Fast alle Entscheidungen, im Beruf, bei der Partnerwahl usw, fällen wir je nach dem, ob unsere Erwartungen erfüllt werden (können) oder nicht. Wobei wir oft nicht abwarten, sondern im voraus Entscheiden. Das aber führt zu vielen Fehlentscheidungen auf allen Ebenen.
Mehr als 40 Jahre befasse ich mich mit der Erforschung des Verhaltens der unterschiedlichen Charaktere und es scheint ganz klar, dass wir unsere eigenen Erwartungen an den anderen überbewerten. Wir schätzen den anderen nicht wirklich ein sondern nutzen als Vergleichsobjekt unsere eigenen Einstellungen. Und das muss zu Problemen führen.
Daher kommt auch die irrige Einstellung bei der Partnerwahl, nur der/die eine kann es sein. Sind wir bereit, unsere Erwartungen hintanzulassen, uns von den schönen Seiten des anderen (jeder Mensch hat schöne Seiten, auch wenn manche sie gut zu verstecken wissen ) faszinieren zu lassen, dann wird unsere Auswahl größer, Enttäuschungen seltener und das Leben mit ihm oder ihr leichter.
Das gilt für fast alle Situationen im Leben. Denn eigene Erfahrungen decken sich meist nicht mit den Erwartungen, so entsteht Frust und neue Erwartungen, die dann immer schwerer von anderen zu erfüllen sind.
Pierre
Das Drama der eigenen Erwartungen
Das Drama der eigenen Erwartungen
Grenzen im Kopf sind sehr hinderlich
Re: Das Drama der eigenen Erwartungen
So ist es. Jeder geht eben erstmal von sich selber aus.Pierre hat geschrieben:Mehr als 40 Jahre befasse ich mich mit der Erforschung des Verhaltens der unterschiedlichen Charaktere und es scheint ganz klar, dass wir unsere eigenen Erwartungen an den anderen überbewerten. Wir schätzen den anderen nicht wirklich ein sondern nutzen als Vergleichsobjekt unsere eigenen Einstellungen. Und das muss zu Problemen führen.
Zum andern hat man auch nicht oft die Möglichkeit jemand in ganz kurzer Zeit gut kennenzulernen und lernt eben Menschen auch oft erst dann richtig kennen, wenn es zu Schwierigkeiten kommt. Dann zeigt sich, wie sich jemand verhält.
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.
Die meisten Leute werden immer schmutziger je älter sie werden, weil sie sich nie waschen.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.
Die meisten Leute werden immer schmutziger je älter sie werden, weil sie sich nie waschen.
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Jaques Lacan
Wer von Euch hat sich schon mal mit Jaques Lacan beschäftigt?
Ich bin auf ihn über einen Film gestossen, in dem eine seiner Erkenntnisse am Rande referiert wurde.
Seine Ideen sind schwer verständlich, weil er eine eigene Sprache pflegt. Sie sind nicht in einem grundlegenden Buch zusammengefasst, sondern über viele Quellen verstreut.
Zwei Dinge haben mich überzeugt:
Zum einen die Umsetzung einer Erkenntnis, die die Psychologen schon vorher hatten, die er aber entscheidend vertieft hat, die Lehre vom Spiegelstadium des Menschen, in dem er sich selbst erkennt und seine Bejahung durch die Mutter. Diesem ersten Erfolgserlebnis rennen wir auf der Suche nach Anerkennung immer neu hinterher.
Das zweite ist das, was der Weise Tschuang Tse schon vierhundert Jahre vor Christus erkannt hat: Die Schlucht der Wünsche ist nicht aufzufüllen. Lacan untersucht das Verhältnis zwischen dem Erstreben und dem Erstrebten und kommt zu dem Ergebnis, dass das Erreichen des Ziels nur eines zur Folge haben kann: Eine grenzenlose Enttäuschung.
Wen es interessiert:
http://de.wikipedia.org/wiki/Jacques_Lacan
So ist es mit unseren Partnern: Wir suchen sie aus nach dem Ziel, anerkannt zu werden. Und sind dann enttäuscht, dass das nicht die grosse Explosion auslöst. In den meisten Fällen jedenfalls nicht.
sofaklecks
PS: Lacan zog ebensowenig die Lehren aus seinen Erkenntnissen für sein Leben wie andere. Weiser vom Berg, tät die Dame meines Herzens sagen.
Ich bin auf ihn über einen Film gestossen, in dem eine seiner Erkenntnisse am Rande referiert wurde.
Seine Ideen sind schwer verständlich, weil er eine eigene Sprache pflegt. Sie sind nicht in einem grundlegenden Buch zusammengefasst, sondern über viele Quellen verstreut.
Zwei Dinge haben mich überzeugt:
Zum einen die Umsetzung einer Erkenntnis, die die Psychologen schon vorher hatten, die er aber entscheidend vertieft hat, die Lehre vom Spiegelstadium des Menschen, in dem er sich selbst erkennt und seine Bejahung durch die Mutter. Diesem ersten Erfolgserlebnis rennen wir auf der Suche nach Anerkennung immer neu hinterher.
Das zweite ist das, was der Weise Tschuang Tse schon vierhundert Jahre vor Christus erkannt hat: Die Schlucht der Wünsche ist nicht aufzufüllen. Lacan untersucht das Verhältnis zwischen dem Erstreben und dem Erstrebten und kommt zu dem Ergebnis, dass das Erreichen des Ziels nur eines zur Folge haben kann: Eine grenzenlose Enttäuschung.
Wen es interessiert:
http://de.wikipedia.org/wiki/Jacques_Lacan
So ist es mit unseren Partnern: Wir suchen sie aus nach dem Ziel, anerkannt zu werden. Und sind dann enttäuscht, dass das nicht die grosse Explosion auslöst. In den meisten Fällen jedenfalls nicht.
sofaklecks
PS: Lacan zog ebensowenig die Lehren aus seinen Erkenntnissen für sein Leben wie andere. Weiser vom Berg, tät die Dame meines Herzens sagen.
Re: Das Drama der eigenen Erwartungen
Eigentlich hätte ich bei Deiner Überschrift etwas anderes erwartetPierre hat geschrieben:Das gilt für fast alle Situationen im Leben. Denn eigene Erfahrungen decken sich meist nicht mit den Erwartungen, so entsteht Frust und neue Erwartungen, die dann immer schwerer von anderen zu erfüllen sind.

Spaß beiseite. Ich glaube eher, dass es ein Problem ist, wenn die Erwartungen an etwas zu hoch sind. Vielleicht ist es hilfreich, und nebenbei christlich, nichts oder nur ganz wenig zu erwarten. Das setzt allerdings voraus, dass man ein Kompensat hat, welches z.B. Gott sein kann.
Mh.Also meinem Eheweib und mir war klar, dass es auch ein anderer Partner sein könnte, wir haben auch ordentlich abgewogen, (über 2 Jahre verlobungszeit, ein jahr davor als Paar) die Frage ob wir zusammen gehen, war vor allem von Themen wie "Familienkultur", Herkunft,(sie bäuerlich ländlich, ich kleinbürgerlich städtisch) tradierte Werte (Großclan vs Kleinfamilie) geprägt. Ich hab ihr mal aufgetischt was ich alles nicht kann. Dennoch meinte sie, mit Gott kanns gehn. Inzwischen sinds fast drei Ehejahre.
Danke dir Herr!
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"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
"Black holes are where God divided by zero. - Einstein
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- Maria Magdalena
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- Registriert: Donnerstag 7. Juli 2005, 18:23
- Wohnort: Weltdorf Moisall
Kluge Frau.....Maria Magdalena hat geschrieben:Ich denke es ist nur ein Drama, wenn man vergißt, dass man selbst nicht perfekt ist. Denn wen ich selbst über meine Schwächen und Fehler weiß, kann ich auch meinen Mann so annehmen wie er ist. Und brauche diese Wunschvorstellung von Erwartungen nicht .
liebe Grüße Pierre
Grenzen im Kopf sind sehr hinderlich
Das Bewußtsein der eigenen Schwächen und Fehler könnte aber auch als Ursache für allerhand Dramen benutzt werden. Vielleicht hilft es schon, an den eigenen Fehlern und Schwächen zu feilen, anstatt den Anderen nach eigenen Vorstellungen formen zu wollen.Maria Magdalena hat geschrieben:Ich denke es ist nur ein Drama, wenn man vergißt, dass man selbst nicht perfekt ist. Denn wen ich selbst über meine Schwächen und Fehler weiß, kann ich auch meinen Mann so annehmen wie er ist. Und brauche diese Wunschvorstellung von Erwartungen nicht .
- Maria Magdalena
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@ Kurt
Genau, dies ist doch der Sinn. Denn es ist doch der reinste Unsinn sich seiner Schwächen und Fehlern bewußt zu sein und nichts zu tun.
Nur, wen du dir dieser bewußt bist und aus deinem Vermögen etwas dagegen tust bzw. selbst erkennst , daß es garnicht so einfach ist sie "abzulegen", kannst du auch anderes, aus diesem Blickpunkt, mit den "kleinen und grossen Macken" deines Mannes um gehen.
Genau, dies ist doch der Sinn. Denn es ist doch der reinste Unsinn sich seiner Schwächen und Fehlern bewußt zu sein und nichts zu tun.
Nur, wen du dir dieser bewußt bist und aus deinem Vermögen etwas dagegen tust bzw. selbst erkennst , daß es garnicht so einfach ist sie "abzulegen", kannst du auch anderes, aus diesem Blickpunkt, mit den "kleinen und grossen Macken" deines Mannes um gehen.
Ja das versuche ich meinem Schatz auch immer bezubringen.Maria Magdalena hat geschrieben:Ich denke es ist nur ein Drama, wenn man vergißt, dass man selbst nicht perfekt ist. Denn wen ich selbst über meine Schwächen und Fehler weiß, kann ich auch meinen Mann so annehmen wie er ist. Und brauche diese Wunschvorstellung von Erwartungen nicht .

LG
Fiore
Einer ist Gesetzgeber und Richter, er, der die Macht hat, zu retten oder zu verderben. Wer aber bist du, daß du den Nächsten richtest? (Jak4,12)
In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus caritas
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