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Neuere Entwicklungen in der Soziologie

Verfasst: Donnerstag 12. Februar 2009, 08:54
von Raphael
Max Weber ist zwar nicht Out, aber er wird "verfeinert"!

Der Glaube ans Geld

Hieraus ein kleines Zitat:
Deutschmann ist nun kein Theologe und seine Geld-Religion hat mit Gott nichts zu tun. Sein Religionsbegriff ist ein soziologischer, also an der gesellschaftlichen Funktion ausgerichtet: Nach der Definition Émile Durkheims (1858-1917) ist das Wesen der Religion ihre Funktion zur Stiftung von kollektiver Identität und gesellschaftlichem Zusammenhalt. Wie der Einzelne zur individuellen Selbstvergewisserung die Perspektive der anderen auf sich einnimmt, so schafft sich die Gesellschaft zu diesem Zweck einen Gott als transzendenten Außenstehenden, der auf "sein Volk" blickt. Die Religion hat nach dieser profanen Erklärung vor allem den Sinn einer Selbstvergewisserung der Gesellschaft, also ihr eine Basis zu geben, damit sie als solche überhaupt bestehen kann.

Die Vertreter heutiger Religionen werden sich in diesem Religionsbegriff, der sich nicht um Jenseitiges schert, nicht wiederfinden. Und das ist auch der Einwand gegen Deutschmann: Ist ein solcher nur an der gesellschaftlichen Funktion interessierter Religionsbegriff überhaupt sinnvoll? Wer Deutschmann verstehen will, sollte also nicht die von ihm festgestellte Religion des Geldes mit den heutigen Gemeinschaften und Organisationen vergleichen, die sich selbst Religion nennen.

Mit der Durchsetzung der Religionsfreiheit, also der Degradierung des Religiösen zur Privatangelegenheit, hat das Christentum die Position als Durkheim'sche Einheitsreligion verloren. Es muss sich seither in einem freien Markt gegen konkurrierende Angebote behaupten. Jeder müsse nun seinen eigenen "Dämon" finden, erklärte Max Weber. Eine Religion im Durkheim'schen Sinne ist für den individualisierten Menschen der Moderne sogar unmöglich geworden, so wollte es Weber erkannt haben. "Rationalisierung" ist für ihn die Triebkraft des Kapitalismus und der modernen "entzauberten Welt".
IMHO eine Erklärung der augenblicklichen Zustände .....................

Re: Neuere Entwicklungen in der Soziologie

Verfasst: Donnerstag 12. Februar 2009, 09:44
von Aletheia
Ich versteh deinen Titel nicht - Deutschmann's Thesen sind nicht neu und das sind auch keine neueren Entwicklungen in der Soziologie.
Georg Simmel ist ja in dem Beitrag auch erwähnt und Deutschmann knüpft an ihn an, allerdings reicht er an den Altmeister der Soziologie nicht ran. Vielleicht kommt eine kleine Wiederentdeckung Simmels.
Aber die Philosophie des Geldes behandelt das Geld und nicht das Christentum.
http://socio.ch/sim/

Da finde ich Rene Girard weitaus angemessener
http://www.zeit.de/25/13/Interview_Girard
Wolfgang Palaver aus Innsbruck ist da einer, der dessen mimetische Theorie mit der Soziologie verbindet.
http://www.uibk.ac.at/theol/leseraum/autoren/346
http://www.oefg.at/text/veranstaltungen ... igion.html

Viel Spass beim Lesen ...... :doktor:

Re: Neuere Entwicklungen in der Soziologie

Verfasst: Donnerstag 12. Februar 2009, 15:01
von Paul Heliosch
Gestatte mir hierzu ein Zitat von Franz Rosenzweig aus einem anderen Thread anzumerken:
"Judentum und Christentum ...sind „keine Religionen“ und das verbindet sie auch..."

Meine These:
Insoweit sich der Begriff "Religion" aus der Perspektive "Politik" mithin "Soziologie" und/oder "Wirtschaft" für die je eigenen spezifischen Ziele instrumentalisiert sieht, bleiben Judentum und Christentum "Religion".

Was aber, wenn sich beide nicht mehr instrumentalisieren lassen? Dann - und das ist meine Überzeugung - verlieren sie das Religionhafte:

Sie sind bzw. werden "wesentlich" (substantiell) fürs Leben...
...also:
Judentum und Christentum - nicht Religion, sondern

Lebensprinzip!

Re: Neuere Entwicklungen in der Soziologie

Verfasst: Donnerstag 12. Februar 2009, 15:03
von Aletheia
Paul Heliosch hat geschrieben:Gestatte mir hierzu ein Zitat von Franz Rosenzweig aus einem anderen Thread anzumerken:

"Judentum und Christentum ...sind „keine Religionen“ und das verbindet sie auch..."

Meine These: Insoweit sich der Begriff "Religion" aus der Perspektive "Politik" mithin "Soziologie" und/oder "Wirtschaft" für die je eigenen spezifischen Ziele instrumenatalisiert sieht, bleiben Judentum und Christentum "Religion".

Was aber, wenn sich beide nicht mehr instrumentalisieren lassen? Dann - und das ist meine Überzeugung - verlieren sie das Religionhafte:

Sie sind bzw. werden "wesentlich" fürs Leben...

...also:

Judentum und Christentum - nicht Religion, sondern

Lebensprinzip!
Danke für den Hinweis .

Re: Neuere Entwicklungen in der Soziologie

Verfasst: Mittwoch 4. März 2009, 21:27
von Niels
Lesenswerter Artikel:

Kirche und Wirtschaft: Der freie Markt und der katholische Glaube

In diesem Beitrag geht es um die Bedeutung der Kommentatoren des Mittelalters und der Spätscholastik und ihren Beitrag zur Genese des wirtschaftstheoretischen Denkens.

Re: Neuere Entwicklungen in der Soziologie

Verfasst: Donnerstag 5. März 2009, 07:32
von Raphael
Niels hat geschrieben:Lesenswerter Artikel:

Kirche und Wirtschaft: Der freie Markt und der katholische Glaube

In diesem Beitrag geht es um die Bedeutung der Kommentatoren des Mittelalters und der Spätscholastik und ihren Beitrag zur Genese des wirtschaftstheoretischen Denkens.
Sehr interessanter Link! :)
Er funzt alledings nicht, weil am Ende ein "//url" zuviel ist. :roll:
Hier der korrekte Link: Kirche und Wirtschaft: Der freie Markt und der katholische Glaube

Re: Neuere Entwicklungen in der Soziologie

Verfasst: Donnerstag 5. März 2009, 19:26
von overkott
Raphael hat geschrieben:
Niels hat geschrieben:Lesenswerter Artikel:

Kirche und Wirtschaft: Der freie Markt und der katholische Glaube

In diesem Beitrag geht es um die Bedeutung der Kommentatoren des Mittelalters und der Spätscholastik und ihren Beitrag zur Genese des wirtschaftstheoretischen Denkens.
Sehr interessanter Link! :)
Er funzt alledings nicht, weil am Ende ein "//url" zuviel ist. :roll:
Hier der korrekte Link: Kirche und Wirtschaft: Der freie Markt und der katholische Glaube
Dass die richtige Werttheorie ausgerechnet ein Franziskaner des 13. Jahrhunderts (Petrus Johannes Olivi) formuliert hat, überrascht eigentlich nicht.

Re: Neuere Entwicklungen in der Soziologie

Verfasst: Freitag 6. März 2009, 07:03
von Raphael
overkott hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:
Niels hat geschrieben:Lesenswerter Artikel:

Kirche und Wirtschaft: Der freie Markt und der katholische Glaube

In diesem Beitrag geht es um die Bedeutung der Kommentatoren des Mittelalters und der Spätscholastik und ihren Beitrag zur Genese des wirtschaftstheoretischen Denkens.
Sehr interessanter Link! :)
Er funzt alledings nicht, weil am Ende ein "//url" zuviel ist. :roll:
Hier der korrekte Link: Kirche und Wirtschaft: Der freie Markt und der katholische Glaube
Dass die richtige Werttheorie ausgerechnet ein Franziskaner des 13. Jahrhunderts (Petrus Johannes Olivi) formuliert hat, überrascht eigentlich nicht.
Erstaunlich ist allerdings, daß sich Franziskaner überhaupt mit etwas so Anrüchigem wie Geld beschäftigt haben. :roll:

In meiner Jugend wurde mir folgende Anekdote über den Hl. Franziskus erzählt:
Eines Tages kam einer seiner Gefährten und brachte einen kleineren Geldbetrag für die Gemeinschaft mit, den er - wie es in Bettelorden durchaus üblich und angemessen ist - erbettelt hatte. Der Hl. Franziskus wurde zornig und befahl ihm sofort, den Geldbetrag auf einen in der Nähe stehenden Misthaufen zu werfen. Da gehöre Geld hin, dort wäre es richtig plaziert.

Ist diese Haltung der Grundpfeiler für die subjektive Werttheorie?

Re: Neuere Entwicklungen in der Soziologie

Verfasst: Freitag 6. März 2009, 15:31
von overkott
Raphael hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:
Niels hat geschrieben:Lesenswerter Artikel:

Kirche und Wirtschaft: Der freie Markt und der katholische Glaube

In diesem Beitrag geht es um die Bedeutung der Kommentatoren des Mittelalters und der Spätscholastik und ihren Beitrag zur Genese des wirtschaftstheoretischen Denkens.
Sehr interessanter Link! :)
Er funzt alledings nicht, weil am Ende ein "//url" zuviel ist. :roll:
Hier der korrekte Link: Kirche und Wirtschaft: Der freie Markt und der katholische Glaube
Dass die richtige Werttheorie ausgerechnet ein Franziskaner des 13. Jahrhunderts (Petrus Johannes Olivi) formuliert hat, überrascht eigentlich nicht.
Erstaunlich ist allerdings, daß sich Franziskaner überhaupt mit etwas so Anrüchigem wie Geld beschäftigt haben. :roll:

In meiner Jugend wurde mir folgende Anekdote über den Hl. Franziskus erzählt:
Eines Tages kam einer seiner Gefährten und brachte einen kleineren Geldbetrag für die Gemeinschaft mit, den er - wie es in Bettelorden durchaus üblich und angemessen ist - erbettelt hatte. Der Hl. Franziskus wurde zornig und befahl ihm sofort, den Geldbetrag auf einen in der Nähe stehenden Misthaufen zu werfen. Da gehöre Geld hin, dort wäre es richtig plaziert.

Ist diese Haltung der Grundpfeiler für die subjektive Werttheorie?
Wer sich mit Armut beschäftigt, beschäftigt sich mit Geld. Man kann also keineswegs sagen, dass der hl. Franziskus kein Verhältnis zum Geld gehabt hat. Aber die Begabungen des Heiligen lagen weniger im intellektuellen Bereich. Dafür hatte er Brüder. Der intellektuelle Olivi hat 68 in Paris als Student wahrscheinlich den Hl. Bonaventura noch persönlich gehört und steht in dessen Denktradition. Tiefe Frömmigkeit verband Prof. Olivi mit kritischem Denken. Als Persönlichkeit war er jedoch rigoroser als sein geistiger Altvater. Daher verwundert auch nicht, dass er umstrittener war. Schon zu Lebzeiten, aber noch heftiger nach seinem Tod. Nach neun Jahren Prozess um seine Apokalyptikpostille wurde diese 1326 von Johannes XX. als häretisch verworfen.

Re: Neuere Entwicklungen in der Soziologie

Verfasst: Samstag 7. März 2009, 01:21
von Niels

Re: Neuere Entwicklungen in der Soziologie

Verfasst: Samstag 7. März 2009, 01:36
von Robert Ketelhohn
Ja, ein interessantes Thema … Gehört’s aber nicht eigentlich in unsern
Finanzstrang? In Verbindung mit der auch schon mehrfach erörterten
Frage, was aus unserm Zinsverbot geworden ist?

Re: Neuere Entwicklungen in der Soziologie

Verfasst: Mittwoch 11. März 2009, 10:15
von Raphael
overkott hat geschrieben:Wer sich mit Armut beschäftigt, beschäftigt sich mit Geld.
Du meinst also, Armut und Geld seien kohärente Phänomene?
overkott hat geschrieben:Man kann also keineswegs sagen, dass der hl. Franziskus kein Verhältnis zum Geld gehabt hat.
In seiner Jugend hat er's mit vollen Händen ausgegeben ................
overkott hat geschrieben:Aber die Begabungen des Heiligen lagen weniger im intellektuellen Bereich.
Das bestreite ich ganz entschieden!
overkott hat geschrieben:Dafür hatte er Brüder.
Das ist gut für ihn!
overkott hat geschrieben:Der intellektuelle Olivi hat 68 in Paris als Student wahrscheinlich den Hl. Bonaventura noch persönlich gehört und steht in dessen Denktradition. Tiefe Frömmigkeit verband Prof. Olivi mit kritischem Denken. Als Persönlichkeit war er jedoch rigoroser als sein geistiger Altvater. Daher verwundert auch nicht, dass er umstrittener war. Schon zu Lebzeiten, aber noch heftiger nach seinem Tod. Nach neun Jahren Prozess um seine Apokalyptikpostille wurde diese 1326 von Johannes XX. als häretisch verworfen.
Gibt's auch noch eine Antwort auf meine Frage nach dem Grundpfeiler der subjektiven Werttheorie?

Re: Neuere Entwicklungen in der Soziologie

Verfasst: Freitag 13. März 2009, 12:43
von Aletheia
Raphael hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:
Niels hat geschrieben:Lesenswerter Artikel:

Kirche und Wirtschaft: Der freie Markt und der katholische Glaube

In diesem Beitrag geht es um die Bedeutung der Kommentatoren des Mittelalters und der Spätscholastik und ihren Beitrag zur Genese des wirtschaftstheoretischen Denkens.
Sehr interessanter Link! :)
Er funzt alledings nicht, weil am Ende ein "//url" zuviel ist. :roll:
Hier der korrekte Link: Kirche und Wirtschaft: Der freie Markt und der katholische Glaube
Dass die richtige Werttheorie ausgerechnet ein Franziskaner des 13. Jahrhunderts (Petrus Johannes Olivi) formuliert hat, überrascht eigentlich nicht.
Erstaunlich ist allerdings, daß sich Franziskaner überhaupt mit etwas so Anrüchigem wie Geld beschäftigt haben. :roll:

In meiner Jugend wurde mir folgende Anekdote über den Hl. Franziskus erzählt:
Eines Tages kam einer seiner Gefährten und brachte einen kleineren Geldbetrag für die Gemeinschaft mit, den er - wie es in Bettelorden durchaus üblich und angemessen ist - erbettelt hatte. Der Hl. Franziskus wurde zornig und befahl ihm sofort, den Geldbetrag auf einen in der Nähe stehenden Misthaufen zu werfen. Da gehöre Geld hin, dort wäre es richtig plaziert.

Ist diese Haltung der Grundpfeiler für die subjektive Werttheorie?
Ja - diese Haltung ist eine korrekte Einstellung gegenüber der subjektiven Werttheorie - und dem Schleier des Geldes - auf den Müll damit - .
http://www.rote-ruhr-uni.com/cms/IMG/pd ... nlehre.pdf