"Sind evangelische Pfarrer zur Ehe berufen? Mal ernst."
Ich kenne einen (den ich im Übrigen ganz gern habe), der zwar zur Ehe, aber nicht wirklich zum Pfarramt berufen ist...
Ansonsten stimme ich Ecce voll zu und versuche es Kollegen und Schülern so zu erklären: "Wenn Sie einen wichtigen Posten zu vergeben hätten und sich dabei auf keinen Fall einen Fehler leisten könnten, weil die Entscheidung irreversibel ist, dann würden Sie nach Kennzeichen forschen, nach denen möglichst sicher erkennbar ist, dass dies der richtige Kandidat ist. Für die Kirche ist die Bereitschaft, wie Christus ehelos zu leben, ein solches Kennzeichen, weil sie den Zölibat als ein wichtiges, wenn auch nicht hundertprozentig unverzichtbares Element des geweihten Amtes ansieht. - Also, die Kirche verlässt sich darauf, dass derjenige, den Christus haben will, diese Bereitschaft verspürt - oder umgekehrt, sie wählt unter denen, die dazu bereit sind, die Geeigneten aus."
Darum kann ich dein Lachen, Petur, nicht wirklich verstehen. Man kann die Menschen betrügen, aber nicht sich selbst oder Gott. Und nach eigener Erfahrung ist geistliche Berufung etwas, was einem von Gott her sozusagen mitten in den Weg gelegt wird, als ein - oft nach längerer Klärungszeit - sich deutlich abzeichnendes Angebot. Gott wählt, nicht der Mensch. Der Mensch stimmt zu, oder eben nicht. Darin zeigt sich seine Freiheit. Danach folgt die Zeit, in der die Zustimmung eingeübt, aber eben auch geprüft wird, und meines Wissens verfliegt dabei das anfängliche Hochgefühl im grauen Alltag recht schnell.
Aus dem einmaligen, privaten Ja, das am Anfang noch revidiert werden könnte, wird durch Einübung eine Haltung. Ein lieber Freund, der inzwischen und nach ein paar Umwegen Neupriester ist, sagte mir im Studium mal: "Irgendwann wird aus der Entscheidung eine Einbahnstraße", und so habe ich es auch empfunden. Wenn der Bischof irgendwann am Schluss im Namen der Kirche meine Berufung abgelehnt hätte, hätte ich trotzdem nicht mehr heiraten
können - und das nun wirklich nicht aus Altersgründen - ich war erst 24.
In diesem Sinne würde ich jeden Regens dazu anhalten, den Alumnen möglichst eindringlich die Aufrichtigkeit ans Herz zu legen, und das von Anfang an. Wer berufen ist, wird auch mit der Einübung, aber vor allem und echt aus eigener ERfahrung mit Gottes Hilfe zölibatär leben und dabei glücklich sein. Wer es nicht ist und sich in Traumgespinsten verliert - d.h. die Suche nach Klarheit unterlässt - hat schon verloren, auch wenn er zur Weihe zugelassen werden sollte.
Im Übrigen merke ich, dass es mich fast neun Jahre nach der ersten privaten Verpflichtung und fünfeinhalb Jahre nach der offiziellen Annahme durch die Kirche unglaublich nervt, wenn die Jungfäulichkeit bzw. der Zölibat als eine Art Wegwerfen des eigenen jungen Lebens oder ein Schattendasein unter den Lebenden dargestellt wird. Der Verzicht ist zweifellos auch da. Aber an erster Stelle habe ich mich unglaublich beschenkt gefühlt, und ich hatte immer den Eindruck, dass Christus gegenüber meiner Gabe/ meinem Verzicht der um Vielfaches Großzügigere war. Er schenkt einem eine Nähe, die direkt aus dem "Unvergebensein" an einen Menschen erfolgt. Besser kann ich es nicht beschreiben.
Und mal ehrlich - denkt jeder unfreiwillige Single andauernd darüber nach, dass er keinen Ehepartner hat? Oder ein Verheirateter, dass es aber noch andere Möglichkeiten gegeben hätte? Warum wird das dann beim Zölibat geradezu angenommen?
Aber eins ist klar (bildhaft gesprochen): Wenn ich abnehmen soll, dann kann ich nicht andauernd vor Restaurants auf und ab laufen und mich wundern, dass ich irgendwann doch "zuschlage". Als Zölibatär sollte man ernsthaft darüber nachdenken, was einem denn so Appetit machen könnte. Denn man kann eine echte Berufung genauso kaputt machen wie eine gute Ehe.
Ach ja, und die oben genannten Definition von Frömmigkeit halte ich für Blödsinn. Aber man muss halt als Christ damit leben, dass die Wirklichkeit Gottes, das Bemühen um das "Gehe deinen Weg vor mir her!", Christi lebendige Gegenwart in der Kirche und das Leben aus den Sakramenten und der Gemeinschaft der Kirche von den meisten heute als Hirngespinste abgetan werden. Diejenigen, die das sagen, haben allerdings keine wirklich tragende Alternative.
Die jüngeren von ihnen schwören da gelegentlich mal aufs Komasaufen.