Menschenopfer

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Robert Ketelhohn
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Menschenopfer

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Eduard Meyer: (Geschichte des Altertums, I.II.2.I. Die semitische Religion) hat geschrieben:Durch die Ordnung des Kultus, das Opfermahl und die sonstigen Gaben, sowie die Befolgung der Ritualvorschriften ist das Verhältnis der Gottheit zum Stamm geregelt. Als Gegenleistung erhält sie den Stamm und seine Ordnungen und verschafft ihm den Sieg über alle seine Feinde, die zugleich ihre eigenen Feinde sind (vgl. z.B. Exod. 17, 16 »Krieg ist zwischen Jahwe und 'Amaleq von Generation zu Generation«; ebenso Sam. I 30, 26) - es sei denn, daß ihr ein stärkerer Gott gegenübersteht, den sie nicht bezwingen kann. Aber wenn sie durch ihr eigenes Interesse an ihre Verehrer gebunden und ihnen daher in der Regel gnädig gesinnt ist wie ein König, so hat sie auch ihre Launen wie dieser; sie ist ein unheimliches Wesen, dem man nur mit Scheu nahen kann, und furchtbar ist ihr Wüten, wenn der Grimm sie erfaßt.

Bei keinem semitischen Gotte treten diese finsteren Seiten stärker hervor als bei Jahwe, dem Feuergotte vom Sinai und vom Dornbusch bei Qades. Sein Anblick bringt den Tod, es sei denn, daß er sich einmal einem begnadeten Liebling offenbaren will; wenn er des Nachts umgeht, lechzt er nach Blut-beim Passahfest schützt man sich dagegen durch Blutzauber (§ 344) -; wenn seine Nüstern im Zorn schwellen, geht eine Flamme von ihm aus (z.B. in Epidemien) und verzehrt, wen sie erfassen kann, bis seine Wut gesättigt ist. Eifersüchtig wacht er über seiner Machtsphäre, er kann es nicht dulden, daß einem anderen Gotte gegeben wird, was ihm zusteht.

Gleichartige Züge treten uns bei vielen semitischen Göttern entgegen, z.B. bei den phoenikischen Göttern oder bei Marduk, dem Herrn von Babel, und noch im Allâh der Mohammedaner bilden sie einen Grundzug seines Charakters. Durch außerordentliche Mittel, Kasteiungen und Opfer sucht man sich gegen solche Ausbrüche zu schützen und den Gotteszorn abzulenken, vor allem durch Menschenopfer, die auch bei den Arabern nicht selten sind.

Namentlich gefangene Feinde, schöne Knaben und Mädchen, bringt man ihm dar; und wenn die Stammfehde zu einem erbitterten Kampf ausartet, wird die gesamte Beute ihm geweiht und alles was Odem hat, Menschen und Vieh, bis auf das letzte Lebewesen »dem Gotte zur Augenweide« abgeschlachtet. Mit der Kultur steigert sich die Brutalität der Religion (§ 66ff.); die Kriege der Israeliten und Aramaeer, der Assyrer und Karthager sind durch eine wilde religiöse Barbarei charakterisiert, die in der Kulturwelt des Altertums sonst nicht ihresgleichen findet - wohl aber hat sie sich auf die Religionskriege der Christen vererbt -, dagegen lebhaft an die Mexikaner und andere Indianer erinnert.

Bei den kana'anaeischen Völkern ist die höchste Gabe an die Gottheit das Opfer des herangewachsenen Sohnes, vor allem des Erstgeborenen, das die Karthager in Notlagen noch zu Ende des vierten Jahrhunderts dargebracht haben; bei den Israeliten wird es damit motiviert, daß der Anspruch Jahwes auf den ersten Wurf des Viehs und, beim Übergang zum Ackerbau, die Erstlinge der Feldfrucht, auch auf die Erstgeburt der Menschen ausgedehnt wird. Auch die Ausbildung der religiösen Prostitution und die Selbstentmannung (§ 345) gehören in diesen Zusammenhang.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Eduard Meyer: (Geschichte des Altertums, II.II.III. Opfer und Priester. Blutige Kulte. Opferung des Erstgeborenen) hat geschrieben:Den Zorn der Gottheit zu besänftigen bedarf es gesteigerter Opfer, unter denen auch Menschenopfer nicht fehlen (die mehrfach auch bei den Arabern vorkommen). Mit der Steigerung der materiellen Kultur wachsen wie immer auch die Anforderungen der Religion und damit oft genug die Barbarei; da kommt der Glaube auf, daß, wenn die Not immer gewaltiger wird und der Zorn der Gottheit sich anders nicht beschwichtigen läßt, nur die Opferung des eigenen Sohnes Rettung bringen kann.

Bei den Israeliten wird das damit begründet, daß die Forderung, alle Erstgeburt gehöre der Gottheit, auch auf die menschliche Erstgeburt ausgedehnt werden müsse, die man sonst durch ein stellvertretendes Opfer ablöste; eine gleichartige Motivierung werden gewiß auch die Phoeniker gegeben haben. Sanchunjaton erzählt, daß der Gott El so in Kriegsnöten den einzigen Sohn (Ieoyd, monogenes, hebräisch jachîd), den ihm eine Nymphe Anobret geboren hatte, seinem Vater dem Himmelsgott (Uranos) in vollem Königsschmuck geopfert habe.

»Die phoenikische Geschichte«, sagt Porphyrios unter Berufung auf Philos Bearbeitung des Sanchunjaton, »ist voll von solchen Opfern bei großen Unglücksfällen, Kriegen, Epidemien oder Dürre«. In Karthago ist dies Opfer bei der Bedrängnis durch Agathokles im Jahre 310 von der Bürgerschaft noch einmal in grauenvollen Dimensionen gebracht worden. In Moab bringt um 850 König Mesa' seinen ältesten Sohn und Thronfolger auf der Stadtmauer als Brandopfer dar. Bei den Juden sind seit dem 8. Jahrhundert diese Opfer von Söhnen und Töchtern an den »König« Jahwe (o. S. 148) auf der Brandstätte im Tale der Bne Hinnôm (Gehenna) von Jerusalem ganz gewöhnlich geworden, und auch die Könige Achaz und Manasse haben dort einen Sohn in die Flammen geworfen. Aber die Anschauung ist weit älter; in der Abrahamsage fordert Jahwe von ihm das Opfer des einzigen Sohnes, löst ihn dann aber, da Abraham sich so gehorsam erwiesen hat, durch einen Widder. Damit wird das Opfer an sich so wenig als unsittlich verworfen oder abgeschafft wie etwa in der gleichartigen griechischen Erzählung vom Opfer der Iphigenia an Artemis; vielmehr bleibt die Forderung an sich als durchaus berechtigt bestehn.
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

biologie.de hat geschrieben:Eine der bekanntesten Formen des Menschenopfers wurde während verschiedener präkolumbischer Kulturen Mittelamerikas praktiziert. Die Azteken entfalteten das Menschenopfer zu einem ungewöhnlich reich entwickeltem Ritual. Jährlich wurden 10.000 bis 20.000 Gefangene von den Azteken geopfert. Täglich wurde Huitzilopochtli ein Menschenopfer gebracht zur Unterstützung der Sonne bei ihrem Aufgang. Wenn man ihm, so der aztekische Glaube, kein Menschenblut opfert, wird die Welt vernichtet. Die Opferung von Huitzilopochtli soll folgend geschehen sein: Das nackte Opfer wurde von vier Priestern auf einen hohen Steinblock ausgestreckt. Ein fünfter Priester führte mit einem Steinmesser einen schnellen Längsschnitt über die Brust und durchtrennte Brustbein und Rippen. Das schlagende Herz wurde herausgerissen und der Sonne gegengehalten. Die Abbilder der Götter wurden anschließend mit dem Blut getränkt.

Die Weihe des großen Tempels bei Tenochtitlan soll von der Opferung Tausender Menschen begleitet gewesen sein.

Die Opfer für Xipe Totec wurden an einen Pfahl gefesselt und mit Pfeilen durchbohrt. Oft zog man ihnen danach die Haut ab, die anschließend 20 Tage vom Priester getragen wurde. Die Mutter Erde Teteoinann forderte die Haut geschundener weiblicher Opfer. Nach spanischen Quellen gehörte zur ursprünglichen Form des aztekischen Spieles ulama die schließliche Opferung der gesamten Verlierermannschaft.
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Futter für Moloch

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Die Welt (13. März 2007) hat geschrieben: Schwule Prinzen empören die Briten

Eine Fabel über die zwei verliebte Prinzen soll die Briten bereits mit vier Jahren an die Vorstellung gewöhnen, dass es außer Mama, Papa, Kind auch noch andere Lebensformen gibt. Doch das Pilotprojekt sorgt noch vor seinem Erscheinen für einen Skandal.

Auf den ersten Seiten geht es in „King & King“ (“König und König“) zu wie in vielen anderen Märchen auch: Der Thronfolger braucht eine Frau, und deshalb wird große Brautschau gemacht. Nur, dass sich der künftige König am Ende für keine der vielen Prinzessinnen entscheidet oder wenigstens für ein Aschenputtel, sondern für einen anderen Prinzen.

Das Kinderbuch über die beiden schwulen Könige kommt nun in britischen Grundschulen offiziell auf den Lehrplan - und die Aufregung ist groß. Mit der Fabel über die beiden verliebten Prinzen sollen die kleinen Briten bereits mit vier Jahren an die Vorstellung gewöhnt werden, dass es außer Mama, Papa, Kind auch noch andere [weiter]
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br-online.de hat geschrieben:Aufgabe 1 Über welches abstoßende religiöse Ritual berichten alle Geschichtsschreiber und Schriftsteller?

Lösungshinweis:
Die Karthager opfern in der phönizischen Tradition dem Gott Baal Menschen, vor allem Kinder, die sie lebendig verbrennen, entweder auf Scheiterhaufen oder indem sie die Todgeweihten von den Händen einer Bronzestatue ins Feuer gleiten lassen.
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