Monarchie (Alleinherrschaft), Aristokratie (Herrschaft der Besten) und Politie als guten Formen (die das Allgemeinwohl im Auge hätten) sowie deren entarteten Pendants Tyrannis, Oligarchie (Herrschaft weniger) und Demokratie (zur Differenzierung zum heutigen Demokratiebegriff häufig auch als Ochlokratie bezeichnet).
[wikipedia]

(das ist nicht meine Meinung, ich wollte sie aber hier anführen, macht Euch mal Gedanken über diese Theorie)
Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
Meine Sorgen wollen mich erdrücken,
ich weiß nicht ein noch aus.
Gott, sei gnädig und hilf.
Gib Kraft zu tragen, was du schickst,
laß die Furcht
nicht über mich herrschen.
(D. Bonhoeffer)

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Pelikan
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Beitrag von Pelikan »

Robert hat geschrieben:
Ratzinger hat geschrieben:Es ist ein offenkundiger Tatbestand, daß die beiden Urdemokratien, die amerikanische und die englische, auf einem aus dem christlichen Glauben kommenden Wertekonsens beruhen …
Das ist der Kardinalsirrtum.
Mir ist nicht klar geworden, worin du den Irrtum siehst. Die amerikanischen Founding Fathers jedenfalls haben ihre Verfassung ausdrücklich für ein religiöses Volk geschrieben und haben sich auch auf besagten Wertekonsens berufen. Daß sie privat die Hoffnung hegten, die christliche Moral ließe sich rein rational begründen und von den von ihnen verachteten Mythen abkoppeln tut dieser historischen Tatsache keinen Abbruch.
Robert hat geschrieben:
Ratzinger hat geschrieben:… und auch nur funktionieren konnten und können, wenn ein grundlegendes Einverständnis über Werte vorhanden ist. Sie würden sich ansonsten auflösen und zerfallen.
Die Berufung auf „Werte“ ist, wie ich ja regelmäßig wiederhole, bereits Symptom jener Auflösung.
Ja, aber folgt daraus, daß sie zu unterlassen ist? Wenn "Werte" oder "Menschenrechte" jedenfalls noch eine minimale Hoffnung auf Gemeinsames, auf Verständigung und gesellschaftliche Stabilität bieten, muß die Kirche sie ausschöpfen, meine ich. Der einzelne Gläubige mag sich in die totale Gegenkultur oder ins Eremitentum zurückziehen; Päpste (und Kardinäle) dürfen das nicht.

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Stefan hat geschrieben:Dahinter steckt ein verinnerlichtes Staatsverständnis, welches seine Aufgabe als Verteilungsgerechtigkeit definiert. In seiner extremen Form ist dies die Idee des Sozialismus. Andere Ansätze definieren den Staat umgekehrt: Der Staat gewährleistet Chancengerechtigkeit: Niemandem dürfen öffentliche Ämter, Berufe, Wohlstand etc. vorenthalten werden, aber für das Erreichen dieser Ziele ist der Einzelne verantwortlich. Der Staat hat die Aufgabe, ungleiche Chancen (z.B. durch Behinderungen) zu nivellieren.
Zum einen:
Was ist denn der fundamentale Unterschied, ob ich "öffentliche Ämter, Berufe, Wohlstand etc." so verteile - nicht administrativ, sondern als gleichsam als "Angebot für alle" offen haltend; denn nichts anderes habe ich gesagt, wenn ich davon sprach, daß alle mitbestimmen, wie der Kuchen verteilt wird, was Du nun als Verteilungsgerechtigkeit mit einem Hang zum Sozialismus charakterisierst -, und Deinem Modell der Chanchengerechtigkeit?


Ach ja: Da lese ich "Niemandem dürfen öffentliche Ämter, Berufe, Wohlstand etc. vorenthalten werden" (und ich habe den Passus oben wieder aufgegriffen).
Aber: Ist ein "öffentliches Amt" erstrebenswert; wenn nein, warum steht es dann in dieser Liste? Wenn Ja, warum?
Gruß Jürgen

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Stefan

Beitrag von Stefan »

Juergen hat geschrieben:Was ist denn der fundamentale Unterschied, ob ich "öffentliche Ämter, Berufe, Wohlstand etc." so verteile - nicht administrativ, sondern als gleichsam als "Angebot für alle" offen haltend; denn nichts anderes habe ich gesagt, wenn ich davon sprach, daß alle mitbestimmen, wie der Kuchen verteilt wird, was Du nun als Verteilungsgerechtigkeit mit einem Hang zum Sozialismus charakterisierst -, und Deinem Modell der Chanchengerechtigkeit?
Der Unterschied besteht in den Begriffen "offen stehen" und "verteilen"

Es gibt Staaten, in denen bestimmten Menschen Wege versperrt sind. Dies war in Monarchien der Fall, in denen die Regierungsgewalt Nicht-Adeligen versperrt waren. Im absolutistischen Frankreich bestimmte die Standeszugehörigkeit das Schicksal der Menschen. Wer als Bauer geboren wurde, konnte nie über seinen Werdegang selbst bestimmen. Ein Staat, der jedem Menschen aber die gleichen Grundrechte garantiert, gibt jedem die Chance seine persönliche Fähigkeiten zu nutzen. Ihm stehen alle Wege offen. Die Wege zu nutzen aber liegt in der Verantwortung des Einzelnen, inkl. des Risikos zu scheitern.

Wenn ein Staat aber den großen Kuchen verteilt, sie zielt er nicht auf Chancengleichheit, sondern auf Ergebnisgleichheit. Unabhängig von persönlichen Fähigkeiten oder Leistung übernimmt der Staat die Entscheidung über seinen Werdegang.
Ach ja: Da lese ich "Niemandem dürfen öffentliche Ämter, Berufe, Wohlstand etc. vorenthalten werden" (und ich habe den Passus oben wieder aufgegriffen).
Aber: Ist ein "öffentliches Amt" erstrebenswert; wenn nein, warum steht es dann in dieser Liste? Wenn Ja, warum?
Ein öffentliches Amt ist letztlich der Zugang zur legitimen Macht. Nun geht es weniger darum, ob diese Macht zu erlangen erstrebenswert ist, sondern ob man prinzipiell von vorneherein daran gehindert wird, diese Macht zu erlangen. Ob man im Ergebnis die Macht auch faktisch erlangt, hängt allerdings in erster Linie vom persönlichen Weg des Einzelnen ab; hier kann erst der Wettbewerb zeigen, wer als erster durchs Ziel läuft (und nicht Geburt, Stand oder Vermögen).

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Stefan hat geschrieben:
Nehmen wir aber mal einen fiktiven Staat, der einen riesen Kuchen für wenige Bürger hat.....Was sollten nur die Politiker in ihr Wahlprogramm schreiben?
Der Staat hat auch in einer solchen Gesellschaft nicht die Aufgabe, Kuchen zu backen; er könnte aber sicherstellen, daß jedermann Zugang zu den Zutaten erhält. Wir leben aber nicht in einem solchen Staat; umso verlockender ist es aber, die Mühsal des Kuchenbackens auf die Verteilungskompetenz des Staates zu delegieren und sich auf das Kuchenessen zu beschränken. Die geistig-kulturelle Blüte verdorrt dabei zum jämmerlichen Unkraut - und die Bürger werden träge.
Die Frage, die ich hier aufwerfen wollte ist die, ob Demokratie immer die "beste" Staatsform ist - unabhängig von den jeweiligen - nennen wie sie mal - "äußeren Bedingungen"?

Wenn man z.B. auf die Menschenrechte/Grundrechte guckt stellt man fest, daß man als eine sehr grobe Definition (mit allen Vorbehalten, aber es soll hier nur zu Illustration dienen) von Gerechtigkeit den Satz aufstellen könnte:
Gerechtigkeit = Bereitschaft dem anderen zu geben und zu lassen, was ihm zusteht

Damit ist zum einen ein Verhältnis zum Anderen ausgesagt; fernerhin ein Recht auf...
1) Gewährung von X (das "Geben" also positiv ausgedrückt)
2) Unterlassung von Y (das "Lassen" also negativ ausdrückt)

Ein Blick auf die positive Aussage zeigt, daß man hier wiederum unterscheiden kann zwischen
a) Resourcenabhängige Pflichten (z.B. Arbeit, Wohnung, soz. Rechte etc.)
b) Resourcenunabhängige Pflichten (z.B. Leben, Freiheitsrechte etc.)

Bei (b) ist es klar - oder sollte es zumindest sein -, daß diese Plichten IMMER erfüllt werden müssen und nicht aufgehoben werden können (wohl aber eingeschränkt).

Bei (a) hingegen sieht es so aus, daß diese Pflichten zwar prinzipiell gewährt werden müssten, aber, da sie ressourcenabhängig sind, nur bei vorhandenen Ressourcen gewährt werden können.
Sie können aber niemals (und das liegt auch dem Ost-West-Konflikt und die Auseinandersetzung z.B. des Vatikans mit der Befreiungstheologie zugrunde) auf Kosten von (b) versucht werden zu realisieren.


Soweit so klar.
Aber was hat das mit unserm Thema zu tun?
Nichts, könnte man auf den ersten Blick meinen. Deswegen benutzen wir folglich den zweiten Blick :D


Es gibt also Pflichten, die immer gewährt werden können, und solche, die nur ressourcenabhängig gewährt werden können.

Benutzen wir diese Feststellung zur Betrachtung der Demokratie und nehmen als Gegenpart eine absolute Monarchie.

1. Akt - wir befinden uns im Lande "Utopia Jürgensis" mit Monarchie
Der Monarch erfüllt den Untertanen alle Pflichen aus (b) und - da das Reich Schweinereich ist - auch alle Pflichten aus (a), denn um Geld muß er sich keine Sorgen machen.

2. Akt - wir befinden uns im Lande "Utopia Jürgensis" mit Demokratie
Über alle Belange stimmen die Bürger des Volkes selbst ab. Sie lassen den Staat alle Pflichen aus (b) und - da der Staat immer noch Schweinereich ist - auch alle Pflichten aus (a) erfüllen.

3. Akt - wir befinden uns im Lande "Bankrottia" mit Monarchie
Der Monarch erfüllt den Untertanen zwar alle Pflichen aus (b) aber - da die Staatskasse leer ist - kann er nur die allernötigsten alle Pflichten aus (a) und auch diese nur unzureichend erfüllen.

4. Akt - wir befinden uns im Lande "Bankrottia" mit Demokratie
Über alle Belange stimmen die Bürger des Volkes selbst ab. Sie lassen den Staat alle Pflichen aus (b) gewähren aber - da der Staat immer pleite ist - auch kaum Pflichten aus (a) erfüllen.

Hier endet unser kleines Bühnenstück, da alle stimmberechtigten Bürger sich während der letzen Abstimmung in Bankrottia die Köppe eingeschlagen haben.


Rechte haben zweierlei Arten von Erfüllungsbedingungen: solche die Ressourcenabhängig sind und solche, die es nicht sind.
Ob alle Rechte erfüllt werden und erfüllt werden können, hängt nicht unbedingt von der Staatsform, wie wir in den 4 Akten gesehen haben.


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Man könnte übrigens - und das wäre mal wirklichkeitsnah - darüber diskutieren ob das Recht auf Erziehung und Bildung zu den Rechten nach (a) oder (b) gehört. Stichwort: Kindergartenkosten, Schulgeld, Studiengebühren etc.
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Gruß Jürgen

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Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Alexander hat geschrieben: Nenne mir ein Beispiel, an dem ich sehe, daß eine von außen aufgezwungene Demokratie funktioniert!
Z.B. Deutschland und Japan.

Damit habe ich die von Dir geforderte Norm um 100% übererfüllt.

Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Die Berufung auf „Werte“ ist, wie ich ja regelmäßig wiederhole, bereits Symptom jener Auflösung. Das ist der Geburtsfehler der Scheelerschen Wertephilosophie (von welcher besonders Karol Wojtyla beeinflußt war, doch auch Joseph Ratzinger ist nicht frei davon).
Ich stimme Dir in Deiner kritischen Sichtweis "Werte" betreffend absolut zu, Robert.
"Werte" sind Teil des neuzeitlichen Subjektivismus, weil etwas nur zum "Wert" werden kann, wenn es von einem Subjekt "wertgeschätzt" wird.

Allerdings glaube ich, dass Du Scheler (man schreibt ihn nur mit 2 "e"s und nicht mit dreien) unrecht tust.
Scheler beruft sich auf Kant.
Kants Ethik war (v.a. durch den kategorischen Imperativ) formaler Natur. Kant wollte durch den Rückbezug auf die Vernunft eine objektives ethisches Konzept (er nennt es "praktische Vernunft") entwickeln. Er glaubte mit seinem Imperativ hierfür eine "Kategorie" gefunden zu haben (so wie er für die "theoretische Vernunft" Kategorien - Kausalität, Finalität ... - gefunden zu haben glaubte). Deshalb "kategorischer Imperativ".

Scheler sah in Kants Beschränkung auf nur formale ethische Aussagen einen Mangel.
Deshalb wollte er basierend auf Kant eine materiale Ethik formulieren, seine "Werteethik" eben.

Mit dem heute üblichen frei floatenden Gebrauch des Begriffes "Werte" hat dies allerdings herzlich wenig zu tun.

Stefan

Beitrag von Stefan »

Juergen hat geschrieben:
Stefan hat geschrieben:
Nehmen wir aber mal einen fiktiven Staat, der einen riesen Kuchen für wenige Bürger hat.....Was sollten nur die Politiker in ihr Wahlprogramm schreiben?
Der Staat hat auch in einer solchen Gesellschaft nicht die Aufgabe, Kuchen zu backen; er könnte aber sicherstellen, daß jedermann Zugang zu den Zutaten erhält. Wir leben aber nicht in einem solchen Staat; umso verlockender ist es aber, die Mühsal des Kuchenbackens auf die Verteilungskompetenz des Staates zu delegieren und sich auf das Kuchenessen zu beschränken. Die geistig-kulturelle Blüte verdorrt dabei zum jämmerlichen Unkraut - und die Bürger werden träge.
Die Frage, die ich hier aufwerfen wollte ist die, ob Demokratie immer die "beste" Staatsform ist - unabhängig von den jeweiligen - nennen wie sie mal - "äußeren Bedingungen"?
Der Erfolg einer Demokratie hängt natürlich von manchen Faktoren ab, zunächst aber von der Reife der Bürger. Ebenso unterliegt die Demokratie verschiedenen Gefährdungen. Unreife Bürger, welche ihre demokratischen Rechte nicht verantwortungsbewußt einsetzen, also auch vordergründige Nachteile zum Wohle des Gemeinwesens nicht in Kauf nehmen wollen, neigen dazu, ihre Rechte zum Schaden des Staates zu nutzen. Auch in einer Gesellschaft mit sehr zufriedenen Bürgern gibt es eine Tendenz dazu, auf den Wert der Demokratie zu verzichten und die Staatsgewalt leichtfertig aus der Hand zu geben. Die besten Demokraten sind in der Regel diejenigen, die die Knüppel einer Tyrannei erfahren haben.
Es ist aber unerläßlich zu beachten, daß Demokratie ihr Vorzüge nicht entfalten kann, wenn sie nicht mit strikter Rechtsstaatlichkeit einhergeht. Es ist m.E. unstreitig, daß eine "milde Diktatur", welche strikte Rechtsstaatlichkeit, also Verzicht auf Willkür, gewährleistet, für ihre Bürger eine bessere Alternative darstellen kann. Allerdings verführt diese Tatsache leicht dazu, das Recht auf Änderung der Verhältnisse aufzugeben, um einer Tyrannei dann hilflos gegenüberzustehen.
Wenn man z.B. auf die Menschenrechte/Grundrechte guckt stellt man fest, daß man als eine sehr grobe Definition (mit allen Vorbehalten, aber es soll hier nur zu Illustration dienen) von Gerechtigkeit den Satz aufstellen könnte:
Gerechtigkeit = Bereitschaft dem anderen zu geben und zu lassen, was ihm zusteht
Das altbekannte Prinzip: "Leben und leben lassen" - wer wollte dem widersprechen? Allerdings wird der Gerechtigkeitsbegriff leider zu oft mit dem Gleichheitsbegriff gleichgesetzt. Ungleiches aber gleich zu behandeln kann aber eine große Ungerechtigkeit sein. Rechtsstaatlichkeit ist m.E. der entscheidendere Punkt, den staatliche Willkür ist es erst, die ein gesellschaftliches Zusammenleben unmöglich macht.
Es gibt also Pflichten, die immer gewährt werden können, und solche, die nur ressourcenabhängig gewährt werden können.

Benutzen wir diese Feststellung zur Betrachtung der Demokratie und nehmen als Gegenpart eine absolute Monarchie.

1. Akt - wir befinden uns im Lande "Utopia Jürgensis" mit Monarchie
...
2. Akt - wir befinden uns im Lande "Utopia Jürgensis" mit Demokratie
....
3. Akt - wir befinden uns im Lande "Bankrottia" mit Monarchie
....
4. Akt - wir befinden uns im Lande "Bankrottia" mit Demokratie
....

Hier endet unser kleines Bühnenstück, da alle stimmberechtigten Bürger sich während der letzen Abstimmung in Bankrottia die Köppe eingeschlagen haben.

Rechte haben zweierlei Arten von Erfüllungsbedingungen: solche die Ressourcenabhängig sind und solche, die es nicht sind.
Ob alle Rechte erfüllt werden und erfüllt werden können, hängt nicht unbedingt von der Staatsform, wie wir in den 4 Akten gesehen haben.
Monarchie und Demokratie sind lediglich verschiedene Ansätze zur Herrschaftslegitimation, wobei die Monarchie von vorneherein einen geordneten Herrschaftswechsel ausschließt.
Im 3. Akt ist es übrigens in der Geschichte stets zu Aufständen gekommen, Stichwort Bauernkriege - insofern ändert die Herrschaftsform nur insofern etwas, als daß dem Volk in 4 die Möglichkeit gegeben wird, Fehlentwicklungen selbst gegenzusteuern.
Dein Beispiel krankt aber gravierend an einer Fehlannahme: Nämlich daß der Staat die Verantwortung zur Ressourcenverteilung habe - und zwar im Ergebnis. Implizit wird damit der Staat als etwas anderes gesehen als das Volk, in Wahrheit aber sind die Bürger der Staat(!). Die Wirtschaftskraft eines Staates resultiert folgerichtig aus der Wirtschaftskraft der Bürger, die (im Schweinereich) ihre Existenz ohne staatlichen Eingriff sicherstellen können. Um aber gewisse gesellschaftliche Funktionen durchführen zu können, zahlen die Bürger in eine Feierkasse ein (Steuern) - daraus werden gemeinsame Infrastrukturen bezahlt.
Nun gibt es wirtschaftliche Verwerfungen, so daß ein Teil der Bevölkerung seine Existenz nicht mehr sicherstellen kann. Hier könnte(!) der Staat ausgleichend eingreifen, aber um nicht als Bankrottia zu enden, darf dies niemals dazu führen, daß er mehr ausgibt als er einnimmt. Das Modell des oben beschriebenen Staates impliziert auch eine absolute Sparsamkeit, da der Staat kein Recht hat, ohne Not in die Wirtschaftsleistung der Bürger einzugreifen. Besser wäre es, um für diese Verwerfungen gewappnet zu sein, innerhalb überschauberer Einheiten (z.B. in Stadtgebieten) die soziale Absicherung den Bürgern selbst zu überlassen; der Staat würde ihnen lediglich die Pflicht auferlegen, "für die Armen zu sorgen" - er muß diese Aufgabe nicht den Bürgern entziehen und so den Eindruck erwecken, sie seien damit ihrer sozialen Pflicht entbunden.

Ein so verfasster Staat kann nicht zu einem Bankrottia werden, allenfalls einzelne Bürger, denen eine Rahmenordnung zur solidarischen Eigenverantwortung gegeben wird.
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Man könnte übrigens - und das wäre mal wirklichkeitsnah - darüber diskutieren ob das Recht auf Erziehung und Bildung zu den Rechten nach (a) oder (b) gehört. Stichwort: Kindergartenkosten, Schulgeld, Studiengebühren etc.
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Diese würde ich durchaus als Kosten des Gemeinwesens ansehen, wie vieles andere auch. Aber die Organisation und Durchführung müsste autark vor Ort sein. Eine starke, autarke Kommune (woher wohl das Wort kommt ;) ) und ein äußerst zurückhaltender, sparsamer Staat, der den Bürgern eine verläßliche Rahmenordnung gibt und nicht versucht, ihnen ihre Möglichkeiten und Aufgaben abzunehmen.

Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Stefan hat geschrieben: Es ist m.E. unstreitig, daß eine "milde Diktatur", welche strikte Rechtsstaatlichkeit, also Verzicht auf Willkür, gewährleistet, für ihre Bürger eine bessere Alternative darstellen kann. Allerdings verführt diese Tatsache leicht dazu, das Recht auf Änderung der Verhältnisse aufzugeben, um einer Tyrannei dann hilflos gegenüberzustehen.
Wohl Günter Grass gelesen, hm?
Der sprach - bezogen auf die DDR - von einer "kommoden Diktatur". Wie kommod die war sehen wir jetzt in den Stasiakten.

Eine Diktatur, die "strikte Rechtsstaatlichkeit" praktiziert? Sonst noch was? Vielleicht einen "Faschismus mit menschlichem Antlitz"? Eine Diktatur ist per se willkürlich. Sonst wäre sie keine Diktatur.
Sag mir doch mal, von welchem Paradies Du da sprichst. Mir fällt kein Land ein.

Eine "bessere Alternative" stellt sowas nur dar, wenn materielle Werte wichtiger sind als z.B. der Wert der Freiheit!

Lieber arm und frei als reich und unfrei!

Nee, Stefan. Deine Beiträge habe ich sonst eigentlich immer ganz sympathisch gefunden. Aber jetzt hast Du Dich leider verrannt.

Stefan

Beitrag von Stefan »

Tacitus hat geschrieben:Wohl Günter Grass gelesen, hm?
Der sprach - bezogen auf die DDR - von einer "kommoden Diktatur". Wie kommod die war sehen wir jetzt in den Stasiakten.
Ich habe weder Grass gelesen noch die DDR gemeint, welche keine milde Diktatur noch rechtsstaatlich war.
Nee, Stefan. Deine Beiträge habe ich sonst eigentlich immer ganz sympathisch gefunden.
Das hat man mir schon häufiger gesagt; aber ich achte bei meinen Beiträgen in der Regel nicht darauf, ob ich dadurch sympathischer wirke. Das bin ich auch so ;D

(Immer diese Metaebene...)

Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Dann komm Du auch von der Metaebene runter und rück schon die Namen der Länder raus, in denen eine "milde Diktatur" glücklicher macht als eine Demokratie!

Ich möchte nämlich meinen Flug buchen.

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Tacitus hat geschrieben:
Alexander hat geschrieben: Nenne mir ein Beispiel, an dem ich sehe, daß eine von außen aufgezwungene Demokratie funktioniert!
Z.B. Deutschland und Japan.

Damit habe ich die von Dir geforderte Norm um 100% übererfüllt.
Hmhm, Deutschland hatte eine eigene Demokratietradition vor Hitler. Wir sprachen ja von Demokratiepflanzungsversuchen in Gesellschaften ohne eine demokratische Tradition.

Das gleiche gilt für das Kaiserreich Japan, den ersten asiatischen Staat mit einem Parlament. Du kannst auf das Wort "Japan" klicken und Dich davon im Kapitel "Parteien" überzeugen.
Ob die japanische Demokratie funktioniert ist übrigens ein Thema für sich. Es gibt Gruppen in dieser Gesellschaft (Koreaner, die teilweise schon in der vierten Generation in diesem Land leben, außerdem die Buraku) die mehr oder minder zu Außenseitern gemacht worden sind.
Zuletzt geändert von Alexander am Dienstag 28. Juni 2005, 22:08, insgesamt 1-mal geändert.
Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
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(D. Bonhoeffer)

Stefan

Beitrag von Stefan »

Tacitus hat geschrieben:Dann komm Du auch von der Metaebene runter und rück schon die Namen der Länder raus, in denen eine "milde Diktatur" glücklicher macht als eine Demokratie!

Ich möchte nämlich meinen Flug buchen.
Z.B. der Vatikanstaat. Gute Reise. :roll:

Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Stefan hat geschrieben: Z.B. der Vatikanstaat. Gute Reise. :roll:

:D :D :D :D :D :D :D :D :(

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Nun erlaube ich mir mal, die Demokratie direkt anzugreifen.
[img]http://www.caglecartoons.com/images/pre ... F60D5}.gif[/img]

Hier wurde viel über "Freiheit" gesprochen. Mit dem Wort "Freiheit" meinen wir vor allem "Rechtsstaatlichkeit". Nicht wahr? Kein mehr oder weniger seriöser Mensch will Freiheit als Anarchie definieren.Daß wir unser Rechtssystem in erster Linie den römischen Kaisern verdanken (und später Napoleon, hehe), weiß jeder mehr oder minder Gebildete.
Was macht eine Demokratie aus? Daß alle Macht vom Volke ausgeht, natürlich. Nicht wahr?
[img]http://www.caglecartoons.com/images/pre ... C2FD7}.gif[/img]

OK, es gibt auch andere Kräfte... Die fast alles bestimmen... aber nichtdestotrotz: Volkssouveränität. Zumindest theoretisch.
Das geschieht entweder in der seltenen Form der direkten Demokratie oder durch eine Wahl von Volksrepräsentanten.
Die Volksrerpäsentanten sollen letztendlich den politischen Willen des Volkes in die Tat umsetzen.
An der Macht steht dann eine Gruppe von Politikern, die miteinander
um die Umsetzung ihrer politischen Ziele kämpfen. Das ist unvermeidlich, wenn mehrere gleichzeitig an der Macht sind --- es gibt immer Unterschiede, nie gibt es einen vollen Einklang.
[img]http://www.caglecartoons.com/images/pre ... 6EE0E}.gif[/img]
Das ist ja auch in Kauf genommen, sonst wäre es völlig sinnlos, daß man mehere wählt.
Oft sind die Politiker unqualifiziert, haben aber geschickte Mundwerke, durch die sie sich Wähler beschaffen können.
Die heutigen deutschen Politiker machen oft sinnloseste Politik, die dem deutschen Staat ungemein schadet. Sie werden dann aber nicht für ihre Handlungen gerade stehen müssen. Wenn sie abgewählt werden, leben sie unbehelligt weiter, für ihre schädlichen Gesetze werden sie nicht gerichtet.
Sie verdienen übrigens gutes Geld. Wer aber zwei Legislaturperioden im Bundestag verbracht hat, hat dann eine gute Rente in der Tasche, soweit ich weiß.
Nun aber zum Kern der Sache: die Demokratie soll das uzmsetzen, was die Menge will. Daher wird die ganze demokratische Welt immer tiefer in Unzucht sinken.
Das ist unvermeidlich, Leute.
Der Sittenverfall ist durch eine Demokratie vorprogrammiert. Der Liberalismus wird langsam aber sicher die Oberhand gewinnen.
Demokratie und Liberalismus gebären einander immer wieder neu, das ist ein fortwährender Prozeß, seine Geschwindigkeit kann unterschiedlich sein.
Zum weiteren Geschehen lese man die Apokalypse Johannis.
Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
Meine Sorgen wollen mich erdrücken,
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(D. Bonhoeffer)

Stefan

Beitrag von Stefan »

"Ich bin nicht Eurer Meinung, aber ich werde darum kämpfen, dass Ihr Euch ausdrücken könnt."
(Voltaire)

Stefan

Beitrag von Stefan »

Alexander hat geschrieben:Der Sittenverfall ist durch eine Demokratie vorprogrammiert. Der Liberalismus wird langsam aber sicher die Oberhand gewinnen.
Demokratie und Liberalismus gebären einander immer wieder neu, das ist ein fortwährender Prozeß, seine Geschwindigkeit kann unterschiedlich sein.
Das ist Libertarismus, was Du meinst, und endet im Libertinismus.

Freiheit ohne Verantwortung ist Willkür; das ist nicht Freiheit!
Verantwortung ohne Freiheit aber ist Schikane; das ist nicht Verantwortung!
Zur Freiheit gehört die Verantwortung, und das bedeutet mehr als Staat oder Gesetz. Es bedeutet: Moral und Glaube.

Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Hut ab, Stefan. Ich staune über Deine Geduld.

Viel Geduld bring ich für Alexander aber nicht mehr auf. Zumal er uns nicht sagen kann, welche Staatsform er nun eigentlich vorschlägt.
Vielleicht eine Theokratie?

Alexander!

Deine Beiträge sind ein Sammelsurium von Vorurteilen, Kulturpessimismus und Häme.
Du verhöhnst was Du nutzt: die Freiheit.
Werde doch mal konstruktiver!


Also lange sehe ich mir das hier nicht mehr an. Dann schicke ich Dir Claudia Roth von den Grünen vorbei. Und dann ist Schluss mit lustig!

lotta continua

Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Stefan hat geschrieben: Zur Freiheit gehört die Verantwortung, und das bedeutet mehr als Staat oder Gesetz. Es bedeutet: Moral und Glaube.
Karl R. Popper schreibt in seinen Thesen zum Liberalismus (gefunden in dem - sehr lesenswerten - Bändchen "Kleines Lesebuch über den Liberalismus"):

"Unter den Traditionen müssen wir jene zu den wichtigsten zählen, die den 'moralischen Rahmen' einer Gesellschaft bilden (u.a. die Religionen; Tacitus), und die ihren überlieferten Sinn für Gerechtigkeit verkörpern ... Nichts ist gefährlicher als die Zerstörung dieses Rahmens, dieser Tradition. Sie muß letzten Endes zu einem zynischen Nihilismus führen - zur Mißachtung und zur Auflösung aller menschlichen Werte."

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Beth hat geschrieben:Bin ja bloß froh und kann dem Hl. Geist nur danken, dass ein Robert Ketelhohn jemals Kardinal geschweige denn Papst wird, die Folgen wären nicht auszudenken.
:D

Ich ernenne dich zum Churfürstlich-Kreutzgängischen Hofnarren.
[/color]
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Stefan, die Irokesen-Theorie ist ja besonders pikant. Mit Hilfe der Irokesen haben die Engländer seinerzeit bekanntlich die Huronen und andere katholische Völker ausgerottet. Ich wüßte gern, was der heilige Märtyrer Jean de Brebeuf dazu sagte, den die Irokesen am Marterpfahl zu Tode quälten, bevor die Häuptlinge sein Herz brieten und verspeisten.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Jürgen hat geschrieben:Oder mal gefragt: Müssen die Bürger mitentscheiden?
Vor allem, Jürgen, worüber? Wer entscheidet worüber? Wer ist wofür verantwortlich?
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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Naja, Tacitus, Dein Meta-Talk über die Geduld mit Alexander etc. ist ja nun auch nicht eben der beste Stil, zumal Du scheinbar nicht wirklich etwas zu sagen hast. Der "Kulturpessimisus" des Alexander ist der "Pessimismus", den uns unser Glaube lehrt: In der Perspektive der Weltgeschichte steht nicht etwa der weltweite historische Triumph des Evangeliums, schon gar nicht durch irgendwelche Demokratien, sondern die weltweite Herrschaft des Antichristen. Das ist nun einmal so, und da kannst Du rot schreiben, wie Du willst.

Was wäre im übrigen gegen eine Theokratie einzuwenden? Ich rede als Christ, nicht als Humanist. Und ich wähle immer noch das kleinste Übel, selbst wenn Stefan das für eine Floskel hält.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Jürgen hat geschrieben:Vieles, was in der Politik geschieht ist einfach eine Form der "Mittelverteilung" von begrenzten Ressourcen. Damit jeder seinen Teil vom Kuchen in gerechter Weise bekommen kann, soll auch jeder mitbestimmen, wie der Kuchen aufgeteilt wird.
Nehmen wir aber mal einen fiktiven Staat, der einen riesen Kuchen für wenige Bürger hat.....
Also: Wenn Deutschland unmengen an Ölvorkommen hätte, und das Geld in die Staatskasse fließen würde, dann bräuchen wir keine Diskussionen um Steuererhörungen, da man keine Steuern bräuchte, man müßte sich nicht um Lohnnebenkosten aufgrund von Sozialabgaben streiten, da es keine Sozialabgaben geben würde etc. etc.
Ach je, das alte Kuchenmodell … Ein Staat, der hat auch Menschen, und die haben Geist. Der Geist aber pflegt zu schaffen, wenn man ihn läßt. Darum geht es: Welche Organisationsform gibt dem schöpferischen Geist die Freiheit, immer neue und größere Kuchen zu backen?

Die Herrschaft des Ochlos pflegt den Geist zu fesseln und zu töten.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Pelikan hat geschrieben:Die amerikanischen Founding Fathers jedenfalls haben ihre Verfassung ausdrücklich für ein religiöses Volk geschrieben und haben sich auch auf besagten Wertekonsens berufen
Jene „Gründerväter“ waren ausnahmslos Schürzenbrüder. Was für Religiosität sie wohl im Sinne hatten?

Was ich von „Wertepolitik“ halte, habe ich ja schon oft zum besten gegeben. Im übrigen waren die Werte der „Gründerväter“ der Vereinigten Staaten jene des GBaW.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Pelikan hat geschrieben:Wenn "Werte" oder "Menschenrechte" jedenfalls noch eine minimale Hoffnung auf Gemeinsames, auf Verständigung und gesellschaftliche Stabilität bieten
Sie bieten keine solche Hoffnung. Strampeln in Treibsand.
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Stefan hat geschrieben:Es gibt Staaten, in denen bestimmten Menschen Wege versperrt sind. Dies war in Monarchien der Fall, in denen die Regierungsgewalt Nicht-Adeligen versperrt waren. Im absolutistischen Frankreich bestimmte die Standeszugehörigkeit das Schicksal der Menschen.
Der Absolutismus ist ja bereits eine degenerierte Staatsform, obendrein höchlich angekränkelt von der Aufklärung.
Stefan hat geschrieben:Wer als Bauer geboren wurde, konnte nie über seinen Werdegang selbst bestimmen.
Wo? Wann? Zu manchen Zeiten an manchen Orten, gewiß. Doch da gibt es unterschiedlichste Gegebenheiten quer durch die Geschichte. (Nebenbei: Wenn Bauern heute doch einfach Bauern bleiben könnten, ohne nur die Wahl zwischen europäischen Subventionsbauern und Aufgabe von Beruf und Heimat zu haben.)
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Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Nietenolaf hat geschrieben:Naja, Tacitus, Dein Meta-Talk über die Geduld mit Alexander etc. ist ja nun auch nicht eben der beste Stil, zumal Du scheinbar nicht wirklich etwas zu sagen hast.
Vergib mir meine Leidenschaft, Nietenolaf. Ich würde Dir die Deine auch vergeben.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Tacitus hat geschrieben:Allerdings glaube ich, dass Du Scheler (man schreibt ihn nur mit 2 "e"s und nicht mit dreien) …
Ja, aber ich wollte besonders betonen, daß ich ihn meine! :lol:
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Stefan hat geschrieben:Es ist aber unerläßlich zu beachten, daß Demokratie ihr Vorzüge nicht entfalten kann, wenn sie nicht mit strikter Rechtsstaatlichkeit einhergeht. Es ist m.E. unstreitig, daß eine "milde Diktatur", welche strikte Rechtsstaatlichkeit, also Verzicht auf Willkür, gewährleistet, für ihre Bürger eine bessere Alternative darstellen kann. Allerdings verführt diese Tatsache leicht dazu, das Recht auf Änderung der Verhältnisse aufzugeben, um einer Tyrannei dann hilflos gegenüberzustehen.
Demokratie und Diktatur, das ist ein Scheingegensatz. Die wirkliche Alternative ist eine andere.
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