Jacinta hat geschrieben:Lieber Chrysostomus,
von allen Verwandten und Bekannten weiß bisher ledigliche meine Mutter, dass ich einen Glaubenskurs besuche. Ich denke aber, sie ist der Auffassung, dass ich das einfach nur so aus Interesse tue. Meine Andeutung, mehr zu wollen, tut sie eher als vorübergehende Spinnerei ab.
Liebe Jacinta,
das ist - denke ich - die normale Reaktion. Lass dich weder davon abhalten, noch rege dich allzu sehr darüber auf. Sie kann ja nicht in dein Herz sehen; und von ihrer Warte aus betrachtet ist es sicherlich verständlich, dass sie solche Gedanken hegt: Sie sind sicherlich eine Mischung aus Hoffnung darauf, dass dem nicht so sei, und Ablehnung, weil sie es nicht haben will. Und, was man bei allem nicht unterschätzen darf: Vermutlich bezweifelt sie, dass du in der katholischen Kirche wirklich glücklich wärest, denn gewiss kann sie es nicht gutheißen. Letztendlich musst du über ihre Ablehnung hinwegsteigen, ihre Hoffnung zerschlagen und zugleich zeigen, dass es dein Weg zum Glück, zu Jesus Christus ist.
Ich habe mehrfach versucht, sie mal mit zu einer hl. Messe zu nehmen, damit sie sieht, dass das alles gar nicht so schlimm ist. Aber bisher weigert sie sich hartnäckig (zum protestantischen Gottesdienst geht sie dagegen häufig mit).
Wenn sie nicht möchte, dann muss man das akzeptieren... Mehr als eine Einladung aussprechen kann man ja nicht. Vielleicht ist es auch einfach zu früh? Vielleicht wird sie sich erst dazu entschließen können, wenn du schon längst Fuß gefasst hast in der kath.Kirche und sie sieht, dass du dort glücklich bist.
Alle anderen wissen nichts. Mein Vater bekommt lediglich mit, dass ich ab und zu mal in die Kirche gehe. Auch das würde ich öfter tun, sogar mit Freunde jeden Sonntag. Doch auch hier traue ich mich einfach nicht.
Du musst ja auch nicht den Anspruch haben, deinen ganzen Freundeskreis in die katholische Kirche einzugliedern

(Ich sage das jetzt bewusst so übertrieben!) Natürlich wünscht man sich, dass man die Leute überzeugen kann, ihnen das Schöne zeigen kann, aber wenn es einem nicht möglich ist, dann sollte man sich deswegen auch nicht allzu große Vorwürfe machen. Auch du stehst ja erst am Anfang. Wichtig ist doch, dass du dich erstmal "beieinander kriegst" - der Rest wird dann kommen. Freunde mit in die Messe einzuladen und sich dann für alles rechtfertigen müssen, was dort menschlicherweise passiert, ist auch nicht gut für die eigene Seele, die ja selber noch genügend mit sich kämpft. - Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass es auch nach hinten losgehen kann: Ich habe meine prot. Freundin mal mitgenommen und es zelebrierte ein Priestermönch, der wirklich fromm ist und den ich sehr, sehr schätzen gelernt habe: Aber er ist über 80 und obwohl hochmusikalisch, kann er nach einem Stimmbänderproblem die Stimme nicht mehr halten. Allein das hat sie so abgeschreckt, dass sie alles total furchtbar fand. Da half kein Zureden und nichts. Ich bin nicht weiter darauf rumgeritten, habe es akzeptiert: Als sie das letzte Mal zu Besuch war und ich sagte, ich würde gerne morgens in die Messe gehen (samstag), ob sie mitwolle? - da lehnte sie zwar ab, sagte aber: Wenn es Sonntag wäre, würde sie mitkommen. Das kann man jetzt als Ausrede sehen, aber ich denke, weil sie weiß, wie groß die Chance ist, dass sie auch mal sonntags bei mir ist, hätte sie das nicht so dahingesagt. Insofern war es für mich dann doch ein kleiner Erfolg, der mir zeigte: Dass ich ihr den Rosenkranz näherbrachte, dass ich ihr sagte, sie solle beten als es ihr schlecht ging, das alles (vielleicht gesehen als ein Ausdruck meines eigenen Glaubens) hat ihr geholfen, sich mehr zu öffnen - nicht zuletzt eben sich Gott hin zu öffnen -... es ist also oftmals auch das abseits des Gottesdienstlebens und unsere Haltung als Christen im Alltag, was wir selber tun und sagen, was wichtig ist!
Und immer mehr türmte sich über mir die Schuld auf, weil ich mir sagte: Du bekennst deinen Glauben nicht. Du verleugnest Jesus Christus.
So geht es mir eben auch. Ich habe ja erkannt, was richtig ist und das es für mich kein Heil außer in der
katholischen Kirche gibt.
Ich hörte von einer Frau, die ihr Leben lang ihrer Familie nichts gesagt hat. Ich denke, dass ist nicht richtig. Es ist auch gut, sich diese Vorwürfe zu machen und nicht alles auf die leichte Schulter zu nehmen: Aber irgendwie ist es auch genauso richtig, den richtigen Moment abzuwarten, nämlich dann, wenn alles stimmig ist und man mit ganzem Herzen diesen Schritt, den man gehen will, bejahen kann. Denn nur wenn du ausgewogen bist in dir, kannst du auch auf andere diesen Eindruck machen. Also immer nur Mut, und nimm dir die Zeit, die der Herr dir gibt.
Hinzu kommt, dass meine Tochter bald in den Kindergarten meiner (Noch?-)Kirchgemeinde geht. Da kann ich doch nicht einfach austreten, oder doch? Eine katholische Alernative dazu ist nicht vorhanden, das hätte ich schon vor 3-4 Jahren in die Wege leiten müssen.
Wie ar26 sagte, das ist eigentlich kein Problem. Immerhin vertreten auch christliche Einrichtungen den Anspruch, für alle da zu sein.
Lass dir Mut machen, deinen Weg zu gehen! Und überdenke vielleicht, ob du deiner Mutter nicht selbst gewisse Hoffnung machst, es sei ja alles noch gar nicht so weit, indem du selbst noch evangelische Gottesdienste besuchst: Sicherlich ist das dein gutes Recht. Aber womöglich löst das auch Verunsicherung aus darüber, wo du jetzt stehst, und in gewisser Weise sieht es auch aus wie Inkonsequenz, wenn du die kath.Kirche als die wahre Kirche bekennst, aber dennoch dich als Teil der ev.Gemeinde zeigst, indem du dort zum Gottesdienst kommst. Aber wenn etwa deine Tochter in der Gemeinde eingebunden ist (?), dann solltest du einen solchen radikalen Bruch sicherlich drei- oder viermal gut überlegt haben, bevor du ihn vollziehst. Immerhin trägst du ja Verantwortung für zwei.
Vielleicht ist das auch kein guter Rat in deiner Situation: Das musst du wirklich selbst ermessen. Von meiner Warte aus aber kann ich sagen, dass ich meine Entschlossenheit nur durch mein konsequentes Handeln bestärken konnte. Meine Familie merkte dann schon, dass es mir wirklich ernst war, als ich wirklich nur noch in die kath.Kirche ging und sämtliche Abstecher "zurück" zu den Protestanten unterließ. Wenn ich nochmal einen ev.Gottesdienst besuche, dann allerhöchstens zu Festen wie Weihnachten (solange ich eben noch bei meinen Eltern feiere) und auch hier werde ich es marginal halten, d.h. deutlich machen: Die kath.Gottesdienste sind mir wichtig, euch zuliebe komme ich am Heiligabend aber nochmal zu Protestanten mit, aber mehr auch nicht. Solange es kein Abendmahl gibt, ist so eine Haltung, denke ich, noch vertretbar. Und wenn ich nicht mehr bei meinen Eltern bin, so hat sich das mit den Protestanten eh erledigt.
Nur Mut! Vor dem Herrn müssen wir uns rechtfertigen, dem Herrn müssen wir leben, nicht unseren Eltern.