Alles zur FSSPX: Fragen, Nachrichten, Veranstaltungen [alt]

Rund um den traditionellen römischen Ritus und die ihm verbundenen Gemeinschaften.
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anneke6
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Beitrag von anneke6 »

@26:
So sehr erstaunt hat mich das gar nicht, denn die Broschüre stammte ja von den Piusbrüdern selbst. Auch wenn ich kein Tradi bin, so kann ich mich doch darauf verlassen, daß die Brüder intelligente Menschen sind, im Gegensatz zu naiven "Emotionstradis", die an alles glauben, was sich als die Gottesmutter ausgibt, sofern es bittere Tränen über die Zustände der heutigen Kirche weint. Die Blut weinende Madonna von Naju, das "blutende Antlitz von Coutonou" (auf den Fotos von der Gruppenleitertagung im Hintergrund zu sehen)…ein richtiges "Erscheinungsvielfraß" läßt nichts aus.
Da sollte ein Mensch, der Theologie studiert hat, differenzieren können.
Was das Kommunionsthema angeht…gehört eigentlich in einen eigenen Thread, deshalb fasse ich mich kurz: Es kommt darauf an, wo man hingeht. Bei Ordensgemeinschaften, die Jugendseelsorge betreiben, bei charismatischen Gemeinschaften u.ä. steht man meistens, i.R. wird dort eine eingetauchte Hostie auf die Zunge gelegt. Die meisten Polen machen, wenn Stehkommunion ausgeteilt wird, eine Kniebeuge, während der Vorgänger empfängt. (Ich persönlich bin aber kein allzu großer Freund dieser Praxis. Ich würde es besser finden, wenn man das Knie beugt oder sich verneigt, wenn einem die Hostie gezeigt wird.)
Außerhalb derartiger Gemeinschaften habe ich in PL noch nie stehend empfangen. In Dorfkirchen wird an der Kommunionsbank ausgeteilt, und auch in der Stadt kann man sich auf die Altarstufe knien. In manchen Kirchen teilen einige Priester (oder andere Spender) die Kommunion am Altar aus, wo die Gläubigen in Prozessionen kommen, und die anderen gehen an der Altarstufe rauf und runter. Wenn Du mehr über Handkommunion in PL wissen willst, kannst Du mir eine PN schicken.

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monsieur moi
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Beitrag von monsieur moi »

@ad_hoc:
Natürlich glaube ich an die Lehren der Kirche. Und da bin ich mir natürlich bewusst, dass etwas Böses existiert und dem Menschen so auch schaden kann.
Aber im Fall der Anneliese Michel schließe ich mich den Meinungen derer hier an, die eine Besessenheit der Michel zurückweisen. Sie ist, meines Erachtens eben Opfer von katastrophalen Umständen geworden.
Sie nun als Heilige zu verehren, Wallfahrten zu veranstalten, und anderes zu tun, finde ich, wie hier schon gesagt wurde, äußert dreist.
Dass die FSSPX nun offensichtlich diesen Weg einschlägt, ist für mich jedenfalls nur ein weiterer Grund, Rom treu zu bleiben.

Christian
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Beitrag von Christian »

ar26 hat geschrieben:@anneke
Interessant. Meines Erachtens ist aber doch die Handkommunion nur in den (Erz)Diözesen Warschau und Oppeln erlaubt und sonst nicht.
Das wundert mich , denn ich habe einige polnische Priester kennengelernt die gegen die Mundkommunion waren mit der Begründung :" In Polen wird auch in der Hand gegeben".

Gruß,

Christian
Erst das Lazarett zeigt was Krieg ist.
Erich Remaque

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ar26
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Beitrag von ar26 »

@Christian
In einer "normalen" polnischen Pfarrgemeinde wirst Du in aller Regel Mundkommunion vorfinden, eher an der Kommunionbank als im Stehen. Als ich in Polen lebte, hab ich die westliche Praxis nur in der deutschsprachigen Gemeinde in Krakau erlebt. Im Oppelner Land war ich am Gründonnerstag mal in einer proppevollen Kirche, da kam ein Priester mit Ministrant und Patene zu den Bänken und die Leute haben Mundkommunion praktiziert. Da waren auch genügend Schlesier dabei, die in Deutschland leben und es hier anders machen, aber zu Hause an den Feiertagen sich der alten Ordnung erinnern.

Andererseits hat die poln. Kirche dem Pontifikat Papst Johannes Pauls II einen gewissen Wildwuchs an charismatischen oder sonstigen Progressivismen zu verdanken, insbesondere liturgisch (Taize etc.)
Man darf sich auch nicht täuschen, daß etwa die Kartoffelwerfer von Radio Maryja liturgisch besonders konservativ wären. Alles was die poln. Kirche an Glaubensgut noch bewahren kann, hat sie mE Kardinal Wyszyński zu verdanken, der damals die Gewalt des Aggiornamto abgebremst hat; und natürlich heutzutage der kleinen aber engagierten traditionellen Bewegung.

@Monsieur Moi
Von zwei Bildern im Internet auf die Haltung der FSSPX zum Fall Anneliese Michel zu schließen, lässt sich wohl kaum als ordnungsgemäße Anwendung der induktiven Methode des Denkens beschreiben. Keiner derer hier im Forum, die sich als Sympathisanten der FSSPX geoutet haben (zB. ottaviani, athanasius, meine Wenigkeit), gehören zu den Anhängern eines derartigen Kultes. Vielmehr sind es diejenigen, die auch nach Medju fahren. Also bitte den Ball flach halten. Am Grab einer Verstorbenen zu beten stellt im übrigen in keinem Fall eine problematische Handlung dar.

Zum Thema Romtreue ist hier schon viel geschrieben worden. Was die Hermeneutik der Tradition angeht, steht der Hl. Vater in der Beweislast nicht diejenigen, die sich aus Zweifel und Furcht vor Verwirrung an das klassisch Gültige halten.

ad_hoc
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Beitrag von ad_hoc »

Meinen Dank an sofaklecks, der freundlicherweise auf den Thread mit dem Thema Annelies Michel hingewiesen hat:
http://www.kreuzgang.org/viewtopic.php?t=4383
Dadurch kann ich es mir ersparen, auf die Frage von koenigstochter einzugehen.

Ansonsten:
Dieser Kaspar Bullinger interessiert mich nicht. Und die Frau Hein auch nicht. Als der Fall Anneliese Michel auf der Tagesordnung stand, hat man von den beiden noch nichts gehört.

Und: Da sind wir dann mal unterschiedlicher Meinung, ottoviani. ;)

Und: Dass jetzt auch noch Wallfahrten stattfinden sollen und eine Art von Heiligenverehrung, kommt mir, wenn es denn so ist, schon etwas komisch vor.

Und um es nochmals mit allem Nachdruck zu sagen:
Anneliese Michel war mit Sicherheit besessen.
Und anstatt dumm herumzudiskutieren über etwas, wovon hier kaum jemand ausreichend Kenntnis zu haben scheint, schlage ich vor, sich doch mal Gedanken darüber zu machen, warum an der Überzeugung der Existenz der Dämonen und deren verderblichem Wirken die Katholische Kirche über zwei Jahrtausende hinweg immer festgehalten hat.
Der Fall Anneliese Michel ist für mich ein Beispiel dafür, wie die vorgebliche menschliche Vernunft heutzutage Vorgänge ausschließt, die in der Bibel mehrfach beschrieben worden sind. Schlimmer, wenn solche Ereignisse von jedem Einzelnen nur deshalb öffentlich abgelehnt werden, weil man nicht als unvernünftig oder als religiöser Fundi dastehen will.

Gruß, ad_hoc
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anneke6
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Beitrag von anneke6 »

ad_hoc hat geschrieben:Dieser Kaspar Bullinger interessiert mich nicht. Und die Frau Hein auch nicht. Als der Fall Anneliese Michel auf der Tagesordnung stand, hat man von den beiden noch nichts gehört.
Das zeigt, wie ungenügend Du Dich mit dem Fall beschäftigt hast. Der Hobbyschriftsteller Bullinger ist in dieser Hinsicht nicht so wichtig, Thea Hein spielt eine zentrale Rolle. Sie war die erste, die überhaupt eine "seltsame Begegnung" mit Anneliese hatte, und dies war auf einer Pilgerfahrt nach San Damiano. Anneliese schrie Thea an, versuchte, ihr eine wundertätige Medaille vom Hals zu reißen. Thea sagt aus, Anneliese habe plötzlich einen schrecklichen Brandgeruch ausgeströmt.
Sie war bei den Exorzismussitzungen dabei, ihr Mann ebenfalls. Zu den Männern, die Anneliese während ihrer Auftritte (ich nenne es mal so) nicht zurückgehalten konnten, gehörte neben Vater Michel und Annelieses Freund Peter auch Theas Vater.
Ich frage mich, wie man den Fall Anneliese intensiv studiert haben kann, ohne von diesen Personen gehört zu haben.

ad_hoc
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Beitrag von ad_hoc »

Hallo anneke6

Da hast Du Recht und ich gestehe, dass ich etwas nachlässig in meiner Antwort war.
Frau Hein ist mir tatsächlich bekannt. Das ist mir aber erst wieder ins Bewußtsein gekommen, als Du die Fahrt nach San Damiano erwähnt hast. Wer kann sich schon über viele Jahre hinweg jeden einzelnen Namen in jeder einzelnen Situation merken?!
Das hatte mich übrigens dort schon geärgert (ist ja schon etliche Jahre her), dass wie überall, auch hier im Fall Anneliese Michel anscheinend immer einige Weiber dabei sein müssen.
Trotzdem ist es sicher nicht richtig, die Patres, die Eltern und die beim Exorzismus anwesenden Personen als originale Dorfdeppen und -innen hinzustellen zu wollen.
Vergessen wir auch nicht, dass gerade von solchen Padres, von solchen Eltern und von solchen Frauen (auch Männern) der wahre katholische Glauben weitergetragen wird, ungeachtet der Zerstörungen, die Bischöfe und Priester bei den Gläubigen angerichtet haben und weiterhin anrichten werden.
Dies ist meines Erachtens viel schlimmer, als das religiöse Verhalten einiger möglicherweise überkandidelter Frauen und Männer.

Gruß, ad_hoc
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ar26
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Beitrag von ar26 »

@ad hoc
Jetzt mal Butter bei die Fische; beantworte mir nach Möglichkeit einige Fragen über den Fall, damit ich mir auch mal ein Bild machen kann. Gern gesehen sind auch Antworten anderer Nutzer.

1. Hatten die am Exorzismus beteiligten Geistlichen in diesem Bereich Erfahrung? Hatten sie schon häufiger den großen Exorzismus angewendet? Ja/Nein

2. Waren beide Geistliche vom Bischof beauftragt? Ja/Nein

3. Wurden vor dem Exorzismus katholische Ärzte/Psychologen in Absprache mit den Geistlichen/Bistum damit beauftragt, lege artis alle medizinischen oder psychologischen Ursachen für die Phänomene zu untersuchen und gegebenenfalls ausschließen? Ja/Nein

4. Haben die Geistlichen während der Durchführung des Exorzismus zu kompetenten katholischen Ärzten Kontakt gehalten um gegebenenfalls deren Dienst in Anspruch zu nehmen? Ja/Nein

5. Haben die beiden Geistlichen die Mitwirkung von Laien beim Exorzismus auf das notwendige Maß reduziert? Bestand bei der Art und Weise der Durchführung des Exorzismus die Gefahr, daß durch übermäßige Präsenz von Laien eine Gruppendynamik hätte entstehen können, die durch die Geistlichen nicht mehr beherrschbar gewesen wäre? Ja/Nein

EDIT: WORT WURDE ERGÄNZT, DAMIT FRAGE 1 SINN ERGIBT.
Zuletzt geändert von ar26 am Sonntag 2. März 2008, 14:49, insgesamt 1-mal geändert.

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anneke6
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Beitrag von anneke6 »

Hallo ad hoc!
Ich muß meine Äußerung zurücknehmen, offenbar hast Du Dich doch besser mit dem Fall befaßt.
Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb bin ich gespannt auf Deine Antworten auf die Fragen von ar26.
Meine Antworten dazu:
1. Nein.
2. Nein. Bischof Stangl betraute nur Pater Renz mit dem Exorzismus.
3. Nein. Sämtliche Ärzte, die Anneliese vorher betreut hatten, beleuchteten ihren Krankheitszustand nicht aus katholischer Sicht. (Wahrscheinlich waren auch katholisch getaufte Ärzte darunter, aber das ist hier wohl nicht gemeint.
4. Nein.
5. Kann ich nicht beurteilen. An Laien waren anwesend: Die Eheleute Hein, die Eltern Michel und Peter Himsel. (Allerdings nicht immer alle bei jeder Sitzung.)

Ecce Homo
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Beitrag von Ecce Homo »

User inaktiv seit dem 05.06.2018.
Ihr seid im Gebet ... mal schauen, ob/wann ich hier wieder reinsehe ...

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ich habe mir über den Fall Anneliese Michel kein Urteil gebildet und
gedenke dies auch nicht zu tun.

Ich nehme zur Kenntnis, daß Brüder im Glauben wie auch Ungläubige
vehement die damalige „Diagnose“ der Exorzisten von einer Besessen-
heit des Mädchens verteidigen, während andere Brüder – wie die Mehr-
zahl der Ungläubigen, die dies freilich zur Verfolgung der Kirche miß-
brauchen – der Auffassung sind, es habe keine Besessenheit vorgelegen,
vielmehr hätten die Exorzisten katastrophal versagt.

Was die Wahrheit ist, weiß ich nicht. Jedenfalls verbietet sich in solch
einer Situation, den Konflikt durch „wilde“ Heiligenverehrung weiter
zu schüren und das gläubige Volk zu verwirren. Überlassen wir die
Sache dem Urteil des Herrn. Wem das Thema und die Beteiligten am
Herzen liegen, der bete für Anneliese Michel, ihre Angehörigen und die
damaligen Exorzisten.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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monsieur moi
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Beitrag von monsieur moi »

ar26 hat geschrieben:@Christian


@Monsieur Moi
Von zwei Bildern im Internet auf die Haltung der FSSPX zum Fall Anneliese Michel zu schließen, lässt sich wohl kaum als ordnungsgemäße Anwendung der induktiven Methode des Denkens beschreiben. Keiner derer hier im Forum, die sich als Sympathisanten der FSSPX geoutet haben (zB. ottaviani, athanasius, meine Wenigkeit), gehören zu den Anhängern eines derartigen Kultes. Vielmehr sind es diejenigen, die auch nach Medju fahren. Also bitte den Ball flach halten. Am Grab einer Verstorbenen zu beten stellt im übrigen in keinem Fall eine problematische Handlung dar.
Da hast du nun allerdings Recht. Ich finde nur die Bilder der Anneliese Michel an den Wänden (unter anderem auch in dieser Privatkapelle) bedenklich. Heilig ist sie eben nicht, sondern nur ein Opfer, zumindest sehe ich das so.
Was euch als Sympathisanten der FSSPX angeht, tut es mir leid, wenn ich euch diesen Anneliese-Michel-Kult damit unterstellt habe. So ist das nicht gemeint gewesen-

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ar26
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Beitrag von ar26 »

Geschenkt. Ob sie heilig ist, weiß ich nicht. Schließlich wird jeder Mensch der im Stand der Gnade verstirbt heilig. Deswegen muss er allerdings noch nicht zu Ehren der Altäre erhoben werden.

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cantus planus
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Beitrag von cantus planus »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Was die Wahrheit ist, weiß ich nicht. Jedenfalls verbietet sich in solch
einer Situation, den Konflikt durch „wilde“ Heiligenverehrung weiter
zu schüren und das gläubige Volk zu verwirren. Überlassen wir die
Sache dem Urteil des Herrn. Wem das Thema und die Beteiligten am
Herzen liegen, der bete für Anneliese Michel, ihre Angehörigen und die
damaligen Exorzisten.
Besser kann man es nicht sagen. Von jeder eigenmächtigen Kanonisierung sollte man - übrigens in jedem Fall - absehen, zumal sie in diesem Fall als kirchenpolitischen Aussage mißbraucht werden könnte.
Nutzer seit dem 13. September 2015 nicht mehr im Forum aktiv.

‎Tradition ist das Leben des Heiligen Geistes in der Kirche. — Vladimir Lossky

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Clemens
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Beitrag von Clemens »

Da ihr gerade beim Thema Exorzismus seid -

warum hat die RKK im Vat II die niederen Weihen (darunter die Exorzistenweihe) abgeschafft? Geht sie davon aus, dass die entsprechenden Charismen automatisch in den höheren Weihen enthalten sind?

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anneke6
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Beitrag von anneke6 »

Clemens hat geschrieben:warum hat die RKK im Vat II die niederen Weihen (darunter die Exorzistenweihe) abgeschafft?
Das wäre ein Thema für einen ganz anderen Thread.
Aber im Hinblick auf Anneliese Michel kann ich nur darauf hinweisen, daß die Bezeichnungen der niederen Weihen historischen Ursprungs sind und nicht auf die tatsächliche Aufgabe des Jungklerikers hinweisen.
Auch vor dem II. Vatikanischen Konzil wurden Exorzismen nicht von Minoristen ausgeführt, sondern von Priestern, die entsprechend ausgebildet waren. (Letzteres ist zumindest zu hoffen.)

ad_hoc
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Beitrag von ad_hoc »

Hallo ar26

Nun bin ich gezwungen, eine Erklärung abzugeben.
Ich habe mich vor vielen Jahren mit diesem Thema über längere Zeit hinweg ausführlich auseinander gesetzt. Später verzog ich für einige Jahre ins Ausland, wobei ich meine Unterlagen zu diesem Thema mitgenommen hatte. Bei meiner Rückkehr nach Deutschland, die ursprünglich nur auf einige Jahre befristet sein sollte, ließ ich in Lager-Containern diejenigen Dinge zurück, die ich in Deutschland nicht benötigte. Darunter also auch diese Unterlagen.
So kann ich Fragen nur aus dem Gedächtnis heraus beantworten. Ansonsten verweise ich auf das Buch von Felicitas Goodman, welches hier bereits mehrfach genannt worden ist. Auf alle von Dir genannten Fragen wird meiner Erinnerung nach auch dort eingegangen.

zu 1.
ja, zumindest einer der beteiligen Padres

zu 2.
zumindest ein Pater war vom zuständigen Bischof beauftragt. Aber selbstverständlich hat der beauftragte Exorzist das Recht, darüber zu bestimmen, ob er weitere Patres dabei haben möchte und er kann auch darüber bestimmen, welche Personen bei dem Exorzismus zugegen sind. Und: Bei diesen Exorzismen muß peinlich genau nach den festgelegten Regeln vorgegangen werden. Ein Abweichen hiervon ist nicht möglich.

zu 3. und 4.
zu welchem Zeitpunkt Ärzte und Psychologen in den Fall miteinbezogen wurden, kann ich nicht mehr sagen. Tatsache aber ist, dass solche mehr oder weniger ständig über den Fall informiert waren und ständig Untersuchungen, auch zwischen den einzelnen Exorzismen, an Annelies Michel vornahmen, einschließlich medikamentöser Behandlungen.

zu 5.
das ist tatsächlich nur theoretisch abzuhandeln. Wer will schon beurteilen können, ab wann und in welcher Art und Weise in einem solchen Fall eine negative Gruppendynamik hätte entstehen können? Beachten wir doch bitte, dass, strengenommen, Psychologie keine Wissenschaft sein kann.

Zu berücksichtigen ist folgendes: In der später erfolgten Gerichtsverhandlung ergab sich, dass die Vorstellungen einerseits auf Seiten der Richter und der Staatsanwälte und andererseits auf Seiten der Patres, der Eltern und weiterer Zeugen nicht miteinander in Einklang gebracht werden konnten. Das Gericht mußte von Fakten ausgehen, ohne religiöse Belange als ordentliche Fakten oder Beweismittel akzeptieren zu können. Naturgemäß war das Gericht deshalb außerstande, eine Besessenheit zu erkennen und zu akzeptieren, denn religiöse Vorstellungen und der Glaube an sich sind gerichtlich nicht verwertbar. Also mußte das Gericht von den Fakten ausgehen, die greifbar waren. Und das waren keinesfalls die Aussagen der Patres, der Eltern und der Zeugen, das waren aber die Aussagen der Ärzte und Psychologen sowie die allgemeine Ansicht der Öffentlichkeit.

Wie sich sehr viel später herausstellte, hatte tatsächlich nicht der Exorzismus, sondern die falsche Medikamentierung den Tod von Anneliese Michel verursacht. Dies war allerdings nicht ausreichend, den Prozess neu aufzurollen.

Ich denke, dass ich mit meinen Erinnerungen richtig liege. Im Zweifel verweise ich grundsätzlich auf das angegeben Buch sowie auf Auszüge der Gerichtsprotokolle. Diese Protokolle haben mir vereinzelt vorgelegen und ich denke, dass es auch heute noch möglich ist, an diese heranzukommen.

Gruß, ad_hoc
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anneke6
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Beitrag von anneke6 »

Bin mal gespannt, was ar26 dazu sagt… ;)

Eine Anmerkung von mir: Eine der Behauptungen, die im Fall Anneliese Michel von allen Befürwortern der "Goodman-These" immer wieder gebracht wird ist diese:
ad_hoc hat geschrieben:Wie sich sehr viel später herausstellte, hatte tatsächlich nicht der Exorzismus, sondern die falsche Medikamentierung den Tod von Anneliese Michel verursacht. Dies war allerdings nicht ausreichend, den Prozess neu aufzurollen.
Und die gehört zu den Aussagen, denen ich am wenigsten zustimmen kann. Als Wissenschaftler muß man grundsätzlich jede Möglichkeit ernst nehmen und in Betracht ziehen, so z.B. auch die These von dem Sauerstoffverlust durch Schädigungen der roten Blutkörperchen durch das Timonilpräperat.
Aber wie soll man diese Behauptung überprüfen, wenn es nicht die Möglichkeit gibt, die Leiche zu sezieren?
Abgesehen davon, daß Frau Goodman Anthropologin ist (in D wird die Fachrichtung auch als "Volkskunde"/Europäische Ethnologie und "Völkerkunde"/außereuropäische Ethnologie bezeichnet) und keine Medizinerin, hat sie die Leiche weder seziert noch war sie bei der Sektion anwesend.

ad_hoc
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Beitrag von ad_hoc »

anneke6

Um was geht es Dir? Um eine sachbezogene Diskussion oder ums Recht behalten?

Frau Goodman ist diejenige, die in der Öffentlichkeit immer zitiert wird, im Gegensatz zu denjenigen Ärzten, die zwar der gleichen Meinung sind wie diese, es aber für nicht wünschenswert erachten, in der Öffentlichkeit breitgetreten zu werden.

Folgenden Satz hast Du noch hervorgehoben:
Aber wie soll man diese Behauptung überprüfen, wenn es nicht die Möglichkeit gibt, die Leiche zu sezieren?
Woher willst Du wissen, dass die Leiche nicht obduziert worden ist?
Bei allen ungeklärten Todesfällen, und der Tod Anneliese Michels war ein solcher, wird automatisch von der zuständigen Staatsanwaltschaft eine Obduktion angeordnet und diese wird auch vom Pathologen durchgeführt.
Das Ergebnis hiervon ist mir allerdings nicht in Erinnerung.

Und was soll ich hiervon halten:
Abgesehen davon, daß Frau Goodman Anthropologin ist (in D wird die Fachrichtung auch als "Volkskunde"/Europäische Ethnologie und "Völkerkunde"/außereuropäische Ethnologie bezeichnet) und keine Medizinerin, hat sie die Leiche weder seziert noch war sie bei der Sektion anwesend.
Und was hat dies mit ihren hervorragenden Recherchearbeiten zu tun?
Ein Beispiel: Ich bin weder Arzt noch Kriminalbeamter. Aber in einem speziellen Praktikum (lang, lang ist's her) mußte ich einen ungeklärten Todesfall dokumentieren, die Ursachen erkennen und feststellen, ob der Tod gewaltsam durch Fremdeinwirkung oder durch einen Unglücksfall verursacht worden ist.
Ich war bei dieser Arbeit auf mich alleine gestellt. Sowohl die Kripo als auch die StA sagten nur "mach mal..." (Selbstverständlich ermittelten diese selbst, setzten mich aber über ihre Vorgehensweise und über das Ermittlungsergebnis nicht ins Bild.
Also setzte ich mich daran und machte mal... (damals gab es noch kein Internet, wo man mal schnell Informationen einholen konnte).
Es gab einen ziemlich dicken Ordner, den ich dann, als ich mit der Arbeit fertig war, abgeben habe.
Wie man mir sagte, hatte ich in dieser Arbeit die notwendigen Ermittlungen, die Dokumentation in Wort und Bild und schließlich auch die Todesursache mit großem Können festgestellt und den Hergang nachgewiesen, wobei meine Arbeit als hervorragend gewertet wurde.
Man muß also nicht unbedingt vom Fach sein, um Abläufe zu erkennen und zu beschreiben, etwas ermitteln, feststellen und selbstverständlich auch belegen zu können.

Gruß, ad_hoc
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anneke6
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Beitrag von anneke6 »

ad_hoc hat geschrieben:Um was geht es Dir? Um eine sachbezogene Diskussion oder ums Recht behalten?
Gibt es irgendeinen Grund zu vermuten, daß ich nicht an einer sachbezogenen Diskussion interessiert bin?
Im Gegensatz zu Dir behaupte ich nämlich nicht: Anneliese ist an etwas bestimmten gestorben. Es gibt ein Gerichtsurteil und es gibt die These von Frau Goodman — sie unterscheiden sich. Ich habe mich nach gründlichen Recherchen gegen die "Goodman-These" entschieden. Beweisen, daß ich damit Recht habe, kann ich nicht, und ich werde das deshalb auch nicht behaupten. Das widerspricht meinem Ethos als Wissenschaftlerin.
(Ich bin übrigens auch Anthropologin.)
Was die Sektion angeht, hast Du mich möglicherweise falsch verstanden. Es geht mir nicht darum, ob die Leiche seziert wurde. (Und das wurde sie, ich habe den Bericht gelesen.)
Vor allem geht es mir darum: Frau Goodman hat die Leiche nicht seziert. Der Arzt, der sie damals seziert hat, kannte die "Timonil-Theorie" (ich nenne es mal so) nicht, und hat sich bei der Obduktion nicht auf das konzentriert, was in diesem Falle wichtig wäre. Nachträglich Arzt- und Obduktionsberichte zu lesen und mit einer eigenen medizinischen Theorie zu vergleichen, ist nicht dasselbe, das muß doch einleuchten.

ad_hoc
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Beitrag von ad_hoc »

Hallo anneke6

Gerade dann, wenn Du in wissenschaftlichen Vorgehensweisen geschult bist, muß Dir klar sein, dass Deine Beurteilung um so sicherer ausfällt, auf je mehr gesicherte Unterlagen, Dokumentationen, eigene und fremde Nachforschungen und Untersuchungen Du Dich berufen kannst.
Hast Du Dir auch die ärztlichen Zeitschriften aus der Zeit des starken Öffentlichkeitsinteresses und der Gerichtsverhandlungen zu Gemüte geführt?
Ohne vom Fach zu sein, hättest Du diese Informationen einholen und verstehen und für Deine eigene Wahrnehmung der Dinge gut verwerten können.
Es ist dies nur eine von mehreren Möglichkeiten, die demjenigen zur Verfügung gestanden haben und z. T. auch noch heute zur Verfügung stehen, dem ernsthaft an wissenschaftlicher Aufklärung gelegen ist.

Auch verstehe ich nicht, warum Du wiederholt das gleiche Medikament mit der gleichen möglichen Auswirkung zitierst, dabei aber die unseligen Auswirkungen im Zusammenhang mit der angeordneten Einnahme weiterer Medikamente vollkommen aus Acht läßt.

Gruß, ad_hoc
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ar26
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Beitrag von ar26 »

Ich sag dazu mal folgendes. Offenkundig diskutieren hier Leute, die unabhängig von ihrer Disziplin mit Methoden wissenschaftlichen Arbeitens, mit der Anwendung von zwingenden Denkgesetzen und allgemein Logik vertraut sind.

Daher müsste doch einsichtig sein, daß die Vorgänge im Rahmen des Exorzismus hier problematisch sind. Die konkrete Todesursache scheint mir im übrigen für die Frage, ob A. tatsächlich besessen war, nicht von Belang. Ebensowenig auch für die Frage, ob die Geistlichen und übrigen Personen ihrer Fürsorgepflicht nachgekommen sind. Einer extrem unterernährten jungen Frau, daß war A. wohl schon während des ganzen Exorzismus, muss zur Not auch gegen ihren Willen zur Nahrung verholfen werden. Alles andere ist fahrlässig, auch wenn es nicht kausal für den Tod gewesen sein sollte. Es kann mir keiner erzählen, daß die Unterernährung dem Exorzismus, der ja auch dem Wirt Kraft raubt, dienlich gewesen ist.

Zum Exorzismus selbst. Das Vaticanum I hat das Verhältnis zwischen Glaube und Wissenschaft geklärt. Für den Exorzismus der Kirche bedeutet das, bevor der Exorzist tätig wird, muss er sich von kompetenten Personen (Ärzten und Psychologen, die eine Besessenheit zumindest nicht von pauschal ausschließen) bestätigen lassen, daß es für die Phänomene beim Betroffenen mit großer Wahrscheinlichkeit keine medizinischen Ursachen gibt. Erst dann darf er tätig werden. In der causa A. ist wohl das aufgeregte Publikum und leider auch die Geistl. von vornherein davon ausgegangen, daß die Sache klar ist; Ärzte eh alles Kurpfuscher, Ignoranten etc.

Weiters hätte auch während des Exorzimus eine schnelle medizinische Betreuung bereit gehalten werden müssen, gerade wenn A. ohnehin schon objektiv sehr schwächlich gewesen ist.

Das Publikum dürfte wohl zudem fatal besetzt gewesen sein. Erscheinungswütige und die engste Verwandschaft. Als Assistenz ein junger exorzismenunerfahrener Priester. Drei fromme, kräftige aber nicht so verkopfte Laienmönche zum Festhalten wären wohl besser gewesen.

Wer von einer Besessenheit ausgehen möchte, kann das gerne tun, allerdings muss er zugeben, daß dies kaum mehr als eine Vermutung ist, da daß Verfahren zur Feststellung des Sachverhaltes eindeutig Mängel gelitten hat.

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anneke6
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Beitrag von anneke6 »

ar26 hat geschrieben:Die konkrete Todesursache scheint mir im übrigen für die Frage, ob A. tatsächlich besessen war, nicht von Belang.
Gut, daß Du das mal festhältst. Alle Kombinationen sind möglich. Besessenheit+Todesursache: falsche Medikation, keine Besessenheit+Todesursache: falsche Medikation. Besessenheit+Todesursache Unterernährung, und keine Besessenheit+Todesursache: Unterernährung.
Wenn man noch unterschiedliche Faktoren, die den Tod verursacht haben können, mit einander in Verbindung stellt, geht die Zahl der möglichen Kombinationen bald ins Unendliche.
Auffällig ist aber, daß die "Timonil-These" (siehe auch unten) vor allem von denen vertreten ist, die an eine Besessenheit glauben. Das kann damit im Zusammenhang stehen, daß Frau Goodman mit dem Phänomen "Besessenheit" glimpflicher umgeht als die meisten nichtkatholischen Ärzte und Psychologen, oder auch mit dem Wunsch, die beiden Exorzisten in ein besseres Licht zu stellen.
Ähnlich wie Du denke ich, daß Zwangernährung angebracht gewesen wäre, auch wenn Unterernährung nicht die tatsächliche Todesursache war.

So, und jetzt ein paar Antworten an ad hoc:
Was den Terminus "Timonil-These" angeht. Ich verwende ihn einerseits, da er einprägsam ist, und zweitens, weil ich es tatsächlich für bedenklich halte, dieses Präperat einer jungen Frau zu verordnen, allerdings eher aus gynäkologischen Gründen. Die Nebenwirkungen dieses Medikamentes sind sehr vielfältig, ich halte es für problematischer als Zentropil.
Ich habe mich, um mir ein besseres Bild vom Fall zu machen, in so weit informiert, wie es für eine Nicht-Medizinerin möglich ist, und zudem aus meinen eigenen Erfahrungen als Epileptikerin (darüber schrieb ich bereits im alten Anneliese-Thread) geschöpft. Es geht mir auch nicht darum, darzulegen, daß Anneliese *nicht* durch falsche Medikation (wohlmöglich aufgrund einer Fehldiagnose nicht vorliegender Epilepsie) gestorben ist und ein q.e.d. darunter zu setzen. Vielmehr geht es mir darum, klarzumachen, daß die "Timonil-Theorie" (*grins*) Löcher aufweist und nicht als Wahrheit präsentiert werden darf. (Dies ist bereits einmal im polnischen Wikipedia-Eintrag zu Anneliese Michel geschehen.)

An alle:
Es ist nicht recht, Pater Renz und Pfarrer Alt allein deshalb zu verurteilen, weil sie Priester sind/waren und weil sie an Besessenheit glaub(t)en. Wer kein gläubiger Christ ist, wird sich schwer tun, zu begreifen, warum Exorzismen vorgenommen werden, und daß ein Exorzismus abergläubisches Ritual ist, daß einen unschuldigen Menschen zu Tode bringt, obwohl es ja gar keinen Teufel gibt.
Aber obwohl sie Priester sind/waren, und aus unserer katholischen Sicht Recht hatten, wenn Sie an Besessenheit glauben, bedeutet das nicht, daß sie an Annelieses Tod unschuldig sind.
Um Annelieses frühen Tod brauchen wir nicht zu jammern. Wir Christen wissen, daß das Leben mit dem Tod nicht aus ist. Eine Verehrung, ähnlich der von Heiligen halte ich trotzdem für unangemessen.

ad_hoc
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Beitrag von ad_hoc »

Hallo anneke6

Dein letzter Absatz ist wieder Spitze.
Ich möchte ja auch gar nicht mit Dir streiten, weil Du hier im Forum eine ganz Nette bist.

Gruß, ad_hoc
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ad_hoc
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Beitrag von ad_hoc »

Hallo ar26

Du hast geschrieben:
Die konkrete Todesursache scheint mir im übrigen für die Frage, ob A. tatsächlich besessen war, nicht von Belang.
Die andere Frage wäre die bessere gewesen:
Hätte der Tod zum gegebenen Zeitpunkt eintreten können, wäre A. M. nicht besessen, bzw. nicht erkrankt gewesen? bzw.: hätte A. M. am Leben bleiben können, wäre die Medikamentierung an ihr unterblieben?
Denn: Ursache des Todes ist die tatsächliche oder angenommene Besessenheit bzw. die tatsächliche Erkrankung, und die im Verlauf des Exorzismus und der ärztlichen Behandlung zunehmende Unternernährung unter der Einwirkung von Medikamenten, die den schwer belasteten Körper noch zusätzlich schwächten.
Dann kommt man nämlich zu dem Schluß: Ob Besessenheit oder angenommene Besessenheit - eine der beiden Annahmen hat zu Folgen geführt, in deren Verlauf der Tod eingetreten ist. Genauer: der Eintritt des Todes wäre nicht denkbar ohne das Vorliegen der Besessenheit oder der Annahme der Besessenheit A. M. und der darauf erfolgten Handlungen.
Allerdings: Besessenheit allein muß nicht zum Tod führen, kann es aber......

Weiterhin hast Du geschrieben:
Ebensowenig auch für die Frage, ob die Geistlichen und übrigen Personen ihrer Fürsorgepflicht nachgekommen sind. Einer extrem unterernährten jungen Frau, daß war A. wohl schon während des ganzen Exorzismus, muss zur Not auch gegen ihren Willen zur Nahrung verholfen werden. Alles andere ist fahrlässig, auch wenn es nicht kausal für den Tod gewesen sein sollte. Es kann mir keiner erzählen, daß die Unterernährung dem Exorzismus, der ja auch dem Wirt Kraft raubt, dienlich gewesen ist.
Vorweg: der letzte Satz des Zitats ist unbestritten.
Ansonsten: Es besteht in Wahrheit doch gar kein Anlass zur Annahme, die Patres und die übrigen Personen wären ihrer Fürsorgepflicht nicht nachgekommen.
Es handelt sich bei ihnen letztlich auch nicht um Ärzte. Aber sie hatten Ärzte hinzugerufen, die A. M. auch insofern therapierten, als sie ihr Medikamente zuführten.
Hier stellt sich höchstens die Frage, warum diese Ärzte, die doch den bedenklichen Gesundheitszustand am ehesten hätten erkennen müssen und hier ganz besonders die zunehmende Gefahr für das Leben der A. M., nicht die Maßnahme getroffen hatten, sie ins Krankenhaus einzuweisen und dort künstlich zu ernähren?

Du schreibst auch, dass eine schnelle ärztliche Betreuung während des Exorzismus hätte zugegen sein müssen. Nun, das war es nicht am Anfang, aber spätestens an jenem Zeitpunkt, an dem für die Anwesenden der gesundheitsbedrohlich sich ausweitende Zustand A. M. erkannt worden ist. Welche schnelle ärztlich Betreuung hätte man dann von den anwesenden Ärzten erwarten müssen? Richtig! Die zwangsweise Einlieferung ins Krankenhaus und die zwangsweise künstliche Ernährung.

Du hast auch geschrieben, ar26, dass einer derart unterernährten Frau auch zwangsweise Ernährung hätte zugeführt werden müssen. Und Du hast ja Recht damit. Das haben auch die Angehörigen an A. M. versucht, die sich aber vehement dagegen zur Wehr setzte. Und nahm sie trotzdem mal Nahrung auf, erbrach sie diese sofort wieder.
Und wiederum die Frage: warum unternahmen die Ärzte, die doch darum wußten, nichts, um A: M. ins Krankenhaus einzuweisen? Eine zwangsweise Einführung wäre jederzeit möglich gewesen.

Was Deinen letzten Absatz anbelangt, so würde mich doch interessieren, von welchen Mängen Du schreibst.

Gruß, ad_hoc
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ar26
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Beitrag von ar26 »

Hinsichtlich der Todesursache denke ich brauchen wir nicht weiter zu diskutieren, ehrlich gesagt verstehe ich Deine Ausführungen hierzu nicht ganz.

Zur Fürsorgepflicht:
Wenn wir beide (ich bin übrigens auch kein Arzt sondern Jurist) feststellen, daß stationäre Behandlung mit künstlicher Ernährung das Beste ist, dann hätten die Exorzisten oder auch die Eltern auch zu dieser Feststellung kommen können. Selbst wenn die konsultierten Ärzte Medikation empfohlen hatten. Ich vermute mal, daß die Behandlung mit Medikamenten den Beteiligten zu Pass kam, da sie so den Exorzismus nicht abbrechen mussten.

Zu den Mängeln:
Ich hab es mehrmals schon gesagt. Eine Annahme von Besessenheit, ohne das vorher ordnungsgemäß physische und psychische Ursachen durch kompetente Fachleute ausgeschlossen worden sind, ist fahrlässig. Meines Erachtens wird dies normalerweise auch so gemacht.

ad_hoc
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Beitrag von ad_hoc »

Hallo ar26

Eigentlich habe ich ja keine Lust mehr, weiter zu diesem Thema etwas auszusagen. Aber es widerstrebt mir, Deine Aussagen einfach so stehen zu lassen.

Zur Fürsorgepflicht:
Hier bin ich der Meinung, dass Ärzte letztlich immer als die kompetenteren Personen zur Beurteilung eines Krankheitsbilds im Hinblick auf die zu ergreifenden Gegenmaßnahmen gelten.
Ich hätte mal den Richter hören wollen, was er gesagt hätte, wenn die Ärzte eine Einweisung empfohlen hätten, aber die Patres und Angehörigen sich dieser Einweisung entgegengesetzt hätten.
Ansonsten ist alles reine Annahme, mehr nicht, und selbstverständlich auch die Aussage, dass die Entscheidung der Ärzte für eine medikamentöse Behandlung den Beteiligten gerade recht kam, um den Exorzismus nicht abbrechen zu müssen.

Zu den Mängeln:
Natürlich hast Du Recht mit Deiner Aussage. Aber, wer sagt Dir, dass A. M. nicht zuvor bereits von mehreren Ärzten behandelt worden ist, allerdings ergebnislos?
Weiterhin kann man bedenkenlos davon ausgehen, dass die von Dir genannten kompetenten Fachleute, also Ärzte und Fachärzte, wohl kaum darüber urteilen wollen, ob hier eine Besessenheit vorliegt. In aller Regel wird eine Besessenheit vollkommen ausgeschlossen, weil deren Ansicht nach es so etwas nicht gibt.

Im Gegenzug hat die Kirche einen sehr genauen Katalog aufgestellt, um damit bestimmen zu können, wann von einer Besessenheit ausgegangen werden kann und wann nicht. Und nach diesem Katalog wurde von den beiden Patres auch geprüft.

Wir sehen, Dieseitiges und Jenseitiges lassen sich von Menschen, die überwiegend auf das Diesseitige bezogen sind, nicht unter einen Hut bringen.

Gruß, ad_hoc
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Raphaela
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Beitrag von Raphaela »

Eingentlich geht es doch in diesem Tread daraum, ob FSSPX einen "Anneliese-Michel"-Kult einführt.
Warum wird dann darüber nicht diskutiert? Dass es einen eigenen Anneliese-Michel-Tread gibt, ist hier doch schon öfters erwähhnt worden, bitte die Diskussion dort weiterführen.
(oder vom Moderator dorthin verschieben. - Danke)

ad_hoc
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Beitrag von ad_hoc »

monsieur moi hat geschrieben:
ad_hoc hat geschrieben:
Ich finde das sehr beunruhigend die Priesterbruderschaft läßt die Leiter Ihrer Jugendggruppen "wahlfahrten" zum grab der Aneliese Michel machen
Ich nicht!
Ich schon.
Weshalb nicht?
Das ist mir gerade aufgefallen, was ich als Antwort geschrieben habe.
Ich ergänze bzw. korrigiere dies dahingehend, dass es dem einzelnen Gläubigen oder einer Gruppe sicher unbenommen bleibt, das Grab der Anneliese Michel aufzusuchen, um für sie zu beten oder sie um Hilfe in einem Anliegen anzurufen.
Ich selbst tue desgleichen auch schon am Grab eines oder einer Verwandten.
Dies aber als Wallfahrt zu bezeichnen, wäre ganz sicher nicht passend.

Gruß, ad_hoc
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FioreGraz
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Beitrag von FioreGraz »

Ich ergänze bzw. korrigiere dies dahingehend, dass es dem einzelnen Gläubigen oder einer Gruppe sicher unbenommen bleibt, das Grab der Anneliese Michel aufzusuchen, um für sie zu beten oder sie um Hilfe in einem Anliegen anzurufen.
Ich selbst tue desgleichen auch schon am Grab eines oder einer Verwandten.
Dies aber als Wallfahrt zu bezeichnen, wäre ganz sicher nicht passend.
Ab wann ist es denn eine Wallfahrt? Gibts da ne Gruppen oder Entfernungbeschränkung, bis 5 Mann und 5 km ist es ein sportlicher Ausflug mit Gebet? Oder definiert sich Wallfahrt über die offizialität, solange alles mündlich bleibt und nicht im Pfarrblatt steht? .... ISt dann überhaupt eine Wallfahrt eines einzelnen nach Mariazell überhaupt eine Wallfahrt?

LG
Fiore
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anneke6
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Beitrag von anneke6 »

Hallo Fiore!
Ich glaube schon, daß wenn ich alleine nach Mariazell fahre (ich war noch nicht dort…), das eine Wallfahrt ist. Ich bin schon mehrmals alleine zu Wallfahrtsorten unterwegs gewesen. Das ändert doch nichts an meinen Intentionen, wenn andere nicht mit sind. Ganz davon abgesehen…Freunde und Familie "marschieren im Geiste mit" (Sorry, ich habe einen etwas schrägen Humor), die sind immer mit dabei.
Die Definition von Wallfahrt ist sonst eigentlich immer ein Medjugorje-Problem. Offizielle Wallfahrten nach M. sind ja auch nicht erlaubt. Offiziell sind das private Fahrten, und der Priester wird nur aus seelsorgerischen Gründen mitgenommen. Aber wenn Organisatoren in der Kirche Leute suchen, die mitfahren, dann steht auf den Flugblättern dick und fett: Wallfahrt nach Medjugorje.
Und sicher "wallen" viele Leute zum Grab von Anneliese Michel. Da kann man mit Gesetzen nichts gegen machen.

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ar26
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Beitrag von ar26 »

Vielleicht noch mal kurz zur Ergänzung.
Im Nachbarthread zu den großen Karfreitagsfürbitten wurde auf die SWR-Sendung, bei der unter anderem P. Schmidberger FSSPX zu Gast war, hingewiesen. Eingangs der Sendung hat er zum Thema Exorzismus Stellung genommen und letztlich abstrakt genau das gesagt, was ich hier vertreten habe. Vielleicht sollte man zum Ende dieses Threads dies einfach als die Haltung der FSSPX konstatieren.

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